Tom Cruise in "Barry Seal: Only in America" (2017; Regie: Doug Liman; Originaltitel: American Made) oder: Wenn einen Lieblingsschauspieler noch überraschen können... (TEIL 2 - HAUPTTEIL)

 

II

 

 Amerika hat keine dauerhaften Freunde oder Feinde, nur Interessen.

 (Henry A. Kissinger; US-Außenminister unter den Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford von 1973-1977)

 

 

 BARRY SEAL (Tom Cruise)

 Ein Mann, der es aus einem Affenfilm bis ins Weiße Haus schafft, muss wissen, was er tut. Egal, was alles war, ich mag Ronnie Reagan immer noch.

 

 (aus: Doug Liman’s 2017er-Film American Made/dt. Verleihtitel: Barry Seal: Only in America; Anmerkung: Gemeint ist der Film Bedtime for Bonzo aus dem Jahr 1951 von Frederick de Cordova, in dem Ronald Reagan und ein Affe, der in Wirklichkeit „Peggy“ geheißen hat, die Hauptrollen spielten :-))

 

 

 BARRY SEAL

 Ich hab quasi ne Armee mit aufgebaut. Ein Land verteidigt. Und mit das größte Drogenkartell aufgebaut, das die Welt je gesehen hat. DEA, CIA, das Weiße Haus. War schon ein irres Abenteuer. Manchmal sogar verrückter als geplant.

 

 (aus: American Made)

 

 

Hey – das ist ja der beste Oliver Stone-Film, den Oliver Stone nie gedreht hat :-).

Das war zumindest einer meiner Gedanken, als ich Doug Liman’s American Made, der witzigerweise ein Film ist, dem sein „deutscher“ Verleihtitel Barry Seal: Only in America irgendwie besser steht als sein Originaltitel, das erste Mal gesehen habe. Natürlich: Hätte den Film, diese ganze verrückte Barry Seal-Geschichte, die ja schließlich nicht erfunden, sondern im Prinzip so abgelaufen ist, Oliver Stone inszeniert, dann wäre daraus wohl eher ein „moralinsaures“ US-Geschichtslehrstück geworden :-). Trotzdem, was ich eigentlich sagen wollte: Der ganze Stoff und all seine Implikationen („verhaltensoriginelles“ Vorgehen der US-Regierungen und des CIA in Mittel- und Südamerika in den 70ern und 80ern) wären auch etwas für Stone gewesen, der uns leider in den letzten Jahren, genauer: 2016, mit Snowden dann doch nur einen mittelmäßigen bis schlechten Film über Edward Snowden beschert hat :-).

Ein weiterer Gedanke meinerseits war: OK – in dem Film sind wirklich eine Menge Aspekte drinnen, die mich interessieren: Tom Cruise, die Pablo Escobar-Geschichte, die CIA, die amerikanische (Außen-)Politik.

Die wichtigste Frage für mich persönlich im Zusammenhang mit diesem Meisterwerk jüngster Filmgeschichte, das Doug Liman’s irgendwie wunderbar „leichtfüßig“ und energetisch inszenierter Film zweifellos ist, war aber: Warum zum Teufel habe ich den Film eigentlich nicht schon im Kino gesehen und warum zum Teufel liegt die DVD ein halbes Jahr bei mir zu Hause herum, bevor ich sie mir endlich ansehe! :-)

 

Tom Cruise hat in American Made, und das ist einer der Hauptgründe, warum der Film so gut funktioniert, die für seine Leinwandcharaktere mittlerweile typische und oftmals etwas „krampfige“ Mischung aus „leichtem Größenwahn“ und Sendungsbewusstsein einmal beiseitegelassen und ein wenig von seiner, nennen wir sie einfach mal so banal :-), „Sonnyboy-Ausstrahlung“ zurückgewonnen, die ihn einst zu so etwas wie dem Biggest Moviestar in the World gemacht hat.

Überhaupt muss man sagen, dass der Regisseur Doug Liman Tom Cruise ausgesprochen gut inszenieren kann. Den Beweis dafür lieferte schon der Science Fiction-Film Edge of Tomorrow, der zwar leider über echt miese Aliens (nein, ganz im Ernst: Die Alien-Rasse in dem Film, die sogenannten „Mimics“, sind ein einziger Witz!), dafür aber über eine äußerst originelle Geschichte verfügt :-). Der Clou dieser Geschichte ist, dass Major William „Bill“ Cage (Tom Cruise) in einer Schlacht, selbst im Begriff zu sterben, noch ein Alien tötet, dessen Blut sich über ihn ergießt. Dieses Blut hat auf Cage die Information übertragen, die es möglich macht, im Falle des Todes zu jenem Zeitpunkt zurückzukehren. Jedes Mal, wenn Cage stirbt, erwacht er wieder 24 Stunden vor dem Tod des Aliens. Da er natürlich weiß, was als Nächstes geschehen wird, gelingt es Cage in der Schlacht immer länger zu überleben. Das Ganze ist phantastisch ausgedacht (das Drehbuch, das auf Hiroshi Sakurazaka’s 2004er-Novelle All You Need Is Kill basiert, schrieben u. a. Cruise’s Jack Reacher Teil 1- und mittlerweile zweifacher Mission: Impossible-Regisseur Christopher McQuarrie sowie der Co-Autor von Sam Mendes‘ 2015er-James Bond-Film Spectre, Jez Butterworth) und noch phantastischer inszeniert. Zum Gelingen von Edge of Tomorrow hat aber auch Emily Blunt beigetragen, die als Cruise’s Mitstreiterin „Sergeant Rita Vrataski“ eine sehr überzeugende Leistung abliefert. Überhaupt gehört Blunt, Jahrgang 1983, mit Filmen wie Denis Villeneuve’s großartigem Wir kämpfen gegen ein Drogenkartell in Mexiko-Thriller Sicario (2015) und der Paula Hawkings-Verfilmung The Girl on the Train (2016; Girl on the Train; Regie: Tate Taylor), seit ein paar Jahren zu den vielversprechendsten neueren weiblichen Stars in Hollywood.

 

Doug Liman’s populärster und sicherlich wichtigster Film bis heute ist aber nicht der wahrlich originelle Edge of Tomorrow (und im Übrigen auch nicht American Made oder gar der mittlerweile zum „TV-Dauerbrenner“ avancierte Mr. & Mrs. Smith aus 2005, der Geburtsstunde eines der nervigsten Promipaare überhaupt, nämlich von „Brangelina“, von Brad Pitt und Angelina Jolie :-)), sondern ganz klar der mittlerweile unbedingt als Film-Klassiker zu bezeichnende Agenten-Thriller The Bourne Identity (literarische Vorlage: Rober Ludlum) mit Matt Damon und Franka Potente, ein Film, der dem Action- und Agenten-Film-Genre Anfang der 2000er Jahre neues Leben eingehaucht, Matt Damon, der darin den unter Amnesie leidenden und verzweifelt seine wahre Identität suchenden CIA-Agenten „Jason Bourne“ spielt, endgültig zum Superstar und Franka Potente, die im ersten Teil Bourne’s zunächst etwas unfreiwillige Begleiterin „Marie Helena Kreutz“ spielt, auch in den USA so richtig bekannt gemacht hat. Ich selbst bin immer ein riesiger Fan der Jason Bourne-Reihe gewesen, aber natürlich nur der ersten drei Filme, die allesamt wahre Meisterwerke des Action-Kinos sind. Speziell Teil 3 der Jason Bourne-Reihe, The Bourne Ultimatum (Das Bourne Ultimatum), erschienen 2007 und, wie auch schon der ebenfalls großartige Teil 2, The Bourne Supremacy (2004; Die Bourne Verschwörung), inszeniert von Captain Phillips (2013)-Regisseur Paul Greengrass, würde ich jederzeit in eine Kategorie wie, naja – sagen wir mal, Die fünfzehn besten Action-Filme aller Zeiten oder dergleichen einordnen. The Bourne Ultimatum erzeugt mit seiner gelungenen „Dauer-Action“ einen nur schwer zu beschreibenden und regelrecht hypnotischen „Action-Sog“, den ich so im Kino kaum je davor oder auch danach wieder erlebt habe. Dass Paul Greengrass‘ dynamischer visueller Stil gepaart mit „Dauer-Action“ aber auch gewaltig nach hinten losgehen kann, davon zeugt der misslungene Irak-Krieg-Polit-Thriller Green Zone aus 2010, in dem wiederum Matt Damon als US-Soldat zwei Stunden lang ziellos herumläuft und irgendwie 2003, im Dritten Golfkrieg, letztendlich dann auch keine Bio-Waffen im Irak findet :-). Greengrass‘ Film Jason Bourne aus 2016, der die Rückkehr Damon’s in die Filmreihe markierte, in Tony Gilroy’s „filmischer Schlaftablette“ The Bourne Legacy (Das Bourne Vermächtnis) aus 2012 spielte ja Jeremy Renner die Hauptrolle und einen Agenten namens „Aaron Cross“ und Damon war nicht mit dabei, könnte man eher oder am ehesten als einen Abgesang auf die gesamte Reihe bezeichnen – der Film ist gut, aber ganz sicher kein Meisterwerk wie die Teile 1-3.

 

 

 

III

 

Gut, das ist jetzt wirklich keine „Bildungs-Voraussetzung“, um den „Tom Cruise-Film“ American Made gut zu finden :-), in dem Cruise meines Erachtens seine beste schauspielerische Leistung seit Michael Mann’s denkwürdigem Taxifahrer Jamie Foxx kutschiert Auftragsmörder Tom Cruise von einem Auftragsmord zum nächsten-Film Collateral (2004) abliefert (der im Übrigen mein absoluter Lieblings-Tom Cruise-Film ist!), aber in Wahrheit, wie es Greg Grandin, Professor für Geschichte an der New York University, in seinem wirklich lesenswerten 2015 erschienenen Buch Kissinger’s Shadow – The Long Reach of America’s Most Controversial Statesman (dt. Titel: Kissingers langer Schatten) behauptet, muss man, wenn man etwas besser verstehen will, warum die Supermacht USA so oft auf falsche Lösungen mit Gewalt und korrupten Regimen gesetzt hat und setzt, den 70er-Jahre-Polit- und US-Außenminister-„Superstar“ Henry Kissinger verstehen, der vor allem der Meinung war, dass die Realität dem amerikanischen Machtwillen unterworfen werden kann, die „Intuition“ eines Staatsmanns für erfolgreiche Außenpolitik wichtiger sei als eine gewisse Kenntnis der Faktenlage und dass Fehler der Vergangenheit „kühnes“ Handeln in der Zukunft nicht beeinträchtigen dürfen. Kissinger, so Grandin’s These, ist mit seinen Doktrin, mit seinen politischen Grundsätzen, einer der zentralen Architekten und Strategen des imperialen Amerika.

 

Nun, welche „Absurditäten“ derlei politische Grundsätze, die das außenpolitische Handeln der USA, vor allem dann auch in der Reagan-Ära, bestimmt haben, mitunter hervorgebracht haben, davon kann man sich eben wirklich exzellent in Doug Liman‘s Barry Seal-Bio-Pic American Made überzeugen, in dem auch gezeigt wird, welch teilweise obskure Blüten der amerikanische Antikommunismus einst in Mittel- und Südamerika getrieben hat.

 

„Barry Seal“ Tom Cruise wird in American Made, was absolut schlüssig ist, als „Adrenalin-Junkie“ und eine Art „Sensation-Seeker“ gezeigt, der mit seinem „langweiligen“ Piloten-Job bei der TWA-Fluggesellschaft unzufrieden ist. There’s too much caffeine in your blood stream and a lack of real spice in your life – diese Textzeilen aus A Rush and a Push and the Land is Ours, einem 1987 auf dem Album Strangeways, Here We Come erschienenen Song (Words: Morrissey; Music: Johnny Marr) der legendären britischen Band The Smiths (1982-1987), die im Übrigen meine Lieblingsband ist (sowie der nunmehrige Ex-Smiths-Sänger Morrissey, nach George Michael wohlgemerkt :-), mein Lieblingssänger ist), beschreiben wohl am besten das Grundgefühl, unter dem Seal, der sich nebenbei ein wenig „Würze“ durch das Schmuggeln von kubanischen Zigarren in sein Leben holt, leidet. Das alles hat ein Ende, als Seal von der CIA rekrutiert wird. Seine nunmehrige Fliegerei im Auftrag der CIA und zum Zwecke „verdeckter Operationen“ in Südamerika bringt aber nicht nur die besagte „Würze“ zurück in sein Leben und macht so ziemlich alles besser, auch das eingeschlafene Sexualleben mit seiner Ehefrau Lucy (gespielt von Sarah Wright; „Lucy Seal“ endet am Schluss des Films, nachdem Seal all seinen immensen Reichtum hinter sich lassen muss und flüchten, aber wieder dort, wo sie angefangen hat – bei Burger King hinter dem Schalter) :-), sondern führt ihn letztendlich auch dazu, auf dem Luftweg Kokain für das Medellin-Kartell in Kolumbien zu schmuggeln. Der echte Barry Seal (1939-1986) gilt ohnehin als einer der größten und, wenn man so will, „erfolgreichsten“ Drogenschmuggler der Geschichte – der Straßenverkaufswert der von ihm in die USA importierten Drogen wird offiziell auf 3-5 Milliarden US-Dollar geschätzt!

Tja, „El Doctor“, so wie Medellin-Kartell-Ober-Boss Pablo Escobar in Kolumbien genannt wurde, scheint irgendwie wieder „in“ zu sein, denn die filmischen Werke, die sich mit dem „Menschen & Monster“ Escobar auseinandersetzen, vermehren sich jährlich. „El Doctor“ zieht eben noch immer und die USA und die dortigen Filmemacher haben anscheinend wieder ein verstärktes Bedürfnis, das „US-Kolumbien-Engagement“, das ja irgendwie auch mit Escobar’s Aufstieg verbunden ist, analytisch (oder teilweise auch „reißerisch“) aufzuarbeiten. Ein wenig ein Vorreiter des filmischen Escobar-Revivals war einst allerdings bereits der gelungene Johnny Depp-Film Blow aus 2001 (Regie: Ted Demme), der auf dem 1993 erschienenen Buch Blow: How a Small-Town Boy Made $100 Million with the Medellin Cocaine Cartel and Lost It All von Bruce Porter beruht und das Leben von George Jacob Jung nachzeichnet, der in den 70ern und frühen 80ern als der allergrößte Kokaindealer der USA galt. Magic Moment dieses absolut sehenswerten Films, in dem neben Johnny Depp auch Penelope Cruz und Franka Potente spielen, bleibt die Szene, in der Pablo Escobar (gespielt von dem Neuseeländer Cliff Curtis), vor den Augen von „George Jung“ Johnny Depp, einem verängstigten Mann vorher noch demonstrativ die Hand gibt, bevor er ihn von seinen Schergen erschießen lässt – eine toll inszenierte Szene, die Escobar’s psychopathisches Wesen wohl wie keine zweite absolut auf den Punkt bringt!

In den letzten Jahren waren vor allem die Serie Narcos (läuft seit 2015; Pablo Escobar steht im Zentrum der ersten beiden Staffeln der von Carlo Bernard, Chris Brancato und Doug Miro entwickelten Serie) und der Film Loving Pablo (2017; Regie: Fernando Leon de Aranoa; die literarische Vorlage dazu bildeten die 2007 erschienenen Memoiren der kolumbianischen Journalistin und TV-Moderatorin Virginia Vallejo, die im Film von Penelope Cruz gespielt wird, betitelt mit Loving Pablo, Hating Escobar; Vallejo hatte mit Escobar zwischen 1982 und 1987 eine Affäre) mit Javier Bardem beachtenswerte Werke, die das Sub-Genre „Pablo Escobar-Film“ neu belebt haben.

 

Aber Tom Cruise trifft in American Made als Barry Seal nicht nur auf diese „kolumbianische Legende des organisierten Verbrechens“, sondern auch auf einige andere dubiose Figuren Mittel- und Südamerikas (wie etwa auf Panama’s 80er-Jahre-Machthaber Manuel Noriega) sowie der USA (wie etwa auf „Reagan’s Rechte Hand“ Oliver North, der Schlüsselfigur in der sogenannten Iran-Contra-Affäre, zu der es kam, weil in der Reagan-Ära Einnahmen aus geheimen Waffenverkäufen an den Iran an die antikommunistischen Contras-Guerillas in Nicaragua weitergeleitet wurden). Der Handlungsbogen erstreckt sich dabei über acht Jahre und streift die Amtszeiten der US-Präsidenten Jimmy Carter und Ronald Reagan (selbst der spätere US-Präsident Bill Clinton spielt in der ganzen Geschichte eine Rolle, aber natürlich noch als Gouverneur von Arkansas). Ein lustiger Aspekt des Films ist aber auch, dass die Contras, also die von der Reagan-Administration seinerzeit unterstützten rechtsgerichteten Guerilla-Kämpfer, die in Nicaragua die demokratisch gewählte (aber eben von den USA als "kommunistisch" eingestufte) Sandinista-Regierung bekämpften und von Barry Seal, quasi als „Nebenprojekt“ zu seiner Drogen-Schmugglerei, mit Waffen beliefert wurden, als „chaotischer Haufen von Vollidioten“ dargestellt werden, dem die CIA sogar ein militärisches Trainingsgelände in Mena errichtet, dem Ort im Hinterland von Arkansas, von wo aus Barry Seal seine Flüge nach Mittel- und Südamerika unternimmt. Mena lautete ursprünglich sogar der Arbeitstitel von Liman’s Film, da Seal eben die Schüsselfigur im sogenannten „Mena-Skandal“ war.

Nun, der CIA-Agent Barry Seal wird als Drogenschmuggler ungeheuer reich und hortet das ganze Geld nicht nur mehr auf Banken, sondern in Koffern, Hutschachteln sowie Taschen und vergräbt es auf seinem ländlichen Anwesen in Arkansas. Eine gewisse „Protzerei“ ist es dann auch, die ihm zum Verhängnis wird und irgendwann haben sich dann so gut wie alle an seine Fersen geheftet: Die DEA (Drug Enforcement Administration; die amerikanische Drogenbekämpfungsbehörde), das FBI, das Medellin-Kartell (das ihm zu Recht „Verrat“ vorwirft, da Seal 1984 von der CIA beim Kokain-Schmuggel geschnappt und gezwungen wurde, Foto-Beweise für die Machenschaften des Kartells zu liefern, also das Kartell als Undercover-Informant zu unterwandern). Dass man aber, unentrinnbar gefangen in einem Spannungsfeld zwischen CIA, Medellin-Kartell, DEA und FBI, nicht wirklich lange überleben kann, versteht sich dann irgendwie von selbst. Anfang 1986 wurde Seal, und so endet auch American Made, von insgesamt sieben kolumbianischen Auftragsmördern in seiner Heimatstadt Baton Rouge (Louisiana) auf offener Straße ermordet, kurz bevor er vor einer Grand Jury (Anmerkung: Eine aus 12-23 Personen bestehende Jury, die nach US-Strafprozessrecht in einem nichtöffentlichen Verfahren darüber entscheidet, ob die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Beweise für eine Anklage reichen) in Arkansas über den Zusammenhang zwischen seiner Schmuggeltätigkeit und verdeckten CIA-Operationen hätte aussagen sollen.

 

 

IV

 

Bemerkenswert an American Made ist aber auch der visuelle Stil, die visuelle Umsetzung, des Films. Regisseur Liman und sein Kameramann Cesar Charlone haben sich nämlich dafür entschieden, die „Leichtfüßigkeit“ der Inszenierung noch zusätzlich durch den starken Einsatz von Handkameras zu unterstützen, die gleichsam ständige Bewegung und Dynamik erzeugen, was dem Film noch zusätzlich guttut (wie bereits gesagt: American Made ist der beste Oliver Stone-Film, den dieser nie gedreht hat :-)). Hinzu kommt ein, wie ich denke, gelungener „80’s-Farb-Touch“ (inklusive teilweise ausgebleichter Bilder), der einen tatsächlich zurück in die „Farbenwelt“ dieses Jahrzehnts versetzt. Ein Highlight sind aber auch die kurzen Videostatements, die von „Barry Seal“ Tom Cruise zwischendurch immer wieder gezeigt werden und in denen Seal sein ungewöhnliches Leben reflektiert (die Zitate 2 und 3 ganz oben stammen aus diesen Statements). Ein Highlight sind diese vor allem auch deshalb, weil man Tom Cruise hier tatsächlich auf Videomaterial sehen kann und nicht durch das artifiziellere Bild einer Filmkamera „verfremdet“.

Aber die „Überraschung“, die ja den Ausgangspunkt meines Artikels bildete, stellt, wie schon mehrmals angedeutet, Tom Cruise’s Performance dar, die seine frischeste und unverbrauchteste seit Jahren ist! Cruise verzichtet nämlich auf „Selbstparodien“ oder dergleichen und spult dementsprechend auch nicht sein "Filmstar-Gesichtsausdrucks-Repertoire" runter. Mit anderen Worten: Die mittlerweile üblichen „Tom Cruise-Film“-Zutaten (Grinsen, Herumlaufen, Wutanfall inklusive Sachen kaputtmachen) sind in American Made, dem zweiten veritablen Meisterwerk, das uns der Schauspieler, neben Mission: Impossible – Fallout (ein Film, von dem ich immer noch hoffe, dass ihn mir dann irgendwer heuer als DVD-Ausgabe zu Weihnachten schenkt :-)), in den letzten beiden Jahren präsentiert hat, nicht penetrant eingesetzt.

Aber ganz generell ist American Made ein temporeicher und aufregend inszenierter Trip durch eine Zeitspanne hindurch, in denen die USA sich in zahlreiche absurde „antikommunistische“ Strategien verrannt haben, die es gleichsam „moralbefreiten“ Abenteurern wie Barry Seal ermöglicht haben, nebenbei ungeheuer reich zu werden. Der ganze Film wird dementsprechend auch von einer Atmosphäre der Absurdität getragen - und von einer aus dieser Absurdität entstehenden Komik, die fast nur eine True Story haben kann und welche man als Zuseher auch nur einer True Story verzeihen kann :-).

 

 

(ENDE von TEIL 2 des Artikels – HAUPTTEIL; Fassung vom 15.11.2018)