Ausschnitt aus dem Buch "EIN QUANTUM BOND" (2020; NEUAUFLAGE): Kapitel "James Bond 007 - Man lebt nur zweimal"

 

James Bond 007 – Man lebt nur zweimal (1967)

 (Originaltitel: You Only Live Twice; Regie: Lewis Gilbert)

 

 

 Bon appétit.

 

(aus: Man lebt nur zweimal; Aussage von „James Bond“ Sean Connery, nachdem er "Hans", den blonden und muskulösen Bodyguard von SPECTRE-Chef Blofeld, in ein Becken mit Piranhas geworfen hat; die Figur von „Blofeld’s Bodyguard“ wurde vom britischen Schauspieler Ronald Rich gespielt; in Lizenz zum Töten von 1989 existiert eine Hommage an diese Szene, denn Timothy Dalton verwendet exakt dieselben Worte, nachdem er einen Gangster in eine Kiste voll mit Maden befördert hat)

 

 

 You only live twice.

 Once when you are born.

 And once when you look death in the face.

 

 (ein von der James Bond-Figur geschriebener Haiku aus dem Ian Fleming-Roman Du lebst nur zweimal, erschienen 1964 – Originaltitel eben: You Only Live Twice; der ursprüngliche deutsche Titel des elften Bond-Romans hieß 007 reitet den Tiger; die deutsche Übersetzung lautete: Du lebst nur zweimal: Einmal, wenn du geboren wirst, und einmal, wenn du dem Tod ins Gesicht siehst.)

 

 

 You only live twice or so it seems

 One life for yourself and one for your dreams

 You drift through the years and life seems tame

 Till one dream appears and love is it’s name

 

 (aus dem Titelsong You Only Live Twice, gesungen von Nancy Sinatra – der ältesten Tochter von Frank Sinatra, komponiert von John Barry, Text von Leslie Bricusse; ursprünglich wollte Albert R. Broccoli, dass der Song von seinem Freund Frank Sinatra gesungen wird, dieser schlug aber seine Tochter als Interpretin vor; John Barry hingegen wollte Aretha Franklin als Sängerin, doch die Produzenten insistierten auf Nancy Sinatra, die mit dem Lee Hazlewood-Song These Boots Are Made for Walkin‘ 1966 einen Nummer 1-Hit in den USA und in Großbritannien hatte; der Song You Only Live Twice gilt als einer der besten James Bond-Titelsongs und wurde ungewöhnlich oft gecovert, so zum Beispiel von Björk, von Coldplay oder vom englischen 80er-Jahre-Synthie-Pop-Duo Soft Cell; Robbie Williams, der Man lebt nur zweimal als seinen Lieblings-Bond-Film betrachtet, verwendete 1998 für seinen Hit Millennium, aus dem im selben Jahr erschienenen Album I’ve Been Expecting You, Teile des Musik-Arrangements aus dem Song You Only Live Twice)

 

 

 BLOFELD

 Angeblich sollen Sie in Hong Kong ermordet worden sein.

 

 JAMES BOND

Ja. Das ist mein zweites Leben.

 

 BLOFELD

Sie leben auch nur zweimal.

 

 (aus: Man lebt nur zweimal; Dialog zwischen „Blofeld“ Donald Pleasence und "James Bond" Sean Connery während ihres ersten Treffens von Angesicht zu Angesicht; in der englischen Fassung enthält Blofeld’s letzter Satz den Original-Titel des Films: „You only live twice, Mr. Bond.“)

 

 

 

 MONEYPENNY

 Du verspätest dich sogar, wenn du von deiner eigenen Beerdigung kommst.

 

 JAMES BOND

 Wir Leichen haben eben wenig Gefühl für die Zeit.

 

 (aus: Man lebt nur zweimal; Dialog zwischen 007 und „Moneypenny“ Lois Maxwell, nachdem Bond’s vermeintliche Leiche in Hong Kong von Tauchern vom Meeresgrund geborgen und auf ein Schiff der britischen Marine gebracht wurde)

 

 

JAMES BOND

Ein scheiß Plan.

 

 (aus: Man lebt nur zweimal; Bond gibt sich zunächst nicht begeistert über „Tiger“ Tanaka’s Plan, dass er zum Schein eine Einheimische heiraten soll; Tanaka, der Chef des japanischen Geheimdienstes, wird von Tetsuro Tamba gespielt; in der Originalfassung sagt Connery: „To hell with that idea.“)

 

 

Der von Lewis Gilbert inszenierte und 1967 veröffentlichte fünfte James Bond-Film und somit auch fünfter Connery-Bond Man lebt nur zweimal ist der erste Film der Reihe, der in seiner Story erheblich von Ian Fleming’s literarischer Vorlage abweicht.

Da Richard Maibaum diesmal nicht zur Verfügung stand, was man dem Film, was die Dialog-Qualität betrifft, auch deutlich anmerkt, denn Man lebt nur zweimal verfügt über weit weniger „Bond-Dialog-Klassiker“ wie seine vier Vorgänger, wurde zunächst der Drehbuchautor Harold Jack Bloom (Oscar-nominiert für das Drehbuch zu dem Anthony Mann-James Stewart-Western-Klassiker Nackte Gewalt von 1953) angeheuert, um das Drehbuch zu verfassen. Bloom’s Version des Stoffes wurde jedoch von den Produzenten abgelehnt. Da es aber einige von Bloom’s Ideen definitiv in den fertigen Film schafften, darunter waren Bond’s gefakter Tod zu Beginn inklusive der Seebestattung oder die Attacke der Ninjas auf das SPECTRE-Hauptquartier am Ende, wurde in der Titelsequenz bei Nennung des Drehbuchautors der Zusatz Additional Story Material by Harold Jack Bloom eingefügt.

Als offizieller Drehbuchautor von Man lebt nur zweimal gilt aber der berühmte britische Autor, Satiriker und Ian Fleming-Freund Roald Dahl, dessen mittlerweile sicherlich bekanntestes Buch Charlie und die Schokoladenfabrik (1964; Originaltitel: Charlie and the Chocolate Factory) darstellt, das von Regisseur Tim Burton 2005 mit Johnny Depp in der Hauptrolle sehr erfolgreich verfilmt wurde. Dahl hatte damals allerdings fast keinerlei Erfahrung im Verfassen von Drehbüchern und hielt darüber hinaus den Fleming-Roman Du lebst nur zweimal für dessen schlechtestes Buch, aus dem sich so leicht kein sinnvoller Movie-Plot erstellen oder erahnen lasse. Obwohl Dahl, nach eigenen Angaben, anfangs beim Schreiben nicht wusste „what the hell Bond was going to do“ (Originalzitat von Dahl), erstellte er die Erstfassung des Drehbuchs innerhalb von sechs Wochen und orientierte sich dabei am Plot von Dr. No. Die einzige Vorgabe an Dahl von Seiten der Produzenten war allerdings die damalige „Girl Formula“ der Film-Reihe, nämlich, dass in dem Film drei Bond-Girls vorkommen sollten, wobei zwei davon getötet werden mussten und die dritte schließlich mit 007 in der „romantischen Szene“ vor dem Abspann landen sollte. Dahl kreierte also die japanische Agentin Aki (Akiko Wakabayashi) und die von der deutschen Schauspielerin Karin Dor gespielte SPECTRE-Killerin Helga Brandt. Aus Fleming’s Vorlage übernahm Dahl allerdings die Figur der Kissy Suzuki, die im Film dann von Mie Hama verkörpert wurde. Bei Ian Fleming war die Agentin Kissy Suzuki sogar die einzige Frau, die je ein Kind von James Bond in sich getragen hat (eine Tatsache, die der Agent im Roman Du lebst nur zweimal aber nicht erfährt). Dieser interessante Aspekt der literarischen Vorlage spielt jedoch im Film keinerlei Rolle.

 

 

Die Handlung von Man lebt nur zweimal:

Ein Raumschiff der NASA wird im Weltraum von einem fremden, nicht identifizierbaren Raumschiff gleichsam „geschluckt“ und somit entführt. Die Vereinigten Staaten glauben, dass die Sowjets hinter der Aktion stecken, die Briten hingegen glauben an eine japanische Beteiligung, weil das Raumschiff, das dennoch nicht auffindbar ist, offenbar irgendwo in Japan gelandet ist. 007 wird daraufhin, nachdem man in Hong Kong seinen Tod inklusive einer See-Bestattung inszeniert hat, nach Tokyo entsendet.

Bei seiner Ankunft trifft Bond während eines Sumo-Turniers auf eine mysteriöse japanische Frau, die ihn zu dem lokalen MI6-Vertrauten Dikko Henderson bringt. Henderson behauptet, dass er etwas über die mysteriöse Organisation weiß, die wohl hinter der Entführung des Raumschiffes steckt, doch er wird getötet, bevor er Bond etwas erzählen kann. Bond verfolgt den Mörder Hendersons umgehend und eliminiert ihn. Dann nutzt er dessen Gewand als Verkleidung und wird von dem wartenden Fluchtauto zu „Osato Chemical“ gebracht. Dort angekommen schaltet Bond den Fahrer aus und knackt den Safe im Büro des Präsidenten der Firma, Mr. Osato. Nachdem er einige Dokumente entwendet hat, wird der Agent von der Security entdeckt und verfolgt, letztendlich aber vor dem Gebäude von der mysteriösen Japanerin, die ihn zuvor zu Henderson geführt hat, mit einem Wagen gerettet. Nachdem die Frau den Wagen wieder angehalten hat, flüchtet sie sich vor 007, der sie daraufhin verfolgt, in eine stillgelegte U-Bahn-Station. Bond stürzt letztendlich durch eine Falltür, landet aber dadurch im Büro des Chefs des japanischen Geheimdienstes: „Tiger“ Tanaka. Dieser stellt ihm die mysteriöse Frau, die der Agent zuvor verfolgt hat, als seine Assistentin Aki [Anmerkung: In der deutschen Synchronisation heißt sie, aus bestimmten Gründen, die ich später näher erläutern werde, „Suki“] vor. Die gestohlenen Dokumente aus Osato’s Büro werden in der Folge untersucht und die Information eines Mikropunktes entschlüsselt, der sich auf einem Foto eines Handels-Schiffs namens „Ning-Po“ befindet. Die Information besagt, dass die Touristin, die das Foto gemacht hat, getötet wurde, gleichsam als eine „routinemäßige Vorsichtsmaßnahme“. Später trifft Bond in Tanaka’s Spa-Bereich wieder auf Aki, mit der er die Nacht verbringt.

Am nächsten Tag taucht Bond bei „Osato Chemical“ auf und gibt sich als potentieller neuer Geschäftspartner aus. Nach dem Meeting, bei dem sich Osato gegenüber Bond unauffällig benommen hat, setzt dieser seine Assistentin Helga Brandt auf 007 an, um den Agenten zu töten. Außerhalb des Osato-Gebäudes wird Bond zum zweiten Mal von Aki vor den Schergen Osatos gerettet.

Aki und Bond fahren nach Kobe, um im dortigen Hafen die „Ning-Po“ zu untersuchen. Sie finden heraus, dass das Schiff Raketentreibstoff transportiert haben muss. Die beiden werden schließlich entdeckt, aber Bond beschäftigt die Hafenarbeiter so lange, bis Aki entkommen kann. Er selbst wird jedoch schließlich niedergeschlagen und erwacht später in der Kabine von Helga Brandt auf der „Ning-Po“. Brandt arbeitet nicht nur für Osato, sondern vor allem für S.P.E.C.T.R.E. [Anmerkung: Der Name von Blofeld’s Organisation wird hier nicht mehr mit PHANTOM oder dergleichen übersetzt] und wird dort intern als „Nr. 11“ bezeichnet. Bond tischt Brandt, die mit einem Cocktail-Dress bekleidet ist, in ihrer Kabine eine abenteuerliche Geschichte bezüglich „Industriespionage“ auf. Brandt überrascht Bond aber damit, dass sie ihn letztendlich nicht töten will, sondern ihn befreit und anscheinend umgehend seinem Charme erliegt - die beiden landen miteinander im Bett. Am nächsten Tag fliegt Brandt 007 nach Tokyo, aber während des Flugs versucht sie dann letztendlich doch noch Bond zu töten, macht ihn auf seinem Sitz im Flugzeug bewegungsunfähig und springt selbst mit einem Fallschirm ab. Bond kann sich aber befreien und die Maschine vor dem Absturz retten.

Nachdem er herausgefunden hat, wo die „Ning-Po“ ausgeladen wurde, nämlich im Gebiet nahe der Insel Matsu auf der Route zwischen Kobe und Shanghai, überfliegt 007 das Gebiet mit seinem Mini-Hubschrauber „Little Nellie“, den ihm „Q“ nach Japan gebracht hat. In der Luft, ganz in der Nähe eines Vulkans, wird er von zahlreichen SPECTRE-Helikoptern attackiert, die er in einem Luftkampf, dank der Ausrüstung und Waffensysteme von „Little Nellie“, besiegt. Bond sieht sich in der Annahme bestätigt, dass sich die geheime Basis der Widersacher ganz in der Nähe befinden muss. Bald darauf wird im Orbit ein weiteres, diesmal ein sowjetisches, Raumschiff von dem nicht identifizierbaren Raumschiff entführt, was die Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion weiter erhöht, da die Sowjets nun die Vereinigten Staaten der Tat verdächtigen. Das mysteriöse Raumschiff landet auf einer riesigen Basis, die sich versteckt in dem Vulkan befindet, den Bond mit „Little Nellie“ überflogen hat. Es stellt sich endgültig heraus, dass Ernst Stavro Blofeld, der Anführer von SPECTRE, das Mastermind hinter den Raumschiff-Entführungen ist, da Blofeld von der Volksrepublik China angeheuert wurde, einen Krieg zwischen den Supermächten zu entfachen.

Osato muss sich vor Blofeld in dessen Büro rechtfertigen, der ihm Versagen bezüglich Bond vorwirft, Osato jedoch präsentiert seine Assistentin Brandt, also SPECTRE’s „Nr. 11“, als die eigentlich Schuldige. Osato erhält von Blofeld eine zweite Chance, während Brandt, beim Verlassen des Raumes, von Blofeld, der einen entsprechenden Mechanismus betätigt, in ein Becken mit Piranhas geworfen wird, worin sie umgehend von den Fischen attackiert wird und getötet. Osato erhält noch einmal von Blofeld dezidiert den Auftrag, Bond zu eliminieren.

Tanaka informiert 007 schließlich über seinen Plan: Bond soll mit Tanaka’s Ninjas trainieren, als frisch vermählter japanischer Fischer verkleidet werden und die von SPECTRE genutzte Insel Matsu in der Nähe des Vulkans infiltrieren. Bevor der Plan aber umgesetzt wird, wird Aki per Zufall Opfer eines nächtlichen Mordanschlages mit tödlichem Gift, der eigentlich Bond gegolten hatte. Der Agent heiratet dann zum Schein die Tanaka-Mitarbeiterin Kissy Suzuki und zieht mit ihr auf die Insel. Einer Spur von Suzuki folgend untersuchen Bond und Suzuki selbst eine Höhle und den Vulkan, der sich darüber befindet. Als sich herausstellt, dass der vermeintliche Krater des Vulkans tatsächlich die SPECTRE-Raketenbasis verbirgt, dringt Bond in die Basis ein, während Suzuki sich auf den Rückweg macht, um Tanaka zu informieren. Bond findet die entführten und inhaftierten Astronauten, befreit sie und versucht anschließend, als Astronaut verkleidet, in das SPECTRE-Raumschiff „Bird One“ zu gelangen, das gerade im Begriff ist zu starten. Er wird aber von Blofeld erkannt und zu ihm in den Kontrollraum gebracht, wo sich 007 und Ernst Stavro Blofeld das erste Mal von Angesicht zu Angesicht treffen.

„Bird One“ nähert sich im Orbit scheinbar unaufhaltsam einem US-Raumschiff und die Vereinigten Staaten bereiten tatsächlich einen Nuklearschlag gegen die Sowjetunion als Vergeltungsmaßnahme vor. Währenddessen haben die Ninjas um Tanaka den verschlossenen Eingang des Vulkans erreicht und werden dort beschossen. Bond gelingt es aber, sich im Kontrollraum zu befreien und den Krater gleichsam zu öffnen, sodass die Ninjas in die Basis eindringen können, wo ein erbitterter Kampf entsteht. Im Kampfgetümmel tötet Bond außerdem noch Hans, den Bodyguard des SPECTRE-Chefs Blofeld, indem er ihn in das Becken mit den Piranhas wirf. Der Agent schafft es schließlich, den Selbstzerstörungsknopf der „Bird One“ zu betätigen, woraufhin diese explodiert und die Vereinigten Staaten umgehend von ihrem Nuklearschlag absehen.

Blofeld, der zuvor noch vor Bond’s Augen Osato getötet hat, um dem Agenten den Preis für Versagen zu präsentieren, aktiviert auf seiner erfolgreichen Flucht noch den Selbstzerstörungsknopf der SPECTRE-Basis, die daraufhin in die Luft geht. Bond, Suzuki und Tanaka sowie die überlebenden Ninjas können aber, indem sie durch das Höhlensystem unter dem Krater schwimmen, noch rechtzeitig entkommen. Bond und Suzuki, die schließlich zu zweit auf ein Rettungsboot gelangen, das von einem Flugzeug aus abgeworfen wurde, werden am Ende schließlich noch von einem U-Boot der britischen Marine gerettet, auf dem sich „M“ und Moneypenny befinden und das gleichsam unmittelbar unter ihnen auftaucht, sodass das Rettungsboot aus dem Wasser gehoben wird.

 

 

Man lebt nur zweimal ist ein Bond-Film, der geschickt mit dem zur damaligen Zeit kursierenden „Weltraum-Fieber“ der beiden Großmächte und Kalter Krieg-Antipoden USA und Sowjetunion spielt und dementsprechend nebenbei ein wenig den Science Fiction-Film-Boom der 70er-Jahre vorwegnimmt. Insofern war es verständlich, dass die Bond-Macher die Produktion von Im Geheimdienst Ihrer Majestät, der eigentlich dem Mega-Hit Feuerball nachfolgen sollte, nach hinten verschoben hatten und mit Man lebt nur zweimal geschickt auf den Zeitgeist aufgesprungen waren.

Aber eigentlich nimmt Man lebt nur zweimal nicht nur den besagten Science Fiction-Boom vorweg, sondern auch den Martial Arts-Boom der 70er, der mit längst kultisch verehrten Bruce Lee-Klassikern wie Todesgrüße aus Shanghai (1972; Originaltitel: Fist of Fury; Regie: Lo Wei) oder Der Mann mit der Todeskralle (1973; Originaltitel: Enter The Dragon; Regie: Robert Clouse) seine ersten Höhenpunkte fand. Die Bond-Figur verwendet in Man lebt nur zweimal in einer Szene gegen Filmende sogar selbst einmal einen sogenannten Shuriken, einen Wurf- oder Ninja-Stern, um einen SPECTRE-Wachmann auszuschalten. 

Ganz generell ist Lewis Gilbert’s Werk ein Bond-Film, der mit den Jahren irgendwie besser zu werden scheint und der durch seine interessante (Asien-)Atmosphäre, seine eindrucksvoll choreographierten Action-Szenen (man denke nur an den mitreißenden Mann gegen Mann-Fight Connery gegen Peter Maivia, der einen von Osato's Schlägern spielt und der sogar der Großvater mütterlicherseits des gegenwärtigen Action-Stars Dwayne „The Rock“ Johnson ist; für die eindrucksvolle Action-Choreographie war Bob Simmons verantwortlich - der „Colonel Jacques Bouvar“ aus Feuerball) sowie durch seine Eleganz und „Farbigkeit“ besticht (hinter der Kamera stand diesmal nicht Ted Moore, sondern der dreifache Oscar-Preisträger Freddie Young, der die Auszeichnungen für die drei David Lean-Meisterwerke Lawrence von Arabien, Doktor Schiwago und Ryans Tochter, entstanden 1962, 1965 und 1970, erhalten hat).

Nur Sean Connery verkleidet als fast 1,90 Meter großer Japaner, denn so groß ist Connery nun mal, bleibt damals wie heute ein etwas gewöhnungsbedürftiger sowie auch leicht unfreiwillig komischer Aspekt des ganzen Films.

Rein inhaltlich oder motivisch können die beiden späteren und ebenfalls von Regisseur Lewis Gilbert (Golden Globe-Nominierung für Der Verführer lässt schön grüßen aus 1966 mit Michael Caine) inszenierten Bond-Abenteuer Der Spion, der mich liebte und Moonraker, entstanden 1977 und 1979, fast als inoffizielle Remakes von Man lebt nur zweimal gelten.

 

Im Zusammenhang mit dem Drehbuchautor Dahl muss man noch bemerken, dass dieser in seinen Dialogen den Bond’schen Chauvinismus- und Machismo-Faktor, der nun einmal integrativer Bestandteil der Film-Serie war (und vielleicht bis zu einem gewissen Grad immer noch ist), teilweise noch einmal deutlich in die Höhe geschraubt hat und fast schon auf die in diesem Chauvinismus- und Machismo-Zusammenhang wahrlich unverhohlen daherkommenden 70er-Jahre vorausdeutet, in denen Werke wie Diamantenfieber und Der Mann mit dem goldenen Colt aus heutiger Sicht teilweise fast haarsträubende Tendenzen aufweisen und auch als „Großtaten des filmischen Chauvinismus und Machismo“ gelten könnten (wobei die eigenwilligen deutschen Synchronisationen hier eindeutig ihren Teil dazu beitragen - ein Phänomen, das im nächsten Kapitel, das Diamantenfieber behandelt, Gegenstand der Darstellung und Analyse sein wird).

Hier ein Ausschnitt aus einem Dialog zwischen 007 und der chinesischen Undercover-MI6-Agentin Ling, gespielt von Tsai Chin, zu Beginn des Films in Hong Kong, kurz bevor Bond von ein paar Auftragskillern „ermordet“ wird. Der Dialog ist zweifellos Ausdruck des angesprochenen und in Man lebt nur zweimal eben nochmals erhöhten „Chauvinismus- und Machismo-Faktors“, der in jedem Bond-Film ohnehin mehr oder weniger latent vorhanden ist und den jeder, der sich auf das James Bond-Universum einlässt, auch irgendwie akzeptieren muss:

 

 

 JAMES BOND

 Warum schmecken Chinesinnen eigentlich anders als unsere Frauen?

 

 LING

 Du meinst hoffentlich: besser.

 

 JAMES BOND

 Nur ein bisschen anders. So wie Pekingente sich von russischem Kaviar unterscheidet. Aber ich mag beides.

 

 (aus: Man lebt nur zweimal)

 

 

Aber der Star-Autor Roald Dahl hat trotzdem für Man lebt nur zweimal den ein oder anderen Dialog erfunden, der sich mit dem furiosen Dialogfeuerwerk des Vorgängerfilms Feuerball absolut messen kann. Als Beispiele hierfür können etwa zwei Dialogausschnitte angeführt werden, in denen sich Connery mit Tetsuro Tamba unterhält, der, wie bereits weiter oben schon erwähnt, den Chef des japanischen Geheimdienstes spielt, nämlich „Tiger“ Tanaka (Anmerkung: In den 60er-Jahren wurde die Besetzung Tambas als Geheimdienstchef durchaus kritisiert, weil dieser vielen für die Rolle als „zu jung“ erschienen ist).

Die Ausschnitte sind Teil der längeren Unterhaltung, die 007 mit Tanaka in dessen Wohnhaus führt, wo die beiden im Spa-Bereich von einer Reihe japanischer Mädchen verwöhnt werden:

 

 

TANAKA

 In Japan kommen die Männer immer zuerst. Die Frauen als zweite.

 

 JAMES BOND

 Hier werde ich mich später mal zur Ruhe setzen.

 

 (aus: Man lebt nur zweimal)

 

 

TANAKA

 Wissen Sie überhaupt, warum unsere Mädchen von Ihnen so fasziniert sind? Weil Sie so viel Haare auf der Brust haben. […]

 

 JAMES BOND

 Ein japanisches Sprichwort sagt: Kein Vogel baut sein Nest in einen kahlen Bau.

 

 (aus: Man lebt nur zweimal; in der Originalfassung sagt Connery: „Japanese proverb say: Bird never make nest in bare tree.“)

 

 

Neben der Karl May- und Edgar Wallace-Film-erprobten Deutschen Karin Dor, die das böse Bond-Girl Helga Brandt spielt, eine SPECTRE-Killerin, spielen also die japanischen Schauspielerinnen Akiko Wakabayashi und Mie Hama die guten Bond-Girls und Geheimdienstagentinnen Aki und Kissy Suzuki (Anmerkung: Letztere, also "Kissy Suzuki", wird im Film übrigens kein einziges Mal so genannt).

Interessant im Zusammenhang mit den zwei Japanerinnen ist, dass ursprünglich Wakabayashi die Figur der Kissy Suzuki beziehungsweise Hama die Figur der Suki[!] hätte spielen sollen. Da Mie Hama allerdings gröbere Probleme mit der englischen Sprache hatte, kam den Produzenten die Idee, dass Hama und Wakabayashi die Rollen tauschen könnten und Hama als Kissy Suzuki auftreten könnte, weil diese Figur eben signifikant weniger Dialog zu absolvieren hatte, sowie Wakabayashi eben als Suki[!]. Wakabayashi willigte ein, unter der Bedingung, dass der Name der Figur von „Suki“ auf „Aki“ geändert werde, sozusagen auf die Kurzform des Vornamens der Schauspielerin. Die deutsche Synchronisation allerdings hat diese Änderung nicht berücksichtig und sich wohl allzu genau an den Text des Originaldrehbuchs gehalten, in dem „Aki“ eben noch „Suki“ geheißen hat. Deshalb heißt Wakabayashi’s Figur in der deutschen Fassung weiterhin „Suki“ und eben nicht „Aki“, wie im Original.

 

 

BLOFELD

 Gestatten Sie, dass ich mich Ihnen vorstelle. Mein Name ist Ernst Stavro Blofeld.

 

 (aus: Man lebt nur zweimal; Blofeld zu Bond bei ihrem ersten Aufeinandertreffen von Angesicht zu Angesicht; in der Originalfassung sagt Donald Pleasence: „Allow me to introduce myself. I am Ernst Stavro Blofeld.“)

 

 

Nachdem die Figur des Ernst Stavro Blofeld in Liebesgrüße aus Moskau und Feuerball gleichsam gesichtslos geblieben war, entschied man sich in Man lebt nur zweimal dafür, dem Boss von SPECTRE erstmals ein Gesicht zu verleihen. Dies führte aber schließlich zu einem Besetzungsproblem, denn der zunächst von Harry Saltzman für die Blofeld-Rolle gecastete tschechische Schauspieler Jan Werich kam nur auf ein paar Drehtage, bevor Broccoli und Regisseur Lewis Gilbert zu dem Eindruck gelangten, dass Werich eher etwas von einem „gutmütigen Santa Claus“ an sich hatte als von einem Bösewicht wie Blofeld. Man trennte sich in der Folge von Werich und spielte sogar kurz mit dem Gedanken, den österreichischen Schauspieler und Kabarettisten Helmut Qualtinger als Blofeld zu besetzen. Qualtinger, der die Rolle bekanntlich auch nicht bekam (oder bekommen wollte), sollte fast zwanzig Jahre später, 1986, also in seinem Todesjahr, dann doch noch an der Seite von Sean Connery zu sehen sein, nämlich in der Umberto Eco-Verfilmung Der Name der Rose (Regie: Jean-Jacques Annaud), in einem Werk, das zu den populärsten und erfolgreichsten Connerys abseits der Bond-Serie gehört.

Schließlich erhielt „der Mann mit den hypnotischen Augen“, so wie ihn einige Kritiker stets nannten, nämlich der Brite Donald Pleasence, die Rolle des SPECTRE-Mastermind. Obwohl Pleasence dann sogar in den 70ern und 80ern, dank des großen Publikumserfolges von John Carpenter’s Horrorfilm Halloween – Die Nacht des Grauens (1978; Originaltitel: Halloween), fast zu so etwas wie einer Ikone des Horrorfilms geworden ist, empfand man seinerzeit seine Blofeld-Darstellung in Man lebt nur zweimal tendenziell als „nicht böse genug“.

Im nächsten Bond-Film Im Geheimdienst Ihrer Majestät besetzte man schließlich Telly Savalas als Blofeld und in Diamantenfieber Charles Gray, der in Man lebt nur zweimal tatsächlich noch "Dikko Henderson", den MI6-Kontaktmann von Bond in Tokyo, gespielt hatte.

Ein anderer Schauspieler, den man somit fast als so eine Art Bond-Film-Kurzauftritts-Veteran bezeichnen könnte, war in Man lebt nur zweimal bereits das zweite Mal als „Nebenfigur mit wenig Leinwandzeit“ zu sehen, nämlich Burt Kwouk, der mit seiner Rolle des "Cato", des Dieners von Inspektor Clouseau in der Pink Panther-Film-Reihe von Blake Edwards, weltweite Popularität erlangte. In Goldfinger spielte Kwouk den Auric Goldfinger-Verbündeten Mr. Ling, in Man lebt nur zweimal wird Kwouk als „SPECTRE Nr. 3“ bezeichnet und ist somit Mitglied von Blofeld’s Organisation, die ab hier nun endgültig auch in der deutschen Fassung SPECTRE heißt.

 

 

 

 JAMES BOND

 Nellie wurde von vier ausgewachsenen Luftlümmeln belästigt. Aber wir haben uns wacker gehalten. Sie hat ihre Ehre mit großem Erfolg verteidigt. Ich komm jetzt zum Tee.

 

 (aus: Man lebt nur zweimal; Bond zu „Tiger“ Tanaka durch ein Funkgerät, nachdem er mit dem Mini-Hubschrauber „Little Nellie“ die SPECTRE-Helikopter besiegt hat; in der Originalfassung ist Connery‘s Text um einiges subtiler: „Little Nellie got a hot reception. Four big-shots made unproper advances. But she defended her honour with great success. Heading for home.“)

 

Bond’s mitreißender Luftkampf gegen die Helikopter von SPECTRE mit seinem schwer bewaffneten Ein-Mann-Traghubschrauber „Little Nellie“, dem ihn „Q“ Desmond Llewelyn, aufgeteilt in vier Koffern, nach Japan bringt, gehört zu den absoluten Höhepunkten von Man lebt nur zweimal und zu den dynamischsten Momenten des gesamten Films. „Little Nellie“ ist ein sogenannter Gyrocopter, dessen Ur-Model schon in den 1920er-Jahren erfunden wurde, der aber in diesem speziellen Fall mit Luftminen, Raketenwerfern, Flammenwerfern, einer Nebelmaschine und Maschinengewehren ausgestattet ist.

Weitere Gadgets in Man lebt nur zweimal sind Aki’s Toyota 2000 GT, der über eine Videoanlage im Handschuhfach verfügt, ein „Safe-Knacker“ (ein kleines Gerät, das anzeigt, ob die Sicherheitskombination korrekt ist – Bond verwendet es, als er den Safe in Osato’s Büro öffnen will), Saugnäpfe aus Gummi an Händen und Knien (eine Art Ninja-Klettergerät) und die schießende Zigarette (eine Zigarette, die ein Projektil abfeuern kann), die im SPECTRE-Kontrollraum zum Einsatz kommt, als Bond sich aus der Gefangenschaft befreit, um den Ninjas um „Tiger“ Tanaka den Weg in die von Produktionsdesigner Ken Adam so virtuos entworfene SPECTRE-Operations-Basis zu ebnen, die wohl eines der spektakulärsten Filmsets darstellt, das die 60er-Jahre zu bieten hatten.

Spektakulär ist aber auch jener Riesen-Magnet, der verwendet wird, als Bond und Aki das zweite Mal von Osato’s Schergen verfolgt werden, denn dieser holt, von einem Hubschrauber baumelnd, den Aki von Tanaka als Verstärkung angefordert hat, den Wagen der Verfolger gleichsam von der Straße und nimmt ihn mit in die Lüfte, von wo aus der Wagen samt Insassen dann nach einiger Zeit von dem Magneten wieder fallengelassen wird – und das mitten ins japanische Meer!

 

Man lebt nur zweimal war, wie gewohnt, mit einem Einspielergebnis von 111 Millionen US-Dollar weltweit (inflationsbereinigt wären das heutzutage fast 760 Millionen US-Dollar), ein großer Publikumserfolg.

Die skeptischen Stimmen innerhalb der Film-Kritik jedoch nahmen deutlich zu. Der berühmte US-Kritiker Roger Ebert nannte den Film in der Chicago Sun-Times sogar einen „unterdurchschnittlichen Beitrag“ zur Bond-Serie und prangerte die Häufung technischer Spielereien sowie die aus seiner Sicht schwache Handlung an.

Die New York Times hingegen sprach von einem „Beutel voller Bond-Spaß“, während Die Zeit eher Ebert’s Meinung war und den Film als „aufwändig, aber harmlos, langweilig“ bezeichnete.

Auch heute noch sind die Reaktionen auf Man lebt nur zweimal, der damals sicherlich so eine Art vorläufigen Höhepunkt der „Bond-Megalomanie“ (seinerzeitige Produktionskosten: circa 9,5 Millionen US-Dollar - das 9 ½-fache von Dr. No) dargestellt hat, durchaus gemischt. Aber dennoch gilt der fünfte James Bond-Film mit Sean Connery eher als überdurchschnittlicher Beitrag zur Serie, dessen Elemente und Motive sogar oft parodiert wurden (so etwa wiederum im Film Austin PowersDas Schärfste, was Ihre Majestät zu bieten hat oder in der TV-Serie Die Simpsons). Entertainment Weekly wählte Man lebt nur zweimal in seinem 2006er-Voting überhaupt gleich zum zweitbesten Bond-Film und gab sich von der „Lässigkeit“ des Werks begeistert. Das Rolling Stone-Magazin wählte ihn 2012 in seinem Bond-Voting ebenfalls auf den sehr guten siebten Platz. Und auch in dem Ranking James Bond’s Top 20 der Video Game- und Entertainment-Website IGN aus 2008 belegte der Film den sehr hohen vierten Platz.

 

Aber nun noch zum allerwichtigsten Thema im Zusammenhang mit diesem Bond-Film von 1967: Sean Connery.

Das Time-Magazine bemerkte seinerzeit etwas, dessen Wahrheitsgehalt man, wenn man den Film betrachtet und vor allem genau auf Connery achtet, kaum bestreiten kann, nämlich, dass Connery sich darin sichtlich „unwohl“ fühle und „müde“ wirke.

Und tatsächlich: Sean Connery’s steigende Verachtung seiner legendärsten Rolle gegenüber ist in Man lebt nur zweimal mehr als deutlich sichtbar, sogar noch viel deutlicher als in Diamantenfieber, für den er ja 1971, nach einer Pause von vier Jahren und nach dem George Lazenby-Bond Im Geheimdienst Ihrer Majestät, von den Produzenten Saltzman und Broccoli, deren Partnerschaft nach Man lebt nur zweimal auch nicht mehr so harmonisch wie zu Beginn schien (Anmerkung: Die Partnerschaft der beiden Produzenten wurde dann 1975 endgültig aufgelöst), wieder zurückgeholt worden war.

Schon nach Feuerball hatte Connery eine gewisse „Amtsmüdigkeit“ geäußert, aber während der Dreharbeiten von Man lebt nur zweimal, bei denen der Schotte von der gnadenlosen japanischen Presse regelrecht verfolgt wurde (und das, laut einigen Quellen, sogar tatsächlich bis auf die Toilette!), sprach er dann sogar davon, „angewidert von dem ganzen Trubel“ zu sein und James Bond definitiv nicht mehr weiter spielen zu wollen. Außerdem fürchtete er, für ewig auf die Rolle festgelegt zu werden und keine ernstzunehmenden Rollen mehr zu bekommen.

Insofern war auch Connery’s Auftreten bei der Premiere von Man lebt nur zweimal am 12. Juni 1967 im "Odeon Leicester Square" in London, diese Premiere fand sogar in Anwesenheit von Königin Elisabeth II. statt, wohl eher als eine Art „Protest“ sowie „Loslösung“ zu verstehen, denn der Schauspieler erschien mit Schnauzbart und ohne Toupet.

 

 

 

(NEU ÜBERARBEITETE FASSUNG; Ur-Fassung: 02.01.2019)