Ausschnitt aus "NO PULP IN THE FICTION" (Buch; 2020): SCHLUSSKAPITEL: "KILL BILL - Volume 2" (Teil 1.6.2) [EXPLICIT CONTENT]

 

BILL & B.B. spielen in der Folge „Theater“: Bill sagt „Bang Bang! […] Oh B.B., Mommy got us“ [Text gemäß Skript] und die beiden mimen „Sterbende“ [dazugehörige Skript-Passagen: „Then he suddenly clutches his abdomen like he’s just been shot“ / „B.B. lowers her gun and plays out a big dying scene alongside her dad...Bill falls to the [ground]“].

DIE BRAUT, „still absentmindedly[geistesabwesend] pointing her weapon at them“ [QT-Skript], weiß nicht wirklich, wie sie auf Bill und ihre Tochter reagieren soll, doch dann regt Bill B.B. gleichsam dazu an, auf ihre Mutter mit der Wasserpistole zu schießen [B.B. - gemäß Skript: „Bang bang!“].

Du bist tot, Mami. Also stirb!“[BILL] – Bill kehrt, nachdem er sich einige Zeit lang darin gefallen hat, mit einer „dramatic narrator’s voice“ [Skript] zu sprechen (um die „theatralischen Vorgänge“ rund um ihn, die „Braut“ & B.B. zu kommentieren), zu seiner „normal voice“ [Skript] zurück und fordert „Die Braut“ auf „mitzuspielen“. Diese mimt dann tatsächlich die „Getroffene“ und lässt sich auf den Boden fallen [„The Bride shakes off her confusion, and acts out a big death scene to her little girl“; Skript]. B.B. läuft dann zu ihrer „Mommy“ und meint: „Oh, Mami. Stirb nicht! Das war nur ein Spiel“.

From the floor, looking up at her daughter, she speaks to her for the first time“ [QT-Skript] – DIE BRAUT antwortet B.B. und sagt „Ich weiß“, was von einer Umarmung begleitet wird.

Bevor die „Braut“ & ihre Tochter Komplimente austauschen [THE BRIDE: „My, my, my, what a pretty little girl you are“ / B.B.: „Your’re pretty too, Mommy“; Originalfassung], macht Bill noch eine Anspielung auf das jahrelange Koma, aus dem B.B.‘s Mutter erwacht ist: „Ich hab ihr gesagt, du würdest schlafen, aber eines Tages würdest du aufwachen und zu ihr zurückkommen“.

In der Folge kommt es, in Anwesenheit von B.B., zu einem Gespräch zwischen „Der Braut“ & Bill im Küchenbereich des Apartment 101 sowie danach in B.B.‘s Zimmer, wobei sich BILL in seinen Aussagen zumeist auf seine Tat bezieht und auch eine gewisse mit „latentem Selbstmitleid“ gepaarte „Einsicht“ an den Tag legt [Anmerkung: Der Täter tut sich selbst am allermeisten leid - Best of BILL-Aussagen, in denen wiederum die von mir bereits angesprochene psychologische Schlüssigkeit zu Tage tritt, die QT seinen Figuren, bei aller Überzeichnung, verpasst hat, denn Bill interpretiert, wie eben auch explizit in der Eröffnungsszene von Volume 1, die Gewalttat, was für Gewalttäter oder Mörder oftmals nicht ganz untypisch ist, als eine Art „masochistischen Akt“, der auch von „Traurigkeit“ begleitet wird: „Weißt du Engel, Mami ist irgendwie böse auf Daddy. […] Ich war ein sehr böser Daddy“ / „[…] I knew what would happen to Mommy if I shot her. What I didn’t know, is when I shot Mommy, what would happen to me. […] I was very sad. And that was when I learned, somethings once you do, they can never be undone“ – Text gemäß Skript/dt. Synchro: „[…] Ich war sehr traurig. Denn mir wurde klar, es gibt Dinge, die man nie ungeschehen machen kann“].

Bill schlägt schließlich vor, dass sich die „Braut“ & B.B. in B.B.‘s Zimmer noch gemeinsam ein Video ansehen, bevor diese endgültig schlafen gehen muss [B.B. – den Vorschlag Bills Nachdruck verleihend: „Mami, willst du dir ein Video mit mir ansehen […]?“]. Nachdem die angesprochene „Mami“ eingewilligt hat [THE BRIDE: „Oh ja, das würde ich sehr gern“], sehen sich die beiden eine Folge der Cartoon-Serie „Samurai Jack“ an [Anmerkung: Im Original ist jedoch davon die Rede, dass sich Mutter & Tochter als sleepy time film“  den Jidai-geki Shogun Assassin/dt. Verleihtitel:  Henker des Shogun aus 1980 ansehen].

Anschließend, als B.B. eingeschlafen ist, verlässt die „BRIDE“ das Zimmer ihrer Tochter und geht, begleitet von den [Soundtrack-]Klängen des Malcom McLaren-Songs „About Her“ [zentrale Textzeilen: „My man’s/Got a heart/Like a rock/Cast in the sea/Well no one told me about her/The way she lies/Well no one told me about her/How many people cried“ – Anmerkung: Tarantino’s Verwendung des Songs „About Her“ an jener Stelle sorgt für einen der atmosphärisch gelungensten Momente innerhalb des „Von Angesicht zu Angesicht“-Kapitels; der ehemalige New York Dolls & Sex Pistols-Manager McLaren produzierte den aus diversen Samples bestehenden Song exklusiv für den 2004 veröffentlichten Kill Bill – Volume 2-Soundtrack] und mit der -eindeutig sichtbaren- Entschlossenheit, ihre Rache endlich zu vollenden, zurück zu BILL, der im Wohnzimmerbereich auf sie wartet.

Er begutachtet ihr Hanzo-Schwert, das er „ein Meisterwerk“ nennt, und erkundigt sich nach dessen Schöpfer [BILL: „Wie geht es Hanzo-san? Ist sein Sushi inzwischen genießbar?“], wobei die „Braut“, die sich dann auf die Couch in der Mitte des Raumes setzt, nochmals die Tatsache betont, dass die reine Erwähnung von Bill’s Namen ausgereicht hat, um Hattori Hanzo dazu zu bringen, seinen „heiligen Schwur“ zu brechen, nie wieder ein Schwert zu schmieden.

Ich nehme an, es geht dir darum, dass wir Hanzo’s Schwerter kreuzen? Hab ich recht?“ [BILL] – Bill macht der „Braut“ anschließend zwei Vorschläge, wie sie sich duellieren könnten, nämlich: entweder jetzt gleich auf dem zugehörigen Privatstrand oder „[…] nach der Tradition der alten Schule“ [BILL] im Morgengrauen bei Sonnenaufgang.

Die „BRIDE“ lässt Bill den Vorschlag Nummer zwei, sich „bei Sonnenaufgang gegenseitig auf[zu]schlitzen“ [BILL], nicht mehr gänzlich fertig ausformulieren, denn sie springt von der Couch hoch und will sich Bill’s Hanzo-Schwert greifen, das auf einem stilvollen Block aus Holz platziert ist. Bill zieht eine Schusswaffe [einen EMF Hartfort Pinkerton-Revolver, eine Art „langen Colt“] und feuert absichtlich knapp daneben und auf den Fernseher – der „Braut“ bleibt nichts anderes übrig, als sich wieder hinzusetzen [BILL’s Drohung im Anschluss: „Na schön, wenn du dich jetzt nicht beruhigst, werd ich dir in die Kniescheibe schießen müssen. Und ich hab gehört, das soll sehr schmerzhaft sein, dort getroffen zu werden“].

Nun will Bill ein paar „unbeantwortete Fragen“ beantwortet haben [BILL: „Bevor dieser blutige Rachefeldzug seinen Höhepunkt erreicht, möchte ich dir ein paar Fragen stellen. Und du sollst mir die Wahrheit sagen“] und betont gleichzeitig, dass er ganz und gar nicht glaubt, dass THE BRIDE die Wahrheit sagen kann, wenn es um ihn geht. Die „Lösung“ für das Problem sieht Bill in einem Wahrheitsserum, das er der „Braut“, mithilfe eines blitzschnell & somit überraschend abgefeuerten Pfeils, ins Bein jagt [BILL – nachdem der Pfeil in Kiddo steckt: „Gotcha!“].

What the fuck did you shoot me with!?“ [THE BRIDE - Originalfassung] – Er beantwortet die Frage und teilt ihr mit, dass das „unglaublich starke[ ] und recht zuverlässige[ ]“ [BILL] Serum von ihm „Die unumstößliche Wahrheit“ [im Original: „The Undisputed Truth“] getauft wurde.

Danach betont BILL, ausgehend von einer Theorie über Superhelden & deren Alter Egos, dass DIE BRAUT, auch wenn sie -sozusagen- das alltagstaugliche Kostüm von „ARLENE PLYMPTON“ getragen hätte, immer BEATRIX KIDDO geblieben wäre – genauso, und das ist eben die Analogie, die Bill zu dem Schicksal des von ihm geschätzten Superhelden Superman herstellt, wie SUPERMAN im Alltag das „Kostüm“ seines „Alter Egos“, nämlich des „Normalos“ CLARK KENT, tragen muss und doch immer Superman ist & bleibt, weil er, im Gegensatz eben zu anderen Superhelden, wie z. B. Spiderman, der seine Superkräfte erst irgendwann durch den Biss einer genetisch manipulierten Labor-Spinne erhalten hat, gleichsam auf seinem Heimatplaneten Krypton schon als Superman geboren wurde [BILL zur BRIDE – über deren scheinbar unumstößliche „natural born killer-Natur“: „Du bist eine Killerin. Von Natur aus eine Killerin. Das warst du immer und das wirst du immer sein. […] Nichts in der Welt hätte daran was geändert“ / „Versteh mich nicht falsch. Ich glaube, du wärst eine wunderbare Mutter gewesen. Aber du bist eine Killerin“].

Unter dem Einfluss des Wahrheitsserums „gesteht“ THE BRIDE/BEATRIX KIDDO, dass BILL in gewisser Weise recht hat und das geplante Leben mit Tommy Plympton wohl nicht funktioniert hätte. Als eigentlichen Grund für ihren „versuchten Absprung in das normale Leben“ nennt sie aber die Tatsache, mit B.B. schwanger gewesen zu sein.

Why did you run away from me with my baby?“ [BILL; Originalfassung] – Bill hakt nach und „Die Braut“ erwähnt ihren „letzten Auftrag“, den sie von Bill erhalten hat und der die Exekution eines „lady scoundrel[s]“ [Ausdruck im QT-Skript; scoundrel: Schurke, Halunke] namens LISA WONG in L.A. vorgesehen hatte. Bevor man in einer RÜCKBLENDE dann sieht, wie die „Braut“ es in ihrem Hotelzimmer in L.A. mit einer von Lisa Wong’s Killerinnen, nämlich Karen Kim [gespielt von Helen Kim, welche 2007 dann auch einen Auftritt als „Peg“ in Tarantino’s Death Proof – Todsicher hatte], zu tun bekommt, erzählt sie Bill, dass sich seinerzeit bei ihr bereits im Flugzeug „erste Anzeichen von B.B.“ gezeigt hätten: „An dem Morgen, als ich ging, war mir schlecht. Im Flugzeug hab ich mich übergeben. Da hat' ich den Gedanken, dass ich möglicherweise schwanger bin“.

 

 

 

(ENDE von TEIL 1.6.2 - Neu überarbeitete Fassung; Ur-Fassung: 03.08.2020)