CASINO ROYALE (1967; Regie: John Huston et al.) - TEIL 2.3

 

I happen to like New York, I happen to love this town

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Du hast keine Werte, dein ganzes Leben ist nur Nihilismus, es ist Zynismus, es ist Sarkasmus und Orgasmus

Ja, in Frankreich könnte ich mit dem Slogan kandidieren und gewinnen

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Ich war 200 Jahre nicht bei meinem Psychoanalytiker. Er war ein strenger Freudianer. Und hätt ich ihn die ganze Zeit über aufgesucht, wäre ich jetzt womöglich schon fast geheilt

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Es ist eigentlich schwer vorstellbar, dass Sie seit 200 Jahren keinen Sex mehr hatten

204, wenn Sie meine Ehe mitzählen

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Glauben Sie an Gott?

Bei mir ist es so, ich glaube, dass da draußen jemand ist, der auf uns aufpasst

Bedauerlicherweise ist das die Regierung

 

 

(Zitat 1: aus dem Cole Porter-Song „I Happen to Like New York“, der in Woody Allen’s Manhattan Murder Mystery aus 1993, dort gesungen von Bobby Short, während des Vorspanns läuft – kein anderer Song drückt die Tatsache besser aus, dass Allen’s Kino, auch wenn seine Filme mittlerweile zumeist woanders spielen, untrennbar mit der Stadt New York verbunden ist; // Zitat 2: aus Deconstructing Harry/dt. Titel: Harry außer sich von 1997, einem meiner persönlichen „favorites“ unter den Woody Allen-Filmen, und Dialog zwischen dem Schriftsteller „Harry Block“, gespielt von Allen selbst, und seiner Schwester Doris, gespielt von Caroline Aaron, die ihm seine „Lebenseinstellung“ & seinen „Lebensstil“ vorwirft; // Zitat 3: aus einem von Allen’s „frühen & komischen Werken“, nämlich aus der in der Tat aberwitzigen 1973er-Science Fiction-Parodie Der Schläfer/OT: Sleeper, in der „Miles Monroe“ Woody Allen plötzlich, nachdem er 1974 eingefroren wurde, im Jahr 2174 aufwacht – den Satz sagt „Mile Monroe“ im Film zu „Luna Schlosser“ Diane Keaton; // Zitat 4 & Zitat 5: ebenfalls aus „Sleeper“ und Dialoge zwischen „Schlosser & Monroe“ bzw. „Monroe & Schlosser“ Allen & Keaton)

 

 

 

Die Nacht ist jung und der Rosengarten ist schon besät mit meinen Opfern

 

(aus: „Casino Royale – 67“; „Le Chiffre“ Orson Welles zu „Evelyn Tremble/007“ Peter Sellers während des Bakkarat-Duells im Casino Royale; in der Originalfassung sagt Orson Welles: „The night is young and the rose garden is already littered with my victims“)

 

 

 

Einer der zwei „main villains“ in „Casino Royale – 67“, nämlich das SMERSH-Mastermind „Dr. Noah“, gegen den am Ende der „feingeistige“ und mittlerweile auch Rosen-züchtende und Debussy-spielende „Sir James Bond“ David Niven sowie „The Detainer/007“ Daliah Lavi antreten müssen, wird von Woody Allen verkörpert (Dr. Noah – zu der gefesselten „The Detainer/007“: „Komm ich Ihnen ein bisschen bedrohlich vor?“).

Viele, und nicht nur Mia Farrow, wünschen Allen (Jahrgang 1935) heutzutage genau dorthin, wo er 1997 in einem seiner besten Filme, nämlich in der „black comedy“ Harry außer sich, in der er den von Depressionen & Selbstzweifeln geplagten „Schriftsteller mit `writer’s block`“ „Harry Block“ verkörpert, in einer jener Szenen, in denen Realität & Einbildung verschwimmen, fährt, nämlich zur Hölle (weibliche Stimme im Fahrstuhl – während der „Höllenfahrt“: „[…] 6. Stock, Rechtsextremisten, Serienmörder, Anwälte, die im Fernsehen auftreten. […] 8. Stock, flüchtige Kriegsverbrecher, Fernsehprediger, Waffennarren[im Original: „and the NRA“]. Untergeschoss, alle aussteigen“), denn: Diverse Vorwürfe, die primär noch immer aus der gemeinsamen Zeit (1980-1992) mit Mia Farrow stammen und die ihn auch in den Fokus der „#MeToo“-Bewegung gebracht haben, haben den Regisseur ein wenig zu einer „Persona non grata“ gemacht, mit der auch diverse Star-Schauspieler, die ihm zuvor förmlich die Tür eingerannt haben, um gratis in seinen Filmen mitzuspielen, plötzlich nicht mehr arbeiten wollen.

Aber, um an der Stelle nicht falsch verstanden zu werden: Es geht mir hier in keinerlei Weise darum, die Vorwürfe zu bagatellisieren, sondern es geht hier lediglich um die Bewertung des sicherlich „genialen Filmemachers“ Woody Allen, und nicht um die Privatperson Woody Allen.

Dementsprechend muss ich festhalten: Allen, einer der produktivsten Regisseure überhaupt (drehte seit 1966 um die 50 Spielfilme als Regisseur), war für mich immer so etwas wie eine „major force in film-making“ und ich hätte ihn vor ein paar Jahren sicherlich noch jedem gegenüber als meinen „Favorite Filmmaker Of All Time“ oder dergleichen bezeichnet – und die Drehbücher zu Woody Allen-Meisterwerken wie Der Stadtneurotiker (1977; Annie Hall; mit Diane Keaton) und Hannah und ihre Schwestern (1986; Hannah and Her Sisters; mit Barbara Hershey, Carrie Fisher & Dianne Wiest) waren sogar auch die allerersten, die ich mir, in den 90er-Jahren, in Buchform gekauft habe.

Allen’s Trademark-Elemente, wie „inspired one-liners“ und „visual gags“, die später vor allem auch seine von ihm inszenierten „slapstick comedy masterpieces“ (z. B. auch: 1969: Take the Money and Run/dt. Verleih-Titel: Woody, der Unglücksrabe; 1971: Bananas; 1975: Die letzte Nacht des Boris Gruschenko/OT: Love and Death) beherrschen, sind schon in den beiden Charles K. Feldman-Produktionen Was gibt’s Neues, Pussy? & „Casino Royale – 67“ vorhanden, da eben der begnadete „Writer“ Woody Allen, wie bereits mehrfach erwähnt, bei beiden Filmen seine Hände im Spiel gehabt hat.

Seinen „Casino Royale-Co-Star“ & „Co-Haupt-Bösewicht“ Orson Welles (1915-1985), der, vor allem natürlich dank Citizen Kane (1941), einer der künstlerisch einflussreichsten Regisseure der Filmgeschichte ist, hat Woody Allen aber nicht nur in seinem „Ein Filmregisseur in der Krise, ähnlich wie in Fellini’s `8 ½`“-Film Stardust Memories gleichsam mit einer Hommage bedacht, indem dieser dort erwähnt wird, sondern: Allen hat später, 1993, auch das „´climactic-shoot-out´ in einem Raum voll mit Spiegeln“ in dem wunderbaren Manhattan Murder Mystery so gestaltet, dass es jenem in Welles‘ Film noir-Klassiker Die Lady von Shanghai (1947; The Lady from Shanghai; mit Rita Hayworth) ähnelt, einem Film, der auch zufällig gerade in dem Kino läuft, in dem das „Shoot-Out“ stattfindet, in welches das Ehepaar „Carol & Larry Lipton“ Diane Keaton & Woody Allen im Rahmen ihrer „Mordermittlungen“ geraten ist.

Bei den „Casino Royale – 67“-Dreharbeiten (Anmerkung: Der Hauptteil der Dreharbeiten fand in den Pinewood Studios in London statt, also quasi in den „offiziellen 007-Studios“) war Welles, wie berichtet, aber nicht nur „Teil des Peter Sellers-Problems“, denn der legendäre Regisseur & Darsteller, der vor allem auch für seine Exzentrik gefürchtet war, bestand darauf, in die Casino Royale-Sequenzen diverse Zauberkunststücke, wie eben „Die Levitation der Prinzessin Ayisha“, einzubauen, was die Szenen im Casino Royale und am Bakkarat-Tisch letztendlich noch „seltsamer“ machen.

Die Folterszene, in der der gefesselte „Evelyn Tremble/007“ Peter Sellers von „Le Chiffre“ Orson Welles auf einem Stuhl gefoltert wird, wird in dem 2006er-Bond-Film-Meisterwerk mit Daniel Craig dann sogar irgendwie mit einer kleinen „reference“ bedacht, denn Welles foltert Sellers auf einem „Stuhl mit einem Loch darin“ – und einer der Handlanger von „Le Chiffre“ Mads Mikkelsen schneidet im 2006er-Film mit einem Messer ein Loch in den Stuhl, auf dem „007“ Daniel Craig dann von Le Chiffre, auf ungleich „persönlichere“ Art und Weise als das in der Bond-Parodie der Fall ist, gefoltert wird.

Übrigens: Der angeblich „beste US-Film aller Zeiten“ Citizen Kane hin oder her, mein persönlicher Orson Welles-Lieblings-Film bleibt der geniale Thriller & Film noir-Ableger Im Zeichen des Bösen (Touch of Evil) von 1958, in dem Welles sogar Marlene Dietrich noch mal für eine kleine Nebenrolle vor die Kamera gezerrt hat, und bei dem ich letztendlich auch immer an die erwähnte „Höllenfahrt“ in Allen‘s Harry außer sich denken muss, denn der langjährige Präsident der NRA, der „National Rifle Association“, der US-Waffenbesitzervereinigung also, nämlich „MR. GUNS N`MOSES“ Charlton Heston, spielt darin die Hauptrolle.

 

 

 

(ENDE von TEIL 2.3; Fassung vom 07.12.2020)