Ausschnitt aus "NO PULP IN THE FICTION" (Buch; 2020): Kapitel "KILL BILL - Volume 1" (Teil 1.5[von 4])      [EXPLICIT CONTENT]

 

Ihre Leibwache sowie O-Ren selbst verlassen das Esszimmer und sehen Sofie Fatale mit einem „terrified look on her face“ [Skript] in der Mitte des Restaurants stehen. Bevor irgendwer etwas sagen kann, taucht die „Braut“ hinter Sofie auf [„The Bride steps out from behind Sofie“; Skript]. O-Ren Ishii steht die Überraschung ins Gesicht geschrieben und sie sagt den Namen der „Braut“, für die Zuseher unverständlich, „softly to herself“ [QT-Skript; auf das „Auspiepen“ des Namens hat Tarantino, obwohl an der Stelle eigentlich im Skript vorgesehen, im fertigen Film dann verzichtet].

Das „VENGEANCE THEME“ ertönt und „The Bride“ sieht O-Ren in einem Flashback beim „Wedding Chapel Massacre“ – dann schlägt sie Sofie Fatale mit dem Hanzo-Schwert den linken Arm ab [„She raises her Hanzo sword, and Slices off Sofie’s Arm at the Shoulder with one stroke. SOFIE Spewing and Gushing [spewing: spucken; gushing: sprudeln] Blood from her stump, twists her body in agony, painting the floor [...] with giant Splashes of Red […]“ - Skript; Anmerkung: Die Aktion bildet den Auftakt zu zwei der größten Momente des Actionkinos überhaupt, nämlich zu den Kämpfen „The Bride vs. The Crazy 88“ & „The Bride vs. O-Ren Ishii“; die Kämpfe nehmen im QT-Skript, was bis zu diesem Zeitpunkt für die „Dialog-dominierten“ Drehbücher von Tarantino völlig ungewöhnlich war, über 10 Seiten an -relativ- detaillierten Beschreibungen ein; für die wahrlich grandiose „martial arts- & fight-choreography“, mit der man dann im fertigen Film konfrontiert wird, war die Hong Kong-Kino-Legende Yuen Woo-Ping (haupt-)verantwortlich, eine der wichtigsten Personen des Hong Kong-Kinos überhaupt; Yuen Woo-Ping hat, als „martial arts choreographer“ & Regisseur, nicht nur Jackie Chan Ende der 70er mit Kung Fu-Komödien wie Die Schlange im Schatten des Adlers & Sie nannten ihn Knochenbrecher (beide erschienen 1978) zu einem Star gemacht, sondern zeigte auch noch für eine Reihe anderer Hong Kong-Meisterwerke verantwortlich, so wie etwa für Iron Monkey mit Donnie Yen von 1993, ein Film, der, dank Tarantino, 2001 „a wide release in the United States by Miramax Films“ erhielt und im Rahmen dieses Releases dann 14 Millionen Dollar einspielte, was für einen „foreign language film“ in den USA beachtlich ist und einem „Box Office-Hit“ gleichkommt].

Die Restaurant-Gäste stürmen entsetzt hinaus und O-Ren schickt den Kellner „Charlie Brown“ nach Hause [O-REN - auf Japanisch: „`Charlie Brown`, verschwinde!“] – „[…] the entire restaurant known as `The House of Blue Leaves` is deserted of every human not engaged in the […] combat“ [QT-Skript; Anm.: Die „Restaurant-Besitzerin“ ist, wie man später bemerkt, die einzige „nicht-involvierte“ Person, die noch geblieben ist – dieses „Bleiben“ war im Ur-Skript nicht vorgesehen, jedoch „braucht“ QT die Restaurant-Besitzerin während des „Bride vs. Crazy 88“-Fights später noch für eine ganz bestimmte Aktion].

Sechs von O-Ren’s Bodyguards [O-REN - auf Japanisch: „Tötet die Schlampe!“] attackieren nacheinander die „Braut“, bleiben aber gegenüber dieser & dem Hanzo-Schwert chancenlos und sterben umgehend einen „samurai blade-inflicted death“ [QT-Skript; Ausschnitt aus der Skript-Beschreibung des „Endes“ von O-Ren’s Bodyguard „Miki“: „The Bride Thrusts[thrust: stoßen] her sword through Miki’s abdomen, then Lifts the […] guy off the ground straight up in the air“].

Nachdem „The Bride“ zu O-Ren gemeint hat „Na, O-Ren. Noch mehr Untergebene, die ich töten soll?“, bekommt sie es schließlich mit Gogo Yubari zu tun [auf Japanisch geführter Dialog: THE BRIDE: „Gogo, stimmts?“ / GOGO: „Stimmt. Und du bist `Black Mamba`“] – Gogo verwendet aber statt eines Schwerts einen so genannten „Meteorhammer“ [mittelalterliche chinesische Schlagwaffe; QT-Skript: „Gogo steps forward and removes her weapon, it’s not a samurai sword. It’s a heavy metal ball at the end of a long chain. She begins TWIRLING[herumwirbeln] it above her head. Each rotation makes a WHOOSH sound in the air“].

Mit dem Meteorhammer gelingt es Gogo, der „Braut“ das Hanzo-Schwert zu entreißen [„…the Hanzo sword FLIES out of her grip“; Skript], woraufhin Gogo im Vorteil ist und im Kampf kurz die Oberhand gewinnt [„WHOOSHWHOOSHWHOOSHshe LETS FLY. It Strikes the Bride in the chest, knocking her on her back…“; Skript].

Die nun „weaponless Bride“ [Skript] gewinnt die Kontrolle über den Kampf, der dann zwischenzeitlich auch auf diversen Restaurant-Tischen geführt wird [„As they fight they hop from table to table“ – Skript; Tarantino hat hier sowie auch wenig später, als „The Bride“ es noch mit weit mehr Bodyguards zu tun bekommt, sogenannte „Wuxia“-Elemente in seinen Film eingebaut – Wuxia: chinesisches Film-Genre, in dem die „Martial Artists“ de facto über übernatürliche Kräfte verfügen und beispielsweise an Wänden „hochlaufen“ oder auch „fliegen“ können], allmählich wieder zurück, und Gogo lässt, als Konsequenz daraus, an ihrem Meteorhammer einige kreissägeähnliche Stahlblätter zum Vorschein kommen, die diesen noch tödlicher machen. Kurz darauf hat die „Braut“ dann die Stahlkette des Meteorhammers um ihren Hals [Skript: „The chain digs into the Bride‘s throat“] und ist im Begriff, stranguliert zu werden.

Letztendlich unterliegt Gogo Yubari aber der „Braut“, da „The Bride“ Gogo mit einem abgetrennten Tischbein tötet, aus dem einige „nasty looking nails“ [Skript] ragen – „The Bride“ jagt das Tischbein mit den Nägeln zuerst in Gogo’s Fuß und dann in ihren Kopf [eine „Gogos Ende betreffende Skript-Passage: „The Bride brings the table leg down on the toe of the young girl‘s white tennis shoe. The nails stick in, the white shoe becomes stained[befleckt] with red“].

„Die Braut“ hebt das Hanzo-Schwert wieder auf. O-Ren zieht ein Tantō aus dem Schaft, als Motorengeräusche ertönen [„We hear a LOUD SOUND of many ENGINES behind the Bride“; Skript].

Die „Braut“ spricht O-Ren auf die „neue Situation“ an [THE BRIDE: „Ist es das, was ich denke?“ / O-REN: „Du hast doch nicht gedacht, dass es so leicht sein würde, oder?“ / THE BRIDE: „Weißt du, für eine Sekunde...Ja, da dachte ich es“ / O-REN: „Was sagt der Igel zum Hasen? – O-REN & THE BRIDE – vollenden das Ganze gemeinsam: „…Ich bin schon da“; Anm.: Im Skript bekommt man von QT auch den Grund für die gemeinsam gesprochene „phrase“ (Originalfassung – laut Skript: „Silly rabbit Trix Are for kids“) genannt: „This is something they used to say back when they fought alongside of each other as `Vipers`“ – Erklärung: Während man sich in der deutschen Synchro für eine „Gebrüder Grimm-Hommage“ entschieden und einen berühmten Satz aus dem Grimm’schen Märchen „Der Hase und der Igel“ verwendet hat, stellt QT‘s Originalfassung nicht nur den Bezug zu einem alten 70er-Jahre US-Trix-Cerealien-Commercial her, in dem ein Cartoon-Hase ständig von ein paar Kindern davon abgehalten wurde, Cornflakes zu essen, sondern auch zu dem eigentlichen Vornamen der „Braut“, nämlich „Beatrix“], bevor dann Johnny Mo heranstürmt, gefolgt von einer ganzen Reihe von „Crazy 88“-Söldnern [QT-Skript – bezüglich der Situation, die dadurch entsteht: „The Boys and The Bride have a Spaghetti Western Stand-off“].

Das ist der Punkt, an dem die „Bride“ sich nun endgültig in eine „Killer-Maschine“ verwandelt [„The BRIDE EXPLODING INTO A VIOLENT KILLING MACHINE ON SCREEN. […] She’s a Goddess of War Venus“; Skript] und im Rahmen eines furiosen Kampfes mit den zahlreichen „Jüngern“ von O-Ren aufräumt [Auszüge aus den Skript-Anweisungen: „Many members of The Crazy 88 are Sliced, Slashed, and liberated from the limbs they were born with at the Bride’s blade“ / „The Bride […] Drops to the floor on her back, […] Spinning like a break dancer […]. She Swings and Slashes and Cuts down below at their legs and feet, like some hellish samurai sword-wielding turtle[„Samurai-Schwert-schwingende Schildkröte“] flipped over on its shell“] – kurz nachdem der Kampf begonnen hat, wechselt die Farbe des Films in Schwarz & Weiß [QT’s diesbezügliche Erläuterung im Skript: „This explosion of furious violence is punctuated CINEMATICALLY BY THE COLOR IN THE FILM POPPING OFF, and the fight being filmed in HIGH CONTRAST BLACK AND WHITE, turning the squirting, spewing geysers of BLOOD FROM CRIMSON RED TO OIL BLACK“].

In der Mitte des Fights, den die „Braut“ wahrlich dominiert, scheint O-Ren Ishii zu „schwanen“, dass das Ganze auf einen Frau gegen Frau-Schwertkampf zwischen ihr & der „Braut“ hinausläuft, und sie verlässt den Innenbereich des Restaurants – „The Bride“ beobachtet, während sie mit der Abwehr diverser „Crazy 88s“ beschäftigt ist, wie O-Ren durch die „paper wall“ des Esszimmers verschwindet und diese hinter sich zuschiebt.

„The Bride“ läuft, quasi um O-Ren zu folgen & nicht davonkommen zu lassen, das Geländer [Anmerkung: Angeblich wollte Tarantino von der Stuntfrau & dem Uma Thurman-Stuntdouble Zoe Bell, bevor diese den Stunt ausgeführt hat und das Treppengeländer hinaufgelaufen ist, unbedingt wissen, warum „Die Braut“ an der Stelle das Geländer nach oben läuft – der Hintergrund: QT wollte nicht Dinge hören wie „Weil’s so im Drehbuch steht“ oder dergleichen, sondern Bell, damit diese in der Szene den richtigen „Drive“ hat, den entscheidenden Antrieb der „Braut“ klarmachen, nämlich eben jenen, dass diese unbedingt zu O-Ren will & O-Ren Ishii nicht davonkommen lassen will] hinauf auf die Ebene, wo auch der „Private Dining Room“ ist. Der Film wird wieder zu einem Farbfilm und „Die Braut“ kämpf dann gegen die letzten noch „intakten“ Crazy 88-Söldner in einem größeren Raum des Restaurants – inzwischen wurde das Licht kurzzeitig von der noch immer in ihrem  „Haus der blauen Blätter“ herumirrenden Restaurant-Besitzerin abgedreht, sodass der Eindruck erweckt wird, dass „Black Silhouettes against [a] blue backdrop“ [QT-Skript] kämpfen [Anm.: QT spricht an der Stelle im Skript dezidiert davon, dass „The Bride“ & Co hier von der Kamera in einer Totalen wie auf einer Art „KABUKI STAGE“ eingefangen werden sollen, also wie auf einer traditionellen Bühne des japanischen Gesang & Pantomime & Tanz-Theaters Kabuki; der Kabuki-Effekt im Film ist atemberaubend, vor allem deshalb, weil, nachdem das Licht abgedreht wurde, die weiße Papierwand, vor der gekämpft wird, in „Psychedelic Bright Blue“ (Skript) erscheint].

Am Ende des „Kabuki-Fights“ geht das Licht wieder an und „Die Braut“ lässt bei einem kleingewachsenen „Crazy 88“, der „übriggeblieben“ ist, sozusagen Gnade walten, versohlt ihm mit ihrem Hanzo-Schwert den Hintern und schickt ihn nach Hause [THE BRIDE: „Geh zu deiner Mami!“].

Dann kehrt der „Crazy 88-General“ Johnny Mo zurück [„Johnny Mo“ (der Name ist eine Hommage an den bedeutenden Hong Kong-Regisseur Johnnie To, bekannt für Hong Kong-Klassiker wie Fulltime Killer, Breaking News oder Election, erschienen 2001, 2003 & 2005) wird von Gordon Liu dargestellt, der dann auch -lustigerweise- in Kill Bill – Volume 2 als Kung Fu-Meister & The Bride-Kung Fu-Lehrer „Pai Mei“ zu sehen ist!; den „Crazy 88“-General hatte QT in seinem Ur-Skript noch „Mr. Barrel“ getauft], den „The Bride“ zuvor im Kampfgetümmel einmal mit der Hilfe einer Stange ausgeknockt hat. Sie und Mo liefern sich schließlich einen Fight auf dem Treppengeländer vor O-Ren’s Esszimmer – er endet damit, dass ein tödlich verletzter Johnny Mo hinunter in eines der Wasserbecken fällt.

„Die Braut“ hat die „Crazy 88“ vollständig besiegt - und sie überblickt von dem besagten Treppengeländer aus ihr „Werk“ [Beschreibung im QT-Skript: „The BRIDE Splashed all over with blood. Blood painting the floor, walls and ceiling. Dead bodies, several limbs, and horribly wounded men who have yet to die, litter[übersäen] the ground“; – auch die Restaurant-Besitzerin läuft hysterisch zwischen den toten & den wenigen noch lebenden „Verrückten 88“ herum]. 

Dann gibt sie ihren auf Japanisch gesprochenen „Diejenigen, die das Glück haben, noch am Leben zu sein…“-Sager [siehe Anfangsteil des Kill Bill – Volume 1-Kapitels] von sich und schickt dann eine „Ergänzung & Einschränkung“ hinterher, indem sie in Richtung Fatale meint: „Du allerdings nicht, Sofie! Du bleibst genau da, wo du bist!“.

Nun wartet nur mehr O-Ren auf sie und „The Bride“ öffnet wenig später eine „white paper wall“ [Skript], die hinaus zu einem „SNOW-COVERED JAPANESE GARDEN“ [Skript] führt.

 

 

 

(ENDE von TEIL 1.5 - Neu überarbeitete Fassung; Ur-Fassung: 16.06.2020)