BONUS-Essay zu EIN QUANTUM BOND 2: James Bond 007 - Lizenz zum Töten (TEIL 5[von 5])

 

JAMES BOND

Sie sind ein ausgezeichneter Agent. Gehen Sie jetzt! Wir sehen uns in London.

 

(aus: Lizenz zum Töten; „007“ Timothy Dalton zu „Q“ Desmond Llewelyn, der Bond in Isthmus gleichsam „an der Front“ assistiert – später nimmt 007 die Aufforderung, die er im Hafen von Isthmus ausgesprochen hat, zurück und setzt „Q“ wieder als „Außenagenten“ ein; in der Originalfassung sagt Timothy Dalton: „You’re a hell of a field operative. Now go! I’ll see you back in London.“)

 

 

M

Allein auf der ersten Seite sind fünf Tipp-Fehler. Was ist los mit Ihnen?

 

(aus: Lizenz zum Töten; „M“ Robert Brown zu „Moneypenny“ Caroline Bliss im „MI6-Headquaters“ in London - im Rahmen ihres letzten „Chef & Sekretärin-Dialogs“, denn sowohl Brown als auch Bliss haben die Film-Serie nach dem 89er-Bond verlassen; die Originalfassung dieses Satzes, der sich natürlich darauf bezieht, dass sich Moneypenny anscheinend um den nunmehrigen „rogue agent007 sorgt und ihre „Pflichten“ vernachlässigt, lautet: „There are five typing errors on the first page alone.“)

 

 

Q

Don’t worry. 007 always comes back.

 

(aus: Lizenz zum Töten; „Q“ Desmond Llewelyn zu „Pam Bouvier“ Carey Lowell in Bond’s Hotelzimmer in Isthmus-City – ein Satz, der wohl wie kaum ein zweiter ganz allgemein für die James Bond-Filmserie steht; die deutsche Version lautet: „Ach, bleiben Sie ganz ruhig! 007 kommt immer zurück.“)

  

 

Während Robert Brown und Caroline Bliss, in den Rollen von „M“ und „Moneypenny“, in Lizenz zum Töten gleichsam ihre Abschiedsvorstellungen geben, kommt „Q“ Desmond Llewelyn zum längsten Auftritt seiner gesamten Karriere als „head of Q Branch“, denn zu einem der vielleicht wenigen wirklich „charmanten“ Aspekten des 89er-Bond-Films zählt, dass „Q“ darin praktisch zu einem „field operative“, zu einem „Außenagenten“, wird, der somit der Bond-Figur nicht nur durch die ausgehändigten Gadgets zur Seite steht, sondern aktiv ins Geschehen eingreift.

Grundsätzlich muss man vorausschicken, dass Bond in Lizenz zum Töten, wegen seiner „eigenmächtigen Aktivitäten“, keinen Dienstwagen zur Verfügung hat.

Was die von „Q“ nach Isthmus importierten Gadgets betrifft, die er Bond in dessen Hotelzimmer vorstellt und übergibt (Bond zu „Q“, nachdem er diesen in seinem Zimmer im „El Presidente Hotel“ vorgefunden hat: „Q, was zum Teufel machen Sie hier!?“), so ist hier vor allem der als Zahnpasta getarnte Sprengstoff zu erwähnen, der sogenannte „Dentonite“. Diesen bringt 007 unter dem Fenster des Büros von Sanchez an und sprengt damit das Panzerglas – der Zünder des „Dentonite“ befindet sich dabei in einer Art Zigarettenschachtel (Anmerkung: „Licence to Kill“ ist übrigens auch der letzte Bond-Film, in dem man 007 rauchend, also mit einer Zigarette, sieht!).

Nachdem das besagte Fenster gesprengt ist, benutzt Bond, um damit auf Sanchez zu schießen, die „Camera Gun“, ein als Fotoapparat getarntes und zerlegbares Gewehr mit Signatur-Handstück, das, aufgrund des „optischen Handflächen-Lesers“, ausschließlich auf Bond’s Handfläche reagiert und somit von niemand anderem mehr abgefeuert werden kann. 23 Jahre später in Skyfall (2012; Regie: Sam Mendes) verwendet „007“ Daniel Craig dann ebenfalls eine Signatur-Waffe mit „palm print identification“ im Griff, allerdings kein Gewehr, sondern die klassische Walther PPK.

In Bond’s „hotel room“ kurz vorgestellt werden außerdem noch eine Sofortbildkamera mit Laser- und Röntgen-Funktion, die von Bouvier auf der Stelle ausprobiert wird (was zur Folge hat, dass der Laserstrahl der Kamera ein Bild von „El Presidente“ Hector Lopez zerstört, das an der Wand hängt), sowie ein mit Sprengstoff geladener Wecker, der wie ein ganz normaler Wecker aussieht, aber der, wie „Q“ Desmond Llewelyn meint, „garantiert niemanden aufweckt, der ihn benutzt“ (Anmerkung: Der „Sprengstoff-Wecker“ wird tatsächlich nur vorgestellt, kommt aber in der Folge nicht zum Einsatz).

In einer der Szenen, in denen man „Q“ gleichsam als „field operative“ sieht, nämlich in jener, in der sich Sanchez’s Wagenkolone samt 007 auf zum „Olimpatec Meditation Institute“ macht, benutzt „Q“, der als Straßenkehrer verkleidet ist, einen Besen mit eingebautem Funkgerät, den er, nachdem er Bouvier via Funk informiert hat, auch gleich wieder wegwirft und in die Büsche am Straßenrand befördert.

 

 

Die Premiere von „Bond 16“ Lizenz zum Töten fand am 13. Juni 1989 im „Odeon Leicester Square“ in London statt. 

Aufgrund der „realistic & excessive violence“, die in dem Film zu finden ist, wurde das Werk vom BBFC („British Board of Film Classification“) mit einer Altersfreigabe von „15“ versehen, was Lizenz zum Töten zum bisher einzigen Bond-Film macht, der in Großbritannien diese Art von „classification“ erhalten hat (Anmerkung: Die erste vollständige Uncut-Version des 89er-Bonds ist überhaupt erst 2006 im Rahmen einer DVD-Veröffentlichung erschienen). 

Natürlich hat die Altersfreigabe der BBFC die „audience numbers“ schon allein im Mutterland von 007 von vornherein eingeschränkt und mit einem finalen „total worldwide gross“ von lediglich 156 Millionen US-Dollar (Produktionskosten: rund 36 Millionen US-Dollar) wurde Lizenz zum Töten nur zum zwölft- erfolgreichsten Film des Jahres 1989.

In den USA (dortige -durch Schnitte erkämpfte- Altersfreigabe: „PG-13“) spielte John Glen’s fünfter Bond-Film seinerzeit rund 34 Millionen US-Dollar ein, was ihn zum „least financially successful James Bond-film in the US“ machte – als mögliche Erklärung für den „flop“ (nur 11,7 Millionen verkaufte Kinotickets) wurde auch die Tatsache herangezogen, dass sich das Werk an den US-Kinokassen seinerzeit mit „massive hits“ wie Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (1989; Indiana Jones and the Last Crusade; Regie: Steven Spielberg) und vor allem Tim Burton’s Batman (1989; in den Hauptrollen: Jack Nicholson & Michael Keaton) messen musste (Anmerkung: Ebenfalls kontraproduktiv für den USA-Markt war, dass man bereits existierendes Promotion-Material für „Licence Revoked“ wieder einstampfen musste, da, wie bereits erwähnt, das US-Testpublikum dachte, dass der Titel sich auf die „common American phrase for the withdrawal of a driving licence“ beziehe).

Das weltweite inflationsbereinigte Einspielergebnis von über 285 Millionen US-Dollar macht den zweiten und letzten Dalton-Bond heutzutage aber auch grundsätzlich zum Schlusslicht (Platz 24) der Bond-Film-internen Box Office-Hierarchie – mit so gut wie „zero chance“ dort von dem „up-coming“ Daniel Craig-007-Finale Keine Zeit zu sterben (2020; No Time to Die; Regie: Cary Joji Fukunaga) abgelöst zu werden.

 

 

In den Reihen der Filmkritik wurde Lizenz zum Töten damals weit weniger kontrovers aufgenommen als man das im Nachhinein vielleicht vermuten würde.

So fand zum Beispiel Derek Malcom vom Guardian, dass der Film „the harder edge of the earlier Bonds“ wieder aufnehme, wobei er seinerzeit auch anmerkte, dass er sich grundsätzlich darin mehr „flair“, was das Drehbuch und vor allem was die Inszenierung betrifft, gewünscht hätte. Die britische Sunday Times hingegen beschwerte sich darüber, dass in „Licence to Kill“ gleichsam sämtliche Spuren des „gentleman spy by Ian Fleming“ verschwunden wären. Rick Groen von der kanadischen Tageszeitung The Globe and Mail schlug in dieselbe Kerbe und nannte das Werk „essentially Bond-less“. Caryn James von der New York Times wiederum zeigte sich eher begeistert von Timothy Dalton’s „launischer“ Bond-Interpretation, da er für sie „the first Bond with angst[Existenzangst]“ zu sein schien. Der US-Star-Kritiker Roger Ebert gab dem Film in der Chicago Sun-Times 3½ von 4 möglichen Sternen und nannte Lizenz zum Töten gar „one of the best of the recent Bonds“, während sich der Time Magazine-Kritiker Richard Corliss darüber beklagte, dass Timothy Dalton darin „misused“ wirke und gleichsam in seinem zweiten Bond-Film schon so gelangweilt rüberkomme wie Sean Connery erst in seinem sechsten, also in Diamantenfieber (1971; Diamonds Are Forever; Regie: Guy Hamilton).

Die „reflective reviews“, die „rückwirkenden Bewertungen“, sehen Lizenz zum Töten entweder auch als „zu weit weg von der Bond-Erfolgsformel“ oder empfinden das Werk, so wie etwa der The James Bond Bedside Companion-Autor Raymond Benson, als einen Film, der sozusagen den „true spirit of Ian Fleming“ aufleben lässt, denn Benson meinte 2004 in einer auf der „commanderbond.net“-Website veröffentlichten Interviewreihe mit ihm: „It’s more of a true Ian Fleming story in that script than in most of the past-60s Bond movies“.

Natürlich wurden im Nachhinein auch Timothy Dalton’s oftmals angezweifeltes „double-0-seven-charisma“ und sein „Schicksal“ als vergleichsweiser „Kurzzeit-007-Darsteller“ immer wieder thematisiert. Eines der überzeugendsten Statements zu dem Thema Dalton gab 2008 der von mir bereits zitierte Norman Wilner auf dem Webportal MSN ab, der den Schauspieler eben nicht nur „The actor who could have been the definite 007“ nannte, sondern gerade in diesem Zusammenhang auch meinte, dass Dalton „nie eine faire Chance“ hatte - und noch dazu „bad luck“, James Bond ausgerechnet in der schwächsten Periode der Film-Serie, nämlich Mitte/Ende der 80er, zu spielen.

Die wichtigsten Rankings (das Peter Travers-Rolling Stone-Ranking von 2012 wurde bereits erwähnt) sehen Lizenz zum Töten überwiegend als schwachen beziehungsweise allerhöchstens mittelmäßigen Beitrag zur Film-Serie (Entertainment Weekly 2006: Platz 20 (von 21); MI6-HQ.com 2011/12: Platz 12[!] (von 22); 007-Magazine 2012: Platz 13 (von 24); „50 Jahre James Bond-Sonderheft des Stern 2012: 2 Sterne bei 5 möglichen Sternen - „schwach“).

 

 

I want revenge. I want them to know that death is coming“ (Copyright: „John Rambo“ Sylvester Stallone in Rambo: Last Blood von 2019) – Nun, „RAMBOND“, dem 89er-„Rache-Bond“, mag es vielleicht ein wenig an „Bond-Sophistication“ fehlen, aber Lizenz zum Töten ist ein „pure entertaining action movie“, den ich mir persönlich auch immer dann gerne ansehe, wenn ich nur in der Stimmung für einen „guten 80er-Jahre-Actioner mit leichtem Miami Vice-Touch“ bin und nicht in irgendeiner „absolut kompromisslosen James Bond-Film-Stimmung“.

Dennoch gehören „Licence to Kill“ und genauso übrigens auch Ein Quantum Trost (Quantum of Solace; Regie: Marc Forster), der ebenfalls unterschätzte „Daniel Craig-Rache-Bond“ aus 2008, durchaus zum Kreis meiner „Geheimfavoriten“ innerhalb der Film-Serie, denn beide Werke erinnern einen gleichsam an den Kern der Bond-Figur, denn für „James Bond 007“ gilt in Lizenz zum Töten und in Ein Quantum Trost das, was in der Schlussszene von Die Todeskralle schlägt wieder zu (1972; Way of the Dragon; Drehbuch & Regie: Bruce Lee) eine der Nebenfiguren eigentlich über „Tang Lung“ Bruce Lee sagt: „In dieser Welt voller Gewalt und Hass: Wo [James Bond] auch immer hingehen mag, er wird immer alleine gehen“.

 

 

(ENDE von TEIL 5[von 5]; Fassung vom 19.02.2020)