Ausschnitt aus "NO PULP IN THE FICTION" (Buch; 2020): Kapitel "KILL BILL - Volume 1" (Teil 3.1[von 4])

 

Uma wurde zur Kampfmaschine 

 

(QT über Uma Thurman als „The Bride“ in der Kill Bill-Doku „Die Ästhetik der Rache“)

 

 

 

When fortune smiles on something as violent and ugly as REVENGE, it seems proof like no other, that not only does God exist, you’re doing his will

 

(aus: Kill Bill – Volume 1; ein Voiceover der „Braut“, gesprochen unmittelbar vor dem „The Origin of O-Ren“-Kapitel; die deutsche Fassung des Bride’schen „Gottesbeweises“ lautet: „Wenn das Glück etwas so Gewaltigem und Gewalttätigem wie RACHE lacht, dann ist es ein Beweis, dass Gott nicht nur existiert, sondern, dass du seinen Willen erfüllst.“)

 

 

 

Er vergöttert Uma

 

(US-Filmkritiker Louis Black in Bezug auf Tarantino’s Schwäche für die Schauspielerin Uma Thurman; aus: „Tarantino – The Bloody Genius“)

 

 

Alle weiblichen Figuren in Tarantino’s Filmen sind bemerkenswert, sei es „Mia Wallace“, „Jackie Brown“, „Bridget von Hammersmark“ (Inglourious Basterds; gespielt von Diane Kruger), „Daisy `Die Gefangene` Domergue“ (The Hateful Eight; gespielt von Jennifer Jason Leigh) oder eben „The Bride“ („O-Ren“-Darstellerin Lucy Liu über QT’s Frauenfiguren: „Dass er Frauen immer in solchen starken Positionen zeigt, stellt er nicht besonders heraus. Das sind Frauen, die kämpfen oder Anführerinnen sind. Für ihn ist das völlig normal“).

Die „Sofie Fatale“-Darstellerin Julie Dreyfus (spielte später auch die Rolle von Joseph Goebbels‘ Französisch-Dolmetscherin & „mistress“ „Francesca Mondino“ in Inglourious Basterds) hat in Bezug auf die diversen Anforderungen, mit denen sich speziell die „Bride“-Darstellerin Uma Thurman im Rahmen der Kill Bill-Dreharbeiten konfrontiert sah, einmal betont: „Sie arbeitete Tag und Nacht“.

Zoe Bell, Thurman’s Stuntdouble und 2007 dann eine der Hauptdarstellerinnen in Tarantino’s -oftmals unterschätzter- Grindhouse-Hommage Death Proof – Todsicher, wurde in der Doku „Tarantino – The Bloody Genius“ noch deutlicher und meinte gar: „Uma hat sich den Arsch aufgerissen, um zu trainieren“.

Thurman hatte aber nicht nur enorme physische Herausforderungen zu meistern, sondern empfand die Rolle der „Braut“, abgesehen davon, dass sie dafür den Umgang mit Samurai-Schwertern erlernen, japanische Dialogteile bewältigen oder in den Action-Szenen zumeist an irgendwelchen Drähten hängen musste, grundsätzlich als schwierig („Quentin hätte mir keine kompliziertere und schwierigere Rolle schreiben können. Sie ist diese rätselhafte Figur. Sie ist knallhart. Sie ist totunglücklich. Sie ist eine eiskalte Killermaschine“ – Uma Thurman im „Die Ästhetik der Rache“-Making-of).

Den „real name“ der „Braut“, der bekanntlich „Beatrix Kiddo“ lautet, bekommt man erst in Kill Bill – Volume 2 präsentiert, allerdings ist er bereits in Volume 1 zweimal ganz kurz im Bild zu sehen – man kann ihn nämlich auf den eingeblendeten „boarding passes“, den Flugtickets, nach Okinawa beziehungsweise Tokyo erkennen (was allerdings aber auch nur dann geht, wenn man das Bild an den entsprechenden Stellen „einfriert“, soll heißen: im Kino war das seinerzeit fast ein Ding der Unmöglichkeit, „Beatrix Kiddo“ als den „Namen der Passagierin“ zu identifizieren).

Gegen Ende der Kill Bill-Dreharbeiten kam es dann zu einem Vorfall, der das Verhältnis zwischen Tarantino & Uma Thurman über Jahre hinweg belastet hat, denn: Als jene Szene gedreht wurde, in der die „Braut“ zu Bill fährt (Anmerkung: Die Szene ist erst in Kill Bill – Volume 2 zu sehen, wo diese „Fahrt zu Bill“ quasi den gesamten Film „umrahmt“), verlor Thurman, die ihren Regisseur QT zuvor sogar gebeten hatte, dass ein Stuntdriver den Job für sie erledigt, die Kontrolle über den Wagen, der daraufhin in einen Baum krachte (QT - der damals behauptet hatte „the road is safe“ und Thurman in seinem „Enthusiasmus“ ermutigt hatte, selbst zu fahren: „Es war herzzerreißend. Das hier habe ich mehr als alles andere in meiner Karriere bereut. Ich werde es mein ganzes Leben lang bereuen“).

Die Schauspielerin erlitt durch den Crash dauerhaft schmerzhafte Knie- und Halswirbelverletzungen und hat später in Interviews betont, dass sie sich auf dem Kill Bill-Set nach diesem Unfall nicht mehr wie eine „Performerin“ gefühlt habe, sondern nur mehr wie eine Art „broken tool[Werkzeug]“.

Hinzu kam die Komponente, dass Miramax Films das entstandene Filmmaterial, das den Unfall deutlich dokumentierte, nicht herausgeben wollte und unter Verschluss hielt, um sich vor etwaigen Schadenersatzforderungen Thurmans zu schützen (Thurman – in Richtung Harvey & Bob Weinstein, die Miramax bis 2005 leiteten: „Es ist unverzeihlich, dass man den Vorfall verschleiern wollte“).

Mittlerweile wurde, und das nicht zuletzt wegen des Weinstein-Skandals, das Bildmaterial jedoch freigegeben und man kann den fatalen „car accident“ von Thurman beispielsweise in Tara Wood’s Dokumentation „Tarantino – The Bloody Genius“ betrachten.

 

 

 

 

HANZO (JAPANESE)

Revenge is never a straight line. It’s a forest. And like a forest it’s easy to lose your way...to get lost...to forget where you came in. To serve as a compass, a combat philosophy must be adopted that can be found in the secret doctrine of the Yagu Ninja. And now my yellow haired warrior, repeat after me; […]

 

 

(Ausschnitt aus dem Kill Bill-Skript; Anmerkung: Von dem zitierten Text schaffte es nur die erste Hälfte, also bis „where you came in“, in den fertigen Film – und das nur als Voiceover, welches am Ende, als man den Flieger vor dem „blood red sky“ sieht, zum Einsatz kommt [vgl. dazu auch die Zusammenfassung des Inhalts]; ursprünglich hatte QT aber Szenen gedreht, in denen „Hattori Hanzo“ Sonny Chiba & „The Bride“ Uma Thurman zusammensitzen und Hanzo der „Braut“, wie ein „samurai drill instructor“ (QT-Skript), die „Ninja-Doktrin“ vorspricht, damit die „Braut“ diese wiederholt; „Yagu Ninja“: Hommage an Chiba’s Auftritt in dem japanischen „historical martial arts period film“ Shogun’s Samurai - Im Schatten des Shogun (Regie: Kinji Fukasaku) von 1978, der in der englischsprachigen Welt auch als „The Yagyu Clan Conspiracy“ bzw. als „Intrigue of the Yagyu Clan“ betitelt wurde)

 

 

 

„[T]he greatest maker of swords on this earth“ (Copyright: QT-Skript) und so ziemlich einziger Verbündeter der „Bride“, nämlich „Hattori Hanzo“, wird von Japan’s Action-Legende Sonny Chiba (Jahrgang 1939) verkörpert (70er-Jahre-Filmographie-Highlights sind z. B.: 1974: The Street Fighter von Shigehiro Ozawa; 1976: Karate Warriors von Kazuhiko Yamaguchi).

Tarantino war schon immer ein großer Fan von Chiba (QT: „Sonny Chiba war für mich in den 70ern neben Charles Bronson und Clint Eastwood einer der größten Action-Stars. Schon als Kind träumte ich davon, mit ihm zu arbeiten“), der am Kill Bill-Set dann gleichzeitig auch als Schwertkampf-Trainer von Uma Thurman agierte (Thurman über Chiba: „Sonny Chiba hat eine grandiose Ausstrahlung. Er ist ein fantastischer und liebenswerter Mensch“).

Bereits in seinem True Romance-Skript hatte Tarantino die Figur des „Clarence Worley“, die in dem Tony Scott-Film dann von Christian Slater verkörpert wurde, zu einem „Sonny Chiba-Fan“ gemacht, wobei QT sich den Namen des Schwertmeisters in Kill Bill, -„Hattori Hanzo“-, aus der japanischen 80er-Jahre-TV-Serie Shadow Warriors (1980-1985; Kage no Gundan) geborgt hat, die dem Ninja- & Jidaigeki-Genre [Jidai-geki: „Historienfilm“-Genre mit Wurzeln im Kabuki-Theater, zu dem auch berühmte Akira Kurosawa-Filme wie Die sieben Samurai, Kagemusha – Der Schatten des Kriegers oder Ran gezählt werden, veröffentlicht 1954, 1980 & 1985] zuordbar ist und in der Chiba ebenfalls einen „character“ namens „Hattori Hanzo“ spielt (Anmerkung: QT soll Bruce Willis bei den Pulp Fiction-Dreharbeiten sogar eine Episode von Shadow Warriors vorgespielt haben, damit Willis sich einen Eindruck machen konnte, wie Tarantino das Katana, mit dem „Butch Coolidge“ die Psychopathen „Maynard & Zed“ tötet, eingesetzt haben wollte).

Ursprünglich soll Sonny Chiba, laut Aussage von Uma Thurman, durchaus seine Zweifel gehabt haben, ob sie „das Hantieren mit dem Schwert“ hinbekommen würde, doch Thurman führt das Hanzo-Schwert, welches zweifellos zu den besten und populärsten Film-Waffen überhaupt gehört und das noch dazu meine persönliche Lieblings-Waffe innerhalb der Filmgeschichte ist, in Kill Bill tatsächlich, wenn man so will und sich der Diktion von Tarantino & Thurman bezüglich der „Braut“ anschließen möchte, mit der „knallharten & eiskalten Präzision“ einer „Kampfmaschine“.

 

 

 

(ENDE von TEIL 3.1 - Neu überarbeitete Fassung; Ur-Fassung: 26.06.2020)