Ausschnitt aus "NO PULP IN THE FICTION" (Buch; 2020): SCHLUSSKAPITEL: "KILL BILL - Volume 2" (Teil 1.1) [EXPLICIT CONTENT]

 

Kill Bill: Vol. 2 (2004)

(ca. 137 Min.; dt. Verleihtitel: Kill Bill – Volume 2)

 

 

 

„IS THIS THE END OF THE BEGINNING OR THE BEGINNING OF THE END?“

 

(aus dem Song „End of the Beginning“ von Black Sabbath, enthalten auf deren Album „13“ aus 2013; wie bereits im Kapitel über Kill Bill - Volume 1 erwähnt, hatte Tarantino im Grunde immer schon Fortsetzungspläne bezüglich Kill Bill und hat seine diesbezüglichen Pläne sogar in den letzten ein, zwei Jahren, also nach dem großartigen Once Upon a Time in Hollywood von 2019, wieder „konkretisiert“, genauso wie einen möglichen Plot für „Kill Bill – Volume 3“, denn nicht nur „Nikki Bell“, die, wie QT sinngemäß meint, „ihre Rache genauso verdient wie ´Die Braut` einst die ihre“, soll in einem möglichen dritten Teil wieder auftauchen, sondern auch die nun „ein-armige“ Sofie Fatale, und das als eine Art „stepmother“ von „Nikki Bell“; Anmerkung: Da Tarantino nach Once Upon a Time in Hollywood angekündigt hat, dass nach 10 Spielfilmen als Regisseur für ihn Schluss sein würde, könnte ein etwaiger dritter Kill Bill – Teil, in dem man übrigens wiederum Uma Thurman in der Hauptrolle zu sehen bekommen soll, Tarantino’s letzter Kinofilm werden)

 

 

 

Ich sah tot aus, nicht wahr? Aber ich war’s nicht. Obwohl die alles dafür getan hatten, so viel ist klar. Tatsächlich hat BILL mich mit diesem Schuss ins Koma geschickt. In diesem Koma lag ich insgesamt vier Jahre. Als ich aufgewacht bin, hab ich mich aufgemacht zu einem, wie’s in der Werbung so schön heißt, zu einem grausamen Rachefeldzug. Ich hab geschrien und gewütet und verschaffte mir blutige Genugtuung. Ich musste `ne Menge Leute umbringen, um an diesen Punkt zu gelangen, aber einer fehlt mir noch. Nur er fehlt noch. Ich bin gerade unterwegs zu ihm. Er ist der Letzte auf der Liste. Und sobald ich mein Ziel erreicht habe, werd ich BILL umbringen

 

(aus: Kill Bill – Volume 2; Text laut deutscher Synchro (Dialogbuch & Dialogregie Teil 1 & 2: Andreas Pollak); „I am gonna kill BILL“ (Originalfassung) – um einen „geordneten Übergang“ von „Volume 1“ zu „Volume 2“ zu schaffen, präsentiert einem Tarantino zu Beginn von Teil 2 nicht nur nochmals die Anfangssequenz von Teil 1 (THE BRIDE zu BILL – kurz vor dem Kopfschuss: „Bill, I’m pregnant. It’s your baby“), sondern er lässt die „Bride“, während sie eben in ihrem Auto unterwegs zu BILL ist, auch nochmal eine „Kurzfassung des bisher Geschehenen“ direkt in die Kamera sprechen; Uma Thurman wird dabei in Schwarz/Weiß eingefangen und agiert vor einer betont künstlichen Rückprojektion, die einen gewissen „50s Touch“ hat)

 

 

 

How it happened, who was there, how many got killed and who killed them, changes depending on who’s telling the story

 

(aus: Kill Bill – Volume 2; „Wie es passierte, wer anwesend war, wie viele getötet wurden und wer sie tötete, wechselt abhängig davon, wer die Geschichte erzählt“ – Ausschnitt aus einem (wahrlich Allgemeingültigkeit in Bezug auf das Geschichtenerzählen besitzenden) Voiceover der „Braut“ vor dem „Massacre at Two Pines“ aka „El Paso, Texas Wedding Chapel Massacre“, das man zu Beginn von Teil 2 präsentiert bekommt)

 

 

 

Ich bin mein ganzes Leben nie nett gewesen, aber ich werde mein Bestes tun, um freundlich zu sein

 

(aus: Kill Bill – Volume 2; „Bill“ David Carradine spricht (zur „Braut“ Uma Thurman und während ihrer Unterhaltung unmittelbar vor dem „Massacre at Two Pines“ und als Antwort auf die „Bride“-Frage „Wirst du dich nett aufführen?“) einen Satz, der, nebenbei erwähnt, zu meinen absoluten Lieblings-Filmzitaten gehört; im Original sagt David Carradine: „I’ve never been nice in my whole life. But I’ll do my best to be sweet.“)

 

  

 

Quentin Tarantino hat seine „unrühmlichen Bastarde“ im Rahmen seiner Filme schon durch diverse Filmgenres gejagt.

So war Reservoir Dogs – Wilde Hunde ein Heist-Movie, der den „heist“, den „Raubüberfall“, gar nicht erst gezeigt hat (was Tarantino einmal als seinen eigenen „goofy[im Sinne von „silly, funny“] way to do a heist-movie“ bezeichnet hat).

Pulp Fiction wiederum war, jedenfalls der ursprünglichen Intention nach, ein Spiel mit Elementen des Hard Boiled-Crime-Fiction-Genres, das dem Seher „atypische Verläufe“ von Genresituationen präsentierte.

Jackie Brown wurde zur Verbeugung vor dem „Black Cinema“ der 70er-Jahre und mehr oder weniger auch zu einer filmischen Liebeserklärung an Pam Grier.

Kill Bill – Volume 1 war, unter anderem, eine reichlich blutige Mixtur aus Samurai-Film, Yakuza-Film und Kung Fu-Film, die sogar eine John Woo-artige Ballett(-Film)-Einlage beinhaltete, denn der „Showdown im Haus der blauen Blätter“ ist im Grunde „Kampf-Ballett“ par excellence.

Mit Kill Bill – Volume 2, also der zweiten Hälfte seines Rache-Epos, hat QT allerdings in gewisser Weise „Neuland“ betreten, denn der Film hat auch Elemente eines „Romantic Melodrama“ oder kommt, wie der US-Kritiker & QT-Fan Elvis Mitchell in seinem Vorwort zu einer Buchausgabe des Skripts von The Hateful Eight geschrieben hat, ein wenig so rüber, als hätte der große chinesische Regisseur King Hu (1967: Die Herberge zum Drachentor; 1971: Ein Hauch von Zen) das Melodram „In den Wind geschrieben“ von Douglas Sirk aus 1956 (Starring: Rock Hudson & Lauren Bacall) neu verfilmt - „`Kill Bill Vol. 2` is `Written on the Wind` if staged by King Hu“ (Mitchell).

 

 

Der Plot von Kill Bill – Volume 2 [Anmerkung: Grundsätzlich enthält „Volume 2“ viel stärkere „Abweichungen“ von QT‘s Ur-Skript als das Material, das Tarantino als „Volume 1“ veröffentlicht hat – vieles aus dem ursprünglichen Drehbuch, auch was die Dialoge betrifft, wurde in „Volume 2“ weggelassen oder von Tarantino überhaupt neu arrangiert; so existiert das „Chapter Six Massacre at Two Pines“ im ursprünglichen Drehbuch nicht in der dann im Film dargebotenen Form, denn nach dem „Showdown at House of Blue Leaves“ ließ QT in seinem Skript eigentlich die beiden Kapitel „Yuki’s Revenge“ & „Can She Backe A Cherry Pie...“ folgen – in „Yuki’s Revenge“ musste sich die „Braut“ quasi mit „Yuki Yubari“, der nach Rache sinnenden Schwester von „Gogo Yubari“, herumschlagen [den „Yuki“-Character hat QT bei der filmischen Umsetzung quasi vollständig gestrichen], während im Zentrum von „Can She Backe A Cherry Pie...“ sogar „Bill“ selbst stand, der, im Rahmen eines „Glückspiel-Abends“ in einem Hotel, dann via Telefon auch von Vernita Green’s Tod erfährt]:

Nachdem man eben die Anfangsszene aus Teil 1 [BILL – zur BRIDE: „At this moment this is me at my most masochistic“; Originalfassung] nochmal zu sehen bekommen und anschließend dann die „Kurzfassung des bisherigen Geschehens“ von der „Braut“ nochmal erzählt bekommen hat, wird das -in Schwarz/Weiß gedrehte- „Chapter Six Massacre at Two Pines“ angekündigt, welches das „Wedding Chapel Massacre“ zeigt, also jenen Vorfall, der mittlerweile zur „Legende“ [Copyright: dazugehöriges Voiceover der BRIDE] geworden ist.

Die „Braut“ sowie ihr Verlobter Tommy [„Thomas `Tommy` Plympton“ wird von dem amerikanischen Make-up-Artist Christopher Nelson gespielt; Nelson war als Make-up-Artist & Stylist auch an Kill Bill Vol. 1 & 2 beteiligt und gewann 2017 für seine Arbeit bei dem „DC Comics-supervillain team film“ Suicide Squad den Oscar in der Kategorie „Best Makeup & Hairstyling“] führen gerade so etwas wie eine „Hochzeitsprobe“ in der kleinen „Two Pines“-Hochzeitskapelle in El Paso, Texas durch [Anm.: Als Location für die „Two Pines Church“ diente die „Calvary Baptist Church“ in Hi Vista, Kalifornien; die kleine Kirche, die sich quasi im kalifornischen Teil der Mojave-Wüste befindet, ist seither eine Art Touristenattraktion], wo sie mit Reverend Harmony [gespielt von Bo Svenson, bekannt aus Clint Eastwood’s Heartbreak Ridge von 1986 oder aus Inglourious Basterds], der Frau des Reverends [„Mrs. Harmony“ wird von der Stuntfrau & Schauspielerin Jeannie Epper verkörpert] sowie mit dem „piano player“ Rufus [Samuel L. Jackson in einer Gastrolle; RUFUS - zu den Brautleuten: „Wie wär`s mit `Love Me Tender`? Das hab ich drauf“] die geplanten Abläufe besprechen.

Die „Bride“ gibt sich irgendwann genervt von „Mrs. Reverend‘s“ Fragen nach dem offensichtlich vollständig „fehlenden“ Anhang der Braut [THE BRIDE – zu den drei Frauen, die, zusammen mit einem Mann, zum Anhang des Bräutigams gehören, und mit Hinweis auf ihre Schwangerschaft: „I’m not feeling very well, and this bitch is starting to piss me off“/dt. Fassung: „Ich fühl mich nicht besonders und diese Kuh fängt langsam an mich abzunerven“] und steht dann von ihrem Stuhl auf, um sich die Füße zu vertreten.

Plötzlich, als sie sich dem Ausgang der kleinen Kirche nähert, ertönt ein Flötenspiel. Der Gesichtsausdruck der „Braut“ verändert sich, denn dieses Flötenspiel kommt ihr offenbar bekannt vor – sie tritt durch den Kircheneingang hinaus [Anmerkung: QT & Star-Kameramann Robert Richardson zitieren hier eine der berühmtesten Kamera-Einstellungen der Filmgeschichte, nämlich John Ford’s & Winton C. Hoch’s berühmte „Türrahmen-Einstellung“ aus dem John Wayne-Western Der Schwarze Falke von 1956 – dort „blickt“ man quasi durch den Türrahmen hinaus auf die wüstenartige Landschaft des Monument Valley] und entdeckt: den Flöte-spielenden BILL [Anm.: „Bill“ David Carradine spielt hier -quasi- auf derselben Flöte wie einst in der TV-Serie Kung Fu[!]].

„Die Braut“ & Bill beginnen ein Gespräch, über dem von Anfang an eine unangenehme Spannung liegt [BILL: „Hallo, Kiddo“ (Anm.: „Kiddo“ lautet bekannterweise der wirkliche Nachname der „Braut“, das Wort heißt aber im Englischen auch so was wie „Kleine“, könnte also an der Stelle ebenso als eine Form der „liebevollen Anrede“ verstanden werden – BILL nennt „Die Braut“ ja auch in der Anfangssequenz einmal „[k]iddo“, bevor er ihr in den Kopf schießt) / THE BRIDE: „Wie hast du mich gefunden?“ / BILL: „Ich bin der Mann“ / THE BRIDE: „Was machst du hier?“ / BILL: „[…] Naja, vor wenigen Augenblicken habe ich noch Flöte gespielt. In diesem Augenblick blicke ich auf die hübscheste Braut, die diese alten Augen je gesehen haben“] und welches dann bald in der wohl entscheidenden Frage der „BRIDE“ gipfelt: „Was willst du hier?“.

Bill spricht sie in der Folge auf ihre Schwangerschaft an [BILL – im Original: „So you got a bun in the oven“] sowie auf ihren Verlobten, der offenbar Inhaber eines „Second Hand-Plattenladens“ in El Paso ist [THE BRIDE – sich auf Tommy’s Job beziehend: „Meine Kleine wird in `ner tollen Umgebung aufwachsen“ / BILL: „Sicher besser als durch die Welt zu jetten, Leute umzubringen und dafür enorme Summen zu kassieren“ / THE BRIDE: „Stimmt ganz genau“].

Bill & „The Bride“ gehen schließlich gemeinsam in die kleine Kirche, wo sie Tommy umgehend empfängt [BILL zu TOMMY – im Original: „Arlene’s told me so much about you“; Anm.: Die „Bride“ nennt sich in ihrem „neuen Leben“ nun „Arlene Machiavelli“].

Tommy, darf ich dir meinen Vater vorstellen“ – Die „Braut“ stellt Tommy den „Unbekannten“ vor, was die Spannung, die in der Luft liegt, nur noch weiter steigert [TOMMY: „I’m so glad to meet you, sir...äh...dad“ / BILL: „The name is Bill“ / TOMMY: „Well, it’s great to meet you, Bill“; Originalfassung].

Dann werden sie vom Reverend ermahnt, die „Hochzeitsprobe“ fortzusetzen, woraufhin Tommy auf die Idee kommt, dass doch „Daddy“ Bill seine „Tochter“, die „Braut“, zum Altar führen könnte [TOMMY: „Oh mein Gott, was red` ich denn da! Sie führen sie zum Altar“] – Bill lehnt -dankend- ab [BILL – nachdem er abgelehnt hat: „Darf ich zusehen?“].

Tommy geht wieder zum Reverend. Bill & „Die Braut“ bleiben zurück und Bill präsentiert sich ihr gegenüber noch einmal „gönnerhaft“ und „abgeklärt“ [BILL: „Du bist mir nicht das Geringste schuldig. Wenn er der Mann ist, den du willst, dann stell dich zu ihm“].

Die „Braut“ setzt sich ihren Brautschleier auf und fragt ihn: „Do I look pretty?“ [Originalfassung]. Bill antwortet mit „Oh yes“ und sie küsst ihn auf den Mund [THE BRIDE – nach dem Kuss: „Danke“], bevor sie sich dann zu Tommy und der kleinen Hochzeitsgesellschaft begibt.

Die Kamera bewegt sich anschließend aus der „Two Pines“-Wedding Chapel hinaus und offenbart, dass dort bereits Vernita Green, Budd, O-Ren Ishii & Elle Driver warten. Die schwer bewaffnete „Deadly Viper Assassination Squad“, die „Tödlichen Vipern“ also, betreten die Kirche. Man kann die -blutigen- Abläufe in der Kirche allerdings nur erahnen, denn man hört noch kurz den Reverend etwas sagen [REVEREND: „Was zum Teufel?!“], bevor Maschinengewehr-Salven alles übertönen [und schließlich nur mehr der Sound einer AC/DC-„Hells Bells“-artigen „Kirchen- & Begräbnisglocke“ zu vernehmen ist].

 

 

 

(ENDE von TEIL 1.1 - Neu überarbeitete Fassung; Ur-Fassung: 05.07.2020)