Ausschnitt aus EIN QUANTUM BOND 2 (Buch; 2020): Kapitel "James Bond 007 - Octopussy"

 

James Bond 007 – Octopussy (1983)

 

(Originaltitel: Octopussy; Regie: John Glen)

 

 

 

 

 In the days when we were swinging from the trees I was a monkey stealing honey from a swarm of bees

 

 

 (Textzeile aus dem Song Wild Honey von U2 – der Titel ist auf deren All That You Can’t Leave Behind-Album von 2000 enthalten; leider gibt es in Octopussy, dem sechsten James Bond-Film mit Roger Moore, einige „really really bad comedic scenes“ – darunter eine Szene, in der Bond sich, während einer Verfolgungsjagd im Dschungel, zu einem Tarzan-Schrei auf einer Liane von Baum zu Baum schwingt, sowie auch Szenen, in denen 007 als Gorilla verkleidet und, was irgendwie besonders schwer wiegt, als Clown verkleidet auftritt)

 

 

 

 

 JAMES BOND

 Sie wissen, es gibt nie jemanden und es wird auch nie jemanden geben außer Ihnen.

 

 

 (aus: Octopussy; gleichsam „unterstützende Worte“ von „James Bond“ Roger Moore an seine langjährige Wegbegleiterin „Miss Moneypenny“ Lois Maxwell, da man dieser plötzlich eine jüngere Assistentin namens „Penelope Smallbone“, gespielt von der James Clavell-Tochter Michaela Clavell, an die Seite gestellt hat; in der Originalfassung sagt Moore: „You know there never has been and there never will be anybody but you.“)

 

 

 

 

 

Funny how it always goes with love, when you don’t look, you find

 

But then, we’re two of a kind, we move as one

 

[…]

 

We’re an all time high

 

We’ll change all that’s gone before

 

Doing so much more than falling in love

 

 

(Ausschnitt aus All Time High, dem Titelsong zu Octopussy, gesungen von Rita Coolidge, Musik: John Barry, Text: Tim Rice; zunächst waren britische Sängerinnen wie Elaine Page und wiederum Shirley Bassey als Titelsong-Kandidatinnen gehandelt worden, bevor die amerikanische Country- und Pop-Sängerin Coolidge, Ex-Frau und Ex-Gesangs-Partnerin von US-Musik-Ikone Kris Kristofferson sowie auch dessen Film-Partnerin in Sam Peckinpah’s 73er-Western Pat Garret jagt Billy the Kid, den Zuschlag bekam; die Vorgabe der Bond-Produzenten lautete seinerzeit, dass der Titel des Songs nicht „Octopussy“ lauten sollte - All Time High ist somit einer von insgesamt sechs James Bond-Titelsongs, dessen Songtitel nicht gleich lautet wie der Titel des Films – die anderen fünf sind We Have All The Time In The World von Louis Armstrong aus Im Geheimdienst Ihrer Majestät, Nobody Does It Better von Carly Simon aus Der Spion, der mich liebte, You Know My Name von Chris Cornell aus Casino Royale, Another Way To Die von Jack White & Alicia Keys aus Ein Quantum Trost sowie Writing’s On The Wall von Sam Smith aus Spectre; Rita Coolidge, die sich 1984, nach ihrem Soundtrack-Beitrag Love Came For Me zu dem Tom Hanks-Hit Splash, weitgehend aus dem Musikbusiness zurückzog, mochte All Time High nicht, und das, obwohl der, wunderschöne, Song ihr einziger Welthit war und in ihrer Heimat auf Platz 36 der Billboard Hot 100 sowie sogar auf Platz 1 der US-Adult Contemporary-Charts vorstieß; für den Komponisten John Barry, der seine „tax problems“ in Großbritannien aus der Welt geschafft hatte, bedeutete Octopussy die Rückkehr zur Bond-Serie; in seinem neunten James Bond-Score verließ sich Barry auf „Altbewährtes“ und spielte sozusagen nur ab und an mit „references to the music of India“ und verzichtete zum Beispiel vollständig auf den Einsatz von Sitars)

 

 

 

 

Q

 

Das ist wirklich ein Witz! 007 auf einer Insel, die bloß von hübschen Mädchen bewohnt wird? Wir werden ihn nicht vor morgen früh wiedersehen.

 

 

(aus: Octopussy; „Q“ Desmond Llewelyn zu dem indischen MI6-Kontaktmann „Vijay“, gespielt von Vijay Amritraj, angesichts der Tatsache, dass sich 007 gerade im Palast von „Octopussy“, gespielt von Maud Adams, befindet – deren Leibgarde besteht ausschließlich aus Frauen; in der Originalfassung lautet Llewelyn’s zweiter Satz: „007 on an island populated exclusively by women?“)

 

 

 

 

 

JAMES BOND

 Das ist die Rache für 009!

 

 

 (aus: Octopussy; „007“ Roger Moore zu „Grischka“ Anthony Meyer, nachdem er diesem ein Wurfmesser in den Körper gejagt hat - „Grischka“, einer der beiden „twin knife throwers“ Mischka & Grischka, hat Bond’s Kollegen „009“, gespielt von dem Stuntman Andy Bradford, getötet; in der Originalfassung sagt Moore: „And that’s for 009!“)

 

 

 

 

JAMES BOND

 Vollmachen, bitte!

 

 

(aus: Octopussy; „James Bond“ Roger Moore am Ende der Vortitel-Sequenz zu einem alten Tankstellenbesitzer, nachdem er bei dessen Tankstelle seinen BD-5J-Micro-Jet, den er kurz zuvor auf der Straße gelandet hat, „eingeparkt“ hat; in der Originalfassung sagt Moore: „Fill her up, please!“; die darauf folgende Titel-Sequenz von Maurice Binder, im Übrigen dessen elfte, erprobte damals gleichsam ein neues Verfahren, bei dem mit Hilfe von Laser diverse Bilder auf weibliche Körper projiziert wurden)

 

  

 

007 soll einen Kriegsveteranen aufspüren, um einen lang zurückliegenden Mord an einem alten Freund und einer Vaterfigur Bonds im Wilden Kaiser im Kitzbühel der Nachkriegszeit aufzuklären“ (Copyright: Wikipedia) – Nun, glücklicherweise, haben sich, angesichts dieser „Story-Grundlage“, die Macher von Octopussy, dem 13. James Bond-Film, nicht unbedingt an Ian Fleming‘s literarischer Vorlage, der Kurzgeschichte "Octopussy", orientiert, die 1966 posthum in dem Kurzgeschichten-Band Octopussy and The Living Daylights (dt. Titel: "Octopussy und andere riskante Geschäfte") erschienen ist, sondern sich wiederum nur des Titels bedient.

Bevor aber die erste Klappe fallen und der Film in Produktion gehen konnte, hatten die Bond-Macher um Albert R. Broccoli und Michael G. Wilson aber mit demselben Problem zu kämpfen wie vor In tödlicher Mission, nämlich Roger Moore davon zu überzeugen, ein weiteres Mal in die James Bond-Rolle zu schlüpfen. Und diesmal war ihnen Moore’s Beteiligung fast noch wichtiger, denn schließlich ging es auch darum, gegenüber McClory’s und Connery’s „Konkurrenzprodukt“, dem Feuerball-Remake Sag niemals nie, an den Kinokassen nicht den Kürzeren zu ziehen!

 

 

 

Der Inhalt von Octopussy:

In der Vortitel-Sequenz sieht man, wie Bond gerade dabei ist in einem lateinamerikanischen Land den Auftrag auszuführen, auf einer Luftwaffenbasis ein Flugzeug zu zerstören [Anmerkung: Als Location für die „lateinamerikanische Luftwaffenbasis“ diente der Royal Air Force-Militärstützpunkt Northolt, auch: RAF Northolt, im Westen von London]. Da auf dem Gelände der Basis gerade ein Reitturnier stattfindet, gelangt 007 als Turnierteilnehmer verkleidet auf das Gelände, wird dann aber bei seinem Versuch, in einem Flugzeughangar eine Bombe in einer aufgeklappten Flugzeugnase anzubringen, auf frischer Tat ertappt. Anschließend wird der Agent auf einem offenen Militär-LKW weggebracht. Außerhalb der Basis lenkt Bond’s aus Kuba stammende Kollegin Bianca, indem sie mit ihrem Geländewagen vorbeifährt, die Soldaten auf dem LKW ab - Bond überwältigt in der Folge seine Bewacher und steigt dann auf den Mini-Jet um, der sich in dem von dem Geländewagen gezogenen Anhänger befindet. In der Luft wird 007 dann von einer Boden-Luftrakete verfolgt, die sich scheinbar nicht abschütteln lässt. Bond fliegt den Mini-Jet durch den Flugzeughangar, dessen Tore gerade von den Soldaten geschlossen werden, um den Agenten aufzuhalten. Bond kommt aber gerade noch mit dem Mini-Jet hindurch, die Boden-Luftrakete jedoch trifft auf das geschlossene Tor und explodiert im Hangar. Danach landet Bond den Jet und rollt damit vor eine Tankstelle, wo er einen alten Tankwart um Volltanken bittet [Anmerkung: Die Vortitel-Sequenz ist brillant und gehört, zusammen mit denjenigen von Der Spion, der mich liebte und In tödlicher Mission, zu den drei besten Vortitel-Sequenzen der Roger Moore-Ära. Am Steuer des Micro-Jets vom Typ Bede BD-5J, der auch „Acrostar“ genannt wird und im Grunde ein sogenanntes „Amateurbauflugzeug“ ist, das es in der Form seit 1971 gibt, saß der „stunt pilot“ und „James Bond-aerial co-ordinator“ J.W. „Corkey“ Fornof, im Abspann lediglich als „CorkeyFornof angeführt. Die Szene bei der Tankstelle wurde im US-Bundesstaat Utah gedreht, der „close up-shot“ von Roger Moore jedoch in den Pinewood-Studios in London].

Am Beginn der Haupthandlung sieht man den Bond-Kollegen 009, wie er versucht, als Clown verkleidet, von Ost-Berlin über die Grenze nach West-Berlin zu gelangen. Er wird von den beiden Zirkus-Messerwerfern Mischka und Grischka verfolgt, Zwillinge, die ihn letztendlich mit einem ihrer Wurfmesser schwer verletzen. Mit letzter Kraft schleppt sich 009 in die britische Botschaft und übergibt dort, bevor er stirbt, dem Botschafter ein Fabergé-Ei [Anmerkung: Wenig später erklärt „James Bond“ Roger Moore im Büro von „M“ mit einem Satz, was Fabergé-Eier sind: „Eins der wertvollen Eier von Carl Fabergé. Ein Oster-Geschenk für die russische Zarenfamilie“; das im Film verwendete Fabergé-Ei war sogar echt – es handelte sich dabei um das sogenannte „Coronation Egg“ aus dem Jahr 1897, das im Film aber „Property of a Lady“ genannt wird – als „Titelgeber“ fungierte hier eine 1963 entstandene Ian Fleming-James Bond-Kurzgeschichte, die ab 1967 in diversen Editionen von „Octopussy and The Living Daylights“ enthalten war; die Sotheby’s-Szene in Octopussy wurde in gewisser Weise aus „The Property of a Lady“, so der vollständige Original-Titel – der deutsche Titel lautet Globus – meistbietend zu versteigern, entnommen].

Im MI6-Hauptquartier in London sorgt das Fabergé-Ei zunächst für Rätselraten, vor allem auch deshalb, weil es gefälscht ist – Bond erhält von „M“ den Auftrag, zusammen mit dem MI6-Kunstexperten Jim Fanning [Anmerkung: Die Figur des „British art expert employed by the MI6“ Jim Fanning wird von Douglas Wilmer gespielt und kommt innerhalb der Bond-Serie ausschließlich in Octopussy vor] die Hintergründe aufzuklären, und er nimmt mit Fanning an einer Auktion bei Sotheby’s teil. Bond gelingt es während der Versteigerung das zu versteigernde Original-Fabergé-Ei gegen die Fälschung auszutauschen. Das gefälschte Ei gerät schließlich in den Besitz des im Exil lebenden afghanischen Prinzen Kamal Khan, ein Hehler und Kunsthändler, der sich in dem unerbittlichen Bieter-Duell, das Bond bei Sotheby’s angezettelt hat, eben als Meistbieter erwiesen hat. Da Kamal Khan offenbar bereit war, jeden Preis zu zahlen, glaubt 007 eine heiße Spur zu haben und erhält von „M“ den Auftrag, den Exil-Prinzen zu beschatten. Bond reist nach Udaipur in Indien [Anmerkung: Das Hotel, in das Bond eincheckt, ist das Shiv Niwas Palace-Luxushotel in Udaipur], wo er Kamal Khan während einer Würfelpartie in einem Casino mit dem echten Fabergé-Ei konfrontiert – Khan selbst glaubt natürlich, dass er in Besitz des echten Eies ist. In der Folge bekommen es Bond und sein MI6-Kontaktmann Vijay mit diversen Handlangern des Prinzen zu tun, unter anderem im Rahmen einer Verfolgungsjagd mit motorisierten Rikschas [auch „Tuk Tuk“ genannt]. Der Agent landet, nach einigen Anläufen der Khan-Gefolgsleute, schließlich als Gefangener in Kamal Khan’s Palast [Anmerkung: Als Kulisse für die Außenaufnahmen des Kamal Khan-Palastes diente der Monsoon Palace in Udaipur, die Szenen im Innenhof des Palastes entstanden jedoch auf dem Gelände der „007 Stage“ in London]. Hier wird Bond heimlich Zeuge eines Treffens zwischen dem Prinzen und dem russischen General Orlov, der dem Kommunismus durch eine Art „militärischen Präventivschlag“, der in Europa stattfinden soll, zum Sieg verhelfen will. Khan und Orlov verabreden sich zu einer zunächst nicht näher ausgeführten Operation in der DDR, genauer: in Karl-Marx-Stadt [seit 1990 wieder: Chemnitz], und erwähnen noch den Namen einer geheimnisvollen Verbündeten namens „Octopussy“. Anschließend wird das Fabergé-Ei zerstört, das man Bond abgenommen hat, im Glauben, es sei eine Fälschung – in Wahrheit zerstören Khan und Orlov aber das echte Ei und Khan entdeckt das Mini-Abhörgerät, das 007 in dem Ei versteckt hat und mit dem er das ganze Gespräch abgehört hat. Wenig später gelingt Bond die Flucht aus dem Palast, er wird aber von Khan und dessen Handlangern rund um den hünenhaften Gobinda noch im Rahmen einer Art Großwildjagd durch den Dschungel gejagt [Bond dabei -in der Originalfassung- zu dem Tiger, den er zufällig im Dschungel trifft: „Sit!“], bis er sich schließlich auf ein Boot mit Touristen retten kann, das auf dem naheliegenden Fluss zufällig vorbeifährt [Anmerkung: Auf diesem Touristenboot absolviert Michael G. Wilson einen seiner zwei Cameo-Auftritte in Octopussy – er ist als Passagier zu sehen; den zweiten Cameo-Auftritt hat Wilson als russischer General in einer sowjetischen Sicherheitskonferenz].

Bond macht schließlich „Octopussy“ ausfindig – sie lebt auf einer Fluss-Insel [Anmerkung: Die Szenen auf Octopussy’s Insel wurden beim Taj Lake Palace, einem 5-Sterne-Hotel im Pichhola-See in Udaipur, gedreht] und ist umringt von einer persönlichen Leibgarde, die nur aus Frauen besteht [Anmerkung: Auch Desmond Llewelyn’s Tochter, Tracy Llewelyn, ist unter den Mitgliedern von Octopussy’s Leibgarde zu finden]. Beim ersten Aufeinandertreffen stellt sich heraus, dass „Octopussy“ [natürlich nur eine Art „Künstlername“ – ihr richtiger Name lautet „Octavia Charlotte Smythe“] die Tochter eines britischen Agenten und Schmugglers ist, dem 007 einst die Möglichkeit eines ehrenvollen Todes einräumte. Außerdem besitzt Octopussy einen international gastierenden Zirkus, der nichts anderes als ein Cover für diverse Schmuggelaktivitäten ist, die sie gemeinsam mit ihrem Partner Kamal Khan durchführt – die geplante Operation in Karl-Marx-Stadt mit General Orlov hat den Zweck, den Zarenschatz [auch: „Zarengold“ – der während des Russischen Bürgerkriegs 1918-1922 verschwundene Staatsschatz des Russischen Reiches] zu verschieben, den Orlov aus Russland entwendet und durch eine Reihe von wertlosen Kopien, wie zum Beispiel dem gefälschten Fabergé-Ei, hat ersetzen lassen. Nachdem Octopussy Kamal Khan, der auch in ihrem Palast auftaucht, klarmacht, dass der Agent unter ihrem Schutz steht, verbringen Bond und Octopussy die Nacht miteinander, bis die beiden in Octopussy’s Räumlichkeiten von einem Killerkommando attackiert werden, das ihnen wiederum Kamal Khan geschickt hat und das zuvor am Flussufer in der Nähe des Palastes bereits den Bond-Vertrauten Vijay getötet hat. Bond nützt das Kampfgetümmel auch, um von der Insel wieder zu flüchten.

007 reist nach Karl-Marx-Stadt, wo der Zirkus von Octopussy gastiert. Bond bringt, aus der Not heraus getarnt mit einem Gorilla-Kostüm, in dem Sonderzug, der für die Weiterreise des Zirkus zu einem Auftritt auf einer US-Air-Force-Basis im westdeutschen Feldstadt bereitsteht, Details des Plans von Khan und General Orlov in Erfahrung: Orlov will auf dem US-Stützpunkt in Feldstadt [Anmerkung: Als „US-Air-Force-Stützpunkt Feldstadt“ diente der RAF Upper Hayford in der Grafschaft Oxfordshire in Süd-Ost-England] während einer Vorstellung des Octopussy-Zirkus eine Atombombe zünden, die in einer Zirkus-Kanone versteckt ist – die ganze Sache würde wie ein Unfall und wie eine zufällige Explosion einer US-Bombe aussehen, weil keine russischen Herkunft der Atomwaffe nachweisbar wäre. Laut Orlov soll dann folgendes Szenario entstehen: Eine auf Druck der Friedensbewegung stattfindende einseitige Abrüstung der NATO-Staaten würde zu einem Vorteil Russlands führen, das mit den Staaten des Warschauer Pakts Europa durch eine Art Überraschungsangriff erobern könnte.

Wenig später stirbt Orlov jedoch an der innerdeutschen Grenze durch Kugeln der DDR-Grenztruppen, da ihn KGB-Chef General Gogol (Walter Gotell), der den Betrug mit dem Zarenschatz mittlerweile aufgedeckt hat, stellt. Bond konnte in dem Zug bleiben [Anmerkung: Die „Karl-Marx-Stadt-railways-scenes“ wurden auf dem Nene Valley Railway zwischen Wansford und Peterborough in der Region Cambridgeshire gedreht], muss sich aber wiederum mit Khan’s Handlangern rund um Gobinda herumschlagen – bei diversen Kämpfen tötet der Agent auch die Messerwerfer-Zwillinge Mischka und Grischka, wird aber vom Zug befördert und macht sich auf eigene Faust in Richtung Feldstadt auf. Nachdem 007 einige Hürden überwunden hat [Anmerkung: Als Ort für die Verfolgungsjagd zwischen der westdeutschen Polizei und dem von Bond unterwegs geklauten Alpha Romeo diente die sogenannte AVUS im Südwesten Berlins – AVUS: Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße], gelingt es ihm, als Clown verkleidet, in die Zirkus-Vorstellung auf der Air-Force-Basis zu gelangen und die Bombe gleichsam im letzten Moment zu entschärfen. Octopussy, die bei der Vorstellung anwesend ist, weiß nun auch, dass Kamal Khan sie verraten hat.

Wieder zurück in Indien dringen Bond sowie Octopussy und ihre Leibgarde in Khan’s Palast ein – der Agent tut dies mittels eines von „Q“ gesteuerten Heißluftballons. Khan kann Octopussy als Geisel nehmen und hebt mit ihr sowie mit Gobinda in seinem Privatflugzeug [eine Beechcraft Model 18] ab, das sich in der Nähe seines Anwesens befindet. Bond springt aber noch im letzten Moment, von einem Pferd aus, auf das Flugzeug auf und liefert sich in der Luft einen Kampf mit Gobinda, den er schließlich in die Tiefe befördert [Anmerkung: Die verwendeten Luftaufnahmen entstanden, wie die Tankstellen-Szene in der Vortitel-Sequenz, in Utah]. 007 und Octopussy können noch rechtzeitig aus dem landenden Flugzeug abspringen - während Kamal Khan mit diesem dann an einer Felswand zerschellt.

Die finalen Szenen zeigen, wie „M“, der britische Verteidigungsminister Sir Frederick Gray (Geoffrey Keen) sowie General Gogol in M’s Büro in London zusammensitzen. Bond’s Abwesenheit wird von „M“ gegenüber Gogol damit begründet, dass sich der Agent einige Verletzungen zugezogen hat – in Wahrheit befindet sich 007 aber auf Octopussy’s Schiff, auf dem er gegenüber Octopussy zunächst noch einen Verletzten markiert, bevor er eine „Spontanheilung“ hinlegt und mit ihr Sex hat.

 

 

 

 

 

JAMES BOND

 Ich schätze, diese Geschichte ist, gestatten Sie mir den Vergleich, nur ein Saugnapf des Tintenfischs.

 

 

(aus: Octopussy; aus einem Gespräch zwischen „James Bond“ Roger Moore und dem neuen „M“, gespielt von Robert Brown; das Gespräch, in dem im Prinzip der Frage nachgegangen wird, warum General Orlov bei dem Juwelenraub mitmacht, findet in einem Wagen statt - während Bond und „M“ zum berühmten Checkpoint Charlie bei der Berliner Mauer gebracht werden, wo im Übrigen die ersten vier Drehtage der Octopussy-Dreharbeiten stattfanden; in der Originalfassung sagt Roger Moore: „The jewellery, I think is, if you’ll forgive the analogy, only the tip of the tentacle.“)

 

 

 

VIJAY

 Es soll auf der Insel viele hübsche Frauen geben, Männer haben keinen Zutritt.

 

 

 

JAMES BOND

 Ach was? Das ist sexuelle Diskriminierung. Das muss ich unbedingt mal näher betrachten.

 

 

(aus: Octopussy; Dialog zwischen „007“ Roger Moore und seinem indischen MI6-Kontakt „Vijay“, gespielt von Vijay Amritraj, bevor Bond dann tatsächlich der Octopussy-Insel einen Besuch abstattet; in der Originalfassung sagt Moore: „Really? Sexual discrimination. I’ll definitely have to pay it a visit.“)

 

 

 

Vier Millionen US-Dollar Gage und eine Beteiligung am Einspielergebnis mussten die James Bond-Macher Roger Moore schließlich anbieten, um diesen zu überzeugen, sich in das angesprochene „Fern-Duell“ mit Ur-Bond Sean Connery zu begeben.

Wie aber schon vor In tödlicher Mission hatten Broccoli und Michael G. Wilson einige potentielle James Bond-Kandidaten zu Testaufnahmen gebeten, für den Fall, dass Roger Moore tatsächlich nicht zu einem Weitermachen bereit gewesen wäre. „James Bond-test footage“ entstand mit Timothy Dalton und wiederum mit Michael Billington, was Billington wohl zu dem Schauspieler macht, der am öftesten als James Bond bei irgendwelchen Probeaufnahmen getestet wurde, die Rolle letztendlich aber nie erhielt.

Derjenige, der aber dann tatsächlich kurz davor war, der neue 007 zu werden, war nicht etwa, wie man natürlich annehmen könnte, Dalton, sondern der ebenfalls zu Test-Aufnahmen gebetene James Brolin, dessen internationale Bekanntheit sich vor allem auf seiner Rolle des Hotelmanagers „Peter McDermott“ in der TV-Serie Hotel (1983-1988; Co-Stars von Brolin: Connie Sellecca & Shari Belafonte) begründet, die in den 80er-Jahren unerhört populär war, aus heutiger Sicht aber fast schon etwas „putzig“ rüberkommt (Anmerkung: James Brolin ist gegenwärtig vor allem als „Ehemann von Barbra Streisand“ und „Vater des Schauspielers Josh Brolin“ bekannt).

 

Das Ur-Skript zu Octopussy, der der erste James Bond-Film war, der unter dem Banner von MGM entstanden ist (Anmerkung: MGM fusionierte 1982 mit Broccoli’s Partner United Artists), wurde von dem schottischen Autor George MacDonald Fraser, unter „Einflussnahme“ von Albert R. Broccoli und Regisseur John Glen, verfasst. MacDonald Fraser wird im Vorspann dann auch, neben Richard Maibaum und Michael G. Wilson, als Co-Autor genannt, wenngleich Maibaum und Wilson MacDonald Fraser’s Skript intensiv überarbeitet und unter anderem eine als Vortitel-Sequenz geplante Motorrad-Verfolgungsjagd komplett gestrichen und durch die äußerst gelungene „Acrostar-jet-scene“ ersetzt haben. Einige Elemente, die auch Albert R. Broccoli, aus verständlichen Gründen, nicht mochte, wie etwa diejenigen, dass James Bond als Gorilla und als Clown verkleidet herumläuft, wurden jedoch beibehalten. Wie weiter oben bereits angedeutet, findet sich nur wenig aus Ian Fleming’s Kurzgeschichte "Octopussy" im fertigen Film wieder, lediglich in dem Gespräch zwischen „James Bond“ Roger Moore und „Octopussy“ Maud Adams in Octopussy’s Palast werden Teile aus der literarischen Vorlage wiedergegeben. Ansonsten wirkt Octopussy stellenweise, und das vor allem in den Indien-Teilen, wie eine Reminiszenz an einen der größten Abenteuerfilme, die je gedreht wurden, nämlich an Steven Spielberg’s und George Lucas‘ Jäger des verlorenen Schatzes von 1981 – und wenn sich 007 auf einem Marktplatz in Udaipur mit diversen Angreifern herumplagt, dann fühlt man sich unweigerlich an „Indiana Jones“ Harrison Ford erinnert, der sich im Film von 1981 auf einem Marktplatz in Kairo unvergessliche Duelle mit „lokalen Handlangern des Bösen“ liefert.

 

Einen interessanten Nebenrollen-Besetzungs-Coup, abseits der „Bond-Villains“ und der „Bond-Girls“, landete Broccoli durch die Besetzung des indischen Tennisprofis Vijay Amritraj als Bond’s MI6-Kontaktmann „Vijay“. Broccoli hatte den zweifachen Wimbledon-Viertelfinalisten Amritraj tatsächlich auch bei den „Championships in Wimbledon“ kennengelernt und abgesehen davon, dass Amritraj im Film seinen eigenen Vornamen sozusagen behalten durfte, wurden in Octopussy sogar amüsante Verweise auf das Tennisprofi-Dasein des Inders eingebaut. So benutzt Amritraj während des temporeichen „Tuk Tuk chase“ durch Udaipur einmal einen Tennisschläger als Waffe, ein anderes Mal kommt es zu einem Seitenhieb auf Amritraj’s Tenniskünste, als er Bond erzählt, dass er, undercover, in Kamal Khan’s Tennisclub Unterricht gibt (James Bond: „Was haben Sie da in Erfahrung gebracht?“ / Vijay: „Dass meine Rückhand besser werden muss“).

Anfangs kam es aber wegen der Besetzung von Amritraj, der nach Octopussy auch in Werken wie dem Sho Kosugi-Vehikel Die 9 Leben der Ninja (1985; 9 Deaths of the Ninja; Regie: Emmett Alston) zu sehen war, zu Protesten der indischen Schauspielgewerkschaft, da Amritraj keines ihrer Mitglieder war. Um der Gewerkschaft entgegen zu kommen, wurde Amritraj’s Figur gleichsam „aufgeteilt“ und eine zweite, neue, Figur geschaffen, nämlich die des lokalen MI6-Chefs „Sadruddin“ – gespielt von dem, aus Sri Lanka stammenden, Gewerkschaftsmitglied Albert Moses.

 

 

 

 

 

KAMAL KHAN

 Mr. Bond ist in der Tat ein überaus zäher Vogel. Man muss ihn erlegen und ausstopfen.

 

 

(aus: Octopussy; „Kamal Khan“ Louis Jourdan, nachdem ihm Bond bei der „Großwildjagd“ im indischen Dschungel entkommen ist; in der Originalfassung sagt Louis Jourdan: „Mr. Bond is indeed of a very rare breed. Soon to be made extinct.“)

 

 

 

Danny Peary hat in seiner erstmals 1986 erschienenen Rezensionen-Sammlung „Guide for the Film Fanatic“ gemeint, dass die Bösewichte in Octopussy nicht annähernd das Kaliber eines „Dr. Julius No“, eines „Auric Goldfinger“ oder eines „Ernst Stavro Blofeld“ erreichen würden. Das mag vielleicht sogar der Wahrheit entsprechen, aber dennoch ist der von dem französischen Schauspieler Louis Jourdan gespielte Hauptbösewicht „Kamal Khan“, ein „exiled Afghan prince“ und Schmuggler, fast schon wieder der überzeugendste, mit Sicherheit aber der eleganteste, aller Bond-Antagonisten innerhalb der Ära von Roger Moore.

Bei der Unterhaltung zwischen Bond und Kamal Khan in einem Casino in Udaipur kommt, so wie bei der Vortitel-Sequenz von In tödlicher Mission, sogar ein wenig altes „60’s-007-Sean Connery gegen SPECTRE Associates-Feeling“ auf, nämlich dann, wenn Kamal Khan während des Würfelspiels sagt „Geben Sie das Geld lieber schnell wieder aus, Mr. Bond!“ und Bond antwortet „Das gedenk ich zu tun, Kamal Khan!“.

Louis Jourdan (1921-2015), ein enger von Freund von Albert R. Broccoli, war zwar gebürtiger Franzose, wurde aber wegen seines „weltmännischen Charmes“ schnell von Hollywood entdeckt und letztendlich sogar auf dem Walk of Fame verewigt. Ins US-Filmgeschäft holte ihn Alfred Hitchcock für seinen Krimi-Klassiker Der Fall Paradin (1947; The Paradine Case) mit Gregory Peck und Charles Laughton. Jourdan war aber auch Teil von Vincente Minnelli’s mit 9 Oscars ausgezeichnetem Musical-Film Gigi (1958), in dem Leslie Caron die Titelrolle spielte, Jourdan aber sogar das Titellied, nämlich „Gigi“, sang. Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre war Jourdan dann vermehrt in Bösewicht-Rollen zu sehen, so zum Beispiel in der bereits im Kapitel über Moonraker im Zusammenhang mit Jourdan (zur Erinnerung: Jourdan war seinerzeit ein „chief-villain“-Kandidat und als „Hugo Drax“ angedacht) erwähnten Jonathan Demme-Columbo-Folge Mord á la carte sowie in Wes Craven’s amüsant-trashigem Horror-Kultfilm Das Ding aus dem Sumpf (1982; Swamp Thing).

Der Neben-Bösewicht „General Orlov“, ein „megalomaniacal Soviet General“, der Juwelen und Reliquien von der russischen Regierung stiehlt und eine Atombombe auf einem US-Air-Force-Stützpunkt in Westdeutschland zünden will, um dem Kommunismus zum Sieg zu verhelfen (Orlov’s Original-Antwort auf General Gogol‘s finales Urteil, dass er nur so etwas wie ein gewöhnlicher Dieb und eine Schande für seine Uniform wäre: „Yes...but tomorrow, I shall be a hero of the Soviet Union“), wird von dem britischen Dramatiker und Schauspieler Steven Berkoff verkörpert.

Berkoff, der auf eine eindrucksvolle Filmographie zurückblicken kann und sowohl Auftritte in Meisterwerken, wie den beiden Stanley Kubrick-Filmen Uhrwerk Orange (1971; A Clockwork Orange) und Barry Lyndon (1975), als auch in 80er-Jahre-Erfolgen, wie Beverly Hills Cop – Ich lös‘ den Fall auf jeden Fall (1984; Beverly Hills Cop; Regie: Martin Brest) und Rambo II – Der Auftrag (1985; Rambo: First Blood Part II; Regie: George P. Cosmatos), hatte, bekam die Orlov-Rolle vor allem deshalb, weil Dana Broccoli Berkoff in dessen eigenem Theater-Stück Greek (1980; eine Art moderne Adaption von Sophokles‘ König Ödipus) in Los Angeles gesehen hatte und von seiner Leistung darin angetan war.

Allerdings gilt „General Orlov“ unter Bond-Fans und Film-Kritikern nicht gerade als eine gelungene Figur, denn Berkoff’s Schauspiel zeichnet sich eher durch ein auffälligesOveracting“ aus, das auch den schon mehrfach von mir zitierten US-Kritiker James Berardinelli einmal dazu bewogen hat, zu meinen, Berkoff’s Leistung wäre „offensively bad“ und generell die schlechteste Darstellung einesBond-Villains.

Als Neben-Bösewicht und, wenn man so will, als Neben-Neben-Bösewichte in Octopussy agieren der loyale Kamal Khan-Gefolgsmann „Gobinda“ sowie die Messer-werfenden Zwillinge „Mischka & Grischka“.

Der hünenhafte, schweigsame und stets einen Turban tragende „Gobinda“, ein absolut gelungener und Eindruck hinterlassender „supporting antagonist“, wird von dem indischen Schauspieler Kabir Bedi dargestellt, der durch seine Titelrolle in der sechsteiligen TV-Mini-Serie Sandokan – Der Tiger von Malaysia (Sandokan; Regie: Sergio Sollima) aus dem Jahr 1976 auch im deutschsprachigen Raum bekannt wurde und dafür sogar einen damals äußerst begehrten goldenen „Bravo-Otto“ bekam.

Die Zwillinge „Mischka & Grischka“, sozusagen die Mörder des Bond-Kollegen „009“, werden von den Real Life-Zwillingen David & Anthony Meyer porträtiert. Die Meyer-Zwillinge traten, und das vor allem in den 80er-Jahren, oft gemeinsam in Filmen auf. Anthony „Tony“ Meyer hatte sogar eine kleine Rolle in einem der besten Filme aller Zeiten, nämlich in Peter Greenaway’s eigenwillig-grandiosem „Whodunit-Picture“ Der Kontrakt des Zeichners (1982; The Draughtsman’s Contract).

 

 

 

 

 

OCTOPUSSY

 Bei einem bezahlten Killer brauch ich mich nicht zu entschuldigen für das, was ich bin.

 

 

 (aus: Octopussy; die Schmugglerin „Octopussy“, gespielt von Maud Adams, zu „007“ Roger Moore bei ihrem ersten Aufeinandertreffen in Octopussy’s Palast; in der Originalfassung sagt Maud Adams: „I don’t have to apologise to you, a paid assassin, for what I am.“)

 

 

 

 

 JAMES BOND

 Entschuldige meine Neugierde, aber was ist das?

 

 

MAGDA

 Das ist mein kleiner Octopussy.

 

 

(aus: Octopussy; „Pillow-Talk“ zwischen „James Bond“ Roger Moore und „Magda“ Kristina Wayborn, bezogen auf Magda’s Octopus-Tattoo, das ihre Zugehörigkeit zu Octopussy’s Leibgarde ausdrückt; in der Originalfassung sagt Kristina Wayborn „That’s my little octopussy“, was die Zweideutigkeit noch besser zum Ausdruck bringt)

 

 

 

Pretty Maids All In A Row – Nun, so heißt bekanntlich nicht nur ein Song der Eagles (auf deren Hotel California-Album von 1976), sondern „Pretty Maids All In A Row“ finden sich auch auf der Insel des Haupt-Bond-Girls des 83er-Films, denn „Octopussy“ wird von einer ausschließlich weiblichen Leibgarde umgeben. Allerdings ist John Glen’s Octopussy ein Werk der 80er-Jahre und dieser James Bond allein auf einer Insel nur mit hübschen Frauen-Aspekt wird darin nicht als bloßer Vorwand für eine Reihe von „Anspielungen“ machistischer oder chauvinistischer Natur genommen, so wie das gewiss noch speziell in der ersten Hälfte der 70er der Fall gewesen wäre, sondern wird, beinahe zumindest, ungewöhnlich seriös“ abgehandelt.

Zunächst hatte der Auftrag an die Casting-Direktorin Jane Jenkins gelautet, eine „south Asien actress“ zu finden, um die Rolle der schwerreichen und im indischen Udaipur lebenden Schmugglerin „Octopussy“ zu spielen. Als sich „die beiden einzigen Inderinnen in Hollywood“, nämlich Persis Khambatta (bekannt aus Stephen Frears‘ Mein wunderbarer Waschsalon von 1985) und Susie Coelho (hatte eine kleine Rolle neben Lee Majors in der 70er-Jahre-TV-Serie Der Sechs-Millionen-Dollar-Mann und war die zweite Ehefrau von Sonny Bono – nach dessen Trennung von Cher), als keine realistischen Optionen erwiesen, suchte Jenkins schließlich nach „weißen Schauspielerinnen, die als Inderinnen durchgehen“, was sie zu Barbara Parkins (spielte 1967 die Hauptrolle in Mark Robson’s „Medikamentenmissbrauchs-Drama“ Das Tal der Puppen) führte, die die Bond-Girl-Rolle aber auch nicht übernahm, was die Macher schließlich dazu bewog, der Figur einen neuen, „nicht-indischen“, Background zu verpassen.

Eine weitere Schauspielerin, die für den Part der „Octopussy“ in Betracht gezogen wurde (neben Faye Dunaway, die sich als „too expensive“ erwiesen hatte, und Barbara Carrera, die dann bekanntlich eine Rolle in dem „Konkurrenzprodukt“ Sag niemals nie übernahm), war die Österreicherin Sybil Danning, die durch ihre freizügigen Auftritte in 70er-Jahre-Sexfilm-Reihen wie dem Hausfrauen-Report bekannt wurde, Albert R. Broccoli aber letztendlich zu dem, etwas ambivalenten, Statement bewog, dass die „Persönlichkeit“ der aus Oberösterreich stammenden Danning „zu stark“ gewesen sei, um eine Rolle in seinem Film zu bekommen.

Über den Sonderstatus, den die Schwedin Maud Adams innerhalb der Bond-Serie hat, wurde bereits in dem Kapitel über Der Mann mit dem goldenen Colt berichtet. Dass es Adams, nach ihrer Neben-Bond-Girl-Rolle als „Andrea Anders“ im Film von 74, in Octopussy aber zu einem Auftritt als Haupt-Bond-Girl gebracht hat, lag vor allem daran, dass sie regelmäßig bei Eon Productions-Screen-Tests mit neuen, soll heißen: potentiellen, „007s“ eingesetzt wurde und so problemlos jederzeit „einspringen“ konnte.

„Octopussy“, die Frau mit einer Schwäche für den „Blue ringed-Octopus“ (Anmerkung: Der im Film vorkommende Blauring-Krake, der sich in einem Aquarium in Octopussy’s Palast befindet und der von Bond auch einmal, korrekt, als „Genus Hapalochlaena“ bezeichnet wird, ist tatsächlich hochgiftig!), die ja noch dazu „Titelgeberin“ des Films ist und es mit ihrem Namen auf jede Liste der „Best Bond-Girl Names“ schaffen würde, ist, wie später auch Monica Bellucci in Spectre, eine absolut überzeugende „Bond-Woman“, die, was ins Auge sticht, von diversen Medien abwechselnd zu den besten und dann wieder zu den schlechtesten „007-Gespielinnen“ gezählt wird – Fandango nannte sie 2006 „one of the top 10 Bond Girls“ und „a powerful, impressive woman“, Entertainment Weekly dagegen wählte sie noch im selben Jahr zum „10th worst Bond Girl“.

Das Neben-Bond-Girl „Magda“, ein wichtiges Mitglied von Octopussy’s Leibgarde und innerhalb von Octopussy’s Geheimorganisation, dem „Octopus Cult“, deren „rechte Hand“, wird von Kristina Wayborn gespielt, die, wie Maud Adams, ursprünglich aus Schweden stammt. Aufmerksam auf Wayborn wurden die Bond-Macher wegen ihrer Greta Garbo-Verkörperung in dem TV-Film Moviola: The Silent Lovers (Regie: John Erman) aus 1980. Nach ihrem Bond-Film-Auftritt war sie noch in einzelnen Episoden diverser 80’s-TV-Serien wie Airwolf (1984-1986) und MacGyver (1985-1992) zu sehen.

Einen kurzen Auftritt als Neben-Bond-Girl, und das ausschließlich in der großartigen Vortitel-Sequenz des Films, hat auch Tina Hudson, die „Bianca“ spielt, eine kubanische „intelligence operative employed by the MI6“, die Bond dabei hilft, aus der Gefangenschaft des Militärs wieder zu entkommen, in die Bond beim Versuch, seinen Auftrag zu erfüllen, in einem lateinamerikanischen Land geraten ist. Für Hudson stellte ihre kleine Rolle in Octopussy den einzig nennenswerten Filmauftritt dar.

 

 

 

 

 

JAMES BOND

 Haben Sie Probleme damit, dass es stehen bleibt?

 

 

 (aus: Octopussy; eine der üblichen „Respektlosigkeiten“ von „007“ gegenüber „Q“, wiederum gespielt von Desmond Llewelyn; die Aussage ist, im Grunde, ein Kommentar Bonds dazu, dass, während einer „Leistungsschau“ der „Q-Abteilung“, die diesmal in Udaipur stattfindet, ein Inder per Fernbedienung von einem dicken Seil, das an keinerlei Halterung hängt, gleichsam in die Luft „getragen“ wird – was allerdings nicht ganz zu funktionieren scheint, da das Seil sich irgendwann „abknickt“; in der Originalfassung sagt Roger Moore: „Having problems keeping it up, Q?“)

 

 

 

 

Q

 Hören Sie, 007! Ich habe absolut keine Zeit für diese antiquierten Scherze!

 

 

 (aus: Octopussy; Reaktion von „Q“ Desmond Llewelyn darauf, dass Bond mit einer Kamera gerade auf den Ausschnitt einer Mitarbeiterin der „Q-Branch“ gezoomt hat – das Bild des Ausschnitts ist sowohl auf einem Bildschirm als auch auf Bond’s „TV-Armbanduhr“ zu sehen – Bond’s Kommentar dazu: „Eine bestechend scharfe Bildwiedergabe“; in der Originalfassung sagt Llewelyn: „Really, 007! I haven’t time for these adolescent antics!“)

 

 

 

Der 83er-Bond-Film bietet auch zwei interessante „Neuzugänge“ beim MI6-Personal. Wie bereits im vorherigen Kapitel berichtet, wurde Robert Brown, und das auf Vorschlag von Roger Moore hin, da er mit Brown einst in der TV-Serie Ivanhoe (1958-1959) zusammengearbeitet hatte (Anmerkung: Brown spielte darin „Gurth“, den Knappen von „Sir Wilfred of Ivanhoe“ Roger Moore), zum neuen „M“ gemacht. Brown, der 1977 übrigens auch schon in der Rolle des Royal Navy-Admirals „Robert Hargreaves“ in Der Spion, der mich liebte zu sehen war, verkörperte den MI6-Chef dann die gesamten 80er-Jahre hindurch, also bis einschließlich Lizenz zum Töten, und muss, retrospektiv betrachtet, als eine Art „Übergangs-M“ bezeichnet werden, der sozusagen zwischen den Ären der beiden großen „M“-Darsteller Bernard Lee (1962-1979) und Judi Dench (1995-2012) agierte.

„Moneypenny“-Darstellerin Lois Maxwell zur Seite stellten die Octopussy-Macher Michaela Clavell, die Tochter des Shogun-Autors James Clavell, dessen umfangreicher und 1981 erschienener Roman-Bestseller Noble House 1988 ebenfalls sehr erfolgreich, im Rahmen eines TV-Mehrteilers, verfilmt wurde, und zwar mit dem späteren 007-Darsteller Pierce Brosnan in der Hauptrolle des „Tai-Pan Ian Dunross“. Die von Michaela Clavell gespielte Moneypenny-Assistentin „Penelope Smallbone“, die scheinbar ebenfalls unverzüglich 007’s Charme zu erliegen scheint, wurde der „Langzeit-Chef-Sekretärin“ Miss Moneypenny aber nur in Octopussy zur Seite gestellt - und der Film spielt durchaus auf charmante Art und Weise damit, dass sich Bond, wie man auch ganz zu Beginn des Kapitels aus dem Zitat entnehmen kann, seiner alten Gefährtin Moneypenny gegenüber, angesichts der „plötzlich aufgetauchten jüngeren Konkurrenz“, durchaus „loyal“ verhält.

Im Zusammenhang mit dem „Kinokassen-Fern-Duell“ zwischen Roger Moore und Sean Connery, zwischen John Glen’s Octopussy und Irvin Kershner’s Sag niemals nie also, kann man auch von einem „Duell der Füllfederhalter“ sprechen, in dem vielleicht Sean Connery, mit seinem Füllfederhalter mit Union Jack auf dem Korpus und Sprengrakete, ganz leicht die Nase vorn hat. Allerdings hat es auch Moore’s Füllfederhalter mit Abhörgerät und Säure statt Tinte, das zentrale Gadget in Octopussy, in sich, denn mit der Mischung aus Nitrit und Salzsäure, die sich in dem Füllfederhalter befindet, entfernt Bond die Gitter seines Verlieses in Kamal Khan’s Palast, während er mit dem Mini-Abhörgerät, das er in dem gefälschten Fabergé-Ei versteckt hat, dann die Unterredung von Khan und General Orlov belauscht. Als Ortungsinstrument für das kleine Abhörgerät im Fabergé-Ei dient Bond’s Armbanduhr, die Seiko G757. Ein anderes Seiko-Modell, nämlich die Seiko-TV-Watch DXA 001/002, testet Bond während der „Q-Branch-Leistungsschau“ und Gadget-Übergabe in Udaipur. Diese „TV-Watch“, mit der Bond, wie weiter oben beschrieben, zunächst den Ausschnitt einer Mitarbeiterin von „Q“ „begutachtet“, wurde von Seiko erstmals 1982 vorgestellt – Bond verwendet sie dann nochmal am Ende des Films, als er, mit Octopussy und deren Leibgarde und unter Zuhilfenahme eines von „Q“ gesteuerten Heißluftballons mit Union Jack-Optik, den Palast von Kamal Khan entert.

 

 

 

Die Weltpremiere von Octopussy fand am 6. Juni 1983 im „Odeon Leicester Square“ in London, unter Anwesenheit von Prinz Charles und Prinzessin Diana, statt. Der Film wurde, bei einem Einspielergebnis von über 187 Millionen US-Dollar (Produktionskosten: rund 27,5 Millionen US-Dollar), zum zweit-erfolgreichsten Film des Jahres 1983 (die Poleposition nahm natürlich das Star Wars-Sequel Die Rückkehr der Jedi-Ritter ein) und behielt somit auch gegenüber Sag niemals nie kommerziell die Oberhand, denn das Feuerball-Remake mit dem Ur-Bond Connery, an dem Moore stets gemessen wurde, lukrierte weltweit „nur“ etwa 160 Millionen US-Dollar. Inflationsbereinigt entspricht das Octopussy-Einspielergebnis heutzutage einem Betrag von über 426 Millionen US-Dollar, was das Werk aber mittlerweile nur mehr auf Platz 21 des Bond-Film-internen Box-Office-Rankings bringt.

 

 

Vincent Canby von der New York Times nannte die Handlung von Octopussy einst „unverständlich“, lobte jedoch John Glen’s Regie und vor allem die Actionszenen. Das Variety-Magazin hob die „spektakulären Luftstunts“ hervor, während der „Roger Moore- und James Bond-Skeptiker“ Hans Christoph Blumenberg in der Zeit gewohnt kritisch meinte: „Roger Moore, ein schlaffer Lebemann, geht im Dauer-Feuerwerk der Sensationen völlig unter.

Spätere Bewertungen tendieren dazu, den vorletzten Moore-Bond eher als „unterdurchschnittlich“ oder zumindest als „unterhaltsam und spaßig, aber letztendlich mittelmäßig“ einzuteilen. James Berardinelli meinte 1996 in einer Octopussy-Rezension, die später auch auf seiner Website „Reelviews“ zu finden war, dass die Stärke von Octopussy die „extravaganten Stunts und Verfolgungsjagden“ wären und diese den Film „vor dem Müllhaufen bewahren“.

  

 

Auch die gängigen Rankings sehen Octopussy meist im „hinteren Drittel“ der Bond-Film-Hierarchie. Beim Entertainment Weekly-Poll landete das Werk 2006 nur auf Platz 19 (von 21), bei dem Voting auf der Review-Seite IGN von 2006 hingegen auf dem 14. Platz. Im „James Bond-Jubiläumsjahr“ 2012 zeigte sich folgendes Bild: Auf der Website MI6-HQ.com rangierte Octopussy auf dem 17. Platz des 22 Bond-Filme umfassenden Polls. Das 007-Magazine sah das Werk auf dem 14., das Rolling Stone-Magazin auf dem 16. Platz der jeweils 24 Filme umfassenden Rankings. Der Stern vergab 2 Sterne im Sonderheft „50 Jahre James Bond“, was, bei 5 möglichen Sternen, dem Urteil „schwach“ entsprach.

 

 

Octopussy, John Glen’s zweiter und Roger Moore’s sechster James Bond-Film, besticht in der Tat durch seine gelungenen Actionszenen, wobei speziell die „Acrostar-jet-scene“ im Rahmen der Vortitel-Sequenz als eines der Highlights innerhalb aller in den 80ern entstandenen Bond-Filme gelten kann. Andererseits bietet Octopussy mit der James Bond verkleidet als Gorilla-Szene und der James Bond verkleidet als Zirkus-Clown-Szene aber auch die absoluten Tiefpunkte der Roger Moore-Ära!

Ein heimlicher Höhepunkt von Octopussy ist aber hingegen jene Szene, in der Tennisprofi Vijay Amritraj, als Roger Moore in Udaipur ankommt, plötzlich Monty Norman’s James Bond Theme kurz auf einer Flöte anspielt, um damit eine Schlange in einem Korb zu beschwören. Hier, bei diesem Aufeinandertreffen zwischen James Bond und seinem „MI6 contact“ in Indien, Bond dreht sich, als er das James Bond Theme hört, sofort nach dem „Schlangenbeschwörer“ um, wird die unsichtbare „Vierte Wand“ zwischen den Schauspielern und dem Publikum durchbrochen und eine Film-Figur wird sich gleichsam ihres fiktionalen Charakters bewusst. Es vermischen sich damit, auf amüsante Weise, „parts of the story“ mit „parts of the storytelling“, Teile der fiktionalen Welt mit den stilistischen Elementen, wie die James Bond-Geschichten erzählt werden.

 

 

(Neu überarbeitete Fassung; Ur-Fassung: 26.07.2019)