James Bond – 007 jagt Dr. No (1962)
(Originaltitel: Dr. No; Regie: Terence Young)
Scotland forever
(Tätowierung am rechten Unterarm von Sean Connery; die Tatsache, dass James Bond Schotte ist, hat Ian Fleming aber erst dann, als Connery die Rolle erhalten hat, in die 007-Biografie „eingefügt“)
Underneath the mango tree
Me honey and me can watch for the moon
Underneath the mango tree
Me honey and me make boolooloop soon
(Ausschnitt aus Monty Norman’s Song Underneath the Mango Tree, der auf einem karibischen Volkslied basiert; er wird von „Honey Ryder“ Ursula Andress in der Strandszene in James Bond – 007 jagt Dr. No angesungen – ebenso wie auch kurz von „James Bond“ Sean Connery)
Eigentlich sind schon fast alle absoluten Legenden des Bond-Universums in James Bond – 007 jagt Dr. No, dem von Terence Young inszenierten und durchaus fulminanten Einstand der Bond-Serie, versammelt.
Die Produzenten des Films heißen Albert R. „Cubby“ Broccoli und Harry Saltzman, die Musik stammt von Monty Norman und John Barry, das Drehbuch stammt unter anderem aus der Feder von Richard „Dick“ Maibaum, das Bühnenbild wurde von Ken Adam kreiert, die Titel-Sequenz-Gestaltung übernahm Maurice Binder, Bernard Lee spielt „M“, Lois Maxwell spielt „Miss Moneypenny“, Ursula Andress spielt „Honey Ryder“ (das mit Sicherheit legendärste Bond-Girl!) und Sean Connery spielt den berühmtesten Geheimagenten der Welt, eine der größten Ikonen der Filmgeschichte, den Mann, auf den man sich seit bald unglaublichen 60 Jahren verlassen kann, den MI6-Agenten James Bond, 007.
Aus Ian Fleming’s Feder stammen zwölf James Bond-Romane und neun Kurzgeschichten und an sich hatte man seinerzeit vorgesehen, Fleming’s Roman Aktion Feuerball (1961; Originaltitel: Thunderball) als ersten aus der Reihe der 007-Romane zu verfilmen, was aber ein sich in der Folge als äußerst langlebig erweisender Rechtsstreit zwischen Fleming sowie den Autoren Kevin McClory und Jack Whittingham verhinderte. Auf diesen Rechtsstreit komme ich später, vor allem natürlich im Zusammenhang mit dem Bond-Film Feuerball (1965; Originaltitel: Thunderball; Regie: Terence Young), noch einmal detaillierter zu sprechen.
Letztendlich entschied sich die Eon Productions Ltd., also die von Broccoli und Saltzman gegründete Filmproduktionsgesellschaft, die bisher fast alle Bond-Filme produziert hat, für James Bond jagt Dr. No, Fleming’s 1958 erschienenen sechsten Bond-Roman (Originaltitel: Dr. No), als Basis für den filmischen 007-Einstand.
Die Fragen, wer James Bond spielen könnte, spielen soll oder letztendlich spielt, sind wohl zentrale im Filmgeschäft. Und Connery, der seiner berühmtesten Film-Rolle in späteren Jahren wahrlich kritisch gegenübergestanden und Bond sogar als „Frankenstein’s Monster“ bezeichnet hat, war absolut nicht die erste Wahl, um Fleming’s Geheimagenten und ultimativer „Waffe des Kalten Krieges“ Leinwandleben einzuhauchen.
Schon vor James Bond – 007 jagt Dr. No hatte die Filmgesellschaft United Artists einen Vertrag über den Vertrieb von sechs Bond-Filmen abgeschlossen. Bei der so zentralen Besetzungsfrage ging man aber zunächst eher unkonventionell vor und veranstaltete einen Zeitungswettbewerb, aus dem schließlich das Male-Model Peter Anthony als Sieger hervorging, der, was einen bei dieser Art von „Casting-Verfahren“ vielleicht nicht unbedingt wundert, schlicht und einfach als nicht passend betrachtet wurde.
Roger Moore, der bekanntlich die Rolle dann ungemein erfolgreich zwischen 1973 und 1985, also von Leben und sterben lassen (Originaltitel: Live and Let Die; Regie: Guy Hamilton) bis Im Angesicht des Todes (Originaltitel: A View to a Kill; Regie: John Glen), spielen sollte, wurde in der Folge ebenfalls als Kandidat für die Bond-Rolle genannt, musste aber wegen seiner vertraglichen Gebundenheit an die ebenfalls legendäre britische TV-Serie Simon Templar (1962-1969; Originaltitel: The Saint) absagen.
Als weiterer Bond-Kandidat galt der irische Schauspieler Patrick McGoohan, der den allermeisten wahrscheinlich am ehesten durch seine Auftritte in mehreren, insgesamt waren es vier an der Zahl (1974: Des Teufels Korporal; 1975: Tod am Strand; 1990: Mord nach Termin; 1998: Das Aschenpuzzle), Folgen der TV-Serie Columbo (1968-1978; 1989-2003) bekannt sein dürfte. Für den Mann, der also am öftesten „Columbo“ Peter Falk hinters Licht führen wollte, was bekanntlich eines der aussichtslosesten Unterfangen der Fernsehkrimi-Geschichte darstellt, war die Bond-Rolle schlichtweg „zu brutal“.
Der Produzent Broccoli wollte in der Folge Cary Grant, der sich selbst als „zu alt“ für die Rolle betrachtete. Ian Fleming höchstpersönlich plädierte, nachdem einer seiner Wunschkandidaten, nämlich Roger Moore, eben nicht verfügbar war, für David Niven oder für seinen Cousin Christopher Lee. Niven kam später dann, genauso wie Lee, der dann 1974 in Der Mann mit dem goldenen Colt (Originaltitel: The Man with the Golden Gun; Regie: Guy Hamilton) den Bond-Gegenspieler "Francisco Scaramanga" mimte, doch noch irgendwie zu Bond-Ehren und spielte in der etwas chaotisch geratenen Agentenfilm-Parodie Casino Royale (Regie: Val Guest, Ken Hughes, John Huston, Joseph McGrath, Robert Parrish) aus dem Jahr 1967 die Rolle des „Sir James Bond“ (und Woody Allen, der übrigens auch am Drehbuch beteiligt war, darin die Rolle des „Jimmy Bond“).
Harry Saltzman war es schließlich, der für den damals weitgehend unbekannten 32-jährigen schottischen Schauspieler Sean Connery als Bond-Darsteller votierte, da er, so ist das Ganze jedenfalls überliefert, von Connery's „Körpersprache“ begeistert war. Terence Young, später 3-facher Bond-Regisseur, hatte den Produzenten auf Connery aufmerksam gemacht. Bond-Schöpfer Ian Fleming hingegen war „not amused“ von der Wahl Connerys und sah in diesem wohl eher so etwas wie einen „schottischen Proleten“, der nicht und nicht von seinem starken schottischen Akzent abweichen wollte (der im Übrigen bald zu Connery's Markenzeichen wurde) oder, wenn man einem Artikel aus der Welt aus dem Jahr 2010 Glauben schenken möchte, betitelt mit Der Mann, der nicht James Bond sein wollte, auch nicht sein Dinner-Jackett korrekt zuknöpfen konnte und erst die korrekte Aussprache von „Dom Perignon“ lernen musste. Aber – fast unnötig, dies zu sagen: Der Rest, wie man weiß, ist heute (Film-)Geschichte und Ian Fleming musste seine anfängliche „Connery-Skepsis“ schon sehr bald über Bord werfen, denn: Connery, dessen Ur-Vertrag sogar bereits vorsah, dass er von 1962-1967 jedes Jahr einen James Bond-Film drehen sollte, war für die Rolle einfach perfekt!
Die Handlung von James Bond – 007 jagt Dr. No:
Der Station Chief des MI6 in Jamaika, John Stangways, sowie dessen Sekretärin werden, an unterschiedlichen Orten, von Auftragskillern erschossen. Ihre Leichen lässt man verschwinden. Die Killer stehlen in der Folge Akten mit der Aufschrift „Doctor No“ aus Strangway’s Büro. In London wird der britische Geheimagent James Bond (007) sofort zu seinem Chef „M“ zitiert, wo er den Auftrag erhält, in Jamaika einerseits die Hintergründe des Mordes an Strangways zu klären, andererseits die Quelle der „Energiewellen“ zu finden, die die Flugbahnen US-amerikanischer Raketen stören, die aus Cape Canaveral starten. Bevor Bond nach Jamaika fliegt, findet er aber noch Zeit, sich seiner Casino-Bekanntschaft Sylvia Trench zu widmen, die ihn überraschenderweise bei sich zu Hause, wo er noch für seine Reise packen will, erwartet.
In Jamaika wird 007 am Flughafen von einem Chauffeur abgeholt, der zunächst behauptet, vom Büro des britischen Gouverneurs geschickt worden zu sein. Als der Chauffeur wenig später versucht, Bond zu töten, überwältig ihn dieser und stellt ihn zur Rede, woraufhin der Chauffeur Gift nimmt und stirbt.
Bei den Ermittlungen, bei denen Bond weitere Anschläge auf sein Leben unbeschadet übersteht, lernt er den einheimischen Fischer Quarrel und den US-Agenten Felix Leiter kennen, die ihn fortan unterstützen. Es stellt sich heraus, dass Strangways radioaktiv verseuchtes Gestein gesammelt hat. In Bond’s Fokus gerät in der Folge auch der mit Strangways befreundete Professor Dent, der Bond Falschinformationen über das Gestein liefert. Und tatsächlich entpuppt sich Dent als Agent in Diensten eines geheimnisvollen Kriminellen und versucht Bond mehrmals zu töten. Dieser kommt ihm aber letztendlich zuvor und erschießt Dent.
Da alle Spuren zu dem mysteriösen Minenbesitzer Dr. No führen, entschließt sich Bond, der Insel Crab Key, die sich in Dr. No’s Besitz befindet, einen Besuch abzustatten. Quarrel begleitet Bond nach Crab Key, wo 007 auf die schöne Muschelsucherin Honey Ryder trifft, die davon überzeugt ist, dass Dr. No für den Tod ihres Vaters verantwortlich ist. Gejagt von Dr. No’s Schergen dringt Bond, gemeinsam mit Quarrel und Honey Ryder, immer weiter in das Innere der Insel vor, bis die drei letztendlich in einer Sumpflandschaft gestellt werden. Quarrel wird getötet, Bond und Ryder werden gefangengenommen und in Dr. No’s Hauptquartier gebracht, wo sie zunächst einmal von ihrer Kontamination durch Radioaktivität befreit werden. Vorerst eher mehr wie Gäste als wie Gefangene behandelt, lernen die beiden schließlich Dr. No kennen, einen fanatischen Wissenschaftler, der sich an den USA rächen will, weil diese es abgelehnt haben, sein „wissenschaftliches Genie“ für sich zu nutzen. Seine Rache sieht daher so aus, dass er mittels „Toppling“ [Anmerkung: So wird das Aussenden der mysteriösen Energie- & Störwellen im Film genannt] US-Raketen, die aus Cape Canaveral starten, zum Absturz bringt. Die Energie für dieses „Toppling“ kommt aus einem eigenen Kernreaktor.
Dr. No gibt sich bei dem Gespräch mit Bond und Ryder als beeindruckt von Bond’s Fähigkeiten und bietet ihm sogar an, sich seiner Verbrecherorganisation G.O.F.T.E.R. [Anmerkung: Ein Akronym für Geheimorganisation für Terror, Erpressung und Rache; im Original heißt diese S.P.E.C.T.R.E., Special Executive for Counterintelligence, Terrorism, Revenge, Extortion; engl. aber auch für „Schreckgespenst“] anzuschließen. Dieser lehnt natürlich ab, was Dr. No erzürnt. Er lässt Ryder wegbringen und Bond zusammenschlagen und in eine Zelle bringen. Schließlich gelingt es Bond aber, aus der Zelle zu entkommen und mit einem gestohlenen Schutzanzug den Atomreaktor zu sabotieren, mit dessen Hilfe Dr. No gerade erneut eine US-Rakete zum Absturz bringen will. Dr. No wird von Bond in einem Kampf in das kochende Reaktor-Kühlwasser gestoßen und kommt ums Leben. Bond und Ryder können Crab Key gerade noch, bevor Dr. No’s Hauptquartier in die Luft fliegt, verlassen. Auf dem Ozean werden die beiden in ihrem kleinen Boot von einem Rettungstrupp rund um Felix Leiter aufgelesen. Bond verzichtet aber vorerst auf die Rettung, weil er noch einige Zeit mit Honey Ryder verbringen will.
In James Bond – 007 jagt Dr. No gibt es noch nicht die klassische Einleitungs- oder Vortitel-Sequenz, die Bond im Rahmen irgendeiner kühnen Mission zeigt, denn eine solche wurde erst ab Liebesgrüße aus Moskau (1963; Originaltitel: From Russia with Love; Regie: Terence Young) verwendet und wurde dann typisch für die Film-Serie und ist sogar eines ihrer prägendsten Markenzeichen.
Ein anderes Bond-Markenzeichen, nämlich der berühmte „Revolverlauf-Beginn“ (oder auch „Pistolenlauf-Vorspann“), war aber gleichsam vom ersten Augenblick an Bestandteil der James Bond-Filme. Für diesen „Pistolenlauf-Vorspann“, den Maurice Binder konzipiert hatte, wurde von 1962 bis 1989, vom Bond-Debüt bis zu dem Timothy Dalton-Bond Lizenz zum Töten (Originaltitel: Licence to Kill; Regie: John Glen), jeweils mit einer Lochkamera durch einen echten Pistolenlauf gefilmt, ab dem Brosnan-Einstand GoldenEye (1995; Regie: Martin Campbell) kam der Pistolenlauf dann nur mehr aus dem Computer. Maurice Binder war generell zwischen 1962 und 1989 für sämtliche James Bond-Vorspann-/Titel-Sequenzen verantwortlich, außer für diejenigen von Liebesgrüße aus Moskau und Goldfinger (1964; Regie: Guy Hamilton).
Wenn man den „Pistolenlauf-Vorspann“ als eines der populärsten Vorspann-Elemente der Filmgeschichte bezeichnet, liegt man sicherlich nicht falsch, lediglich die sich schräg durchs Bild bewegende Schrift aus den Star Wars-Filmen kann da noch ein wenig mithalten. Ebenso wenig falsch liegt man, wenn man Monty Norman’s James Bond Thema („The James Bond Theme“) als eine der berühmtesten Musikuntermalungen der Filmgeschichte bezeichnet, denn diese gehört wohl, und das tatsächlich schon seit dem Connery-Einstand von 62, wo dieses musikalische Thema längere Zeit den Vorspann dominiert (um dann in Norman’s „Kingston Calypso“ überzugehen), zu den „Essentials“ jedes Bond-Films. Es wird wahrscheinlich egal sein, wo auf der Welt man sich gerade befindet, wenn das James Bond Thema angespielt wird, dann wissen die allermeisten, was Sache ist und auf wen sich das Ganze bezieht!
Die Urheberschaft des James Bond Thema, und diese wurde ihm im Rahmen mehrerer Prozesse zugesprochen, liegt, und das muss man unbedingt betonen, bei Monty Norman. John Barry, dessen Name im Zusammenhang mit der Musik der Film-Reihe sicherlich noch viel populärer als der von Norman ist, war eigentlich nur der Orchestrator des Titel-Themas. Allerdings hat Barry das Thema, das später auch als Gunbarrel Theme (also so was wie: „durch den Pistolenlauf gesehen“) bezeichnet und zum musikalischen Leitmotiv der Filmfigur wurde, durch seine Interpretation erst weltberühmt gemacht. Was bei James Bond – 007 jagt Dr. No aber noch fehlt, ist das sogenannte 007 Action-Thema („007 Theme“), das John Barry, auf der Basis des James Bond Thema, erst für den zweiten Bond-Film, Liebesgrüße aus Moskau, komponiert hatte und das von da an eben regelmäßig, in seiner Ur-Form sogar bis 1979, also bis zu dem Roger Moore-Bond Moonraker (Regie: Lewis Gilbert), bei Action-Sequenzen zum Einsatz kam.
Auf jeden Fall wurde aber dem Zuseher auch gleich im ersten Kinofilm ein ebenso einfaches wie effektives Konzept präsentiert, von dem alle Folgefilme, wenn man es genau nimmt, nicht mehr großartig abgewichen sind. So gibt es stets mindestens eine (erotische) Frauenrolle („Bond-Girl“), zumeist exotische Handlungsorte, zahlreiche „Gadgets“ (also technische Werkzeuge mit bekannter Funktionalität) und einen irgendwie größenwahnsinnigen Bösewicht und dessen Handlanger.
JAMES BOND
Ich bewundere Ihre Art, Miss?
SYLVIA TRENCH
Trench. Sylvia Trench. Ich bewundere Ihr Glück, Mr.?
JAMES BOND
Bond...James Bond.
(aus: James Bond – 007 jagt Dr. No)
Die Entscheidung, die die Produzenten Broccoli und Saltzman getroffen haben, nämlich Sean Connery als James Bond zu besetzen, und diese Meinung ist wohl bis heute so etwas wie der ultimative Common Sense in Bezug auf die gesamte Film-Serie, hätte tatsächlich nicht besser sein können. Denn schon in seinem Debüt hat Connery, der für die Rolle übrigens von Anfang an ein Toupet hat tragen müssen, der Figur eine Härte und Coolness verliehen, die das ohnehin vorhandene ikonische Potential der Figur sofort herausgearbeitet hat. Connery’s Bond ist in der Tat ein „cooles Raubtier“, das bereits in seinem Einstand einen recht hohen Body Count und, wenn man so will, „Frauen-Verschleiß“ aufweist. Und wenn Connery das allererste Mal, im Casino Le Cercle im Les Ambassadeurs Club in London, die berühmten Vorstellungsworte „Bond...James Bond“ sagt, im Übrigen zu der 2018 verstorbenen britischen Schauspielerin Eunice Gayson, dann ist das auch einer der ganz ganz großen Momente der Filmgeschichte, ein Moment, der ein Phänomen in Gang gesetzt hat, das bis heute andauert und das ganzen Generationen von Filmfans auch bis in die Gegenwart hinein etwas bedeutet. Eunice Gayson, Jahrgang 1928, war das einzige Bond-Girl, das in zwei Filmen (James Bond – 007 jagt Dr. No und Liebesgrüße aus Moskau) einen Auftritt in der gleichen Rolle hatte, nämlich als Bond’s „love interest“ Sylvia Trench. Maud Adams war, in der Roger Moore-Ära, dann zwar auch in Der Mann mit dem goldenen Colt und in Octopussy (1983; Regie: John Glen) zu sehen, aber in völlig unterschiedlichen Rollen.
Eine Szene, in der die angesprochene Härte, die Connery seinem 007 verliehen hat, explizit zum Ausdruck kommt, ist jene, in der Bond emotionslos den Dr. No-Kollaborateur Professor Dent (Anthony Dawson) erschießt, der mehrmals im Film erfolglos versucht hat, Bond zu töten. Diese Tötung, bei der kein Zweifel gelassen wird und bei der man auch daran erinnert wird, dass Bond eigentlich ein (Auftrags-)Killer ist, findet im Haus der Sekretärin von Pleydell Smith (dem „British Chief Secretary for colonial affairs in Jamaica“), Miss Taro (gespielt von Zena Marshall), statt, die ebenfalls für Dr. No arbeitet, und wird mitunter auch von folgenden Dialogzeilen umrahmt:
JAMES BOND
Für wen arbeiten Sie?
PROFESSOR DENT
Ich verrat’s Ihnen. Als toter Mann können Sie nichts mehr damit anfangen.
(hebt seine Waffe von einem Bettvorleger auf und versucht, auf Bond zu schießen; der Versuch misslingt, weil die Waffe offenbar bereits leer ist)
JAMES BOND
Sie haben eine sechs-schüssige Smith Wesson. Und die sechs Dinger sind in der Matratze.
(erschießt den Professor, schraubt seinen Schalldämpfer ab und bläst kurz in diesen hinein, als ob er ihn abkühlen wolle)
Natürlich ist die ganze Szene in englischer Originalfassung noch etwas besser, denn Connery sagt, bevor er schießt, am Ende lediglich: „It’s a Smith & Wesson. And you’ve had your six.“
Wenn ich eingangs gesagt habe, dass fast alle Bond-Legenden in James Bond – 007 jagt Dr. No schon mit von der Partie sind, dann darf man auch die folgende „Bond-Legende“ nicht vergessen: 007’s Lieblingsgetränk, den Wodka-Martini!
Zwar wird noch nicht gleich die berühmte Phrase „geschüttelt, nicht gerührt“ („shaken, not stirred“) im Zusammenhang mit dem Getränk ausgepackt, also etwas, was schon in Fleming’s erstem Bond-Buch Casino Royale (1953) vorkommt, aber ein Kellner in dem Hotel, in dem Bond in Jamaika wohnt, sagt zu ihm, während er ihm das Getränk überreicht: „Wodka-Martini. Trocken. Wie Sie gesagt haben. Nicht umgerührt“ („One medium dry vodka martini. Mixed like you said and not stirred“).
Der Bösewicht Dr. No ist es dann auch, zu einem weit späteren Zeitpunkt im Film, der das „Ian Fleming-Wodka-Martini-Rezept“ fast in seiner klassischen Form zum Besten gibt, als er Bond, der mittlerweile sein Gefangener ist, einen solchen anbietet. In der Originalfassung kommt das allerdings wiederum weit besser zum Ausdruck als in der deutschen Synchro: „A medium dry martini, lemon peel, shaken, not stirred“ („Martini. Trocken, nicht umgerührt. Mit Zitronenschale“).
Die wichtigste Figur neben Bond stellt in dessen sehr erfolgreichem Kino-Debüt (ein vergleichsweise „Mini-Budget“ von 1,1 Millionen US-Dollar stand am Ende weltweiten Einnahmen von etwa 60 Millionen US-Dollar gegenüber) aber nicht der von dem Kanadier Joseph Wiseman gespielte Bösewicht "Dr. Julius No" dar, sondern ganz klar Ursula Andress, die sozusagen das Ur-Bond-Girl, die Bond-Girl-Ikone schlechthin ist. Ihr legendärer Bikini-Auftritt am Strand der Dr. No-Insel Crab Key ist ebenfalls ein Moment in James Bond – 007 jagt Dr. No, der zu den ganz großen und auch später in anderen Bond-Filmen immer wieder zitierten ikonischen Momenten der Serie gehört. So ist beispielsweise Halle Berry’s Bikini-Auftritt in Stirb an einem anderen Tag (2002; Originaltitel: Die Another Day; Regie: Lee Tamahori) eine Reminiszenz an Andress, genauso wie, was natürlich einen zusätzlich amüsanten Aspekt hat, der Badehosen-Auftritt von Daniel Craig in Casino Royale (2006; Regie: Martin Campbell).
Ob Andress jetzt auch „das beste Bond-Girl“ ist, wie das oft behauptet wird, ist Geschmackssache und bleibt dahingestellt. Sie ist, als Honey Ryder (im Übrigen ein, und das empfindet man aus heutiger Sicht sicherlich noch stärker, nicht gerade „emanzipierter“ Name - wie der vieler Bond-Girls!), auf jeden Fall ganz wunderbar und auch „sexy“, aber vielleicht auf eine leicht seltsame, etwas verschrobene Art. Aber diese spezielle Art von „Sexyness“ war andererseits wiederum auch ein wenig das Markenzeichen der Schweizerin Ursula Andress.
Wenn es schon unbedingt darum geht, das beste aller Bond-Girls zu wählen, dann votiere ich persönlich da schon eher für Diana Rigg, die absolut unvergessliche „Emma Peel“ aus der britischen TV-Serie Mit Schirm, Charme und Melone (1961-1969; Originaltitel: The Avengers), die 1969 in Im Geheimdienst Ihrer Majestät (Originaltitel: On Her Majesty’s Secret Service; Regie: Peter R. Hunt) die lebensmüde und melancholische Contessa Teresa „Tracy“ di Vicenzo spielt, die es sogar schafft, am Ende, vor ihrem tragischen Tod durch die Kugeln der Blofeld-Mitstreiterin Irma Bunt (gespielt von Ilse Steppat), von Bond geheiratet zu werden. Im Geheimdienst ihrer Majestät gilt seit geraumer Zeit nicht nur mehr irgendwie als heimliches Meisterwerk der Serie, sondern für viele ist der Film anscheinend sogar das absolute, denn ein bedeutendes Fan-Voting des 007-Magazine aus 2012 hat den einzigen Bond-Film, in dem der ansonsten etwas glücklose George Lazenby die Hauptrolle gespielt hat, sogar auf Platz eins der Bond-Bestenliste gesehen.
Aber noch einmal zurück zu James Bond – 007 jagt Dr. No und zu den darin vorkommenden Figuren. Für Lois Maxwell und Bernard Lee, die Moneypenny und „M“ spielen, war das Werk ebenfalls der Beginn einer sehr langen Verbundenheit mit der Film-Serie, denn Maxwell spielte die in Bond verliebte Sekretärin bis 1985, bis zu Im Angesicht des Todes, also dem letzten Moore-Bond, und Lee, der 1981 verstarb, den Geheimdienstchef bis 1979, bis zu Moonraker. Major Boothroyd, besser bekannt als „Q“, wird im ersten Bond-Film noch von Peter Burton dargestellt und nicht von Desmond Llewelyn, der die Rolle 1963 von Burton, der wegen einer Terminkollision absagen musste, dann in Liebesgrüße aus Moskau übernommen hat und diese dann auch unglaubliche 36 Jahre lang, bis 1999, bis zu dem Brosnan-Bond Die Welt ist nicht genug (Originaltitel: The World Is Not Enough; Regie: Michael Apted), gespielt hat. Lediglich in Leben und sterben lassen 1973 war Llewelyn nicht mit von der Partie. Übrigens – das einzige Gadget, was der von Peter Burton gespielte „Q“ James Bond jemals mit auf den Weg gegeben hat, war jedoch ein zentrales: Die Walther PPK, die ultimative Bond-Handfeuer-Waffe (die im Film dessen veraltete Beretta 418 ersetzt)!
(NEU ÜBERARBEITETE FASSUNG; Ur-Fassung: 29.11.2018)