Ausschnitt aus "SIX MOVIES TO BE MURDERED BY - DAS KINO DES ALFRED HITCHCOCK": "MARNIE / MARNIE" (Teile 1.1 - 1.8)

 

MARNIE (1964)

(Originaltitel: MARNIE)

 

 

You Freud, me Jane?

&

Guten Tag. Ich bin Alfred Hitchcock und möchte Ihnen ein wenig über meinen neuen Film `Marnie` erzählen, der bald in die Kinos kommen wird. `Marnie` ist als Film nicht leicht einzuordnen. Es ist kein `Psycho`. Es gibt auch keinen Schwarm Vögel, die herumfliegen und auf Leute einhacken. Wir haben hier zwei interessante Exemplare der Spezies Mensch, einen Mann und eine Frau. Man könnte `Marnie` einen Sex-Krimi nennen, wenn man solche Worte verwenden wollte. Aber es ist mehr als das

&

Vor allem hat mir die Vorstellung Spaß gemacht, eine fetischistische Liebe zu zeigen. Ein Mann will mit einer Diebin schlafen, weil sie eine Diebin ist […]“

&

Miss Kelly has changed her mind

&

Because Grace makes beauty / Out of ugly things

 

(ZITAT 1: aus: MARNIE; „Marnie“ Tippi Hedren zu „Mark“ Sean Connery, während einer ihrer gemeinsamen „Therapiesitzungen“, mit denen Connery zur „seelischen Gesundung“ der Kleptomanin, die er zur Ehe praktisch gezwungen hat, beitragen will; ohne Sigmund Freud (1856 – 1939) ist der „Master of Suspense“ nicht denkbar – und Erotik & Tod bilden, wie so oft bei Hitchcock, die Hintergrundmotive des Films von 64; // ZITAT 2: Hitchcock bezeichnet im originalen Marnie-Trailer sein Werk als „SUSPENSEFUL SEX MYSTERY“; // ZITAT 3: Hitchcock im Interview mit Truffaut darüber, welcher Aspekt ihn am „Marnie“-Stoff am meisten interessiert hat; // ZITAT 4: Hitchcock zu Joseph Stefano, dem Drehbuchautor von Psycho, und seine Enttäuschung darüber Ausdruck verleihend, dass seine „Marnie“-Wunschkandidatin Grace Kelly, die seinerzeit „wieder zum Film“ wollte, es doch vorzog, in Monaco zu bleiben; Stefano hatte „einen Handlungsrahmen“, genauer: ein erweitertes Konzept mit Dialogen, auf der Basis des Romans „Marnie“ (1961) von Winston Graham verfasst – allerdings drehte „Hitch“, als er von Kelly einen Korb bekommen hatte, dann Die Vögel und Stefano widmete sich einem TV-Projekt, sodass er sich nach den „Birds“ einen neuen „screenwriter“ für die Graham-Verfilmung suchen musste; // ZITAT 5: aus dem U2-Song „Grace“ aus dem Jahr 2000 vom Album All That You Cant Leave Behind“ – in der Tat hätte Grace Kelly mit ihrer „Leichtigkeit“ Hitchcock’s düsterem „Sex-Krimi“ gutgetan)

 

 

 

Wie Sean die Rolle bekam, war lustig. Hitch wusste, ein englischer Darsteller dreht James Bond, einen Film über Fleming’s James Bond. Er hatte gehört, der Schauspieler sei sehr attraktiv, sehr sexy, und er könne Archivmaterial bekommen. Er sollte einen geradlinigen, markanten Kerl aus der Oberschicht in Philadelphia spielen. Und hier war Sean mit seinem starken Glasgower Akzent. Aber er war sehr ansprechend. Wir sahen uns hinterher an und Hitch ahmte eine von Sean’s Zeilen mit diesem schrecklichen Akzent nach. Wir lachten beide und sagten: `Ja, nehmen wir ihn`

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Sean Connery ist nicht unbedingt ein Patrizier aus Philadelphia

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Sie spielen mit einem Slazenger 1, stimmt’s?

Ja, warum?

Das ist ein Slazenger 7. Hier ist mein Penfold Hearts. Sie müssen irgendwo auf der 18. Bahn den falschen Ball erwischt haben. Wir spielen streng nach den Regeln. Also haben Sie das Loch und das Match verloren

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Mit Sean konnte man wirklich wunderbar arbeiten. Einer der nettesten Menschen, mit denen ich gearbeitet habe. Er kam wunderbar mit Hitchcock aus. Es gab keine Probleme. Ein wahrer Profi in jeder Beziehung. Das Einzige, was er gerne tat, war Golf spielen. Er war immer zu einer Partie Golf aufgelegt und darum bewunderte ich ihn

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Er ist ein nachdenklicher Mann, unergründlich und grüblerisch. In gewisser Weise ist er ein Jäger

 

(ZITAT 1: Erinnerungen von Jay Presson Allen, jener Autorin, die dann das endgültige Drehbuch zu Marnie schreiben sollte, daran, wie Connery, der aus der Glasgower Arbeiterklasse stammte und also bereits mit dem Dreh an Dr. No beschäftigt war, gleichsam als „amerikanischer Aristokrat“ gecastet wurde; // ZITAT 2: Hitchcock zu Truffaut über eben jene „Merkwürdigkeit“, dass Connery, den auch Hitchcock gegenüber dem Franzosen als „[…] sehr eleganten Mann“ bezeichnete, in Marnie als „reicher Amerikaner“ daherkommt; // ZITAT 3: Dialog aus dem dritten Bond-Film, dem Smash-Hit Goldfinger (Regie: Guy Hamilton), der im selben Jahr wie Marnie in die Kinos kam, 1964 - „007“ Sean Connery teilt dem Bösewicht „Auric Goldfinger“ Gert Fröbe mit, dass er das Golf-Match gegen ihn verloren hat; // ZITAT 4: Hitchcock-Mitarbeiter Hilton A. Green über Sean Connery; // ZITAT 5: Hitchcock im Trailer von Marnie über den zwiespältigen Character des „Mark Rutland“, den Connery spielt)

 

 

 

Diane, es ist 16:30. Ich bin beim Wind River, in der Nähe des Fundortes der Leiche von Teresa Banks. Diane, ich habe bei diesem Fall ein komisches Gefühl. […] Da unter dem Fingernagel von Teresa Banks ein Buchstabe gefunden wurde, glaube ich, dass der Mörder noch einmal zuschlagen wird. Aber wie heißt es in dem Song: `Wer weiß wann und wo...`“

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Ich bedaure sehr, dass `Twin Peaks: Fire Walk with Me` ein Flop war und viele den Film schrecklich fanden. Ich mag ihn sehr

 

(aus der Kategorie „düstere Filme von großen Regisseuren, die ein Misserfolg waren, aber die ich persönlich sehr schätze“ - ZITAT 1: „Who knows where or when…“: Worte, die „FBI Special Agent Dale Cooper“ Kyle MacLachlan in David Lynch’s geflopptem Twin Peaks-Kinofilm Twin Peaks: Fire Walk with Me / dt. Verleihtitel: Twin Peaks – Der Film von 1992 in sein Diktiergerät („Diane“ – in der dritten Staffel von 2017 dann durch Coopers Secretary Diane Evans“ Laura Dern „personifiziert“) spricht; // ZITAT 2: David Lynch über seinen von Kritik & Publikum „ungeliebten“ Twin Peaks-Film; // auch Hitchcock’s Marnie, der den Endpunkt markierte von „Hitch’s“ Entwicklung vom „romantic thriller“ zur „zerstörerischen Love-Story“ hin zu einer „dark & gloomy Weltvision“, wurde seinerzeit zu einem „Box Office Failure“ – was mich nicht daran hindert, ihn zu meinen „Hitchcock Favorites“ zu zählen)

 

 

 

I think you’re sick“ (Sean Connery zu Tippi Hedren) – gut, „Marnie“, Hitchcock’s Porträt einer krankhaften Diebin, die, getrieben von ihrer „Passion“, mit verändertem Aussehen und neuer Identität von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz wandert, um der Verfolgung zu entgehen, ist für mich persönlich allein schon durch die Tatsache, dass es bei dem Film zu einer Zusammenarbeit von zwei meiner absoluten Lieblingskünstler, nämlich Hitchcock & Connery, gekommen ist, interessant, aber man muss irgendwie auch jenen kritischen Stimmen Recht geben, die der Meinung waren oder auch sind, dass mit dem Film „irgendetwas nicht in Ordnung“ ist.

Am schlüssigsten hat „The Trouble with Marnie“ François Truffaut auf den Punkt gebracht, der das Werk als einen „der großen, kranken Filme“ der Filmgeschichte bezeichnet hat, wobei die Bezeichnung „krank“ hier nicht im Sinne von „abartig“ gemeint ist, sondern im Sinne davon, dass man es mit einem „missgestalteten Meisterwerk, bei dessen Durchführung Irrtümer passiert sind“ zu tun hat – und das ist eine Definition, die man meines Erachtens genauso gut auch auf David Lynch’s Twin Peaks-Film von 1992 anwenden könnte.

Die „Irrtümer“ innerhalb so eines „missgestalteten Meisterwerks“ sind für Truffaut „ein schönes, nicht umzusetzendes Drehbuch“, „eine unangemessene Besetzung“, der Umstand, dass „`Hate` oder `Love` die Dreharbeiten vergiften“, genauso wie, dass „zwischen Absicht und Ausführung eine zu große Kluft herrscht“ oder dass es während der Dreharbeiten zu einem „Absacken der Stimmung“ oder zu einer „trügerischen Begeisterung“ kommt.

Nur merkt Truffaut an, in dessen eigenem Œuvre sich sowohl veritable Meisterwerke wie zum Beispiel Die letzte Metro / OT: Le Dernier Métro (1980) mit Catherine Deneuve und Gérard Depardieu als auch „Merkwürdigkeiten“ wie Ein schönes Mädchen wie ich / OT: Une belle fille comme moi (1972) mit Bernadette Lafont und Claude Brasseur finden, dass diese „großen, kranken Filme“, und das trifft gewiss auch auf Hitchcock’s Marnie zu, einen oftmals mehr „elektrisieren“ können als so manches „offizielle Meisterwerk“.

 

 

 

Der Inhalt von Marnie:

Nach dem Vorspann [Anmerkung: Der Score zu Marnie ist der letzte, den Bernard Herrmann für Hitchcock komponiert hat, denn Herrmann hatte danach zwar noch begonnen, die Filmmusik für „Torn Curtain“ zu schreiben, wurde jedoch, auch wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Regisseur, „von seinen Aufgaben entbunden“; Hitchcock wollte von Herrmann für „Marnie“ einen „kommerziellen Score“ mit Chart-Potenzial, da Herrmann’s Filmmusiken, speziell für die Hitchcock-Movies, zwar zumeist genial waren, es aber jedoch so gut wie nie in die Charts schafften – und der Doris Day-Song „Que Sera, Sera (Whatever Will Be, Will Be)“ aus Der Mann, der zuviel wusste, der mehr oder weniger „Allgemeingut“ ist und seinerzeit natürlich auch ein „Chartstürmer“ war, stammte nicht, wie die sonstige Musik in dem Film, aus der Feder von Herrmann, sondern aus der von Jay Livingston & Ray Evans; das „Marnie Theme“, das man im Vorspann zu hören bekommt und das im Film immer wieder auftaucht, wurde damals sogar von Nat King Cole „versungen“, blieb aber in den Charts erfolglos] sieht man, aber das nur von hinten, eine schwarzhaarige Frau mit einer gelben Handtasche und einem Koffer einen leeren Bahnsteig entlanggehen.

Durch einen unvermittelten Schnitt wird man mit dem Geschäftsmann Mr. Strutt [gespielt von Martin Gabel, der z. B. auch in Frank Sinatra’s zweitem „Tony Rome“-Krimi Die Lady in Zement (1968; Regie: Gordon Douglas) oder in Billy Wilder’s vergnüglicher „The Front Page“-Adaption Extrablatt (1974) mit von der Partie war] konfrontiert, der sich in Büroräumlichkeiten seiner Firma über einen Diebstahl aus dem Safe beklagt, und das in der Anwesenheit von zwei Kriminalbeamten und einer Sekretärin [MR. STRUTT: „Geraubt! Gestohlen! 9976$! […] Und es war dieses Mädchen, Marion Holland! Sie hat es getan, Marion Holland!“]. Nachdem einer der Kriminalbeamten um „eine Beschreibung von Marion Holland“ gefragt hat, gibt ihm Strutt, zur Erheiterung der Beamten, eine „übergenaue“ [MR. STRUTT: „[…] 1 Meter 64, 110 Pfund, Kleidergröße 38, blaue Augen, schwarzes, welliges Haar, regelmäßige Gesichtszüge, gute Zähne […]“].

Es stellt sich in der Folge heraus, dass „Marion Holland“ ungefähr „seit vier Monaten“ in der Firma tätig gewesen ist, wobei „Referenzen“ offenbar keine Rolle bei der Einstellung gespielt haben [MR. STRUTT – auf die diesbezügliche Frage des Polizisten hin: „Na ja, Referenzen...na ja, sie hatte selbstverständlich Referenzen…“], eine Behauptung, die die „Secretary“, die die ganze Zeit über „wissend“ dreinblickt [Anmerkung: Der Hitchcock-Film von 64 mag seine „visuellen Schwächen“ haben, aber was augenfällig in Marnie ist, ist, dass „Hitch“ darin und zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere und nach fast 40 Jahren Regie-Arbeit eine unglaubliche Virtuosität im Inszenieren von „Gesichtsausdrücken“ & „Gesten“ erreicht hatte; um einen gewünschten Gesichtsausdruck zu bekommen, hat Hitchcock oftmals sogar selbst mit seinen Händen in den Gesichtern der Schauspielerinnen & Schauspieler „herummodelliert“], umgehend widerlegt [SECRETARY: „Entschuldigen Sie, Mr. Strutt, haben Sie das vergessen? Sie hatte doch überhaupt keine Referenzen“].

Nach dem Hinweis von Strutt, dass es sich ja schließlich um keine „Vertrauensstellung“ gehandelt hat, taucht ein Mann im Durchgang zum Büro auf [SHIRLEY EATON: „Who are you?“ / SEAN CONNERY: „BondJames Bond“ – Dialog zwischen „Jill Masterson“ & „007“ in Goldfinger (Anm.)] – es handelt sich um Mark Rutland, den Strutt in den „10.000$-Diebstahl“ einweiht [Reaktion von MARK: „Jaja, das hörte ich schon, von einem hübschen Mädchen ohne Referenzen…“]. Dann weist ihn Strutt darauf hin, dass er „die Diebin“ kennen müsste, da er Rutland „das letzte Mal, als er hier war“ sogar auf sie aufmerksam gemacht hat [MARK – im Original: „Oh, that one, the brunette with the legs“; // Anmerkung: Hitchcock wollte, nach eigenen Angaben, in der Szene schon zu Beginn des Films klarmachen, „[…] dass Marnie Mark aufgefallen war“ (Hitchcock zu Truffaut), wobei „Monsieur Hitchcock“ zu seinem Interviewpartner, der „French Cultural Icon“ Truffaut, außerdem gemeint hat, dass man Connery, alternativ, einen inneren Monolog hätte sprechen lassen können à la „Hoffentlich begeht sie bald einen Raub, dass ich sie auf frischer Tat ertappe…“]. Dem „Bestohlenen“ fällt es aber schwer, sich auf „den langjährigen Kunden“ zu konzentrieren, weil er in „Rachegedanken in Bezug auf Marion Holland“ schwelgt [MR. STRUTT: „Diese verfluchte Hexe, die werde ich für 20 Jahre einsperren lassen. Die war viel zu gut, um echt zu sein. […] Sie schien mir so anständig. Sie war so tüchtig und so…“ / MARK: „…entgegenkommend“].

Ortswechsel – die Frau vom Bahnhof geht, begleitet von einem „Boy mit Gepäck“, den Gang eines Hotels entlang, wobei „ein älterer, dickerer Herr, so um die Mitte 60“ aus einem der Zimmer kommt und etwas „orientierungslos“ herumschaut und auch der Frau kurz „hinterherblickt“ [Alfred Hitchcock bei seinem „Trademark“-Cameo-Auftritt!].

Im „Hotel Room“ nimmt die Frau „gut 10.000$“ aus ihrer Handtasche und platziert diese dann in einem Koffer. Anschließend hantiert sie mit insgesamt vier „Social Security Acts“ und tauscht das Sozialversicherungskärtchen, auf dem „Marion Holland“ steht, in ihrer Geldbörse aus durch ein Kärtchen, auf dem „Margaret Edgar“ steht, wobei auch noch die „Alternativmöglichkeiten“ „Mary Taylor“ & „Martha Heilbron“ bestanden hätten.

Später wäscht sich „Margaret Edgar“ im Waschbecken die schwarze Haarfarbe aus – und „zum Vorschein“ kommt ihre echte Haarfarbe, nämlich blond [Anmerkung: Hitchcock führt `Tippi` Hedren (eigentlich: Nathalie Kay Hedren), die Mutter von Melanie Griffith, mit einer Großaufnahme ein, die quasi den Moment dokumentiert, als die „Rückverwandlung“ Hedrens vor dem Spiegel in eine Blondine vollendet ist; aufgefallen war Hitchcock sein späterer „The Birds“-Star Hedren, die vor ihrer Filmkarriere zunächst in Los Angeles als Fotomodell tätig gewesen ist, als er zufällig einen Werbespot mit ihr für ein Diät-Getränk(!) im Fernsehen gesehen hat – Hitchcock soll auf Anhieb „begeistert von dem Werbestar“ gewesen sein; erfahren hat Hedren, dass sie in Marnie die Titelrolle spielen soll, übrigens kurz bevor sie mit Rod Taylor in Die Vögel die „Szene auf der Anhöhe, bei der `Melanie Daniels` & `Mitch Brenner` am Rande einer Schulfeier Drinks zu sich nehmen und unter anderem auch über exotische Vögel reden“ gespielt hat – „MELANIE DANIELS TIPPI HEDREN zu „MITCH BRENNER ROD TAYLOR: „Ich habe eine Tante Tessa. Haben Sie auch eine Tante Tessa? Na, meine ist jedenfalls sehr vornehm und altjüngferlich. Ich habe für sie einen Hühnervogel* bestellt, um ihr eine Freude zu machen. Diese Vögel sprechen besonders gut. Stellen Sie sich mal Tante Tessa’s Gesicht vor, wenn der Papagei einige nicht ganz stubenreine Worte spricht, die ich ihm beigebracht habe“; *im Original: „mynah bird“].

Auf einer „Train Station“ gibt die Frau dann einen Koffer, den sie mit den alten „Marion Holland“-Sachen gefüllt hat, in ein Schließfach, versperrt es und befördert den Schlüssel zu dem Bahnstations-Schließfach anschließend mit ihrem Fuß in einen Gully.

Nachdem „Miss Edgar“ wieder „ihr altes Zimmer“ in der Pension einer gewissen „Mrs. Maitland“ bezogen hat sowie ihr Pferd „Forio“ auf der „Garrod-Farm“ besucht hat, um mit ihm auszureiten, sucht „Margaret Edgar“ ihre Mutter auf, die „beim Hafen in Baltimore“ lebt [Anmerkung: Jahrelang haben „apologists“ des Films versucht, die Tatsache, dass der Hafen und das riesige Schiff (das man in der Nähe der Wohnung der Mutter im Hintergrund sieht) ganz offensichtlich gemalt sind, als „bewusstes Stilmittel des ursprünglich einmal von Fritz Lang beeinflussten ehemaligen Stummfilmers Hitchcock“ zu klassifizieren, quasi als „absichtliche Umkehrung eines expressionistischen Stils, dessen artifizielle Note die kranke Psyche der Hauptfigur widerspiegelt“; die Ansicht, die Bilder in Marnie geben also „das Innenleben“ / „die innere Realität & Verfassung“ der Hauptfigur wider, speziell gerade dann, wenn „Marnie“, diese „sad tragic woman“, ihre „Mama“ besucht und somit in die Kindheit zurückkehrt, wurde aber im Laufe der Jahre selbst von „hartnäckigen Hitchcock-admirers“ revidiert, und sogar Donald Spoto hat in den 80er-Jahren und in seiner Hitchcock-Biografie in Zusammenhang mit den „gemalten Hintergründen“ und teils „schlechten Rückprojektionen“ in dem Werk, sinngemäß wiedergegeben, von „hochmütigem Desinteresse eines Filmemachers gegenüber dem eigenen Film, ausgelöst durch ein `Problem` mit der Hauptdarstellerin“ und von „notbehelfsmäßigen Kintopp-Methoden“ gesprochen; Hilton A. Green, der bei Marnie als „Unit Manager“ fungierte, und Produktionsdesigner Robert Boyle hielten von Beginn an nichts von der „gemalten Hafen-Kulisse“ und haben seinerzeit versucht, Hitchcock davor zu „warnen“ und ihn davon abzubringen, der sich aber diesbezüglich auffällig „beratungsresistent“ gegeben hat].

Als „Margaret Edgar“ an die Eingangstür ihrer Mutter klopft, öffnet diese ein „Child“ namens Jessie Cotton, ein Mädchen, für das „Miss Edgar’s Mutter“ offenbar gerade „Mandelplätzchen“ backt, was das Kind der Besucherin auch „stolz“ mitteilt. Dann taucht „Mama Bernice“ auf und begrüßt ihre Tochter [MARNIE: „Tag, Mama“ / BERNICE: „[…] Marnie, ist denn das die Möglichkeit, dauernd fährst du durch die ganze Weltgeschichte und plötzlich stehst du wieder da“; // Anmerkung: „Bernice Edgar“ wird, und das absolut großartig, von Louise Latham (1922 – 2018) verkörpert, die eine Schulfreundin der Marnie-Drehbuchautorin Jay Presson Allen war; Latham war nur rund 8 Jahre älter als ihre „Filmtochter“ Tippi Hedren, wirkt aber sowohl als „old woman“ als auch dann als „much younger woman“ in einer Rückblende, die später im Film platziert ist, absolut glaubwürdig; Latham, die in den 70ern z. B. auch in der Columbo-Folge „Ein gründlich motivierter Mord“ (1973) / OT: Double Exposure“ an der Seite von „Columbo-Ober-Veteran & -Rekordteilnehmer“ Robert Culp oder in Steven Spielberg’s Frühwerk & erstem Kinofilm Sugarland Express / OT: The Sugarland Express (1974; Starring: Goldie Hawn & Ben Johnson) zu sehen war, wäre fast zu spät zum Casting-Termin mit Hitchcock in dessen Büro auf dem Universal-Studio-Gelände gekommen, da sich ihr Taxi verspätet hatte – als Hitchcock gerade dabei war, sich von seinem Fahrer zu einem anderen Ort „chauffieren“ zu lassen, soll die heraneilende Latham dann durchs Limousinen-Fenster folgende Worte gerufen habe: „Ich bin es, Mr. Hitchcock!“; nach der anschließenden Unterhaltung im Wagen war sich der Regisseur in Bezug auf Latham & der „Bernice Edgar“-Rolle sicher – „Ja, Sie passen wohl in die Rolle“ (Hitchcock zu Latham); in besonders guter Erinnerung ist Latham die Zusammenarbeit mit Sean Connery geblieben, der aus ihrer Sicht ein „giving actor“ war, also einer, der einen innerhalb einer Szene „etwas angeboten“ hat und das Gegenüber nicht sprichwörtlich „verhungern“ hat lassen; die Szenen in Marnie, in denen Latham als „Mama Bernice“ zu sehen ist und mit ihrer Tochter spricht, gehören wohl zu den „ergreifendsten & erschreckendsten“ Szenen des gesamten Films!].

Marnie entdeckt in der Wohnung dann in einer Blumenvase rote Gladiolen…und irgendetwas daran scheint sie zu „triggern“, sodass sie in der Folge darauf besteht, dass „die Gladiolen, die sie noch nie leiden konnte“ entfernt werden, was Jessie dann, deren „alleinerziehende Mutter, welche noch bei der Arbeit ist“ die Blumen erhalten soll, unter Protest tut [JESSIE – abwertend/trotzig: „Wir finden zuhause Gladiolen sehr schön…“].

Anschließend merkt Marnie gegenüber ihrer Mutter an, dass sie von ihr eigentlich genug Geld bekomme, um nicht „Babysitterin für Jessie Cotton“ spielen zu müssen, woraufhin Bernice aber behauptet, dass ihr die Sache „Spaß“ mache [Reaktion von MARNIE: „Jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, lungert sie hier rum“]. Bernice wechselt das Thema und spricht ihre Tochter, und das plötzlich ganz streng, auf deren Haarfarbe an [BERNICE: „Du hast dir ja das Haar bleichen lassen, Marnie“ / MARNIE: „Ja, aber nur ganz leicht. Wieso? Gefällt es dir nicht?“], die sie als „too blonde“ und „unpassend“ betrachtet sowie als „falsche Botschaft an das andere Geschlecht“ [Nachsatz von BERNICE – im Original: „Men and a good name don’t go together“].

Um ihre Mutter von der „Hair“-Thematik abzubringen, überreicht sie ihr ein mitgebrachtes Geschenk, eine Art „Nerz-Stola“, was „Mama“ dazu bringt, sich über das ausgegebene Geld Gedanken zu machen. Als Marnie in diesem Zusammenhang einen harmlosen „Witz über die Bibel“ macht [MARNIE: „[…] In der Bibel steht schon, mit Geld erfüllt man alle Wünsche“], wird sie von Bernice wiederum „auf das Schärfste zurechtgewiesen“ [BERNICE: „Man reißt keine Witze über die Bibel, mein Kind, verstanden!“], bevor sie sich dann das Geschenk „um den Hals wirft“ und ganz plötzlich, abermals einen „Stimmungswechsel“ vollziehend, begeistert ist [BERNICE: „Oh, Marnie, ich bin ja platt […]“]. Daraufhin behauptet Marnie, von der die Mutter glaubt, sie wäre „die Privatsekretärin eines Millionärs namens Pendleton“, der sie „wie die eigene Tochter“ behandle, dass „Mr. Pendleton“ wieder ihr Gehalt erhöht habe.

Die kleine Jessie Cotton [gespielt übrigens von der damals erst 7-jährigen Kimberly Beck, die Jahre später eine tragende Rolle in dem Slasher-Film Friday the 13th: The Final Chapter (OT; 1984; Regie: Joseph Zito) sowie einen Auftritt in Roland Emmerich’s Sci-Fi-Klassiker Independence Day (1996) hatte] taucht wieder auf und möchte „das Haar gebürstet bekommen“ [Reaktion von BERNICE – im Original: „Oh, that kid an her hair“], ein Umstand, den Bernice dazu nutzt, um „Similarities“ zwischen „Jessie‘s“ und „Marnie‘s“ Haar festzustellen [BERNICE: „Ich muss dabei immer an deins denken, als du klein warst. Genau die Farbe“].

Marnie legt ihren Kopf daraufhin auf das offenbar „kaputte“ Bein der nun auf einem Stuhl sitzenden Mutter, welches, wie Bernice wenig später Jessie erklärt, durch „einen bösen Unfall“ so geworden sei - wobei sie von der Geste ihrer „Daughter“, mit der diese offensichtlich um ihre „Gunst“ kämpft, nicht viel hält [BERNICE: „Uh, Marnie, vorsichtig mit meinem Bein“].

„Mama“ beginnt schließlich der diesbezüglich „triumphierenden“ Jessie das Haar zu bürsten [Aussage von BERNICE in Richtung JESSIE während der Aktion mit der Haarbürste: „Als Marnie so klein war wie du, hatte ich nie Zeit, mich um ihr Haar zu kümmern“], wobei die „vaterlose“ Jessie sich nach einem „Father“ im Leben von Bernice & Marnie erkundigt [JESSIE: „Hattet ihr denn auch keinen Vati?“ / Antwort von BERNICE – mit gewisser „Bestimmtheit“ ausgesprochen: „Nein, einen Vati hatten wir nicht“].

Kurz darauf wird Jessie nach Hause geschickt, da ihre Mutter von der Arbeit bereits zurück sein sollte, und „Marnie’s Mama“ versichert ihrer Tochter, als die beiden dann in der Küche weiterreden, noch einmal, dass man ihr „noch nie so etwas Schönes wie diese Stola“ geschenkt habe. Marnie betont daraufhin die „Männerlosigkeit“ der beiden [MARNIE: „Oh, wir brauchen keine Männer, Mama. Wir können wunderbar für uns selbst sorgen. Nur du und ich“] - und erntet dafür Zustimmung [BERNICE: „Eine anständige Frau hat wirklich keinen Mann nötig, Marnie“].

Allerdings dauert die „Harmonie“ nicht lange an, denn „Marnie’s Mother“ teilt ihr mit, dass sie „Miss Cotton“, also: die Mutter von Jessica aka „Jessie“, die angeblich eine „Real Nice Woman“ sei, gefragt habe, ob sie nicht mit ihrer Tochter zu ihr ziehen wolle. Diese „Information“ löst erneut Eifersucht auf Jessie aus [MARNIE: „Was hast du eigentlich gegen mich, Mama? Ich frage mich, warum du mich nicht gernhast?“], und Marnie berührt daraufhin die Hand ihrer Mutter, die diese allerdings abrupt wegzieht. In Folge stellt ihr Marnie die Frage nach dem Grund für die Ablehnung [MARNIE: „[…] Was, was stimmt denn nicht mit mir?“], die offenbar „schon immer“ bestanden und ihre „Identitätsstörungen“ wohl mitbedingt hat [MARNIE: „[…] Du hast immer schon etwas gegen mich gehabt, Mama. Schon von jeher“; // Anmerkung: „Mother / You had me / But I never had you / I wanted you / You didn’t want me“ (aus dem Song „Mother“ von John Lennon vom Album John Lennon/Plastic Ono Band“ aus 1970) - Latham’s Darbietung als „Mama Bernice“ ist deswegen so gelungen, weil sie einen von Anfang an spüren lässt, was praktisch den „Kern“ dieser Rolle ausmacht, was hinter der Figur steckt, sie macht den „inneren Krimi“ der Figur greifbar: „Sie musste fast die ganze Vergangenheit zerstören, um zu überleben. Sie war mit nichts mehr verbunden“ (Louise Latham über den Character der „Bernice Edgar“)].

Das Gespräch mündet in einem endgültigen Streit und in einer Ohrfeige für „the Daughter“, weil diese gegenüber der Mutter andeutet, dass das Geld, das sie nach Hause bringt, genauso gut die Entlohnung für gewisse „Services of a Sexual Nature“ sein könnte. Nach einer Entschuldigung geht Marnie auf ihr altes Zimmer, wo sie in der Nacht von Alpträumen geplagt wird [MARNIE – im Bett, träumend: „Nein, ich will nicht, Mama, nein, nein…“]. Ihre Mutter taucht daraufhin [mehr oder weniger als „gesichtsloser Schatten“] im Durchgang zu ihrem Zimmer auf [BERNICE: „Marnie, wach auf! Marnie! […] Wach auf, du träumst nur!“] und teilt ihr mit, dass das Abendessen fertig sei, woraufhin ihr Marnie von ihrem „Bad Dream“ erzählt [MARNIE: „Es ist wieder dieser alte Traum gewesen. Dieses Klopfen und dann... […] Es ist immer so, wenn du in der Tür stehst. Dann wird es so kalt“].

„Mama Bernice“ dreht sich aber um und schleppt sich mit ihrem kaputten Bein „The Thirty-nine Steps“, die sie mühsam hinaufgestiegen ist, zurück hinunter [Anmerkung: Die Szene ist stellvertretend für die alptraumhafte Atmosphäre von „Marnie“, und den Grund, warum Hitchcock solche Sequenzen so gut inszenieren konnte und man den „Hitchcock-Touch“ darin so intensiv spürt, hat „Production Designer“ Robert Boyle einmal treffend auf den Punkt gebracht: „Er hatte ungeheure Ängste, die wir alle haben, die er zu dem Ausmaß akzentuierte, dass er sie bildlich darstellen konnte. Der Unterschied zwischen ihm und anderen Filmemachern ist, dass er diese Gefühle so vermitteln kann, wie die Zuschauer sie fühlen. Der Zuschauer hatte Anteil an dem, was im Film passierte. Das war Hitchcock’s Stil“].

Ortswechsel – Marnie, die den Besuch bei der Mutter beendet und wieder ihre Haarfarbe gewechselt hat, sie ist nun brünett, verlässt ein Hotel. Anschließend durchforstet sie, auf der Suche nach einem neuen „kriminellen Projekt“, die Stellenanzeigen in der Zeitung…und findet einen Job als Lohnbuchhalterin sehr „vielversprechend“, der „References“ und „Bookkeeping Experience“ verlangt, und zwar bei dem Verlagsunternehmen „Rutland & Co“!

Als sie dort im Vorzimmer auf ihr Bewerbungsgespräch wartet und ein paar Worte mit der Sekretärin Miss Clabon wechselt, taucht [„I am the Raisuli“ – Sean Connery in John Milius‘ Marokko-Abenteuerfilm Der Wind und der Löwe von 1975, in dem Connery einen „Berberfürsten, der Candice Bergen entführt und sich dadurch mit dem sich in den USA im Wahlkampf für die Wiederwahl befindenden Teddy Roosevelt anlegt“ spielt (Anm.)] …Mark Rutland auf, welcher „einen genauen Blick“ auf Marnie wirft, die daraufhin im Sitzen ihren Rock über ihre Knie zieht - was, wie der erzürnte Mr. Strutt einst Rutland erzählt hat, eine Art „Erkennungszeichen / Marotte / Abwehrreaktion“ von „Marion Holland“ war.

Mark scheint die Frau tatsächlich „irgendwie bekannt vorzukommen“, er geht aber an ihr vorbei und zum Büro von Sam Ward, in dem gerade ein Bewerbungsgespräch stattgefunden hat. Ward kommt mit der soeben „interviewten“ [und „`altjüngferlich` wie Tante Tessa aus den Birds“ wirkenden] Kandidatin aus dem „Office“, die ganz eindeutig Ward’s „Favoritin für den Job“ zu sein scheint, was aber dem „Chef“, Mark Rutland, der „die Frau im Vorzimmer“ lieber hätte [„Discipline, 007. Discipline“ – Sean Connery „zu sich selbst & im Aston Martin“ in Goldfinger], nicht so ganz zu passen scheint [Anmerkung: Im Bond-Blockbuster Goldfinger sagt „Miss Moneypenny“ Lois Maxwell einmal zu Sean Connery in Anbetracht ihrer „Konkurrentinnen an der Front“: „Well, some girls have all the luck“ - und auch Tippi Hedren fand die Tatsache, dass sie in dem Hitchcock-Film neben dem „damals amtierenden 007“, quasi einem „globalen männlichen Sex-Symbol“, spielen musste irgendwie „unfair“ und soll gegenüber „Hitch“ folgende Bemerkung getätigt haben: „Hitch, wie konntest du das tun? Du weißt, der Charakter Marnie ist völlig gegen alle Männer. Sie schreit, wenn sich ihr einer nähert. Egal, wie sehr man die Männer hasst, oder wie negativ man zu Männern eingestellt ist, aber wenn man Sean Connery sieht...na komm, Hitch, wie kann ich nur diese Rolle spielen?“; Hitchcock’s Antwort seinerzeit lautete, gemäß Hedren: „Das nennt man Schauspielerei“].

Nur wenig später wird „Mrs. Taylor“, also: Marnie, von Sam Ward [der von S. John Launer gespielt wird, welcher, lustigerweise, im Rahme seiner Karriere eine ganze Reihe von „uncredited“ gebliebenen Auftritten, so z. B. in den Elvis Presley-Klassikern Jailhouse Rock (1957) & Speedway (1968), hingelegt hat] in das Büro gerufen, wo er nun sie „interviewt“ und nach ihren „Referenzen“ fragt, aber das alles in Anwesenheit von Rutland, der die „Theater-Vorstellung“ der „Criminal Female“, die seine „Verdachtsmomente“ mit einer abenteuerlichen Geschichte um „einen verstorbenen Ehemann, der sie einst im eigenen Unternehmen in Pittsburgh ausgebildet hat“ sofort bestätigt, mit „amüsiertem Interesse“ verfolgt [eine Äußerung von MARNIE im Bewerbungsgespräch, die „der stille Beobachter“ MARK innerlich besonders „amüsant“ findet: „[…] Die Bezahlung ist nicht das Wichtigste für mich. Ich meine, ich muss Interesse an der Arbeit haben. Die Arbeit muss mich befriedigen und ausfüllen“].

Marnie/„Mrs. Taylor“ erhält, auf Rutland’s Initiative hin, die „Vertrauensstellung“, was Sam Ward allerdings „erstaunt“ [WARD – zu MARK, nachdem MARNIE das Büro verlassen hat: „Warum stellen wir jemanden ein, der nicht mal vernünftige Referenzen hat? Sonst waren Sie darin immer so genau“], doch Rutland scheint sich nicht mit dem „oberflächlichen Eindruck der Diebin“ zufriedenzugeben und erklärt die Anstellung von „Mary Taylor“ zur „Chefsache“.

Beim „Office“ lernt Marnie dann auch Lil Mainwaring, die „Sister-in-Law“ von Rutland, kennen [Anmerkung: „Connery’s Schwägerin“ wird von Diane Baker verkörpert, die etwa im Schweigen der Lämmer jene Senatorin spielt, deren Tochter von dem Serienkiller „Buffalo Bill“ entführt wird, oder in einigen Folgen der TV-Serie „House, M.D.“ (OT) als „Mutter von `Dr. House` Hugh Laurie“ zu sehen ist; die Bedingung Hitchcocks für die Rolle in Marnie war, aus welchen Gründen auch immer, dass Baker die Rolle annehmen musste, ohne vorher das Skript zu lesen; Hitchcock’s Ehefrau Alma sah bei Baker sogar „gewisse Ähnlichkeiten mit Grace Kelly“; im „Book `Marnie`“ und in der „Ur-Drehbuch-Version“ von Joseph Stefano waren noch „Two Men in Love with Marnie, die in derselben Firma arbeiten und Rivalen bei der Arbeit sind“, was einen Aspekt in sich trug, den Hitchcock ja ganz gerne in seinen Filmen verwendet hat, man denke nur an das „Dreieck“ zwischen Ingrid Bergman, Cary Grant & Claude Rains in Berüchtigt; insofern war es wenig verwunderlich, dass Stefano, nach eigenen Angaben, Jahre später noch „ein dickes Fragezeichen“ mit dem Umstand verband, dass Hitchcock die zweite Männerrolle plötzlich zu einer mit Diane Baker besetzten Frauenrolle gemacht hat].

Nachdem „Lil“ im Ward-Büro verschwunden ist, um sich „einen Scheck“/Bargeld abzuholen, beobachtet Marnie, anscheinend mit demselben „erotischen Interesse“, mit dem Mark zuvor sie beobachtet hat, wie Ward beim Schreibtisch von Susan mit einem Schlüssel eine Lade öffnet, in der sich offenbar die Kombination für den Büro-Safe befindet, die er sich, laut Clabon, partout nicht merken kann.

Nach der Aktion setzt die Sekretärin Marnie darüber ins Bild, dass „Miss Mainwaring“ die Schwester von Rutland’s „vor eineinhalb Jahren mit nur 29 an einer `Herzgeschichte` verstorbenen“ Frau ist, und sich nun, so ihre Vermutung, bei Rutland und dessen Vater „für immer einnisten“ will [Anmerkung: „Susan Clabon“ wird von Mariette Hartley gespielt, die die Enkelin des bedeutenden Psychologen & „Behaviorismus“-Begründers John B. Watson ist; Hartley hatte Auftritte in den durchaus ansprechenden Columbo-Folgen Schreib oder stirb“ / OT: Publish or Perish“ (1974) mit „murder“ Jack Cassidy und Alter schützt vor Morden nicht“ / OT: Try and Catch Me“ (1977) mit „murderess“ Ruth Gordon].

Dann greift die „Secretary“ nach ihrer Handtasche und nimmt aus dieser einen Schlüssel, mit dem man ebenfalls jene Lade im Bürotisch aufsperren kann, in dem sich die Safe-Kombination befindet – Marnie beobachtet den Vorgang genau [„Ich fand Marnie’s Charakter verheerend. Sie war unfähig, das Stehlen aufzugeben. Sie glaubte, was sie wollte, gehöre ihr. Ich fand, sie war eine merkwürdige, unsympathische Frau“ (Joseph Stefano, der „Beinahe-Screenwriter“ für den Hitchcock-Film, über den etwas schwierigen „Character“ der „Margaret `Marnie` Edgar“)].

Nach einem Zeitsprung sieht man Marnie „bei der Arbeit“ – sie sitzt an der Schreibmaschine, aber ihr Blick ist konstant auf das Büro von „Mr. Ward“ gerichtet, in dem ihre Kollegin Susan gerade etwas beim geöffneten Safe macht. Marnie hingegen wird wiederum von [„Wollen Sie eine Gratislektion in Polizeiarbeit?“ – „Streifenpolizist Malone“ Sean Connery zu „Agent des Schatzamtes Eliot Ness“ Kevin Costner in Brian De Palma’s The Untouchables - Die Unbestechlichen von 1987 (Anm.)] …Mark Rutland beobachtet, der sich in ihrer Nähe mit einem Angestellten unterhält.

Als von einem männlichen Arbeitskollegen und von der aus dem Ward-Büro zurückgekehrten Susan dann eine „Kaffeezeit“ ausgerufen wird, will Marnie weiterarbeiten und erwähnt, dass „die rote Tinte alle sei“, was Susan dazu bringt, ihr ihren Behälter mit „Red Ink“ zu leihen. Nachdem Marnie die Feder in die Tinte getaucht hat, gerät davon „ein blutroter Tropfen“ auf die Bluse, was sie wiederum „triggert“ und ungeheure Panik hervorruft [Anmerkung: Man hat sich seinerzeit über den „psychologischen Aspekt“ des Films eher lustig gemacht, denn Hitchcock galt Mitte der 60er natürlich als „Klassiker des Kinos“, wurde aber als „Porträtist grundlegender existenzieller Probleme“ schlichtweg nicht ernst genommen; den „Kulturikonen-Status“, den „Hitch“ dann spätestens ab Ende der 60s innehatte, verdankte er weitgehend der Tatsache, dass Truffaut und auch noch zwei weitere französische Meisterregisseure, nämlich Claude Chabrol & Éric Rohmer, ihn durch Bücher, und dazu zählt auch die bereits 1957 publizierte Hitchcock-Monographie von Chabrol & Rohmer (Titel: Hitchcock), in den Status eines „echten Künstlers“ erhoben hatten]. Sie springt auf, läuft aus dem Büro und an Mark vorbei in die Toilette, der Susan Clabon dann darum bittet, nach „Mrs. Taylor“ zu sehen.

„In the Toilet“ sieht Susan, dass Marnie beim Waschbecken „fanatisch“ versucht, ihre Bluse mit Wasser & Seife zu reinigen, ein Umstand, der zu einigen Fragen und „ausweichenden Antworten“ führt [aus dem zugehörigen Dialog: SUSAN: „Mary, fehlt Ihnen irgendwas?“ / MARNIE: „Was? Ach, was soll mir denn fehlen? Ich hab nur etwas Tinte auf meine Bluse gekleckst“ / SUSAN: „So wie Sie aus dem Büro gestürzt sindMr. Rutland, der grade draußen stand, glaubte, Sie hätten sich verletzt“ / MARNIE: „[…] Herr des Himmels, was ist das für eine Riesenaufregung um nichts!“].

Währenddessen scheint Rutland draußen vor der Toilette darüber nachzudenken, wie er den Vorfall „einteilen“ und wie er bei „Mrs. Taylor“ weiter vorgehen soll [„Sie haben einen Panzer fest wie eine Schildkröte. Doch man kann ihn aufbrechen“ – Sean Connery zu Candice Bergen in „The Wind and the Lion“ (Anm.)].

Später am Tag beobachtet Marnie wiederum Sam Ward, der, da er sich die fünf Zahlen nicht merken kann, schon wieder in der Tischlade nachschauen muss. Kurz daraufhin wird „Mrs. Taylor“ von ihm gefragt, ob sie nicht „am Sonnabend um 2:30“ Überstunden für „Mr. Rutland“ machen könne, und Marnie stimmt zu [MARNIE: „Ja, sicher. Gern […]“ / WARD – mit einem leicht „zweideutigen“ Unterton: „Gut, dann werde ich Mr. Rutland sagen, dass Sie zur Verfügung stehen“].

Am „Sonnabend“, draußen braut sich ein Gewitter zusammen, betritt Marnie, wie vereinbart, das Büro von Mark, in dem ihr zunächst „die Kunst“ auffällt, die sich in dem „Office“ befindet [diesbezügliche Aussage von MARK: „Interessieren Sie sich für frühe amerikanische Kunst, Mrs. Taylor? Die ganzen Sachen hat meine Frau gesammelt. Sie ist tot. Das Einzige, was ich von ihr behalten habe“]. Dann übergibt er ihr „eine von ihm selbst verfasste Studie“, die sie abtippen soll, mit dem Titel „Lebensgewohnheiten der Raubtiere im brasilianischen Urwald“ [im Original: „Arbored Predators of the Brazilian Rain Forest“], und erklärt der von dem „Thema“ etwas überraschten „Lohnbuchhalterin / Secretary“, dass er „früher“ eigentlich vorgehabt habe, bevor er dem Ruf des Verlagswesens gefolgt sei, Zoologie zu studieren, wobei die „Tierkunde“ eben jetzt nur mehr „ein Hobby“ darstelle [aus dem Dialog Hedren – Connery: MARNIE: „Zoologie...“ / MARK: „Ja, das instinktive Verhalten“ / MARNIE: „Ist da das Verhalten der Menschen miteingeschlossen?“ / MARK: „In gewisser Beziehung, ja, denn unser instinktives Verhalten geht ja auf unsere animalischen Urahnen zurück“].

Dass der „Hobby-Zoologe“ Mark „Mrs. Taylor“/Marnie als eine Art „verwundetes Tier“ betrachtet, das, sozusagen, zur „Criminal Class of the Animal World“ gehört, wird klar, als Marnie ihn fragt, ob das alles auch für „Lady’s Instincts“ gilt [aus dem Dialog: MARNIE: „Auch die Instinkte des schwachen Geschlechts?“ / MARK: „Interessanterweise sind unter den weiblichen Tieren die räuberischen Neigungen sehr stark“ – „Lady animals figure very largely as predators“ (Originalfassung); // Anmerkung: Dank Connery’s Intensität & Charisma wirkt der Dialog in der Szene, der in gewisser Weise auch aus einem Bond-Film stammen könnte, nie lächerlich; François Truffaut hingegen war der Meinung, dass man dem Gesicht von Connery ansehen würde, dass Hitchcock das Drehbuch & die Dialoge oftmals gerne „in eine originellere Richtung“ getrieben hätte – „Für mich gibt es in diesem Film einen Widerspruch. Sean Connery ist sehr gut. Er hat in seiner Erscheinung etwas Bestialisches, was dem sexuellen Aspekt des Films zustattenkommt, aber das Drehbuch und der Dialog kümmern sich kaum um diesen Aspekt. Mark Rutland wird dem Publikum einfach als jemand vorgestellt, der beschützen möchte“ (Truffaut zu Hitchcock); natürlich hätte das Ganze, also: dieser „Zoologie“-Aspekt, mit einem schlechteren Schauspieler wie Connery, wie etwa mit dem „Charisma-losen“ Rod Taylor aus Hitchcock’s Die Vögel, viel unglaubwürdiger rüberkommen können, aber im Grunde war Mitte der 60er und nach Dr. No, Liebesgrüße aus Moskau & Goldfinger (und mit Feuerball „on the way“) bald die Zeit gekommen, in der Connery in Bezug auf „James Bond 007“ so eine Art „I don’t believe in Beatles“-Einstellung bekam, von der John Lennon in seinem Song „God“ singt (der ebenfalls vom „John Lennon/Plastic Ono Band“-Album stammt), denn der „Scottish Actor“ wurde der Agentenrolle und dem damit verbundenen Image langsam überdrüssig und hielt Ausschau nach „herausfordernderen“ & „sensibleren“ Rollen abseits der „Bond-Maschinerie“].

„Thunderclaps“, Donnerschläge, verändern dann alles – denn Marnie springt nach einem heftigen Donnerschlag in Panik von ihrem Platz bei der Schreibmaschine auf, lehnt sich an die Eingangstür zum Büro und ängstigt sich offenbar besonders vor den „Farbspielen“, die das Gewitter bei den riesigen Bürofenstern erzeugt…vor allem, als dabei die Farbe Rot ins Spiel kommt!

Rutland bietet ihr in Folge „einen Cognac gegen die Angst“ an, doch als „Marnie’s Qualen“ offenbar immer stärker werden [MARNIE: „Oh nein, ich halt die Farbe nicht aus!“] und Mark zu ihr geeilt ist, durchbricht [was von Hitchcock-Exegeten oftmals als „Verwendung eines erotischen Symbols innerhalb einer traumähnlichen Szene“ interpretiert wurde] „ein sehr dicker Ast“/ein Baumstamm eines der Bürofenster – was dazu führt, dass Rutland sie „beschützend“ festhält…und sie [„You can turn off the charm. I’m immune“ – Honor Blackman zu Sean Connery in Goldfinger] …zunächst auf die Stirn küsst und dann auf den Mund [Anmerkung: Tippi Hedren hat in einem Interview einmal erwähnt, dass der an dieser Stelle im Film gezeigte „`First Kiss` auf den Mund“ zwischen Connery und ihr angeblich von vielen für „einen der erotischsten Küsse der Filmgeschichte“ gehalten werde; andere Stimmen hingegen haben den Kuss allerdings als „almost pornographic“ bezeichnet, was auch daran liegt, dass Hitchcock mit der Kamera ganz nahe an die Münder von Connery & Hedren herangegangen ist; Hedren hat stets betont, dass das Drehen dieser Szene am Set „nicht die geringste Erotik gehabt habe“, sondern irgendwie nur „totally technical“ gewesen sei, mit einer Kamera, die gerade mal 30 Zentimeter von den Schauspielern entfernt war].

Nachdem sich Mark für den Vorfall entschuldigt hat, will er wissen, was es mit den Farben auf sich hat [MARK: „Was hat es mit den Farben auf sich, die Sie so beunruhigen?“], woraufhin Marnie behauptet, sie wäre nicht „afraid of Colors“, sondern lediglich „afraid of Lightning & Thunder“ [Nachsatz von MARK: „Komisch, dabei hab ich Sie für eine Frau gehalten, die vor nichts Angst hat“]. 

Marnie hebt dann „ein Stück Kunst, welches Rutland von seiner verstorbenen Frau übriggeblieben ist“ in dem „verwüsteten“ Büro vom Boden auf – doch Mark nimmt es und wirft es zurück auf den Boden, wo es zerspringt [Kommentar von MARK: „Irgendwann zerfallen wir alle zu Staub“]. Mit der „zusätzlichen Absichtserklärung“, das ohnehin „klamme & kalte“ Büro bald renovieren zu lassen, erklärt Rutland „Marnie’s Samstags-Überstunden“ für beendet und kündigt an, sie nach Hause zu bringen [„Im Grunde, wenn man die Geschichte von `Marnie` auf ihre einfachste Quelle zurückführen wollte, kommen wir auf Aschenbrödel und der Prinz“ (Hitchcock zu Truffaut)].

In „Mark’s Car“ erwähnt Marnie nochmals die zerstörte Vitrine, da es ihr leid tut, dass „das Einzige, was ihm von seiner Frau geblieben ist“ vernichtet worden sei, doch Rutland betont, dass die kleinen Kunstwerke lediglich das Einzige waren, „was er von seiner Frau behalten habe“ [Anmerkung: Im Grunde war Hitchcock im Nachhinein ein wenig mit dem Tempo unzufrieden, mit dem sich „die psychologische Untersuchung“ in Marnie entwickelt, und empfand, dass er von der Anstellung Marnies bei Rutland bis zum Diebstahl im Büro „zu viel Zeit vergeudet“ hatte – und er & Truffaut haben sich zu dem Thema folgenden Dialog geliefert: Hitchcock: „Was mich bei der Konstruktion von `Marnie` störte, war die zu lange Periode zwischen dem Augenblick, als sie die Arbeit bei Rutland bekommt, und ihrem Diebstahl. Zwischen den beiden Momenten macht Mark ihr den Hof, aber das reicht nicht aus. Auf das Problem stoßen wir häufig. Wir spüren, dass etwas eine bestimmte Vorbereitung erfordert, aber die Vorbereitung selbst kann lästig werden, weil man sie, damit sie nicht noch länger wird, nicht mit amüsanten Details ausfüllt, die sie interessanter machen würde. Das habe ich in `Rear Window` gespürt, in dem sehr viel Zeit vergeht, bevor James Stewart anfängt, gegenüber dem Mann auf der anderen Seite des Hofes misstrauisch zu werden“ – Truffaut: „Ja, da gab es einen ersten Tag, der die Exposition bildete, aber das habe ich sehr interessant gefunden“ – Hitchcock: „Weil Grace Kelly angenehm anzuschauen war und der Dialog gut ist“].

Als Rutland das Autoradio einschaltet, wird gerade ein Pferderennen übertragen, das sofort Marnie’s Interesse weckt – und sie erzählt Mark, dass sie „oft zu Pferderennen“ gehe, und zwar „allein“. Daraufhin fragt er sie, ob sie nicht mit ihm „next Saturday to Atlantic City“ fahren möchte, um dort gemeinsam den „Atlantic City Race Course“ zu besuchen [Reaktion von MARNIE: „Sehr gern. Haben Sie Pferde gern?“ / Antwort von MARK: „Nein, überhaupt nicht“].

Nach einem Zeitsprung sind die beiden „next Saturday“ dann tatsächlich auf der besagten Pferderennbahn und werden aus der Entfernung von einem „Mann mit Hut“ beobachtet, der die Zeitung, die er mit sich herumträgt, dabei gleichsam zu einem „Fernrohr“ gefaltet hat, mit dem er, was von Anfang an klar scheint, speziell Marnie „ins Visier“ nimmt.

Nachdem Marnie Rutland gebeten hat, auf das Pferd „Lemon Pudding“ zu setzen, verlässt dieser den Tisch, an dem sie sitzen, und der „Mann mit Hut“ tritt an den Tisch heran und spricht „the Criminal Female“ mit einer ihrer „alten Identitäten“ an [MAN WITH HAT: „Verzeihung, Sie sind doch Peggy Nicholson, nicht wahr? Sie müssen mich doch kennen?“]. Marnie tut, natürlich, so, als ob sich der Mann, der „fest überzeugt“ scheint, „irren“ würde [spezifische Momente: MARNIE: „Nein, tut mir leid, Sie haben sich geirrt, ich bin nicht Miss Nichols“ / MAN WITH HAT: „Nicholson. […] Frank Abernathy hat uns vorgestellt, in Detroit. […] Sie kennen doch bestimmt Frank?“].

Der Mann erweist sich in der Folge als „schwer wieder loszuwerden“ und scheint darauf zu bestehen, dass Marnie, die ihn bittet zu gehen, „Peggy Nicholson“ ist und will sich von ihr „nicht das Gegenteil erzählen lassen“ – doch dann taucht [„Ich bin so eine Art Feuerlöscher. Immer da, wo’s brennt“ – Sean Connery 1965 in Feuerball] …Rutland wieder auf und macht dem „Mann mit Hut“ klar, dass er „unerwünscht“ ist [MARK: „…Ich wüsste auch wirklich nicht, was die junge Dame Ihnen erzählen sollte“]. Nach einer Art Entschuldigung bei „Mrs. Taylor“ [Reaktion von MARK: „Das ist vernünftig. Sie haben sich nett entschuldigt und nun können Sie gehen. Auf Wiedersehen“] geht der Mann und lässt die beiden allein [„I think he got the point“ – Connery in Feuerball zu Claudine Auger].

„Who’s your fan?“ – Mark möchte schließlich wissen, wer „der Fremde“ war, doch Marnie meint, dass ihr solche „Verwechslungen“ oft passieren würden, weil sie anscheinend „one of those faces“, also: ein „Dutzendgesicht“, habe.

Rutland kommt dann „Mrs. Taylor’s“ Wunsch nach, sich beim „Sattelplatz“ das Pferd „Telepathy“ anzuschauen, doch unter den Augen von Mark sowie des „Mannes mit Hut“, der die zwei aus einiger Entfernung immer noch beobachtet, wird Marnie von dem mit roten Punkten versehenen T-Shirt des Jockeys von „Telepathy“ [„This is a low flying panic attack“ – aus dem Song „Burn the Witch“ von Radiohead aus 2016 (Anm.)] …„getriggert“ und will den „Sattelplatz“ sofort wieder verlassen und rät Rutland, dem das Pferd ohnehin „ein bisschen klapprig“ vorkommt, nicht darauf zu setzen.

„Back at the table“ macht Mark ein paar Bemerkungen zu „Mrs. Taylor’s“ Persönlichkeit [MARK: „Sie sind ja ein Ausbund an Tugend. Sie rauchen nicht, Sie trinken nicht, spielen nicht…“], wobei ihm Marnie zu verstehen gibt, dass sie an so etwas wie „Glück (im Spiel)“ ohnehin nicht glaube [aus dem zugehörigen Dialog: MARK: „Woran glauben Sie dann?“ / MARNIE – plötzlich sehr bestimmt: „An gar nichts“].

Anschließend beginnt der „Hobby-Zoologe/Psychologe“ die Jugend des „Lady Predator“/seines „obscure Object of Desire“ zu analysieren [aus dem zugehörigen Dialog: MARK: „Hatten Sie eine schwere Jugend, Mrs. Taylor?“ / MARNIE: „Nicht besonders“ / MARK: „Oh, ich glaube doch. Sie haben sicher einen sehr harten Aufstieg gehabt. Sie sind ein gescheites Mädchen, Sie können sich gut ausdrücken, Ihre Umgangsformen sind gut. Wo haben Sie das gelernt?“ / MARNIE: „Bei meinen Vorgesetzten“].

Als Marnie dann die Gegenfrage nach Rutland‘s Jugend stellt, spricht dieser von einer „Old Sad Story“ eines reichen Jungen, dem die Jugend „durch zu viel Geld & durch seine Herkunft“ quasi „verwehrt“ worden sei [Nachbemerkung von MARK, in Anbetracht der „alten, traurigen `Der US-Adel verpflichtet`-Geschichte“ & im Original „mit schottischem Akzent“ gesprochen: „Noblesse oblige“], bevor er „Verantwortung“ übernehmen habe müssen für „1000 Angestellte, bei denen es angesichts eines pleitegefährdeten Verlagsunternehmens um die Existenz gegangen sei“ und, der Familientradition entsprechend, „eine reiche Erbin“ geheiratet habe.

Diese „Erinnerung, sprich“-Phase von Rutland wird unterbrochen durch die Tatsache, dass „das Pferd Nr. 8 - `Telepathy`“, entgegen Marnie’s „Vorhersage“, das Rennen doch gewonnen hat [Kommentar von MARK – mit ironischem Unterton und Bezug nehmend darauf, dass die beiden noch öfter die Rennbahn besuchen wollen: „Wenn Ihr Glück anhält, bin ich nächsten Monat um die Zeit ein schwerreicher Mann“].

Beim Verlassen der Rennbahn werden sie nochmals [„Widerlich! Einfach widerlich!“ - Connery in Goldfinger] …von dem „Mann mit Hut“ belästigt [MAN WITH HAT: „Ach, Miss Nicholson…“], doch Rutland betont, bevor sie den Hut-Träger „links liegenlassen“, dass er seine Geduld mittlerweile arg überstrapaziert [MARK – „mit schottischem Akzent“: „You really are pressing your luck, old boy“].

Im Anschluss stellt Mark der diesbezüglich skeptischen Marnie auf dem Familienanwesen seinem „alten Herren / Old Man“ vor [aus dem Original-Dialog in „Mark’s Car“, nachdem er ihr den „Überraschungsbesuch“ mitgeteilt hat: MARNIE: „You should’ve told me!“ / MARK: „You’re all right. Dad goes by scent[Geruch]. If you smell anything like a horse, you’re in“; // Anmerkung: „…But Brutus says he was ambitious, and Brutus is an honorable man“ (aus einem der ganz großen Momente der Filmgeschichte, nämlich der Rede von „Marcus Antonius“ Marlon Brando in Julius Caesar von 1953) – der britische Schauspieler Alan Napier, der in Marnie „Connery’s Vater `Mr. Rutland`“ spielt, war ebenfalls Teil von Joseph L. Mankiewicz’s großartiger William Shakespeare-Verfilmung mit James Mason als „Brutus“, John Gielgud als „Cassius“ & Deborah Kerr als „Brutus‘ Ehefrau Portia“, in der Marlon `Mark Antony` Brando sein „Trademark“-T-Shirt aus „A Streetcar Named Desire“ (OT; 1951; Regie: Elia Kazan) / dt. Verleihtitel: Endstation Sehnsucht mit der römischen Toga vertauscht hat, denn: Napier verkörperte darin „Cicero“; die bekannteste Rolle Napiers, der übrigens ein Verwandter des einstigen britischen Premierministers Neville Chamberlain war, war aber jene des Bruce Wayne-Butlers „Alfred Pennyworth“ in der wahrlich kultigen TV-Serie Batman (1966 – 1968) mit Adam `Batman` West & Burt `Robin` Ward; dass der Hitchcock-Film etwas von einem „missgestalteten Meisterwerk“ hat, wird vor allem auch hier augenscheinlich, in jener Szene also, in der Connery Tippi Hedren seinem Vater sowie auch seiner „Schwägerin“ Diane Baker auf dem Familienanwesen vorstellt, denn der „amerikanische Geld-Adel“, der dargestellt werden soll, kommt, was Kleidung sowie Autos betrifft, irgendwie „Fake British“ rüber – „Dieser Glasgower aus der Arbeiterklasse und sein unechter britischer Vater spielten also diese amerikanischen Aristokraten […]“ (Copyright: Marnie-Drehbuchautorin Jay Presson Allen); auch Hitchcock war sich dieser Schwäche seines Films im Nachhinein völlig bewusst und fällte, was die „supporting roles“ in Marnie betraf, in „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ folgendes Urteil: „Wirklich fürchterlich finde ich in `Marnie` die Nebenrollen, zum Beispiel Mark’s Vater. Ich hatte den Eindruck, dass ich diese Leute, diese Personen, nicht kenne“ (Hitchcock zu Truffaut)] – und der Besuch bei Mark zu Hause, bei dem „a Cup of Tea“ getrunken wird und der mit einem „Kissing“ zwischen Marnie & ihm in den Stallungen endet, macht auch deutlich, dass Marnie in Lil, der angeblich „einnistungsbereiten“ Schwägerin von Rutland, eine „eifersüchtige Gegnerin“ erwächst.

Um sich nicht weiter mit Mark [SHIRLEY EATON: „I’m beginning to like you, Mr. Bond“ / SEAN CONNERY: „Oh, call me James“ / SHIRLEY EATON: „More than anyone I’ve met in a long time, James“ – Dialog aus Goldfinger] und den sonstigen Rutlands einlassen zu müssen, entscheidet sich Marnie dafür, das geplante „Stealing“ endlich über die Bühne gehen zu lassen – und nachdem sich Susan & sie an einem Freitagnachmittag voneinander verabschiedet haben [SUSAN: „Auf Wiedersehen, Mary, ich hab’s eilig. Also, bis Montag“ / MARNIE: „Auf Wiedersehen, Susan“], geht Marnie auf die Damentoilette und wartet dort in einer Kabine, bis das Büro sich vollständig geleert hat [Anmerkung: Die Aufnahme von Tippi Hedren, als „Marnie“ in der Kabine der „ladies toilet“ darauf wartet, dass sie „endlich loslegen“ kann, gehört zu den schönsten & beeindruckendsten und vor allem auf irgendeine Art & Weise „geheimnisvollsten“ Bildern des gesamten Films, wobei: wenn man diese auffällige, „extrem hochtoupierte“ Frisur von Hedren betrachtet - so etwas Ähnliches hatte erst wieder „Dracula“ Gary Oldman in Francis Ford Coppola‘s „absolut werkgetreuem“ und somit „absolut der Epoche der Romantik & Bram Stoker verpflichtetem“ Dracula-Film von 1992].

Zurück in den leeren Büroräumlichkeiten öffnet Marnie die Tischlade mit dem Schlüssel, den sie offenbar Susan gestohlen hat, und wirft einen Blick auf die Safe-Kombination – „4-turns-left-to-36 / 4-turns-right-to-20 / 2-turns-left-to-16 / 2-turns-right-to-8 / 1-turn-left-to-5“.

Dann betritt sie das Büro von Ward und öffnet den Safe und beginnt das darin gebunkerte Bargeld in eine „zweite, noch größere Handtasche“ zu stopfen, während plötzlich…eine betagte Putzfrau auftaucht und anfängt, den Boden links von dem Ward-Büro in aller Ruhe aufzuwischen [Anmerkung: Hitchcock präsentiert in der „Stealing Scene“, die zweifellos, auch in der Gestaltung der Suspense, „eine klassische Hitchcock-Szene“ ist und zu meinen persönlichen Lieblings-„Hitchcock-Film“-Momenten gehört, eine Kamera-Perspektive, die gleichzeitig das Büro, in dem „Marnie“ den Diebstahl verübt, und die Büroräumlichkeiten mit der „arbeitenden Putzfrau“ daneben einfängt - was fast einen „Split-Screen-Effekt“ hat, ohne dass „Hitch“ eben tatsächlich einen Split-Screen verwendet; diese „Stealing Scene“ ist absolut perfektes Kino, in dem sich aufgrund des Bildaufbaus sozusagen „subjectivity & objectivity“ vermischen und in dem der Diebstahl, dem Charakter der Kleptomanin „Marnie“ entsprechend, gleichsam als „erotischer Akt“ erscheint].

Als Marnie das Büro mit ihrer Beute verlässt…bemerkt sie die Putzfrau. Sie zieht sich daraufhin ihre High Heels aus und „schleicht“ in weiterer Folge, die Schuhe in ihre Manteltaschen gesteckt, an der Putzfrau vorbei…was so lange gutgeht, bis sich ein High Heel aus der Manteltasche löst und „mit einem Knall“ zu Boden fällt!

Die Putzfrau…reagiert nicht, denn sie scheint „etwas schwerhörig“ zu sein [Anmerkung: Nun, „Hitchcock-Filme haben jede Menge Humor“ (Peter Bogdanovich), und auch der tendenziell düstere „Marnie“ ist, was den Humor betrifft, nicht völlig „leer“ ausgegangen, was der „Hitchcock‘ian Joke“ mit der „deaf cleaning lady“ beweist – und Bogdanovich hat auch einmal in einem Interview gemeint, dass er den Regisseur förmlich vor sich sieht, wie dieser bei der Vorbereitung der Szene sagt: „Die Putzfrau lassen wir taub sein“].

Marnie schafft es, bis zur Treppe (die nach unten und wohl zum Ausgang führt) zu kommen, und somit im letzten Moment auch völlig aus dem Blickfeld einer zweiten Person zu verschwinden, die dann ebenfalls im Büro auftaucht, nämlich ein „African American“, der eine „Rutland & Co“-Jacke trägt. Der Mann geht zu der Putzfrau, die auch sein Eintreffen nicht mitbekommen hat, und schreit ihr ins Ohr [ANGESTELLTER: „Heute haben wir ja so ein Tempo drauf, Rita!“], was die „Cleaning Lady“, bevor sie dann weiterwischt, zu einer „Reaktion“ herausfordert [RITA: „Mir tut das Kreuz weh, ich will früh ins Bett“; // Anmerkung: Truffaut hat im Gespräch mit Hitchcock angedeutet, dass er „den alternativen Geschichtsaufbau“, den der Regisseur ebenfalls kurz angedacht hatte, nämlich jenen, dass Connery Tippi Hedren bei dem Diebstahl beobachtet, irgendwie „more interesting“ gefunden hätte: Hitchcock: „Ich habe mir sehr genau überlegt, ob ich die Geschichte so aufbauen sollte. Ich hätte gezeigt, wie der Mann heimlich einen wirklichen Diebstahl mit ansieht – nein: betrachtet. Dann hätte er Marnie, die Diebin, verfolgt, hätte sie festgehalten und so getan, als ob er ihr auf die Spur gekommen sei […]. Aber so etwas kann man auf der Leinwand nicht zeigen. Das Publikum würde es ablehnen und sagen: `Oh nein, nicht sowas`“ – Truffaut: „Das ist schade, der Aufbau wäre wirklich aufregend gewesen“].

Ortswechsel – die wieder erblondete Margaret `Marnie` Edgar reitet in der Nähe der „Garrod-Farm“ …„das Leben, ein Alptraum mit kleinen Glücksmomenten, denen man von vornherein misstraut“ …auf ihrem Pferd „Forio“, doch dann steht [„Mrs. Pedecaris, you’re a great deal of trouble!“ – Connery zu Candice Bergen in Der Wind und der Löwe] …Mark Rutland vor ihr.

Rutland verlangt von ihr, vom Pferd zu steigen, da sie zu Fuß zum Stall zurückkehren soll, während er selbst auf „Forio“ steigt [Dialog-Ausschnitte: MARNIE: „Sie sagten doch, dass Sie Pferde nicht mögen“ / MARK: „Tu ich auch nicht, aber sie trauen mir. Womit wir direkt bei unseren Beziehungen wären, Miss […]“], bevor er sie dann mit [CLAUDINE AUGER: „Woher wissen Sie, dass meine Freunde mich Domino nennen?“ / SEAN CONNERY: „Steht auf Ihrem Fußkettchen“ – Dialog aus Feuerball] …„Miss Edgar!“ anspricht.

In „Marnie’s Room“ in der Pension von Mrs. Maitland packt Rutland dann „Miss Edgar’s Sachen“ und stellt ihr ein paar naheliegende Fragen [MARK: „Ist Edgar Ihr richtiger Name? Und Sie sind blond?“], doch als sich diese zunächst „wenig kooperativ“ gibt, wird [„Warten Sie, bis Sie meine Zähne spüren“ – Connery in Feuerball] …Mark leicht ungehalten [MARK: „Reizen Sie mich ja nicht, Gnädigste!“].

Schließlich teilt ihm Marnie mit, dass sie wirklich „Edgar“ heißt [MARNIE: „[…] Edgar, Margaret Edgar“], bevor sie allerdings behauptet, dass sie „aus Los Angeles“ kommt [Anmerkung: Tippi Hedren, die in den 60er-Jahren auch noch unter der „Schauspielführung“ einer zweiten „Film & Regie-Legende“ zu sehen war, nämlich unter jener von Charles Chaplin in der Komödie Die Gräfin von Hongkong / OT: A Countess from Hong Kong (1967) mit Marlon Brando & Sophia Loren, Chaplin’s finalem Film sowie erstem Farbfilm, hat sich über Hitchcock’s Art des Regie-Führens wie folgt geäußert: „So führte Hitch Regie: Man unterhielt sich über die Rollen, sodass, wenn man zum Set kommt, alles feststeht“; Hitchcock hingegen, für den sich Hedren quasi in eine ganze Reihe „kühler blonder Schauspielerinnen“ einreihte, von denen er, bis sie ihn sozusagen „enttäuschten“, regelrecht „besessen“ war, hatte nach „The Birds“ in Interviews vor allem „die Subtilität der Reaktionen“ des „Schauspiel-Neulings“ Hedren gepriesen, ohne dabei natürlich „seinen eigenen Verdienst an dem Gelingen der Übung“ in irgendeiner Weise zu schmälern: „Ihre Reaktionen in `Die Vögel` sind sehr subtil, und das gefiel mir an dem Mädchen. Sie hatte ja vorher nie gespielt...Sie brauchte nichts zu verlernen...Ich kontrollierte jede Bewegung in ihrem Gesicht. Ihre Darstellung war die ganze Zeit über sehr filmisch und voller feiner Schattierungen. Aber sie durfte nicht über das hinausgehen, was ich ihr vorgab. Sie stand ganz unter meiner Kontrolle“ (Hitchcock on Hedren)].

Rutland will in der Folge wissen, wo sein Geld ist, wobei er, wie er meint, nichts von „kranken Müttern“ oder von „Schulgeld für die Kinder“ hören möchte, woraufhin ihm Marnie mitteilt, dass sich der Rest von dem Geld „in einem Einschreibpäckchen in einem Postschließfach in New York“ befindet, und ihm den Schließfachschlüssel sowie eine „Bestätigung“ übergibt [Kommentar von MARK: „Dieser Zettel und das ungeöffnete Päckchen sind so gut wie ein unterschriebenes Geständnis, ist das klar?“].

Schließlich kommt Rutland auf das Thema „ein Mann im Hintergrund“ zu sprechen – und will also wissen, welche Rolle „ein möglicherweise vorhandener Ehemann“ bei der ganzen Sache gespielt hat, woraufhin Marnie betont, dass sie weder verheiratet sei noch mit jemandem zusammenarbeite [MARNIE – im Original: „There’s no such person. I’ve never been married“].

Besonders „empört“ gibt sich „Miss Edgar“ allerdings über die Tatsache, dass Mark andeutet, sie würde das Stehlen „gewohnheitsmäßig“ betreiben [MARNIE: „Sie reden so, als ob ich sowas gewohnheitsmäßig tue...getan hätte. Als ob ich sowas kaltblütig plane“], doch Rutland beginnt ihre „Story“ auseinanderzunehmen und bezeichnet Marnie als [„Tell me, wich lunatic asylum did they get you out of?“ – Connery zu Robert Shaw in Liebesgrüße aus Moskau] …„eine kaltblütige, gewohnheitsmäßige Lügnerin“, die ganz bestimmt noch nie an der Westküste gewesen sei und, was man angeblich auch aus der „Pronunciation“ einiger Wörter ableiten könne, eher aus New York oder Washington komme [MARK – „mit schottischem Akzent“: „You’re a cold practised, little method-actress of a liar“].

Marnie tischt Rutland dann „eine alternative Lebensgeschichte“ auf, indem sie behauptet, sie sei in „Richmond, Virginia“ geboren und dass ihre Mutter gestorben sei, nämlich „als sie 10 war“, bevor eine „Mrs. Taylor“ sie dann aufgezogen habe [„The whole thing’s so fantastic...it just could be true“ – Connery zu Bernard Lee in „From Russia with Love“ (Anm.)].

Bei der „Rückfahrt wohin auch immer“ will Marnie in „Mark’s Car“ wissen, wie er sie gefunden hat, wobei Rutland darauf besteht, dass er hier der „Fragesteller“ ist [MARK – im Original: „You’re here to answer the questions, ol‘ girl!“], und nachdem er ihr eine „Question“ gestellt hat, nämlich danach, wie sie an die „Safe-Kombi“ gekommen sei, erzählt sie ihm eben davon, dass sie „Susan’s Key“ gestohlen hat, eine Tatsache, die [„Wie ist es möglich, dass es Menschen gibt, denen ein so teuflischer Plan einfällt?“ – Connery in Liebesgrüße aus Moskau] …Rutland irgendwie zusätzlich aufregt.

Danach will Mark, was die „Lebensgeschichte“ seiner „Gefangenen“/seines „Studienobjekts“ betrifft, „nochmal ganz von vorne anfangen“, wobei Marnie zunächst den „Born in Virginia“-Aspekt wiederholt [Nachsatz von MARNIE: „Wir waren arme Leute. Und zwar so arm, dass Sie sich das nicht vorstellen können“], um anschließend „die Mrs. Taylor-Story“ wiederaufleben zu lassen (Eckpunkte: sie habe einst die alte „Mrs. Taylor“ gepflegt, dann, nach deren Tod, durch „das Versicherungsgeld“ & durch „den Verkauf des geerbten Taylor-Hauses“ plötzlich 14.000$ zur Verfügung gehabt, mit denen sie u. a. auch „Forio“ gekauft habe, schließlich wäre „letzten November“ das Geld „alle gewesen“ und sie musste in Pittsburgh eine Stellung „at Kendall’s“ annehmen).

[„My dear uncooperative Domino“ – Connery zu Claudine Auger in „Thunderball“] …Rutland tätigt daraufhin einen „Na gut, auf ein Neues“-Sager und will der Frage nachgehen, ob sich „unter dem Gebirge an Lügen“ doch „ein kleines Körnchen Wahrheit“ findet [MARK – „mit einem plötzlich ganz extremen schottischen Akzent, also: „very Scottish“, & im Original: „All right, let’s try again. Let’s back up and see, if you can turn that Mount Everest of manure[Mist] into a few facts“].

„Subsequently“ bezeichnet Mark „alle soeben genannten Daten von Marnie“ als falsch und teilt ihr mit, dass er sie von „Strutt & Company“ her kenne, dem langjährigen Steuerberater von „Rutland & Co“ [Nachsatz von MARK – im Original: „You were a brunette then“].

Die „Criminal Female“ ist sich daraufhin nicht mehr ganz sicher, wer hier „pervers“ & wer hier „normal“ ist, und fühlt sich von dem „Hobby-Zoologen“ [„Here for the hunting season?“ – Connery zu Tania Mallet in Goldfinger] …„in die Falle gelockt“ [aus dem zugehörigen Dialog: MARNIE: „Und als Sie mich anstellten, haben Sie das alles schon gewusst?“ / MARK: „Nein, ich wusste es nicht positiv. Aber ich dachte, es könnte ganz interessant sein, Sie da zu behalten“ / MARNIE: „Und die ganze Zeit über haben Sie versucht, mir eine Falle zu stellen, mich zu fangen!“] – und dieser spricht daraufhin von „Neugierde“ & „Kontrollverlust“ seinerseits sowie von der Tatsache, dass er sie einfach „reizend“ fand [„Leider kam diese fetischistische Liebe auf der Leinwand nicht so gut heraus wie die von James Stewart und Kim Novak in `Vertigo`“ (Hitchcock zu Truffaut)].

Ist der Punkt mit der „Attraction“ geklärt, die Marnie auf [„Sie sind sehr süß“ – Connery zu einem Zimmermädchen in Goldfinger] …Mark ausübt, kommt zur Sprache, dass sich Marnie, „mangels Einblicks in Kundenlisten“, nicht bewusst gewesen ist, dass Strutt etwas mit Rutland & Co zu tun hat. Anschließend fasst Rutland zusammen, dass Marnie „eine Diebin & eine Lügnerin“ ist, obwohl er sich, wie er ihr ebenfalls mitteilt, nicht sicher ist, wie er sie einstufen soll, als „Kriminelle“ oder als „pathologischer Fall“, wobei er Wert auf die Feststellung legt, dass diese Unterscheidung, die Marnie für „gegenstandslos“ hält, für ihn, den „ebenfalls unter Zwängen stehenden Helfer“, wichtig ist [MARK: „Es spielt eine erhebliche Rolle für mich“; // Anmerkung: Laut dem Hitchcock-Kenner & Hitchcock-Experten Peter Bogdanovich hat der „dem Reiz einer Diebin erliegende“ Sean Connery in „Marnie“ gleichsam jene Rolle, die Grace Kelly in „To Catch a Thief“ hatte, wo eben Kelly dem Reiz „eines (ehemaligen) Diebes in der Gestalt von Cary Grant“ erliegt; in Sidney Lumet’s Gangsterfilm/Heist-Movie Der Anderson-Clan / OT: The Anderson Tapes, der im selben Jahr wie der Bond-Film Diamonds Are Forever (OT) veröffentlicht worden ist, nämlich 1971, wirken einige Aussagen des „thief John Anderson“ Sean Connery so, also würde er expliziter von „jener Form von Lust“ sprechen, die „Marnie“ Tippi Hedren beim „Akt des Stehlens“ in dem Hitchcock-Film empfindet: „JOHN ANDERSON“ - SEAN CONNERY: „Na ja, als ich angefangen hab mit dem Safe-Knacken. […] Also, irgendetwas Sexuelles war da mit drin. […] Ich bin in der Zeit oft sexuell erregt gewesen“; interessant auch die Antwort des „Gefängnis-Arztes/-Psychiaters“ auf die „Anderson-Ausführungen“ in dem Lumet-Film, die ebenfalls wie „eine sieben Jahre nach dem Hitchcock-Movie getätigte Aussage mit Marnie-Bezug“ wirkt: „I take it you were fixating on safecracking as a displacement of normal sexual relations“].

Nach einem kurzen „Moment of Silence“ stellt ihr Rutland die Frage, „ob sie schon mal gesessen hat“, was Marnie verneint [MARNIE: „Selbstverständlich nicht!“], doch sie betont, dass sie „Mr. Strutt“ bei „Strutt & Company“ eben gehasst habe, was Mark dazu bringt nachzufragen, ob sie für ihn „dasselbe“ empfinde [MARK: „Genauso wie mich?“] – Marnie verneint dies ebenfalls [MARNIE – im Original: „Oh no, not you!“].

Rutland steuert das Auto zu einem Diner, wo die Unterhaltung an einem Tisch fortgesetzt wird. Dort zweifelt Mark, der außerdem erfährt, dass man sie nicht „Margaret“, sondern „Marnie“ nennt, angesichts der „ständigen Benutzung eines anderen Namens“ an, dass Marnie beim Stehlen lediglich „einer plötzlichen Versuchung“ oder „einem unbedachten Impuls“ nachgegangen sei. Marnie hält dem entgegen, dass sie den Diebstahl so „angesetzt“ hat, weil sie „weg von den Komplikationen, die sie kommen gesehen hat“ wollte und weil sie Angst vor dem „next Weekend auf dem Familiensitz der Rutlands“ gehabt hat.

Als sie jedoch schwört, dass sie, wenn Mark sie laufen lässt, das Stehlen sein lässt, winkt [„There’s no time to be rescued“ – Connery zu Honor Blackman in Goldfinger] …„der Helfer & Erretter“ Rutland ab und spricht von einer „moralischen“ & „juristischen“ Verantwortung, die er nun habe [MARK – im Original: „I can’t let you go, Marnie. Somebody’s got to take care of you and help you. I can’t turn you loose“].

Danach skizziert Mark, wie es für „Miss Edgar“ jetzt weitergeht, und erklärt, dass es für sie [„Here, let me help you. You know, you’re lucky to be alive“ – Connery zu Tania Mallet in Goldfinger] …„back to Philadelphia“, „auf den Rutland-Familiensitz `Wykwyn`“ und zu „Rutland & Co“ gehe, wo sie den Schlüssel von Susan Clabon wieder zurück in deren „Purse“ stecken soll. Das fehlende Geld, so Mark, wäre für Marnie kein Problem mehr, denn dieses sei von ihm persönlich ersetzt worden [MARK: „Sie sind gedeckt. Ich habe das Geld ersetzt“], weil er, nachdem sie nicht zur „Verabredung am Samstag“ erschienen sei, „schon erahnt hat, was los ist“.

Gefunden hat Rutland, wie er ihr in der Folge erzählt, Marnie über das Pferd „Telepathy“, dem sie ja angeblich, so wie sie Mark auf der Rennbahn erzählt hat, „als 2-Jährigem beim Training zugesehen hat“, denn: nach einer Nachfrage beim Besitzer des Pferdes, nämlich „einem Colonel Marston aus Virginia“, ob er „Horses for hire“ hätte, wurde er von diesem an drei Adressen verwiesen, bei denen er allesamt in Bezug auf Marnie erfolglos gewesen ist, jedoch im Endeffekt auf die „Garrod-Farm bei Middleburg“ als weitere Option verwiesen wurde.

Bevor die beiden das Diner wieder verlassen, fragt Marnie Mark, warum sie ausgerechnet mit auf den Rutland-Familiensitz muss, woraufhin Mark seine Furcht vor einem „Great Escape“ ihrerseits zum Ausdruck bringt [MARK: „Weil ich fürchte, dass Sie mir sonst weglaufen“; // Anmerkung: Die Szenen im Auto sowie im Diner werden vor allem, wenn man so will, durch Connery’s fast schon „awkward predatory presence“ getragen, die ja bekanntlich auch die James-Bond-Filme mit ihm ausgezeichnet hat, und es ist mehr oder weniger dem Schotten zu verdanken, dass man „eine nicht gerade sympathische Figur“ wie diesen „Mark Rutland“, der absolut kein „John `Scottie` Ferguson“ aus „Vertigo“ ist, und auch dessen „spezielles Interesse an Marnie“ so halbwegs akzeptiert – und auch Truffaut hat dieses „special interest an der titelgebenden Hauptfigur des Films“ zum Thema gemacht und wollte von Hitchcock in der „Marnie“-Interview-Session wissen, was die von Connery verkörperte Figur so an der von Tippi Hedren gespielten „reizt“: Truffaut: „Was reizt diesen Helden eigentlich so an Marnie? Dass diese Diebin von ihm abhängig ist, weil er ihr Geheimnis kennt und es bei ihm liegt, ob er sie der Polizei übergibt? Oder einfach nur, dass er es aufregend findet, mit einer Diebin zu schlafen?“ - Hitchcock: „Beides zusammen“].

Im „Car“ kommt Rutland dann wieder auf das Thema „Men“ zu sprechen [MARK: „Eins glaub ich nicht, Marnie, es haben sich bestimmt viele Männer für Sie interessiert“], wobei Marnie „die Einseitigkeit dieses Interesses“ betont [MARNIE: „Das hab ich nicht bestritten. Ich hab gesagt, dass ich mich nicht für sie interessiert habe“], aber gleichzeitig andeutet, dass [„I must be dreaming“ – Connery zu Honor Blackman in Goldfinger] …Rutland eine Ausnahme sein könnte [MARK: „Warum ich?“ / MARNIE: „Weil Sie eben anders sind“].

Dann teilt ihr Mark mit, dass er seinem Vater sagen wird, dass er sie „zurückgeholt“ hat, und dass sie [„Und was zum Teufel ist die Ehe?! […] Erpressung, zugelassen durch behördliche Genehmigung!“ – Connery in „The Anderson Tapes“ (Anm.)] …„im Laufe dieser Woche“ heiraten werden!

Marnie ist „shocked“ und will wissen, was er damit bezweckt [MARNIE: „[…] Sie sind ja verrückt! Sie sind vollkommen wahnsinnig!“ / Antwort von MARK: „Ja, die Möglichkeit besteht durchaus“]. Um der „Extortion“ und um dem, wie sie sagt, Status eines „Raubtieres, das in der Falle sitzt“ zu entkommen, bezeichnet sie sich selbst als „Thief!“, „Liar!“ & „Criminal!“, also genau als das, was ganz offensichtlich ihre Attraktion für Rutland auszumachen scheint, dem es, wie er nochmals betont, gefällt, dass er „Something Really Wild“ gefangen hat [MARK – gemäß deutscher Synchro & gemäß „schottischer Originalfassung“: „Tja, da kann man nichts machen. Das ist eben mein Pech, ich liebe eine Diebin und Lügnerin. […] Whatever you are, I love you. […] I’ve tracked you and caught you, and by God, I’m gonna keep you…“; // Anmerkung: An der Stelle bleibt Tippi Hedren also nur die Wahl „zwischen Sean Connery & der Polizei“, aber François Truffaut hat gegenüber Hitchcock festgehalten, dass man als viewer den ganzen Film über nie das Gefühl hat, dass „Marnie“ ernsthaft gesucht wird oder von der Polizei tatsächlich festgenommen werden könnte: „Sie haben […] die Polizei weggelassen und zu verstehen gegeben, dass Marnie nichts zu befürchten hat, weil Mark den verschiedenen Opfern der Diebstähle ihre Verluste ersetzt hat. Übrigens habe ich den Eindruck, dass das Publikum die Drohung der Festnahme gar nicht empfindet. Man hat nie den Eindruck, dass sie gesucht wird oder in Gefahr ist“ (Truffaut zu Hitchcock)].

„Wir werden Sie als Mary Taylor verheiraten. Das ist völlig legal. Du kannst die Heiratsurkunde auch mit Mickey Mouse unterschreiben. Du bist trotzdem rechtmäßig verheiratet“ – unmittelbar nach der „Hochzeit im kleinsten Kreis“ auf dem Rutland-Familienwohnsitz verlassen Marnie, Mark [von dem die obige Aussage stammt] sowie [„Junior?“ – Connery zu Harrison Ford in Steven Spielberg’s Indiana Jones und der letzte Kreuzzug von 1989] …Mark’s Vater, Lil, ein Vetter namens Bob [gespielt von Bob Sweeney] und ein Doktor Gillian, der die Trauung vorgenommen hat, das „Haupthaus“.

Marnie’s Schwiegervater küsst die „Bride“, während „Cousin Bob“, der offenbar bei einer Bank arbeitet, Mark Reiseschecks und einen Kreditbrief übergibt. Bevor das Ehepaar zum „South Seas Honeymoon“ aufbricht, wird Rutland von seiner Schwägerin „auf unpassende Weise“ auf den Mund geküsst, was ihn zu dem „Versprechen“ animiert, dass Marnie & er ihr „einen geeigneten Heiratskandidaten aus der Südsee“ mitbringen werden [MARK – im Original: „We’ll send you a noble savage“].

Nachdem die „strange Honeymooners“ Wykwyn verlassen haben, beginnen Vetter Bob & Schwägerin Lil zu „lästern“ über die „überstürzte, fast heimliche Hochzeit“. So spricht Lil [Anmerkung: Wie bereits erwähnt: Die Gesichtsausdrücke in Marnie sind von Hitchcock hervorragend & absolut „treffsicher“ inszeniert, aber besonders virtuos agiert in diesem Zusammenhang in dem Film „Connery’s Sister-in-Law“ Diane Baker, die bei der Verabschiedung der „Honeymooners“ ihrer „Konkurrentin“ einige besonders „giftige“ Blicke zuwirft, bevor sie zu „eifersüchtigen Blicken“ wechselt oder, wenn’s um „Mark Rutland“ geht, zu „leicht zickigen `Eigentlich-gehörst-du-mir-Blicken`“; dennoch hat sich Baker im Nachhinein darüber beschwert, dass Hitchcock ihre Figur lieblos behandelt und dieser letztendlich auch keinen „würdigen“ Abgang aus seinem Film beschert hat, nämlich etwas später, im Rahmen der „Jagdszenen“, in welchen „Hitch“ das Publikum quasi mit dem „`Todesritt` einer gequälten Seele“ konfrontiert, bei dem auch Baker eine Rolle spielt] über den „sündteuren 6½-Karat-Verlobungsring“ für die Braut [LIL: „Er sagte, er wolle ihr etwas schenken, was vorher noch keine andere Frau getragen hat. Aber er hat ihn nicht bezahlt, er hat ihn in Rechnung stellen lassen. Er kostet 42.000$, plus Steuern“], für den, so wie Vetter Bob anmerkt, Mark sogar „eine Obligation“ eingelöst hat [Kommentar von COUSIN BOB – im Original: „The man’s deranged“].

Angestachelt von Lil, deren Gesichtsausdruck langsam auf „Misstrauen“ wechselt, berichtet Vetter Bob ihr schließlich davon, dass [„Setzen wir einen Shilling pro Loch?“ – Connery zu Gert Fröbe in Goldfinger] …ihn Mark „last Saturday“ sogar vom Golfplatz geholt hat, um „auf der Stelle 10.000$ in kleinen Scheinen“ von der Bank abzuheben [COUSIN BOB: „Du kannst mir glauben, das hätte genügt, um die ganze Hochzeitsreise zu den Fidschi-Inseln zu bezahlen“], und gibt ihr auch zu verstehen, dass Rutland, nimmt man alles zusammen, in einer Woche annähernd 60.000$ „verjuxt“ hat.

Kurz darauf betritt „Suspicious Lil“ das Zimmer von Mark und findet in einer Schublade in Unterlagen eine „To-do-Liste“, auf der unter anderem auch Folgendes steht: Pay off Strutt. Den Namen „Strutt“ schreibt sich Lil schließlich auf einen Zettel.

„Change of Scene zum Kreuzfahrtschiff, auf dem Marnie & Mark die „Flitterwochen“ verbringen. In der Kabine der beiden hat sich Marnie gerade im Badezimmer „verbarrikadiert“ und Mark bietet ihr, vor der Badezimmertür stehend, einen [SEAN CONNERY: „Och, jetzt ist er abgestanden“ / SHIRLEY EATON: „…Ach, der Wein“ - Dialog aus Goldfinger] …Drink an [MARK: „Möchtest du etwas Whiskey haben zum Zähneputzen?“ / MARNIE – aus dem Badezimmer: „Nein, danke“], bevor er sich aufs Bett setzt und ein paar „Weisheiten“ darüber zum Besten gibt, welcher Ort „das wahre Schlachtfeld der Ehe“ sei [MARK – „dozierend“: „Tja, genau im Gegensatz zur Auffassung des Films und der Illustrierten ist das Schlachtfeld der Ehe nicht […] das Schlafzimmer. Das wirkliche Schlachtfeld der Ehe ist das Bad. […]“], denn seine „Neo-Ehefrau“ befindet sich offenbar schon auffällig lange im „Bathroom“ [MARK: „[…] Schatz, du bist jetzt genau 47 Minuten im Badezimmer“].

Eine „ungeschminkte“ Marnie verlässt schließlich das Badezimmer und erhält ein Kompliment von Mark [MARK – im Original: „You’re very sexy with your face clean“]. Anschließend versucht er sie auf dem Bett zu küssen…was zu einer heftigen „Abwehrreaktion“ bei ihr führt [MARNIE – im Original & gemäß deutscher Synchro: „Ican’t! I can’t! I can’t! […] Ich kann es nicht ertragen, eher sterb ich! Wenn du mich noch einmal anrührst, dann bring ich mich um!“]. Plötzlich konfrontiert mit Marnie’s „Frigidity“ fragt Rutland nach, was los sei und ob das ihr Weg sei, ihm zu zeigen, dass sie ihn „nicht besonders reizvoll“ finde [aus den Reaktionen von MARNIE: „Mein Gott, warum hast du mich nicht laufen lassen!“].

Nachdem Rutland ihr abermals angeboten hat, „einen Weg zu finden, um ihr zu helfen“, und Marnie mehrmals verdeutlicht hat, dass sie es nicht ertragen kann, „von irgendjemandem angefasst zu werden“ [Ausschnitte: MARNIE – im Original: „I cannot bear to be handled. […] It’s degrading. It’s animal!“], wundert sich Mark darüber, dass es ihr weder „damals in den Stallungen“ noch „all that last Week“ irgendetwas ausgemacht zu haben scheint, woraufhin Marnie antwortet, dass sie eben gedacht habe, dass sie „so etwas könne, wenn sie es müsse“.

Als klar ist, dass das bei seinem „New Wife“ offenbar „schon immer“ der Fall gewesen ist und sie auch keinen „Besuch bei einem Psychiater“ je in Erwägung gezogen hat, weil sie ohnehin „nie heiraten“ wollte, führt er ihr vor Augen, dass sie „irgendwann von irgendjemandem gefasst worden“ oder einer weniger „verständnisvollen“ Person wie ihm in die Hände gelaufen wäre [MARK: „Du wärst irgendeinem Sexual-Erpresser in die Hände gefallen“].

Bevor Mark meint, dass er & sie diese „bloody Honeymoon“-Kreuzfahrt mit „as much grace as possible“ über die Bühne bringen sollten, stellt er fest, dass sie „medizinische Hilfe“ benötigt [MARK: „Was du bestimmt brauchst, ist meiner Ansicht nach ein Psychiater“; // Anmerkung: MARILYN MONROE: „Sie müssen zum Arzt gehen. Zu einem guten Arzt“ – TONY CURTIS: „Das war ich schon. Ich habe 6 Monate in Wien bei Professor Freud verbracht. […] Ich bekam sämtliche psychotherapeutischen Behandlungen...Injektionen, Hypnose, Mineralbäder“ (aus der Tony Curtis will als vermeintlich impotenter `falscher Millionär` Marilyn Monroe auf einer Yacht verführen-Szene aus Billy Wilder’s Jahrhundert-Komödie Manche mögen’s heiß von 1959) - im Gegensatz zur literarischen Vorlage, also: der „Novel of Suspense by Winston Graham“, taucht in dem Hitchcock-Film keinerlei Psychiater auf, der „Marnie“ behandelt, denn die Rolle wurde entfernt, damit man einen Star vom Format Connerys engagieren konnte, der aber andererseits dadurch, durch die Tatsache, dass er im Laufe des Films dann auch noch zum „Hobby-Psychoanalytiker“ wird, in dem Werk sozusagen „eine ganze Menge zu tragen“ hat – „Es funktionierte komischerweise, wohl wegen der Intensität, die Sean Connery der Rolle gab“ (Joseph Stefano)].

Nach ein paar „ruhigen“ Tagen an Board, an denen sich die beiden unter anderem über „Zoologie“ unterhalten haben, ist Mark eines Abends gerade dabei, in einem Buch („Animals of the Seashore“) zu lesen, als [URSULA ANDRESS: „What are you doing here? Looking for shells?“ / SEAN CONNERY: „No, I’m just looking“ / URSULA ANDRESS: „Stay where you are!“ – Dialog aus Dr. No] …Marnie mit einem Nachthemd bekleidet auftaucht und ihm „Good Night“ sagen möchte.

Mark „wirft einen Blick“ auf sie und teilt ihr mit, dass er „ständig verzweifelt auf der Suche nach irgendeinem Thema“ sei, was Marnie dazu bringt, anzudeuten, dass ihr „die Honeymoon Days & Nights“ auf die Nerven gehen [Antwort von MARNIE: „Oh, bitte, hier ist ein Thema. Wie lange müssen wir noch hier an Bord sein, auf diesem Schiff?“]. Dann macht Marnie die Tür zum Schlafzimmer der Kabine zu…und Mark wirft das „Tiere des Strandes“-Buch weg und betritt das Zimmer, ein Umstand, der Marnie „in Bedrängnis“ bringt [MARNIE: „Wenn du nicht ins Bett gehen willst, bitte, dann geh raus!“] und Mark „eindeutiger“ werden lässt [MARK – im Original: „But I do want to go to bed, Marnie! I very much want to go to bed“].

Daraufhin macht Rutland eine schnelle Bewegung mit den Händen und Marnie’s Nachthemd fällt zu Boden…und sie steht „naked and in the state of shock“ vor ihm [Reaktion von MARK – plötzlich sanft: „Entschuldige bitte, Marnie“]. In der Folge bedeckt er sie mit seinem Abendmantel…und küsst sie…und legt sie aufs Bett…und die Blicke der beiden, Marnie‘s „kind of a stiff look“ & Mark’s „kind of sensual look“, treffen sich [Anmerkung: Nachdem Joseph Stefano & Alfred Hitchcock aus Termingründen ihre Zusammenarbeit an einem Skript zu dem „Suspenseful Sex Mystery“ beendet hatten, übernahm nicht etwa unmittelbar „lady writer“ Jay Presson Allen den Marnie-Stoff, sondern Evan Hunter, der Drehbuchautor des „Hitch-Groß-Erfolges“ Die Vögel; Hunter hatte aber ein ernsthaftes Problem mit der „Bett-Szene“ zwischen Sean Connery & Tippi Hedren, und zwar aus folgenden Gründen: Hunter empfand es als ganz und gar nicht „heroic“, dass der Character des „Mark“ „Marnie“ in den „Flitterwochen“ auf diese Art & Weise „nimmt“, im Gegenteil, er empfand die, wie er sie nannte, „Rape-Scene“ als „dramaturgisch falsch“, weil man danach zu lange braucht, um die Figur des „Mark Rutland“ wieder sympathisch zu machen, und zwar ganz egal, von wem sie gespielt wurde, ob von Connery oder von Rock Hudson oder sonst irgendjemandem – „Jede Frau im Publikum würde ihn hassen“ (Evan Hunter seinerzeit zu Hitchcock); Hitchcock jedoch war anderer Meinung, für ihn war die Szene „essenziell“ - und als Hunter ihm ein Drehbuch übergab, in dem sich sowohl die gewünschte Szene als auch eine „alternative Bett-Szene“ befanden, wurde Hunter gefeuert und die im Rahmen der „Birds“ entstandene „Freundschaft“ zwischen Hitchcock & dem Drehbuchautor fand ein jähes Ende; Jay Presson Allen hingegen, die nur wegen Hitchcock zugesagt hatte, das Drehbuch zu schreiben, gab dem Regisseur sozusagen auf Anhieb, „was er wollte“: „Er wollte die Szene, ich schrieb sie. Ich kann mich nicht an eine Bestürzung erinnern. Ich war erstaunt, wie unsensibel ich gewesen war. Es hatte mir einfach nicht viel ausgemacht, es war nur eine Szene. Das war einfach `eine schwierige eheliche Situation`. Ich sah es nicht als Vergewaltigung, und Hitchcock verwendete nie das Wort“ (Jay Presson Allen); die Autorin war, im Gegensatz zu Evan Hunter, auch der Meinung, dass das Charisma eines Stars „so etwas wettmachen“ könne oder „so eine Szene vergessen lassen“ kann – „Sie sind nicht umsonst Stars“ (J. P. Allen)].

„The next Morning“ wacht Rutland…allein im Bett auf! Er läuft anschließend auf dem Schiff umher und sucht nach Marnie... und blickt dabei immer wieder hinunter aufs Meer. Als er zum Pool-Bereich kommt, sieht er [„Ich werde Sie wiedersehen, Mrs. Pedecaris, wenn wir beide als goldene Wolken im Wind treiben“ – Connery zu Candice Bergen in Der Wind und der Löwe] …Marnie „leblos“ im Swimming-Pool treiben.

Nachdem Mark sie wieder aus dem Pool „gefischt“ hat [zugehöriger, „fast schon unpassender, etwas salopper & Bond-Film’esker“ Original-Dialog: MARK: „Why the hell didn’t you jump over the side?“ / MARNIE: „The idea was to kill myself, not feed the damn fish“], kehren die beiden, weit früher als vorgesehen und ohne die „Republic of Fiji“ gesehen zu haben, zurück auf den Rutland-Familiensitz, wo sie von Lil [LIL: „Waren die Fidschi-Inseln grässlich?“] und dem „Old Rutland“ freudig begrüßt werden [Anmerkung: In gewisser Weise sind „Marnie“ & „Mark“ spiegelbildlich konstruiert, denn sie besitzen jeweils den Elternteil, den der andere nicht hat – Marnie hat nur eine Mutter und sozusagen keinen Vater, Mark hat einen Vater, aber keine Mutter].

Danach zeigt Mark seiner Ehefrau ihre „Räumlichkeiten“ im oberen Stockwerk [Aussage von MARK: „Komm, Marnie. Das Haus ist ja schließlich kein Zuchthaus“] und meint, während er wieder beim Verlassen des Zimmers ist, dass sie beide unbedingt „die Fassade wahren müssen“, woraufhin sie ihm, bevor er noch einen anderen Aspekt ihres Zusammenlebens „fertigerläutern“ kann, die Tür vor der Nase zuschlägt.

Am nächsten Tag geht das „Ehepaar“ gemeinsam die große Treppe hinunter zur Haustür und Mark erklärt Marnie „die diesbezüglichen Gepflogenheiten“ [MARK – ironisch: „So ist das hier üblich, Schatz. Die Frau folgt dem Gatten zur Haustür, gibt oder erhält einen Kuss, schaut ihm versonnen nach, während er wegfährt. Ein sehnsüchtiges, zartes Winken ist freigestellt“], bevor er ihr einen Kuss auf die Stirn gibt und ihr, auf Nachfrage hin, mitteilt, dass er „ins Büro“ fährt, um „ein paar Kleinigkeiten zu erledigen“.

Schließlich muss Marnie ihn, quasi ihres „Selbstverständnisses `as a thief` beraubt“, um Geld bitten [MARNIE: „Mark, ich hab überhaupt kein Geld“ / MARK - sarkastisch: „Oh, das tut mir leid, Marnie“]. Beobachtet durch die argwöhnischen [und von Hitchcock an der Stelle wiederum sehr akribisch mit Baker „ausgearbeiteten / modellierten“] Blicke von Lil, die von einem Fenster des oberen Stockwerks aus hinunter auf den Platz vor der Eingangstür blickt, teilt Mark Marnie mit, dass „Vetter Bob“ ein Konto für sie eröffnen wird, allerdings mit „nicht sehr viel“ Geld drauf, da er „in letzter Zeit erhebliche Ausgaben gehabt habe“…was auch dadurch bedingt sei, dass er „Mr. Strutt“ ausbezahlt hat [MARK: „Na, du kannst es ja ruhig wissen. Ich habe Strutt ausbezahlt. Anonym, natürlich“]. Marnie nennt ihn daraufhin einen „Big Fool“, der für etwas, was „längst vorbei“ sei, „einfach 10.000$ rausgeworfen hat“ [Antwort von MARK – im Original: „Possibly, but they don’t put you in jail for being a fool. I’m not the one the cops are after. Not yet“; // Anmerkung: Truffaut, der Hitchcock übrigens, und das natürlich „im denkbar positivsten Sinne“, zu den „großen Vereinfachern“ des Kinos zählte und nicht zu den „Verkomplizierern“, sah den „Master of Suspense“ hier in Marnie gleichsam „zwei Rätsel“ miteinander vermischen, was er in „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ wie folgt zum Ausdruck gebracht hat: Truffaut: „Dasselbe Phänomen habe ich bei `Spellbound`[also bei: „Ich kämpfe um dich“ mit Ingrid Bergman & Gregory Peck] beobachtet. Sie vermischen zwei Rätsel von verschiedener Art: Erstens, ein moralisches und psychoanalytisches Problem: Was kann diese Person […] nur in ihrer Kindheit gemacht haben? Zweitens, ein handfestes Problem: Wird die Polizei sie festnehmen oder nicht?“ – Antwort von Hitchcock: „Entschuldigen Sie, aber die Drohung mit dem Gefängnis ist für mich genauso ein moralisches Problem“].

Mark steigt schließlich ins Auto und fährt davon, und Lil oben im Fenster ist sichtlich „stunned“ über die Infos, die sie gerade über Marnie bekommen hat [„Als Zuschauer weiß man nicht mehr, was man der Person wünschen soll: ihrer Neurose auf den Grund zu kommen oder der Polizei zu entwischen“ (Truffaut zu Hitchcock nochmals über die Zwickmühle, in der sich der „Marnie“-Character nun befindet)].

Da der „Helfer“, an dessen Seite „die frigide Kleptomanin“ „gesunden“ soll, nun außer Haus ist, betritt Marnie die Bibliothek, während Lil die Treppe hinunterschleicht, sich vor der Tür zur Bibliothek platziert und dem Geschehen darin lauscht. Marnie setzt sich zum Telefon und wählt die Nummer ihrer bekanntlich in Baltimore weilenden Mutter Bernice [MARNIE – ins Telefon: „Mama? ...Nein, mir geht’s gut. Jetzt geht’s mir wieder ausgezeichnet, ich hatte eine schwere Grippe und konnte mich nicht aufraffen zu schreiben“], welcher sie mitteilt, dass sie „noch immer heiser“ sei und dass sie ihr „noch diese Woche“ Geld schicken werde, wobei sie betont, dass sie „in the next Weeks“ nicht zu ihr nach Baltimore kommen könne. Für Nachrichten/Wünsche, so Marnie, solle die Mutter einfach das bekannte „Schließfach in Philadelphia“ benutzen. Als Marnie auflegt, schleicht sich Lil, abermals „reicher an Information“, wieder davon.

Gegen Abend kommt Mark zurück und hinten am Auto dran befindet sich ein Anhänger mit…Marnie’s Pferd „Forio“ [Reaktion von MARNIE: „Oh, Forio!“]. Sie lächelt ihren „Husband“ an, zieht sich die Schuhe aus, steigt aufs Pferd und reitet „gekonnt“ davon. Lil, die Zeugin der „erstaunlichen“ Aktion ist, bietet sich Rutland in der Folge als „guter Kumpel“ an, der ihm helfen würde, sollte er [„Für meine Sicherheit sorge ich allein!“ – Connery in Man lebt nur zweimal] …„in Trouble“ sein [LIL: „[…] Ich habe absolut keine Skrupel. Ich belüge die Polizei und tue sonst was“ / Reaktion von MARK: „Wovon redest du überhaupt?“].

Dann gibt sie zu, dass sie Marnie „heute Morgen“ belauscht hat und sich nun sicher sei, dass mit dieser „Mary/`Marnie` brown-haired blonde he married“ irgendetwas nicht stimme – und als Mark abermals wissen möchte, worauf sie eigentlich hinauswill, offeriert sie ihm ihre „Dienste“ als „Partisanin“, als „Meineid-Schwörerin“ oder als [SEAN CONNERY: „Was wird hier eigentlich gespielt?“ / AKIKO WAKABAYASHI: „Was meinen Sie? Ich bin dazu da, Ihnen zu helfen“ – Dialog aus „You Only Live Twice“] …„Agentin“ [Antwort von MARK: „Also gut, sagen wir als Agentin“]. 

Als erste „Amtshandlung“ teilt sie ihm mit, dass es da offenbar „eine Mutter“ in [„The humming means you’re in Mr. Goldfinger’s Lockheed Jetstar heading for Baltimore“ – Honor Blackman zu Connery in Goldfinger] …Baltimore gibt, welcher eine kürzlich von „The Flu“ heimgesuchte Marnie am Telefon versprochen habe, dass sie ihr „noch diese Woche“ Geld schicken werde. Rutland, für den der „There’s a mother in Baltimore“-Aspekt interessant und natürlich „absolut neu“ war, beendet das Gespräch, indem er so tut, als ob sich Marnie bewusst gewesen ist, dass Lil sie belauscht, und sich deswegen „some sort of gag“ am Telefon erlaubt hat.

Nach einem Zeitsprung – Mark betritt das Haus, wo ihm Lil mitteilt, dass Marnie mit seinem Vater ausgeritten ist, der wiederum „seine Schwiegertochter“ bei der bald anstehenden Jagd mitreiten lassen sowie „zu ihren Ehren“ eine Party geben will.

Da Rutland ein „Ferngespräch“ erwartet, verabschiedet er sich von Lil und telefoniert dann in seinem Zimmer mit einem Mr. Boyle, den er fragt, ob er [„Sie wären überrascht, wenn Sie wüssten, wie groß der Verschleiß an der Front ist“ – Connery zu Desmond Llewelyn in Goldfinger] …„irgendetwas Interessantes“ rausgekriegt hat. Er notiert sich in der Folge den Namen „Bernice Edgar“ auf einen Zettel sowie die Adresse „116 Van Buren Street Baltimore“. Anschließend scheint er etwas über einen Mord zu erfahren [MARK – ins Telefon & im Original sowie gemäß deutscher Synchro: „…Wait a minute. You said she killed him? Well, when was that? ...Dann muss das kleine Mädchen ungefähr 5 gewesen sein“].

„Mr. Rutland“ will von „Mr. Boyle“ dann, während man von draußen hört, dass Lil die offenbar vom Reiten zurückgekehrte Marnie begrüßt, dass dieser ihm Fotokopien von den Prozess-Akten besorgt.

In der Nacht hat Marnie wieder einen Alptraum und wälzt sich in ihrem Bett [spezifische Momente: MARNIE: „Mami! Bitte nicht weinen, Mami! Nein, nein, Mama, nicht weinen! Mama…“], wobei [was eben reiner Ausdruck von Marnie’s Innenleben/Marnie’s Alptraumwelt ist] eine Hand ganz in ihrer Nähe an einem Fenster des Raumes zu klopfen scheint!

Mark erscheint auf der Bildfläche, betritt ihr Zimmer [MARK: „Wach auf, Marnie!“], doch Marnie ist in ihrem Alptraum [den Hitchcock auch dadurch verdeutlicht, indem er hin und wieder ihre „Trigger-Color“ Rot über das gesamte Bild „legt“, ähnlich, wie er das bei den Farben des „Blitzlichtgewitters“ getan hat, das Jimmy Stewart als „Abwehr“ gegen Raymond Burr in Das Fenster zum Hof verwendet] weiterhin gefangen [MARNIE – im Original: „Oh, don’t hurt my mama! […] Please, don’t hurt my mama!“].

Erst als Lil auftaucht und Marnie aufweckt, scheint der Spuk vorbei [Nachsatz von MARNIE – „after the dream“: „Mir ist kalt“]. Die „Sister-in-Law“ lässt die beiden allein und bemerkt, als sie an Mark’s Zimmer vorbeigeht, dass dieser gerade folgendes Buch liest: „SEXUAL ABERRATIONS OF THE CRIMINAL FEMALE“.

Nachdem Mark ihr die „Tranquilizer“ weggenommen hat, die auf dem Nachtkästchen neben dem Bett stehen [Kommentar von MARK: „Es gibt für deine Zwecke auch Stricke, Revolver, Gas, Gift und sogar Plastikbeutel. Die Welt ist voller Alternativen“], will er etwas über den Traum wissen [Anmerkung: „The Case of Marnie“ wirkt ohnehin wie ein Fall aus der Sammlung Sigmund Freuds – und Sean Connery mutiert hier, „after the nightmare“, endgültig zum „Leiter einer Analyse-Sitzung“, wobei auch wunderbar das Beziehungsmuster, das Hedren & Connery, also: „Diebin“ & „Erpresser“, in dem Film haben, zum Vorschein kommt: sie nutzt stets die Schwächen ihrer „victims“, er nutzt ihre „Schwäche“; Truffaut, der Marnie grundsätzlich aufgrund der „traurigen / düsteren / teils alptraumhaften Atmosphäre“ als „schwierigen Film fürs Publikum“ empfunden hat, hielt die „You Freud, me Jane?-Therapie-Sitzung“ zwischen Connery und Tippi Hedren für „[…] eine der besten Szenen des Films“, wobei Hitchcock ihm erklärt hat, dass er, da, wie bereits erwähnt, die Rolle des Psychiaters weggelassen wurde, „alles, was die Psychoanalyse betrifft“ im Film vereinfachen hat müssen: „Wissen Sie, im Roman geht Marnie, um ihrem Mann entgegenzukommen, einmal in der Woche zum Psychoanalytiker. Ihre Bemühungen, ihr wahres Leben und ihre Vergangenheit zu verbergen, ergaben im Buch zugleich amüsante und tragische Szenen. Wir haben das alles in einer einzigen Szene zusammenziehen müssen, in der ihr Mann selbst die Analysesitzung leitet“ (Hitchcock zu Truffaut)].

Rutland leitet [„Also, Ihr Phantom gegen das meine“ – Connery zu Adolfo Celi in Feuerball] …die „Therapie-Sitzung“ ein, indem er wissen möchte, ob „Marnie’s Dream“ auf „wahren Begebenheiten“ beruhe, doch sie betont, dass sie „keine Ahnung bezüglich der Bedeutung“ habe. Mark spricht daraufhin den Aspekt an, dass „a Mother“ darin eine Rolle spielen muss, und „die Patientin“ wird konkreter [MARNIE: „Zuerst sind da diese unheimlichen Klopfzeichen. Dann sagt sie: `Steh auf, Marnie, du musst jetzt aufstehen`. Aber ich will nicht. Wenn ich aufstehe, dann frier ich und sie tun ihr weh“ / MARK: „Wer? Wer tut das?“ / MARNIE – im Original & gemäß deutscher Synchro: „Them. […] Ich höre die Geräusche, mir ist kalt und ich hör die Geräusche“].

Als Mark wissen will, wer diese „Geräusche“ macht, blockt Marnie ab [MARNIE: „Spielst du Freud? Was soll das?“]. Daraufhin erklärt Rutland die „Selbsthilfe“ Marnies zur einzigen Alternative zu einem Psychiater [Entgegnung von MARNIE: „Aber deshalb sitz ich ja in dieser Falle, weil ich versuche, mir selbst zu helfen“] und will ihr einige „Books“ geben, die für sie „erhellend“ sein könnten [Kommentar von MARNIE, die hier auch „Buchtitel“ nennt: „Ein neues Hobby? `Frigidität der Frauen`, `Der psychopathische Übeltäter und Verbrecher`“], allen voran „Das unentdeckte Selbst“ [by C. G. Jung].

„Why can’t you just leave me alone?“ – Marnie hat genug von der „Session“, die Rutland für „notwendig“ hält, weil er „his New Wife“ für „sehr krank“ hält [Entgegnung von MARNIE: „Ich bin krank? Na, dann solltest du dich mal selbst ansehen, mein Schatz! Du spielst den Gesundheitsapostel und den Psychiater. Aber, wie steht’s denn mit dir? Du sprichst von `Traum-Welten`, dabei hast du einen pathologischen Tick für eine Frau, die erwiesenermaßen kriminell ist und die anfängt zu schreien, wenn du bloß versuchst sie anzurühren“ / Entgegnung von MARK: „Ich habe nicht behauptet, ich wäre vollkommen…“].

Da aber klar wird, dass Mark an seiner [„This isn’t a personal vendetta, 007. It’s an assignment like any other and if you can’t treat it as such, cold and objectively, 008 can replace you“ – Bernard Lee zu Connery in Goldfinger] …„Mission“ weiterhin festhält und, wie Marnie meint, offenbar „für sein Leben gern Arzt spielt“, lässt sie sich auf eine Runde „Freies Assoziieren“ ein, also: auf eine „Freud’sche Methode“ zur „psychoanalytischen Selbsterfahrung“.

Nachdem die Worte „Water“ & „Air“ nichts Spektakuläres an Assoziationen von Seiten Marnies ergeben haben, versucht er es mit dem Wort „Sex“ [MARK: „Sex“ / MARNIE: „MännlichweiblichAdam und EvaHänsel und GretelIch spuck dich an und kratz dir die Augen aus, wenn du mich anrührst!! […]“].

Dann wird [„`Operation Grand Slam`, for instance“ – Connery zu Gert Fröbe in Goldfinger] …Mark quasi noch „offensiver“ und „knallt“ ihr das nächste Wort hin: „Rot“. Marnie gerät daraufhin in Panik [MARNIE – im Original: „White...White! White!“], sodass Rutland sie in die Arme nimmt und versucht, sie zu beruhigen [MARNIE – im Original & in Mark’s Armen: „Oh, help me! Help me, oh God, somebody help me!“; // Anmerkung: Nun, „The world was on fire and no one could save me but you / It’s strange what desire will make foolish people do / [...] I never dreamed that I‘d love somebody like you“ (aus dem Song „Wicked Game“ von Chris Isaak aus dem Jahr 1989) - in, wenn man es so nennen will, Hitchcock’s „Spätwerk“, und dazu gehört eben auch Marnie, tritt ein Motiv noch stärker hervor als in früheren Hitchcock-Filmen, nämlich, das Motiv der „kleinen Gefängniszelle, die innerhalb eines noch größeren Gefängnisses existiert“, soll heißen: jemand, dem es gelingt, aus einem Gebäude zu flüchten, das in Flammen steht, aus einem „House on Fire“ also, findet sich außerhalb des Gebäudes in einer ganzen „World on Fire“ wieder – und das ist ein „subject / motive“, das das Werk Hitchcocks zum Beispiel auch mit dem von David Lynch verbindet, der am Anfang von Wild at Heart (OT; 1990) gleich die ganze Leinwand in Brand setzt und sie so zum Sinnbild für eine „brennende Welt“ macht, in der seine protagonists“ „herumirren“].

Die Party…am Abend vor der Jagd. Lil begrüßt im Eingangsbereich des Rutland-Hauses diverse Gäste…und plötzlich, als die Eingangstür wiederum zwecks Gäste-Einlasses geöffnet wird, taucht ein weiterer Party-Gast auf, nämlich [„Wie klein doch die Welt ist“ – Connery in Diamantenfieber] …Mr. Strutt [Anmerkung: Hitchcock & sein großartiger Kameramann Robert Burks kreieren hier noch einmal, in ihrem letzten gemeinsamen Film (Burks starb 1968 im Alter von 59 bei einem Hausbrand), einen denkwürdigen „moment full of suspense“, indem sie sich für eine „Kranfahrt durch den Raum“ entschieden haben, die die Kamera langsam „über das Partygeschehen“ hinweg hin zur Eingangstür transportiert, wo dann eben plötzlich jener Mann auftaucht, der „Marnie“ überführen kann; ähnliche „virtuose Spielereien“ mit der Kamera, die den „Suspense-Faktor auf einer Party“ in die Höhe treiben, hat „Hitch“ einst auch in Berüchtigt präsentiert – auf jener Party im Haus von Claude Rains, auf der es „um den Schlüssel in Ingrid Bergman’s Hand“ geht, der ihr und Cary Grant den Zugang zu dem Weinkeller verschaffen kann, in dem sich die „Weinflaschen gefüllt mit Uranerz“ befinden].

Strutt, der in Begleitung seiner Frau ist, bedankt sich bei Lil für die „überraschende Einladung“. Etwas „abgesondert“ vom Rest unterhalten sich währenddessen Marnie & Mark über die Situation auf der Party [Ausschnitte: MARNIE: „Bis du nicht ein bisschen nervös, Mark?“ / MARK: „Dafür liegt doch kein Grund vor. Du bist ohne Frage die bestaussehendste Frau hier, die bestangezogendste, bei Weitem die intelligenteste, und du bist bei mir“], bevor Marnie dann inmitten des „Party-Volks“ …„ihren ehemaligen Arbeitgeber Mr. Strutt“ erblickt, was bei ihr zur „Empörung über die Perfidie“ führt [MARNIE: „Muss das sein?! Musste das sein?!“ / MARK: „Ich hatte keine Ahnung! Ich schwör es dir!“]. Da Rutland feststellt, dass „Strutt noch nie eingeladen war“, wird Marnie klar, dass Lil etwas damit zu tun hat und sie selbst sofort „hier raus“ muss [MARNIE: „Das war Lil! […] Ich muss hier irgendwie raus!“].

Der Gastgeber geht aber mit „seiner neuen Ehefrau“ Marnie „in die Offensive“ und [„Let’s have a little fun with Mr. Goldfinger!“ – Connery in Goldfinger] …Mark begrüßt Mr. Strutt (der, wie betont wird, mit den Rutlands schon „sehr alte geschäftliche Verbindungen“ hat) sowie auch Mrs. Strutt [Anmerkung: Die „Mrs. Strutt“-Darstellerin Louise Lorimer, die später auch einen kleinen Auftritt in Hitchcock’s „final film Family Plot“ hatte, sollte auf der Party und auch in Gegenwart von „Marnie“ „ein Lächeln“ im Gesicht haben, und Hitchcock hat ihr diesbezüglich folgende Regie-Anweisung erteilt: „Lächeln Sie, als wäre Ihr Mund voller Porzellanscherben“].

„Mr. Strutt“ erkennt „Marion Holland“ im Grunde sofort [zugehöriger Dialog im Original: MR. STRUTT: „I believe we’ve met before“ / MARNIE: „I don’t think so“ / MR. STRUTT: „Think againMrs. Rutland“] – und in Anwesenheit der „triumphierenden“ Lil erzählt Mark „den Strutts“, dass Marnie & er „vor zwei Monaten“ geheiratet haben, sich aber schon „seit 4 Jahren“ kennen würden, eine Behauptung, die vor allem bei Rutland’s „Sister-in-Law“ für „Surprise“ sorgt [MARK – zu seiner „Schwägerin“: „Ja, hast du das nicht gewusst?“].

„The Rutlands“ verlassen schließlich das „Dreigespann“ Mr. & Mrs. Strutt & Lil wieder [Kommentare von Hedren & Connery nach dem „Abgang“: MARNIE: „Mir wird gleich schlecht“ / MARK: „Dir wird nicht gleich schlecht...“], bevor die Info „Dinner is served“ wieder alle zusammenbringt und Mark darauf besteht, dass Strutt Marnie zum Tisch begleitet, weil, wie Rutland behauptet, „his new Wife“ sich „sehr darüber freuen würde“.

[„Reg dich nicht auf, Schatz. Ich stehe über den Dingen“ – Connery in Diamantenfieber] …Mark wirft Marnie später am Abend in ihren Räumlichkeiten vor, dass sie offenbar die Party frühzeitig verlassen und anscheinend für eine [„Ich habe eine kleine Insel in den Bahamas entdeckt. Dort häng ich ein Schild auf: `Betreten verboten`. Und kehre zur Natur zurück“ – Honor Blackman in Goldfinger] …„Weltreise“ gepackt hat, wobei der „Fluchtversuch“ angesichts der Präsenz von Strutt und der damit verbundenen „Gefahr, ins Gefängnis zu müssen“ für sie „unerlässlich“ scheint.

Nach einer Frage von Mark, wo ihre „Courage“ geblieben sei, will sie ihm klarmachen, dass Strutt „zurückkommen werde“ und „nach ihrem Kopf“ verlangen [Originaldialog: MARNIE: „He’s coming back here tomorrow and he’s coming for my head!“ / MARK: „We just won’t give it to him“], aber Rutland hält „Mr. Strutt“ für jemanden, der zwar „mit blutrünstigen Rachegedanken schwanger gehen mag“, aber im Grunde „Geschäftsmann“ ist [MARK – während der „…“-Pause eine „Dem-schneid-ich-den-Kragen-durch“-Bewegung machend: „Rutland ist sein bedeutendster Kunde. Und wenn er sich als das Schwein erweist, das er ist, dann geht er baden...Dafür sorge ich. Aber zunächst mache ich ihm klar, dass ich dafür sorge“].

Marnie wirft ein, dass Strutt mit der Polizei reden könnte und diese dann auf etwas stößt, von dem Mark nichts weiß, nämlich, dass es „Other Similar Jobs“ gibt, also: „Fälle, die ähnlich liegen“.

Nach und nach kommt raus, dass [MARK: „Wieviel Dinger hast du gedreht?“] …Marnie „fünf Dinger in fünf Jahren“ gedreht hat und dabei „unter 50.000$“ gestohlen hat, und zwar in den Städten Buffalo, Detroit, Elizabeth, New Jersey und New York …[„Sie sind eine tolle Frau, Pussy“ – Connery zu Honor Blackman in Goldfinger].

Nachdem er „The Truth“ erfahren hat, hält er den Plan, „`Strutt’s Big Mouth` zu stopfen“, immer noch gut für den Zweck, einen „Zeitgewinn“ herauszuholen, doch im Grunde sieht Mark für [SEAN CONNERY: „I love you“ / AKIKO WAKABAYASHI: „I have a car nearby“ / SEAN CONNERY: „Oh, where do you suggest we go?“ / AKIKO WAKABAYASHI: „I know a quiet hotel“ – Dialog aus Man lebt nur zweimal] …sich selbst & Marnie nur „2 Möglichkeiten“. Die erste umfasst, dass ein Anwalt und ein Psychiater eingeschalten werden und Marnie „ein freiwilliges Geständnis“ ablegt, um mit Bewährung und mit Schadensersatz-Zahlungen davonzukommen, was aber auch „öffentliche Aufmerksamkeit“ bedeuten würde. Möglichkeit Nummer 2 wäre diejenige, so Rutland, dass sie beide gemeinsam „die Opfer privat aufsuchen“ und es zu einer „überzeugenden, tränenreichen Entschuldigung“ kommt [MARK: „[…] Und während du schluchzt, hole ich einen Scheck raus über die Summe, die du gestohlen hast“].

„Think it over“ – Rutland will, dass Marnie sich überlegt, welchen Weg sie bevorzugt. Dann stellt er noch klar, dass es (damit er Strutt „tomorrow“ alleine treffen könne und Lil „nicht vollständig triumphiere“) wichtig sei, dass sie „morgen“ an der Jagd teilnehme, bevor er Marnie’s Zimmer verlässt und in sein eigenes geht [MARK – beim Hinausgehen: „Und Marnie, heute Nacht bleibt die Tür offen“].

„Dogs Barking“ – am nächsten Tag bei der Fuchs-Jagd reitet Marnie auf „Forio“ [Anmerkung: Walt Disney (1901 – 1966), der ein großer Alfred Hitchcock-Fan war, stellte dem „director“ für die Reit-Szenen, die der „Location-Dreh-Hasser“ in Middleburg in Virginia drehen musste, „aus den eigenen Disney-Beständen“ einen „Mechanical Horse“ zur Verfügung, doch der Regisseur entschied sich dafür, Tippi Hedren für die Groß- & Nahaufnahmen lieber auf einem echten Pferd reiten zu lassen, das auf einem Laufband(!) platziert wurde, auf dem es dann „dahingaloppierte“; dieser „Realism“ ist, lässt man jetzt die Fragwürdigkeit eines solchen „Verfahrens“ in Zusammenhang mit Pferden mal außer Acht, aber in Marnie rein visuell betrachtet nur bedingt „wirksam“, weil die „auffällig miese“ Hintergrundprojektion die Atmosphäre zerstört bzw. zumindest eine „auffällig künstliche Atmosphäre“ erzeugt].

Als sich die „Reservoir Dogs“ auf „das Gejagte“ stürzen, gibt sich die „Reiter-Horde“, zu der auch Marnie’s Konkurrentin Lil gehört, „amüsiert“ und sieht den Hunden „bei der Arbeit“ zu. Marnie jedoch verspürt sichtlich [„Not everyone can carry the weight of the world“ – aus dem Song „Talk About The Passion“ von R.E.M. aus 1983, enthalten auf dem Album Murmur“ (Anm.)] …„Fremdheit“ inmitten des „widerlichen Gelächters & Gemurmels“ - und erblickt dann…die rote Jacke eines Reiters!

[„Avoid all eye contact / Do not react / Shoot the messengers / This is a low flying panic attack“ – (wiederum) aus dem Song „Burn the Witch“ von Radiohead] …„Getriggert“ von der Farbe und „in Panic“ reitet Marnie davon, ein Umstand, der Lil nicht entgeht, die ihr hinterherreitet. Marnie „rast“ in der Folge mit „Forio“ durch die Landschaft, verfolgt von Lil, doch bald tut sich „ein Hindernis“ vor „Reiterin & Pferd“ auf, nämlich eine Mauer, die ein Haus „umzäunt“.

„Marnie screams“…und „Forio“ will über das Hindernis springen…knallt jedoch mit den Vorderbeinen gegen die Mauer und „fällt vornüber“. Marnie „hebt ab“ und landet, wie das Pferd, auf dem Grundstück, während „Forio“ wiehernd und verletzt auf dem Boden liegt [MARNIE: „Forio!“; // Anmerkung: Nicht nur für Robert Burks, sondern auch für den Cutter George Tomasini war Marnie die letzte Zusammenarbeit mit Hitchcock – Tomasini, von dessen Kunst man sich vor allem auch in den „Horse-Scenes“ von Marnie noch einmal überzeugen kann, verstarb im November 1964 im Alter von 55 Jahren an einem Herzleiden; Tomasini „cuttete“ insgesamt 9 Hitchcock-Filme (Das Fenster zum Hof / Über den Dächern von Nizza / Der Mann, der zuviel wusste / Der falsche Mann / Vertigo – Aus dem Reich der Toten / Der unsichtbare Dritte / Psycho / Die Vögel / Marnie), wobei er auch für den Schnitt eines weiteren filmischen Meisterwerkes zuständig war, nämlich für den des im Grunde „todtraurigen“ und bereits im Abschnitt über Das Fenster zum Hof erwähnten John Huston-Films The Misfits (OT) mit Marilyn Monroe, Clark Gable, Montgomery Clift & Thelma Ritter].

Die verstörte Frau läuft zur Haustür des dem Grundstück zugehörigen Hauses, und als eine „Old Woman“, Mrs. Turpin, aufmacht, will Marnie von ihr eine Pistole, um das Pferd zu erlösen [MARNIE – im Original: „A gun! Give me a gun! My horse is screaming! Give me a gun!“].

Mrs. Turpin will „die Verrückte“ davon abhalten, ins Haus zu gelangen [MRS. TURPIN: „[…] Ich gebe Ihnen kein Gewehr! […] Sie sind ja verrückt!“]. Lil trifft ein [MRS. TURPIN – zu Rutland’s „Sister-in-Law“, die sie offenbar kennt: „Miss Mainwaring, die Frau kommt hier reingestürzt und verlangt ein Gewehr!“] und Marnie teilt ihr mit, dass „`Forio` sich quält“, woraufhin Lil „a vet“, „einen Veterinär“, holen möchte, was Marnie aber für „zwecklos“ hält. Die „Old Woman“ meint daraufhin, dass sie, wenn „das Tier so schwer verletzt sei“, „Jack’s Pistol“ holen könne [Reaktion von LIL: „Go get the gun!“].

Marnie will aber nicht, dass Lil „es tut“ und „Forio“ erschießt, und fragt sie, angesichts der Fuchs-Jagd, ob sie noch immer „in the Mood for Killing“ sei [MARNIE: „Hast du noch immer Lust zu töten?“]. Daraufhin entsteht ein Streit um „Jack’s Pistol“, die in Wahrheit ein Revolver ist [MARNIE - zu ihrer Konkurrentin: „Lass mich zufrieden!“], den Marnie für sich entscheidet.

Sie geht mit der Waffe in der Hand, während Lil ihr noch anbietet, „one of the men“ zu holen, zu Forio…und erschießt ihn [abschließender Kommentar von MARNIE, bevor Hitchcock eine „dramaturgische Abblende“ setzt: „So, jetzt ist es gut“ / im Original: „There. There now“].

„For me certainly. For a sick girl…and for you“ – während Marnie mit ihrem Pferd beschäftigt ist, spricht Mark zuhause mit Mr. Strutt, dem er klarmacht, dass „jede Maßnahme seinerseits für alle Beteiligten äußerst unvorteilhaft wäre“. Strutt hält Rutland’s „Einstellung“ zu der Sache für eine „Fashionable Attitude“ und sagt Mark voraus, dass dieser seine Meinung ändern werde, wenn er eines Tages selbst „der Betrogene“ und sozusagen „victimised“ sei [Anmerkung: Um noch einmal auf Sean Connery’s schauspielerische Leistung in Marnie zurückzukommen: Hitchcock‘s Tochter Pat Hitchcock O’Connell sah in eben dieser Leistung den (frühen) Beweis dafür, dass Connery „[…] nicht unbedingt einen Revolver und einen Wodka-Martini brauchte, um auf der Leinwand zu brillieren“].

An dem Punkt des Gesprächs betritt Marnie das Rutland-Haus durch die Eingangstür, den Revolver, mit dem sie „Forio“ erschossen hat, in der Hand haltend. Sie geht hinauf ins Zimmer von Mark, öffnet eine Tischlade, in der sich vier Schlüssel befinden, und nimmt zwei Schlüssel heraus, an denen „Zettelchen“ mit den Aufschriften „Safe Combination“ & „Rutland Office“ dranhängen. Dann geht sie wieder die Treppen hinunter und verlässt das Haus, um ein weiteres „Ding“ zu drehen.

Kurz darauf erhält Mark, immer noch in Gegenwart von „Mr. Strutt“, einen Anruf von Lil, die ihm von „a bit of trouble at the fox hunt“ erzählt, was Rutland dazu bringt, dem mittlerweile „überzeugt“ wirkenden Strutt mitzuteilen, dass er das Gespräch mit ihm nun beenden müsse…„must go“.

Im „Office“ von Mark legt Marnie den Revolver beiseite und öffnet den Safe...doch als sie nach dem Geld greifen will…ist sie „blockiert“ und plötzlich nicht imstande, dieses zu stehlen [„You plan to break into the world’s largest bank, but not to steal anything? Why?“ – Connery zu Gert Fröbe in Goldfinger].

Mark taucht auf, der auch den abgelegten Revolver erblickt [MARK: „Ich bring dich nach Haus, Marnie. Es ist alles gut, Liebes“]. Er teilt ihr mit, dass „die Sache mit Strutt geklärt sei“ und nimmt den Revolver an sich, nach dem Marnie noch im letzten Moment greifen will. Nachdem sie nochmals versucht hat, an die Waffe zu kommen, startet Rutland seine „brutale Konfrontationstherapie“. Er hält Marnie’s Hände fest und will sie dazu zwingen, das Geld im Safe zu nehmen [aus den „(Original-)Ermunterungen zum Stehlen“ von MARK: „[…] You took the keys, now take the money!“], indem er ihre Hände, was „erfolglos“ bleibt, „in Richtung Geld bewegt“.

Nach einem „Fight“ zwischen den beiden, in dem Marnie sich irgendwann aus „Mark’s Umklammerung“ befreit, meint er zu ihr, dass nun…„ein Ausflug nach Baltimore“ angesagt sei [MARK: „So, Marnie, und jetzt fahren wir nach Baltimore zu deiner Mutter!“ / MARNIE – im Original: „No!!!“].

[„Heading for home“ – Connery in „You Only Live Twice“] …wiederum in „Mark’s Car“ wird dann die „Mama, I’m Coming Home“-Situation besprochen [MARNIE: „Ich werde dich umbringen, wenn du meiner Mutter einen Ton sagst!“], wobei Rutland seiner „Ehefrau“ verspricht, deren Mutter nichts über die diversen „Robberies“ zu erzählen, da „Marnie’s Mother“ diejenige sein soll, die „redet“ [MARK: „Deine Mutter wird diejenige sein, die redet“; // Anmerkung: Insofern verspricht sich „Mark“ Sean Connery hier für die typische Hitchcock-Figur „Marnie“ Tippi Hedren, dass „die Rückreise nach Baltimore“ eine „identitätsstiftende Wirkung“ hat, denn: (Flucht-)Bewegungen geraten in Hitchcock‘s „filmischer Welt“ am Ende bekanntlich stets zu „Reisen zur eigenen Identity“].

Als die beiden dann in der „Van Buren Street 116“ in Baltimore ankommen, wird die Stadt gerade von einem heftigen Gewitter heimgesucht und von „Thunderclaps & Rain“ beherrscht. Nach einer „No! / Come on!“-Debatte zwischen Marnie und einem weiterhin entschlossen auftretenden [„I’m to eliminate all free radicals“ – Connery in Sag niemals nie] …Mark beim Auto, zerrt Rutland Marnie zur Eingangstür und hinein in die Wohnung einer überraschten „Mama Bernice“, die, als sich Marnie ängstlich auf die Treppe im Haus kauert, meint, sie solle „sich nicht so anstellen“.

„Who are you, mister?“ - da ihr Rutland unbekannt ist und sie ihn auch nicht für „Marnie’s Arbeitgeber `Mr. Pendleton`“ hält, will Bernice wissen, was er „mit ihrer Marnie zu tun habe“, und als er klargestellt hat, dass er „Marnie’s Husband“ ist, wird Mark „konkreter“ [MARK: „Marnie ging es nicht sehr gut. Ich glaube, es ging ihr seit dem Tag nicht mehr gut, seit Sie ihren Unfall hatten“ / Reaktion von BERNICE: „Meinen was?“].

In der Mutter macht sich langsam „Empörung“ breit, aber Rutland spricht von der „Notwendigkeit der Hilfe durch Erinnerung“ [MARK: „Ihre Tochter braucht Hilfe, Mrs. Edgar. Sie müssen ihr die Wahrheit sagen. Sie weiß nicht mehr, was damals geschehen ist“], doch die Mutter nennt ihn „plumb crazy“, „total verrückt“.

Daraufhin droht Mark [MARK: „Ich weiß genau, was passiert ist, und ich erzähl ihr alles“], gleichsam „The Whole Story“ zu erzählen, und erwähnt gegenüber Bernice, dass ihre Tochter es nicht ertragen könne „to have a man touch her“ [Nachsatz von MARK: „Marnie weiß nicht warum, aber Sie wissen es“]. Nachdem er ihr mittgeteilt hat, dass er der Meinung sei, dass sie ihrer Tochter „eine Erklärung schuldig ist“, gibt er sich als „eingeweiht“ bezüglich „The Records of Bernice’s Trial of Murder“.

Mark offenbart in Gegenwart von Marnie, dass Bernice einst von „Männerbekanntschaften“ gelebt und einen ihrer „Clients“ offenbar getötet hat [MARK – im Original: „It was one of your clients that you killed that night“ / (Original-)Reaktion von MARNIE auf die Enthüllung: „Oh God!“] – und zwar in einer Nacht, in der ein heftiges Gewitter über Baltimore tobte.

In der Folge versucht „Mama Bernice“ die „Erinnerungsarbeit“ abzuwenden und ihren „Schwiegersohn“ loszuwerden [BERNICE: „Raus mit Ihnen! Raus! Haben Sie mich gehört!? Ich dulde in meinem Haus keinen von euch miesen Kerlen!“], indem sie ihn letztendlich „körperlich attackiert“…doch plötzlich überkommt offenbar Marnie „die totale Erinnerung“ und sie sieht in dem sich gegen Bernice’s Angriffe zur Wehr setzenden Mark jemanden, der ihrer „Mama“ „wehtun“ will [MARNIE – im Original: „[…] You let my mama go! You’re hurting my mama!“].

„Who am I?“ – Mark will wissen, für wen sie ihn jetzt hält…und Marnie erinnert sich offenbar an „one of them in the white suits“, an einen „Seemann“, der ein „Kunde“ ihrer Mutter gewesen ist [Aufforderung von MARK: „Erzähl uns alles genau!“].

Nachdem auch geklärt ist, dass „das Klopfen“ in Marnie’s Alpträumen von den „Clients“ stammt [MARNIE: „Das bedeutetsie wollen rein. Die Männer in den weißen Anzügen“] und dieses „Tapping“ immer automatisch dazu geführt hat, dass sie, als kleines Mädchen, ihr Zimmer verlassen hat müssen, erinnert sich Marnie an einen ganz konkreten Abend [Anmerkung: Die Rückblende in „Marnie’s“ Kindheit, in der, wie bereits erwähnt, eben auch Louise Latham mehr als überzeugend als „Young Mother Bernice“ auftritt, leitet „Hitch“ praktisch mit demselben „Kamerafahrt zurück, kombiniert mit einem Zoom nach vorn“-Kameratrick ein, den er bei „Vertigo“ zur „visuellen Umsetzung der Höhenangst von Jimmy Stewart“ verwendet hat, nur zeigt er eben kein „Treppenhaus von oben“, sondern das Wohnzimmer der „Edgars“, an das das Zimmer von „Little Marnie“ angeschlossen ist, mit einem „ganz normalen Long Shot“; Hitchcock bleibt aber nicht ausschließlich in der Rückblende, sondern wechselt, wenn es ihm die „Dramaturgie“ gebietet, zwischen den Zeitebenen „Vergangenheit“ (Starring: LITTLE MARNIE, YOUNG BERNICE, SAILOR) & „Gegenwart“ (Starring: MARNIE, MARK, OLD BERNICE) hin und her].

Der „Flashback“ in Marnie’s Kindheit beginnt damit, dass sie von ihrer Mutter aus ihrem Zimmer geholt wird, weil „Young Bernice“ dieses für sich und einen „Kunden“, einen „Sailor“ [in der Gestalt von Bruce Dern(!), Hitchcock‘ s späterem Familiengrab-Star], benötigt. „Young Bernice“ will, dass ihre Tochter im Wohnzimmer weiterschläft [YOUNG BERNICE – im Original: „You got to go back to sleep, sugarpop“], dann geht sie mit dem Seemann in „Little Marnie’s Room“. Das tobende Gewitter ängstigt Marnie aber und bringt sie zum Weinen, woraufhin der „Sailor“ wieder aus dem Zimmer kommt und zu „Little Marnie“ meint, dass sie doch „wegen so einem bisschen Gewitter nicht weinen werde“ [MARK – in der „Gegenwart“: „Was passiert dann, Marnie?“].

Marnie berichtet dann von dem „Ekel“, den sie damals empfunden habe [MARNIE - in der „Gegenwart“ & im Original: „Oh, I don’t like him. Hehe smells funny“]. Die „Erinnerungsarbeit“ wird weitergeführt und der „Sailor“, der, wie er sagt, ohnehin vorhat, „die ganze Nacht zu bleiben“, beginnt „Little Marnie“, vornehmlich wohl „um sie zu beruhigen & um das Weinen zu stoppen“, auf ihr Haupt zu küssen. Als „Young Bernice“ das sieht, rastet sie aus [YOUNG BERNICE – im Original: „Get your damn hands off my kid!“ / Kommentar von MARNIE - in der „Gegenwart“ & im Original: „I don’t like him to kiss me!“].

Zwischen dem „Sailor, not lost at sea“ & „Young Bernice“ beginnt ein „Gerangel“, im Laufe dessen „Young Bernice“ nach einem Feuerhaken greift, mit dem sie dem Seemann auf den Kopf schlägt, der mit einer blutenden Wunde zu Boden geht und so unglücklich auf „Young Bernice’s“ Bein fällt, dass dieses dabei schwer verletzt wird.

„Little Marnie“(!) greift schließlich nach dem Feuerhaken und tötet damit den „Sailor“ [MARNIE – in der „Gegenwart“ & im Original: „I got to help my mother! […] I hurt him. I hit him with a stick! II hurt him!“], was zur Folge hat, dass „The Blood That Moves His Body“ den „Ground“ bedeckt und gleichsam alles in Marnie’s späterer „Trigger-Color“ Rot gefärbt wird [Anmerkung: Tja, „The blood that moves my body / now colours the ground“ (aus dem Song „The Blood That Moves The Body“ von a-ha aus 1988) – der Film-Make-up-Pionier Howard Smit (z. B.: Der Zauberer von Oz (1939) / Gunga Din (OT; 1939; dt. Verleihtitel: Aufstand in Sidi Hakim) mit Cary Grant, Douglas Fairbanks & Joan Fontaine), den Hitchcock auch für Die Vögel engagiert hatte, hat später in diversen Interviews im Zusammenhang mit seiner Arbeit an Marnie erzählt, dass er, gemäß Hitchcock’s Wunsch, „noch nie so viel Filmblut verbraucht hat“, und in der Tat: einen Moment lang färbt Hitchcock, nach der „tödlichen Feuerhaken-Attacke“ von „Little Marnie“ auf den „Sailor“, förmlich die ganze Leinwand „in Blut & somit in Rot“].

Marnie wiederholt exakt die Worte, die sie verwendet hat, als sie „Forio“ hat erschießen müssen [MARNIE – in der „Gegenwart“: „So, jetzt ist es gut“], denn diese geben offenbar das Gefühl wieder, das sie damals, als Kind, verspürt hat, als sie den „Sailor & Freier“ erschlagen hat, um ihrer Mutter zu helfen.

„It’s all over“ – Mark meint, nachdem die „Erinnerungsarbeit“ beendet ist, dass Marnie nun „all right“ wäre, und [„Ich hab wahrscheinlich ihre mütterlichen Instinkte geweckt“ – Connery in Goldfinger] …„Mama Bernice“ sinkt erschöpft in einen Sessel [Anmerkung: Diverse Hitchcock-Exegeten haben den Zustand von „Marnie“ & „Mama Bernice“ am Ende als jenen von „2 Boxerinnen“ beschrieben, die „völlig erschöpft“ in den jeweiligen Ecken des Boxrings sitzen].

Kurz darauf beginnt Bernice zu „reden“ – und merkt an, dass sie „Marnie’s Erinnerungsverlust“ stets als Zeichen von „God’s Forgiveness“ betrachtet habe, und ihr die Polizei sowie auch die Justiz damals, da sie so schwer verletzt gewesen sei, das „Notwehr-Narrativ“ sofort abgekauft hätten. Darüber hinaus habe sie „keinem Menschen je die Wahrheit erzählt“ [Nachsatz von BERNICE: „Nicht mal, als sie dich mir wegnehmen wollten, Marnie. Nicht mal dann“].

Schließlich sieht Marnie dadurch auch ihre Theorie, dass ihre Mutter sie nicht liebt, „ins Wanken gebracht“ [MARNIE: „Du musst mich geliebt haben, Mama. Du hast mich wirklich geliebt“ / Antwort von BERNICE – im Original: „You’re the only thing in the world I ever did love“].

Danach betont „Mama Bernice“, dass es ihr, aufgrund der „soeben aufgearbeiteten Tatsachen“, stets wichtig gewesen sei, dass ihre Tochter „a decent life“ führe [Reaktion von MARNIE: „[…] Anständig bin ich weiß Gott. Ich bin zwar eine Betrügerin und eine Lügnerin und eine Diebin, aber ich bin anständig“].

„That’s not so hard to understand“ – „Dr. Freud“ Mark Rutland schaltet sich wieder ein und meint in der Folge, dass es endlich an der Zeit für [„Now, what’s a nice girl like you doing in a place like this?“ – Connery zu Karin Dor in Man lebt nur zweimal] …Marnie sei, „mit sich selbst Mitleid zu haben“, und dass „Marnie’s Entwicklung & ihr Criminal Behavior“ einer gewissen „Logik“ nicht entbehren würden.

Als Marnie allerdings wiederum ihren Kopf auf das „kaputte Bein“ ihrer im Sessel sitzenden „Mama“ legt, reagiert diese „wie gewohnt“ auf diese „Geste der Zuneigung“ [BERNICE: „Steh auf, Marnie. Du tust meinem Bein weh“; // Anmerkung: Wie schon bei dem „Das Übel sitzt tiefer als geglaubt“-Ende von Psycho und dem „offenen“ & für das US-Kino jener Tage wahrlich ungewöhnlichen „It’s The End Of The World As We Know It (And I Feel Fine)“-Ende von Die Vögel, das der „audience“ eine von „angry birds“ übernommene Welt präsentiert hat, deutet Hitchcock hier, am Ende von Marnie, in gewissen Aspekten, so auch in „Marnie’s“ Beziehung zur Mutter, trotz all der getätigten „Confessions“ also eine gewisse „Lösungslosigkeit“ an].

Bevor „die Rutlands“ die Wohnung von „Mama Bernice“ [MARNIE: „Auf Wiedersehen, Mama“ / BERNICE – in ihrem Sessel: „Auf Wiedersehen“] wieder verlassen [TETSURO TAMBA: „The journey out will be more dignified than the journey in“ / SEAN CONNERY: „That wouldn’t be difficult“ – Dialog aus Man lebt nur zweimal] …will Marnie von Mark wissen, „was sie jetzt tun soll & was denn jetzt werden soll“, und Rutland gibt ihr zu verstehen, dass das Gefängnis „nach allem, was er zu erzählen haben werde“ keine Option sei.

Vor der Wohnung von Bernice, das „Gewitter über Baltimore“ hat sich wieder verzogen, spielen mittlerweile einige Kinder, darunter auch die kleine Jessie Cotton, und Marnie gibt Mark zu verstehen, dass sie bei ihm bleiben möchte [MARNIE: „Oh, Mark. Ich will nicht ins Gefängnis. Ich bleib lieber bei dir“/ MARK: „Das freut mich, Liebes“].

Dann steigen die beiden wieder in „Mark’s Car“ und fahren davon, während die spielenden Kinder rund um Jessie ein Kinderlied singen: „Send for the doctor over the hill / Call for the doctor / Call for the nurse / Call for the lady with the alligator purse“ [Anmerkung: Der britische „Film Critic“ Robert Paul Wood aka „Robin Wood“, der nicht nur Bücher über Howard Hawks, Ingmar Bergman, Claude Chabrol oder Michelangelo Antonioni geschrieben hat, sondern auch über Alfred Hitchcock, fällte folgendes Urteil über Marnie, das er selbst als „vielleicht ein wenig arrogant“ bezeichnet hat: „Wer `Marnie` nicht mag, mag in Wahrheit auch Hitchcock nicht. […] Wer `Marnie` nicht liebt, liebt in Wahrheit das Kino nicht“; nun, ich persönlich mag sowohl Hitchcock als auch Marnie - und dennoch, man muss letztendlich François Truffaut Recht geben, der den Film, auch wegen der „ambivalenten Happy Ends“ innerhalb der Beziehungen „Marnie“ & „Mama Bernice“ sowie auch „Marnie“ & „Mark“, eben als „schwierig für das Publikum“ bezeichnet hat, welchem vielleicht folgende „Schluss-Szene“ besser gefallen hätte, die „Hitch“ anscheinend im Rahmen der Erarbeitung der ersten Drehbuch-Fassung „angedacht“ hat: Truffaut: „In einem ersten Entwurf Ihrer Adaption gab es eine Idee, die ich sehr aufregend fand und die Sie dann fallengelassen haben. Sie wollten eine Liebesszene machen, in der Marnie ihre Frigidität verlieren sollte, und Sie wollten, dass das öffentlich passierte“ – Hitchcock: „O ja, richtig. Ich erinnere mich. In dieser Fassung fuhr sie zu ihrer Mutter, und das Haus war voller Nachbarn: Die Mutter war gestorben. Dann kam die große Liebesszene, die unterbrochen wurde von der Polizei. Sie kam, um Marnie zu verhaften. Ich habe das fallengelassen wegen des Klischees, auf das man unvermeidlich hätte zurückgreifen müssen. Wenn die Frau von der Polizei abgeführt wird, hätte der Mann, der sie liebt, sagen müssen: `Ich werde auf dich warten`“].

 

 

 

 

(Neu überarbeitete Fassung; // ENDE der TEILE 1.1 - 1.8; Ur-Fassungen vom 21.05.2022, 24.05.2022, 26.05.2022, 28.05.2022, 31.05.2022, 02.06.2022, 04.06.2022, 06.06.2022, 08.06.2022, 11.06.2022, 13.06.2022, 14.06.2022, 17.06.2022, 18.06.2022 & vom 21.06.2022)