John Wayne in "Rio Bravo" (1959; Regie: Howard Hawks) oder: Warum der "Duke" der größte Star war, der jemals einen 6-schüssigen Revolver hielt... (TEIL 3 [von 3] des Artikels - HAUPTTEIL)

 

VI

 

 SHERIFF JOHN T. CHANCE

 Glaub ja nicht, dass du was Besonderes bist! Glaubst du, du hast den Katzenjammer erfunden?

 

 (aus: Rio Bravo; „Sheriff John T. Chance“ John Wayne zu seinem Hilfssheriff „Dude“ Dean Martin, während dieser sich mit Alkohol-Entzugs-bedingten Schwierigkeiten herumplagt; in der Originalfassung lautet Wayne’s Satz: „Don’t set yourself up as being so special! Think you invented the hangover?“)

 

 

 DUDE

 Das Zittern ist weg! Nur wegen so einem bisschen Musik. Als ich die Musik hörte, hab ich erst gemerkt, wie weit es mit mir gekommen ist.

 

 (aus: Rio Bravo; Worte von „Dude“ Dean Martin, der an einem Tisch im Sheriff-Hauptquartier sitzt und umgeben ist von „Sheriff John T. Chance“ John Wayne und „Stumpy“ Walter Brennan; die angesprochene Musik, „Degüello“ oder auch „The Cutthroat Song“, kommt aus dem Saloon und wurde dort von Oberbösewicht „Nathan Burdette“ John Russell angeordnet; nach diesen Worten, die mehr oder weniger das Ende seiner Alkohol-Entzugserscheinungen signalisieren, entschließt sich „Dude“ Dean Martin, weiterhin an der Seite von Wayne und Brennan gegen die Männer von Burdette zu kämpfen)

 

 

 Purple light in the canyons

 That’s where I long to be

 With my three good companions

 Just my rifle, pony and me

 

 (aus: Rio Bravo; Ausschnitt aus dem Song My Rifle, My Pony and Me, den Dean Martin, als es ihm wieder besser geht, in Gesellschaft von Wayne, Walter Brennan und Ricky Nelson zum Besten gibt)

 

 

Kennen Sie den besten Suchtberater der Filmgeschichte?

Die Antwort wird Sie vielleicht überraschen, aber sie lautet, aus meiner Sicht, unbedingt: John Wayne - und zwar in Howard Hawks‘ Western-Meisterwerk Rio Bravo aus 1959, in einem Western also, der Filmgeschichte geschrieben hat und zu den „finest moments“ sowohl des „Duke“ als auch von Howard Hawks zählt.

Frank Sinatra hat 1966 einmal, im Rahmen eines Live-Auftritts im „Sands Hotel“ in Las Vegas, der, betitelt mit Sinatra at the Sands, auch als Tonträger erhältlich ist, scherzhalber über seinen Freund Dean Martin gemeint, dass, sollte es jemals so etwas wie ein „Olympic Drinking Team“ geben, Martin unbedingt der Coach sein muss :-).

Nun, in Rio Bravo spielt Dean Martin tatsächlich einen Säufer, den die Einheimischen sogar „Borrachón“ nennen (was eben so viel wie „großer Säufer“ bedeutet). Und der zentrale Verdienst von „Sheriff John T. Chance“ John Wayne ist es, seinem alten Freund „Dude“, denn so heißt die von Martin gespielte Figur wirklich, wieder auf die Beine zu helfen. Soll heißen: Er gibt ihm, weil er noch immer an ihn glaubt, indem er ihn wieder zum Hilfssheriff macht, sein Selbstbewusstsein zurück, weil er es auch unerträglich findet, dass „Dude“ sich, um seiner Alkoholsucht zu frönen, erniedrigt und in Saloons Ein-Dollar-Stücke aus dem Spucknapf holt, die andere, die sich über den fast mittellosen Alkoholiker lustig machen, sadistischerweise dort hineingeworfen haben.

Dieser Sucht bedeutet Erniedrigung-Aspekt, man denke nur an die Worte von Bösewicht „Joe Burdette“ Claude Akins „Wie geht’s dir, Borrachón? Zittern dir schon die Hände?“, ist in Rio Bravo verblüffend realistisch und großartig dargestellt und wenn „John T. Chance“ John Wayne zu „Dude“ Dean Martin in einem Saloon, in dem „Dude“ früher belächelter „Stammgast“ war und im dem sich dieser nun als Hilfssheriff bewährt hat, sagt „Ich glaube, jetzt lassen sie dich durch die Vordertür rein“, dann ist das, ganz nebenbei, einer der schönsten - und humansten - Momente der Filmgeschichte!

 

 

 VII

 

Fast fällt es einem ein wenig schwer, eine Auswahl an Howard Hawks-Filmen zu treffen, die man in einem Howard Hawks-Essay, in dessen Zentrum eben der wunderbare Rio Bravo steht, auch nicht unerwähnt lassen sollte :-).

Howard Hawks (1896-1977), der in Hollywood auch mit dem (sich auf die Wirkung seines grauen Haars beziehenden) Spitznamen „The Silver Fox“ versehen wurde und den Jean-Luc Godard einmal den „größten amerikanischen Künstler“ nannte, gehört zu meinen absoluten Lieblingsregisseuren, denn seine Filme begeistern mich in einer Weise, wie das nur die Filme ganz weniger Regisseure tun, vielleicht sogar nur noch die von David Lynch, Woody AllenAlfred Hitchcock und Roman Polanski.

 

Katharine Hepburn liefert in dem bereits erwähnten Screwball-Comedy-Meilenstein Leoparden küsst man nicht von 1938, das Werk war zur Zeit seiner Erstveröffentlichung übrigens ein Flop – heute wird es regelmäßig zu den besten Filmen aller Zeiten gezählt, bereits die „Hawksian Woman“ par excellence ab, jenen auffällig emanzipierten, selbstbewussten und schlagfertigen Frauentypus, den Hawks für seine Filme kreiert hat und der auch zu den dominantesten Merkmalen derselben gehört. Leoparden küsst man nicht, der Film stellt neben George Cukor’s legendärem Die Nacht vor der Hochzeit, bei dem sich aber bekanntlich auch noch Jimmy Stewart zu den beiden gesellt, eindeutig die beste Zusammenarbeit des Dream-Teams Hepburn und Grant dar, hat seine Spuren in der Populärkultur hinterlassen und Peter Bogdanovich’s berühmtes Is‘ was, Doc? (Originaltitel: What’s Up, Doc?) von 1972 ist eine einzige Verbeugung vor Hawks‘ „Super-Comedy“, denn „Judy Maxwell“ Barbra Streisand und „Howard Bannister“ Ryan O’Neal sind eindeutig „filmische Nachfahren“ von „Susan Vance“ Katharine Hepburn und „Dr. David Huxley“ Cary Grant.

Eine nicht minder großartige „Hawksian Woman“ als Hepburn stellt auch Rosalind Russell in Sein Mädchen für besondere Fälle (1940) dar, im Original: His Girl Friday (übersetzt etwa „Seine treue Dienerin“), einer weiteren Screwball-Comedy, die auf einem populären Theaterstück von Ben Hecht und Charles McArthur beruht, betitelt mit „The Front Page“ (deutscher Titel: Reporter) – also genau so, wie der Billy Wilder-Film Extrablatt von 1974 mit Originaltitel heißt, in dem Jack Lemmon und Walther Matthau dann die Rollen des Reporters „Hildebrand Hildy Johnson“ und des Zeitungsherausgebers „Walter Burns“ spielen. Natürlich heißt Rosalind Russell in dem ungemein witzigen und temporeichen Hawks-Film, in dem auch Screwball-Comedy-typische sich überlappende Dialoge zum Einsatz kommen, nicht „Hildebrand Johnson“ :-), so wie Jack Lemmon in dem Billy Wilder-Werk, sondern „Hildegard Johnson“, eben „Hildy“ genannt. Und auch die Story von Sein Mädchen für besondere Fälle, ein wahres Filmjuwel, das stets im Schatten anderer Werke von Howard Hawks steht, unterscheidet sich in einigen zentralen Punkten von der des Wilder-Films, denn bei Hawks versucht der ebenso durchtriebene wie charmante „Walter Burns“ Cary Grant seine Ex-Frau „Hildy Johnson“ Rosalind Russell zurückzubekommen, bevor diese einen anderen heiratet – also versorgt er sie mit einem Auftrag, der an ihren journalistischen Spürsinn appelliert, was schließlich dazu führt, dass die gewiefte Hildy dem unschuldig einsitzenden Todeskandidaten „Earl Williams“ (gespielt von John Qualen), mit dem sie zunächst im Gefängnis ein Interview führt, aus der Patsche hilft und während all der damit verbundenen Turbulenzen merkt, dass sie Burns wohl immer noch liebt. Gut – Billy Wilder hätte wohl kaum eine ganz deckungsgleiche Geschichte mit Lemmon und Matthau drehen können :-), deswegen ist Jack Lemmon in Extrablatt nur Matthau‘s „bester Reporter“ (oder, wie Matthau im Film immer sagt, „das beste Pferd im Stall“ :-)), den dieser nicht verlieren will und den er am Ende letztendlich auch erfolgreich davon abhält, seine Verlobte „Peggy Grant“ Susan Sarandon zu heiraten.

Das ist alles andere als zynische und liebenswürdige Unterhaltung. Es ist ein böses, intelligentes und unerbittliches Werk“ – diese Worte des Regisseurs Franꞔois Truffaut, überhaupt hatte die ganze Nouvelle Vague-Truppe um Truffaut und Godard eine Schwäche für Hawks :-), die sich auf Hawks‘ legendären „musical comedy film“ Blondinen bevorzugt (1953; Originaltitel: Gentlemen Prefer Blondes) beziehen, könnten wahrer nicht sein, denn der Film ist, abseits des darin dargebotenen wahrlich ikonischen Marilyn Monroe-Songs Diamonds Are a Girl’s Best Friend und des darin präsentierten und von Monroe in einer zentralen Szene getragenen, ebenfalls ikonischen „Pink Dress“ (Sie wissen schon, jenes „Pink Dress“, das auch Madonna 1985 in dem Musik-Video zu Material Girl getragen hat :-)), eine nicht ungiftige Kritik am Materialismus.

Blondinen bevorzugt, den ich mir so circa alle zwei bis drei Jahre in den DVD-Player einlege :-), ist eine Art „buddy film“ mit weiblichen Hauptdarstellern, in dem vor allem Jane Russell, die Frau, für die einst der Milliardär Howard Hughes – und zwar für sein damals von der US-Zensurbehörde zerschnippeltes Western-Regie-Debüt Geächtet (1940; Originaltitel: The Outlaw) – einen Spezial-BH anfertigen ließ, um ihre Oberweite so richtig zur Geltung zur bringen :-), eine überzeugende „Hawksian Woman“ abgibt, die sich, als Showgirl „Dorothy Shaw“, im Gegensatz zu ihrer von der Monroe dargestellten Partnerin „Lorelei Lee“, die völlig materialistisch eingestellt ist, nicht viel aus Geld macht. Am Ende des amüsant-scharfsinnigen Werkes, in dessen Zentrum die turbulente Reise auf einem Ozeandampfer von den USA nach Europa steht, wird Doppelhochzeit gefeiert und die von Russell gespielte „Dorothy“ bekommt den Privatdetektiv „Ernie Malone“ (gespielt von Elliot Reid) ab, während „Lorelei“ Marylin Monroe, wie eigentlich den ganzen Film über geplant, den Millionärssohn „Gus Esmond Jr.“ (gespielt von Tommy Noonan) heiratet.

Übrigens, um nochmals diese „Spezial-BH-Geschichte“ aufzugreifen :-) – den besagen BH hat Russell, in dem von Hughes inszenierten Billy The Kid-Pat Garrett-Doc Holliday-Western Geächtet, nach eigenen Aussagen nie getragen: Das Jane Russell-Debüt wurde seinerzeit aber tatsächlich mit den Worten „Es gibt zwei gewichtige Gründe, diesen Film zu sehen“ beworben :-).

 

Natürlich ist Howard Hawks auch derjenige Regisseur gewesen, der Humphrey Bogart am allerbesten hat inszenieren können, noch besser sogar als John Huston, mit dem Bogart zum Beispiel solche Meilensteine wie Die Spur des Falken (1941; Originaltitel: The Maltese Falcon; literarische Vorlage: Dashiell Hammett), Gangster in Key Largo (1948; Originaltitel: Key Largo) oder Der Schatz der Sierra Madre (1948; Originaltitel: The Treasure of the Sierra Madre) gedreht hat.

Da uns das aber meilenweit von Rio Bravo und dem „Duke“ John Wayne wegführt :-), sei zu diesem ganz speziellen Kapitel Filmgeschichte, das die beiden Howard Hawks-Humphrey Bogart-Lauren Bacall-Zusammenarbeiten Haben und Nichthaben (1944; Originaltitel: To Have and Have Not; literarische Vorlage: Ernest Hemingway) sowie natürlich vor allem Tote schlafen fest (1946; Originaltitel: The Big Sleep) bedeuten, nur so viel gesagt: Haben und Nichthaben bleibt eine der besten Hemingway-Verfilmungen und ein Werk, bei dem man förmlich im Film Zeuge davon werden kann, wie sich eines der populärsten Hollywood-Paare aller Zeiten, nämlich Bogart & Bacall, tatsächlich ineinander verliebt! Achten Sie doch mal, wenn Sie sich den Film mal wieder ansehen, drauf, wie im Laufe des Werks die außergewöhnliche „Leinwand-Chemistry“ zwischen Bogart und Bacall zu einer „Real-Life-Chemistry“ zu werden scheint :-)!

Tote schlafen fest (das Drehbuch zu der Raymond Chandler-Verfilmung wurde, unter anderem, auch von Hawks engem Freund, dem Autor und Nobelpreisträger William Faulkner verfasst) hingegen ist und bleibt der König aller Film-noir-Werke, einer der populärsten und besten Kriminalfilme aller Zeiten. Wobei das Werk, genau genommen, inhaltlich recht chaotisch geraten ist, nicht zuletzt deswegen, weil darin vor allem die Frage „Wer hat eigentlich den Chauffeur Owen Taylor getötet?“, denn diese Nebenfigur wird in der Mitte des Films gekillt, unbeantwortet bleibt, eine Tatsache, die sicherlich als eines der größten Rätsel der Filmgeschichte gelten kann :-). Einer beliebten Anekdote zur Folge soll Hawks, der stets offen zugegeben hat, dass auch er die Handlung seines Films nicht ganz verstehe :-), einen Brief an den Autor der Vorlage, Raymond Chandler, geschrieben haben, mit der Frage, wer denn nun den Chauffeur wirklich getötet hat – Chandler’s Antwort: „Keine Ahnung“.

 

 

 VIII

 

 Say, where did I see this guy?

In „Red River“?

[…]

Maybe „The Misfits“?

[…]

Everybody say "What's he like?"

Everybody say "Is he alright?"

Everybody say "He sure look funny!"

That’s…Montgomery Clift, honey!

 

 (aus dem „Montgomery Clift-Song“ The Right Profile von The Clash, erschienen auf dem legendären Album London Calling [das allgemein als eine der bedeutendsten Musikaufnahmen aller Zeiten gilt und einst vom Rolling Stone-Magazin, obwohl eigentlich noch 1979 erschienen, zum „Besten Album der 80er-Jahre“ gewählt wurde :-)])

 

 

Der Jahrhundert-Western Rio Bravo war bekanntlich nicht die einzige Zusammenarbeit zwischen dem „Duke“ John Wayne und dem „Silver Fox“ Howard Hawks - vor Rio Bravo gab es da nämlich auch noch einen weiteren Edelwestern, nämlich Red River (1948), nach Rio Bravo noch den Abenteuerfilm-Klassiker Hatari! (1962) sowie die, wenn man so will, „Rio Bravo-Remakes“ El Dorado (1966; Co-Star: Robert Mitchum) und Rio Lobo (1970), beides Western, die das Rio Bravo-Thema, genau genommen, nur mehr leicht variieren, ohne jedoch ganz die Qualität des Originals zu erreichen.

Zu den „Greatest Hits“ des „Duke“ und von Howard Hawks zählt auf jeden Fall der virtuos inszenierte, spektakulär gefilmte (Kamera: Russell Harlan - führte dann auch bei Rio Bravo die Kamera) und letztendlich vor allem von Wayne und seinem Co-Star Montgomery Clift hervorragend gespielte Western Red River, der der erste Hollywood-Film war, in dem eine Handkamera, ich meine: als bewusstes Stilmittel, eingesetzt wurde! Das für damalige Verhältnisse durchaus nicht gerade geringe Produktionsbudget von über 3 Millionen US-Dollar wurde angeblich zur Hälfte für den Kauf ganzer Landstriche sowie auch für den Kauf von rund 5000 Rindern verwendet :-), deren panische Fluchtbewegungen im Film durch in den Boden eingegrabene Kameras mit Panzerglas eingefangen wurden, was die zweite kameratechnische Innovation des Films darstellte.

Montgomery Clift, jener Schauspieler, der in dem oben zitierten Song der Punk-Virtuosen The Clash beschworen wird (das Album, auf dem der Song erschienen ist, also London Calling, ist mein absolutes Lieblings-Musikalbum!) und der in Red River gemeinsam mit seinem Ziehvater „Tom Dunson“ John Wayne möglichst verlustfrei eine Herde mit Tausenden von Rindern von Texas über den berühmten Red River nach Missouri bringen will (was dazu führt, dass sich Ziehvater und Ziehsohn, wenig überraschend, am Ende gegenseitig erschießen wollen :-)), ist so etwas wie eine leicht tragische Figur der Filmgeschichte.

Der homosexuelle Clift (1920-1966), der einer der Ersten war, der sich dem so genannten „Method Acting“ (Bezeichnung für die von Lee Strasberg, auf der Basis der Lehren von Konstantin Stanislawski, entwickelte Schauspieltechnik, bei der die Schauspieler vor allem mit Erinnerungen an eigene Erlebnisse arbeiten) verschrieben hat, hat in seiner vergleichsweise kurzen und nur 17 Filme umfassenden Filmkarriere (weiteres Highlight: 1953: das Militärdrama Verdammt in alle Ewigkeit/OT: From Here to Eternity von Fred Zinnemann) meist sensible (junge) Männer mit Hang zur Tragik gespielt. Marylin Monroe, deren Co-Star Clift dann in Monroe‘s letztem Film, John Huston’s genialem Drama Misfits – Nicht gesellschaftsfähig (1961; Originaltitel: The Misfits; Drehbuch: Arthur Miller – Monroe’s damaliger Ehemann), war, das Werk ist übrigens eines der deprimierendsten der Filmgeschichte und gehört auch zu meinem eigenen -erweiterten- Favoritenkreis :-), hat einmal über den Schauspieler gemeint, dass Clift der einzige Mensch war, dem es noch schlimmer ging als ihr (Zur Erklärung: Clift’s Gesicht musste 1956 nach einem Autounfall, der nach einer Party bei Elizabeth Taylor passiert war, chirurgisch wieder hergestellt werden – dies führte zu tiefgreifenden psychischen Problemen und einer Tabletten-Abhängigkeit bei Clift, der dann 1966 an einem Herzinfarkt verstarb). Überhaupt hat über dem formidablen John Huston-Drama Misfits – Nicht gesellschaftsfähig, ein Werk, das ein „typischer Huston“ ist, denn alle John Huston-Filme haben etwas Deprimierendes an sich :-), irgendwie „Der Hauch des Todes“ geschwebt, denn es war nicht nur Monroe’s letzter Film, sondern auch noch der von Clark Gable (1901-1960), der darin den alternden modernen Cowboy „Gay Langland“ spielt!

Dennoch, oder vielleicht auch gerade deswegen :-), zählt „The Misfits“, so der Originaltitel, jene Geschichte dreier im Leben irgendwie gescheiterter Männer (gespielt von Gable, Clift sowie von Eli Wallach), die sich in eine schöne und junge und eben von der Monroe dargestellten Frau verlieben, mit der sie einen „romantischen Ausflug“ machen, um Wildpferde zu fangen, die zu Hundefutter verarbeitet werden sollen, zu den ganz großen Werken der US-Filmgeschichte, das noch dazu mein persönliches Lieblings-Filmzitat aller Zeiten enthält, nämlich das von „Roslyn Taber“ Marylin Monroe, während sie von der Kamera nur in einer Totalen gefilmt wird, verzweifelt in die (Wüsten-)Gegend gebrüllte „Ihr seid nur glücklich, wenn Ihr zusehen könnt, wie etwas zugrunde geht! Bringt euch doch selber um und seid glücklich!“ (im Original: „You’re only happy, when you can see something die! Why don’t you kill yourselfs and be happy?!“).

Aber, zurück zu Montgomery Clift :-), wie bereits angedeutet: In seinem Film-Debüt Red River, an der Seite des „Duke“ John Wayne, als dessen Adoptivsohn „Matthew Matt Garth“, stand die spätere Kultfigur Montgomery Clift sozusagen noch in ihrer vollen schauspielerischen Blüte. Und auch Wayne’s Leistung darin ist ganz hervorragend, weil Howard Hawks, im Gegensatz eben zu John Ford, die Film-Ikone Wayne angenehm „leicht“ und überaus „sympathisch“ inszenieren konnte und somit dem „Duke“ stets dessen „Betonkopf-Qualitäten“ und dessen leicht selbstgefällige „Ich bin ein aufrechter Konservativer und habe Gott auf meiner Seite-Attitüde“ ein wenig genommen hat :-).

 

 

 IX

 

 

 PAT WHEELER

 Ein alter Invalide und ein Säufer. Mehr haben Sie nicht?

 

 (aus: Rio Bravo; „Pat Wheeler“ Ward Bond macht „Sheriff Chance“ John Wayne klar, wie, angesichts des vorhandenen „Personals“, die Chancen stehen)

 

 

Howard Hawks hat zweifellos einige der unterhaltsamsten Filme aller Zeiten gedreht. Und bei einem seiner allerunterhaltsamsten, bei Rio Bravo, ging es ihm, sinngemäß wiedergegeben, vor allem darum, dass der Sheriff nicht den ganzen Film über wie ein kopfloses Huhn herumläuft, um am Ende dann doch nur von seiner Quäker-Frau unterstützt und gerettet zu werden :-).

Naja :-), das Ganze war natürlich ein gemeiner Seitenhieb auf Fred Zinnemann’s Western-Klassiker Zwölf Uhr mittags (1952; Originaltitel: High Noon) und auf dessen von Gary Cooper und Grace Kelly gespielten Hauptfiguren. Und tatsächlich: So betont „unheroisch“ wie Zinnemann sein Personal in Zwölf Uhr mittags, ich persönlich konnte den Film übrigens auch nie leiden :-), agieren lässt, kommen der „Duke“ sowie alle seine Co-Stars (Dean Martin, Walter Brennan, Ricky Nelson & Angie Dickinson) in Rio Bravo ganz sicher nicht rüber. Viel mehr huldigt der Western einem zentralen Wildwest-Mythos, nämlich dem vom „zusammengeschweißten Haufen“, der, der Gerechtigkeit willen, sogar bereit wäre, gemeinsam in den Tod zu gehen – To die by your side/Well, the pleasure – the privilege is mine heißen die von Morrissey geschriebenen Textzeilen aus dem Smiths-Song There Is a Light That Never Goes Out (erschienen 1986 auf dem Album The Queen Is Dead), die man, obwohl der Song so gar nix mit dem Wilden Westen zu tun hat :-), mühelos auch auf diesen zentralen Mythos des „Wild Wild West“ anwenden könnte.

 

Zur Handlung von Rio Bravo: Der Film beginnt damit, dass Dude (Dean Martin), auch „Borrachón“ („großer Säufer“) genannt, in der texanischen Stadt Rio Bravo einen Saloon betritt. Da Joe Burdette (Claude Akins), Bruder des Großgrundbesitzers Nathan Burdette (John Russell), merkt, dass sich Dude einen Drink nicht leisten kann, wirf er vor dessen Augen eine Silber-Münze in einen Spucknapf. Sheriff John T. Chance (John Wayne) erscheint auf der Bildfläche, kickt den Spucknapf, in den Dude gerade hineingreifen will, weg und wirft Dude einen angewiderten Blick zu. Dude, der sich für seine Situation schämt, schlägt den Sheriff mit einem Stück Holz nieder. Burdette beginnt daraufhin Dude zu schlagen - und als ein unbewaffneter Mann (Bing Russell – der Vater von Kurt Russell!) versucht dazwischenzugehen, erschießt Burdette diesen kaltblütig.

Joe Burdette geht danach in einen anderen Saloon, nämlich in den seines Bruders, wo ihn dann ein am Kopf blutender Sheriff Chance festnehmen will. Ein Burdette-Handlanger richtet seinen Revolver auf Chance, doch Dude schießt diesem die Waffe aus der Hand. Burdette wird festgenommen und im lokalen Gefängnis, das gleichzeitig auch das Hauptquartier des Sheriffs ist, eingebuchtet. Chance ist nicht abgeneigt, Dude, der schon mal an der Seite von Chance als Hilfssheriff agierte, wieder zum Hilfssheriff zu machen, verlangt aber von ihm, die Alkoholsucht in den Griff zu bekommen. Beide erinnern sich daran, wie gut Dude einst an der Waffe war, bevor eine unglückliche „Frauengeschichte“ ihn zum Trinker gemacht hat.

Chance’s Freund Pat Wheeler (Ward Bond) macht, mit einer Reihe von Angestellten, am nächsten Tag Halt in Rio Bravo. Unter diesen Angestellten ist auch der junge Revolverheld Colorado Ryan (Ricky Nelson). Währenddessen bewacht der alte Stumpy (Walter Brennan), der durch eine Fußverletzung eingeschränkte zweite Hilfssheriff von Chance, den Häftling Burdette im Hauptquartier. Burdette warnt den Sheriff und dessen Leute davor, dass sein einflussreicher Bruder Nathan die ganze Sache nicht auf sich beruhen lassen und ihn aus dem Gefängnis holen wird.

In der Zwischenzeit kommt eine mysteriöse Frau mit dem Spitznamen „Feathers“ (Angie Dickinson) in der Stadt an und spielt im Saloon Poker. Chance und Dude patrouillieren durch die Stadt und werden dabei von dem Hotel-Besitzer Carlos Robante (Pedro Gonzales-Gonzales) darauf hingewiesen, dass Pat Wheeler in der Stadt zu viel herumredet, dass Sheriff Chance Hilfe brauchen würde. Chance weist Wheeler in der Folge darauf hin, dass sein Herumgerede die Aufmerksamkeit der falschen Leute erregen könnte und er dies lieber beenden sollte. Wheeler möchte, dass Colorado dem Sheriff hilft, doch Colorado lehnt höflich ab und meint, dass er sich nicht einmischen möchte.

Als „Feathers“ das Poker-Spiel gewinnt, folgt ihr Sheriff Chance in ihr Hotelzimmer und konfrontiert sie mit einem Steckbrief, dessen Beschreibung auf sie zutreffen und sie als Falschspielerin enttarnen würde. Colorado erscheint auf der Bildfläche und enttarnt einen anderen Mann im Saloon als Falschspieler, was aber Chance nicht dazu bringt, sich bei „Feathers“ zu entschuldigen, da er, wie er meint, nur seinen Job getan hat.

Pat Wheeler geht in der Nacht zurück zu seinem Hotel und wird hinterrücks von einem Burdette-Mann erschossen. Colorado bietet, nach dem Tod seines Bosses Wheeler, dem Sheriff seine Hilfe an, dieser lehnt jedoch ab und meint, dass Colorado seine Chance dazu gehabt und nicht gewollt hätte. Chance und Dude spüren den Schützen auf und verfolgen diesen, nachdem Dude ihn mit einem Schuss offenbar verwundet hat, in den Saloon von Nathan Burdette. Da Dude meint, der Schütze müsse Dreck an seinen Stiefeln haben, kontrollieren er und der Sheriff die Stiefel der anwesenden Männer, die allesamt sauber sind. Zwei Burdette-Männer sowie der Barkeeper ärgern Dude bezüglich seiner Trinkerei – einer der Männer wirft wiederum eine Münze in den Spucknapf und der Barkeeper schenkt ihm ein Bier ein. Als aber Blut von oben in das Bier tropft, erschießt Dude den Mörder Wheelers, der sich in dem Saloon versteckt hat.

In der gleichen Nacht bewacht „Feathers“, ohne dessen Wissen, den Schlaf von Sheriff Chance im Hotel von Carlos. Als Chance das erfährt, verlangt er von „Feathers“, dass sie sofort mit der Postkutsche abreist, letztendlich deswegen, weil er nicht will, dass sie sich in Gefahr bringt.

Nathan Burdette und seine Handlanger treffen schließlich in der Stadt ein. Burdette sucht umgehend seinen Bruder im Gefängnis auf und droht Sheriff Chance und seinen Helfern mit Konsequenzen, falls sie darauf bestehen, Joe noch länger festzuhalten – vorerst verlassen Burdette und seine Männer aber das Sheriff-Hauptquartier wieder, bleiben aber in der Stadt, um den Drohungen Nachdruck zu verleihen.

„Feathers“ teilt Sheriff Chance mit, dass sie die Stadt nicht verlassen will. Sie gibt dem empörten Sheriff einen Kuss, der daraufhin, mit der Situation und dem Liebesgeständnis überfordert, wieder davonmarschiert.

Mit diesem Liebesgeständnis von „Feathers“ sind sozusagen dann alle zentralen Aspekte der ganzen Story abgesteckt und in Gang gebracht - im weiteren Verlauf des immerhin 136 Minuten (Blu-ray-Disc-Laufzeit: 141 Minuten :-)) langen Films kämpft Dude mit seiner versuchten Alkohol-Abstinenz, bis er sich schließlich dazu durchringt, „clean“ und tatsächlich an der Seite von Sheriff Chance zu bleiben, der seinerseits wiederum erst lernen muss, mit den andauernden Liebesgeständnissen von „Feathers“ umzugehen, die sogar ganz am Ende nochmal versucht, ihn eifersüchtig zu machen, indem sie ankündigt, in einem aufreizenden Kostüm im Hotel von Carlos als Sängerin zu arbeiten, was Chance natürlich verhindert, indem er endlich auch ihr seine Liebe gesteht.

Bevor Sheriff Chance und „Feathers“ aber zusammenkommen, zwingen Chance, Dude, der zuvor noch von der Burdette-Bande entführt wurde, um gegen Joe Burdette ausgetauscht zu werden, Stumpy sowie Colorado, der von Chance schließlich dann doch noch in die Riege seiner Hilfssheriffs aufgenommen wird, die Burdette-Bande in die Knie, indem sie diese mit Dynamitstangen aus ihrer Deckung jagen.

 

Hawks‘ Rio Bravo (das Drehbuch schrieben die Howard Hawks-erprobten Leigh Brackett & Jules Furthman) ist nicht nur mein persönlicher Lieblingsfilm mit John Wayne, sondern überhaupt mein Lieblings-Western, denn er liegt in meinem persönlichen „Western-Ranking“ noch vor solchen Wildwest-Meisterwerken wie Peckinpah’s rabiatem New Hollywood-Meilenstein The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz oder John Huston’s grandiosem Denen man nicht vergibt (Originaltitel: The Unforgiven) mit Burt Lancaster und Audrey Hepburn aus 1960, ein Film, der so eine Art Der schwarze Falke-Umkehr-Film ist (Der schwarze Falke-Autor Alan Le May schrieb übrigens auch dazu die literarische Vorlage!), denn Hepburn spielt darin eine junge Frau, die bei weißen Farmern aufgewachsen ist, aber, was sofort zu diversen rassistischen Anfeindungen innerhalb der bigotten „Ranger-Community“ führt, in Wahrheit eine Indianerin ist, deren Stamm sie plötzlich wieder zurückhaben möchte (was natürlich nicht ohne Blutvergießen abgeht).

Wie bereits angedeutet: Der „Duke“ liefert in Rio Bravo eine der besten und auch sympathischsten Leistungen seiner Karriere, denn das „John Wayne-typische Herumgestakse“ :-) macht hier so richtig Spaß und kann als das coolste, souveränste und angstfreieste Herumgestakse der Western-Filmgeschichte bezeichnet werden!

Souveräner und cooler als Wayne in Rio Bravo bewegen sich vielleicht nur noch „Pike Bishop“ William Holden und sein „Wild Bunch“ am Ende des Peckinpah-Films, als diese, bewaffnet, einen langen „Walk“ durch eine schäbige mexikanische Stadt hinlegen, um mit den Schergen um „General Mapache“ Emilio Fernandez sowie mit diesem selbst endlich abzurechnen (Anmerkung: Natürlich ist das in The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz eine Art „Todes-Walk“, denn alle Männer um Holden sowie er selbst sterben am Ende, doch, was den Coolness-Faktor(!) betrifft, sind Wayne’s „Streifzüge durch die Hometown“ in Rio Bravo und Holden‘s, Ernest Borgnine‘s, Warren Oates‘ und Ben Johnson’s „entschlossener Spaziergang in den sicheren Tod“ durchaus zu vergleichen!).

 

Wie in fast allen Filmen von Howard Hawks spielen Männerfreundschaften auch in Rio Bravo eine große Rolle. Die Männer, und das ist ebenso absolut Howard Hawks-typisch wie die „Hawksian Woman“, kümmern sich, unterm Strich, mitunter fast rührend umeinander und haben ein ungewöhnlich enges Freundschafts-Verhältnis (so hat Sheriff Chance, in der Abwesenheit von Dude, sogar jenen Revolver samt Patronengürtel in dem Saloon wieder ausgelöst, in dem dieser die Sachen einst als Pfand gelassen hat!), das, und das meine ich völlig wertfrei, im Kern fast homoerotische Aspekte aufweist, was nicht weiter verwundern mag, wenn man weiß, dass Hawks, der mehrmals verheiratet war, auch zehn Jahre lang mit dem Regisseur von Vom Winde verweht (1939; Originaltitel: Gone with the Wind) und Der Zauberer von Oz (1939; Originaltitel: The Wizard of Oz), Victor Fleming, zusammengelebt hat (genauso wie im Übrigen auch Cary Grant zehn Jahre lang mit dem B-Western-Star Randolph Scott unter einem Dach gelebt hat).

Der „Duke“ ist in Rio Bravo von zwei „Freunden“ umgeben, mit denen er aber nicht nur in diesem Film gemeinsam vor der Kamera stand. So drehten Wayne und der einstige Jerry Lewis-Comedy-Film-Partner und Frank Sinatra-Rat Pack-Kumpel Dean Martin (1917-1995), der vielleicht, als Säufer „Dude“ alias „El Borrachón“, welcher dank der Hilfe von „Sheriff John T. Chance“ wieder in die Spur zurückfindet, das heimliche Herzstück des Films ist, 1965 noch den sehenswerten Western Die vier Söhne der Katie Elder (Originaltitel: The Sons of Katie Elder; Regie: Henry Hathaway) miteinander. Und Walter Brennan (1894-1974; Anmerkung: Brennan, der auch Sänger war, ist tatsächlich der einzige Schauspieler, neben Jack Nicholson und Daniel Day-Lewis, der dreifacher Oscarpreisträger ist, denn Brennan hatte gleich drei Nebenrollen-Oscars bei sich zu Hause stehen!), als „kauziger Alter“ und Hilfssheriff namens „Stumpy“ ebenfalls ein absoluter Sympathieträger in Rio Bravo, war schon in Hawks‘ Red River an der Seite von John Wayne (und Montgomery Clift) zu sehen (sowie 1944, wiederum eben unter Hawks‘ Regie, in Haben und Nichthaben an der Seite von Humphrey Bogart).

 

 

 

SHERIFF JOHN T. CHANCE

 Weil es Leute gibt, die mit dem Revolver schneller sind als ich.

 

 (aus: Rio Bravo; „Sheriff Chance“ John Wayne zu „Colorado“ Ricky Nelson auf dessen Frage hin, warum er eigentlich nie seinen Revolver verwendet)

 

 

SHERIFF JOHN T. CHANCE

 Es macht Spaß, zur Abwechslung mal einen gescheiten Jungen zu sehen.

 

 (aus: Rio Bravo; „Sheriff Chance“ John Wayne über „Colorado“ Ricky Nelson)

 

 

 She told me that she loved me

 She called me sugar plum

 She threw her arms around me

 I thought my time had come

 

 Get along home, Cindy-Cindy (3x)

 I’ll marry you sometime

 

 (aus: Rio Bravo; Ausschnitt aus dem Song Cindy, den „Colorado“ Ricky Nelson im Sheriff-Quartier, umgeben von Wayne, Martin und Brennan, zu singen anfängt – Martin und Brennan singen den Song schließlich mit)

 

 

Was tut man, wenn drei Viertel der Haupt-Cast eines Films, im Falle von Rio Bravo waren das eben Dean Martin, Walter Brennan und natürlich Ricky Nelson, aus Sängern besteht?

Nun – man lässt diese irgendwann im Film singen, was leicht albern wirken könnte, wenn der Regisseur nicht Howard Hawks geheißen hätte, der es den drei Sängern ermöglicht hat, die Interpretation der Songs My Rifle, My Pony and Me und Cindy, die beiden Songs werden ja hintereinander gesungen, zu einem wahren Magic Moment des Films zu machen. Nur der „Duke“ erweist sich dabei als „gesangsfaul“, hält sich gesanglich also völlig raus :-), und lauscht, so hat man zumindest den starken Eindruck :-), dem Ganzen äußerst angetan und mit dem Gefühl, das auch das Publikum hat, nämlich einem ganz besonderen Moment beiwohnen zu dürfen.

Ricky Nelson (Jahrgang 1940), der 1985 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, war einer der ersten großen, wenn man so will, Teenie-Stars der Vereinigten Staaten, der aber mit Hello Mary Lou zum Beispiel 1961 auch einen Nr. 1-Hit in einigen europäischen Ländern hatte. Für seine Rolle des jungen „Gunslingers“ Colorado Ryan in Rio Bravo erhielt der Rock N‘ Roll- und Country-Sänger seinerzeit sogar eine Golden Globe-Nominierung als „Bester Nachwuchsdarsteller“, obwohl einige Kritiker damals der Meinung waren, dass Nelson absolut kein Schauspieltalent sei.

Der Regisseur Quentin Tarantino verwendete für sein Meisterwerk Pulp Fiction 1994 Nelson’s Song Lonesome Town – dieser ist, während sich John Travolta und Uma Thurman im Jackrabbit Slim’s-Restaurant unterhalten, im Hintergrund zu hören.

 

 

 

 „FEATHERS“

 Ich weiß auch nicht, warum Sie immer gleich so wütend werden, wenn ich Sie etwas frage.

 

 (aus: Rio Bravo; „Feathers“ Angie Dickinson zu „Sheriff Chance“ John Wayne)

 

 

 „FEATHERS“

 Ich bringe Sie immer wieder in Rage, nicht wahr, John? Zwingen Sie mich nicht, Ihnen zu sagen, warum ich geblieben bin!

 

 (aus: Rio Bravo; „Feathers“ zu „Sheriff Chance“ – mit dem Hinweis, warum sie die Postkutsche raus aus Rio Bravo nicht genommen hat)

 

 

 FEATHERS“

 So geht es nicht, John! Sie müssen schon reden! Du musst es sagen, wenn du mich willst!

 

 (aus: Rio Bravo; selbst die „Dauer-Flirterin“ „Feathers“ Angie Dickinson hat irgendwann das reichlich schwer zu interpretierende Verhalten von „Sheriff Chance“ John Wayne ihr gegenüber satt)

 

Angie Dickinson (ein Filmographie-Highlight ist auch der Lee Marvin-Kriminalfilm-Klassiker Point Blank aus 1967, inszeniert von John Boorman), die Frau, die uns einst in Brian De Palma’s legendärem Erotik-Thriller Dressed to Kill (1980) den vielleicht besten und überzeugendsten Orgasmus der Filmgeschichte beschert hat :-), liefert in Rio Bravo, mit der von ihr gespielten Frauenfigur, „Feathers“, sicherlich auch eine überzeugende „Hawksian Woman“ ab, wenngleich „Feathers“ Angie Dickinson, was die schauspielerische Qualität betrifft, ganz sicher nicht mit „Susan Vance“ Katharine Hepburn aus Leoparden küsst man nicht oder „Hildy Johnson“ Rosalind Russell aus Sein Mädchen für besondere Fälle mithalten kann. Die Chemie zwischen Dickinson und dem „Duke“ stimmt aber, denn Dickinson kommt als „unnachgiebige Dauer-Flirterin“ ganz gut rüber und der „Duke“ als „leicht sperriger Brummbär“ sowieso :-). Amüsant sind auch alle Kuss-Szenen zwischen Wayne und Dickinson, denn Wayne agiert als „Sheriff John T. Chance“ darin wunderbar „verkniffen“ :-).

 

Etwas ganz Besonderes ist auch das Finale des Films, in dem sozusagen alle Helfer von „Sheriff Chance“, außer „Feathers“ Angie Dickinson und die Carlos-Ehefrau "Consuelo Robante" Estelita Rodriguez, dabei sind beziehungsweise nochmal vorbeischauen (wie gesagt: „To die by your side/Well, the pleasure – the privilege is mine“ :-) - wobei natürlich niemand stirbt, denn das hat uns Hawks, angesichts eines der sympathischsten Schauspiel-Ensembles der Filmgeschichte, glücklicherweise erspart!). Hawks, und das ist eben das Spezielle daran, wechselt bei diesem Finale nicht die Schauplätze und zeigt einmal die Heroes und dann wieder die Villains, nein, er bleibt, während des „ausgelassenen Dynamitstangen-Werfens“ :-), bei Wayne, Dean Martin, Walter Brennan, Ricky Nelson und „Carlos Robante“ Pedro Gonzales-Gonzales  – ein noch viel größerer Ausdruck der Liebe eines Regisseurs zu seinen Hauptfiguren ist wohl kaum denkbar!

Howard Hawks, ein Regisseur, welchem natürlich nicht nur Godard und Truffaut so einiges zu verdanken haben, sondern vor allem auch US-Regie-Stars wie Quentin Tarantino, Robert Altman, Martin Scorsese oder John Carpenter, die ihn stets als wichtige Einflussquelle genannt haben, wird bei den berüchtigten und von mir ganz gerne erwähnten Listen des American Film Institute, nämlich immer dann, wenn es darum geht, die angeblich besten (US-)Filme aller Zeiten anzuführen, regelmäßig übergangen, denn außer Leoparden küsst man nicht, den das AFI auf Platz 88 ihrer „100 Years…100 Movies“-Liste von 2007 platziert hat, ist kein einziges Werk von Hawks darin zu finden - was irgendwie eine Absurdität sondergleichen darstellt!

Dabei wäre gerade der geniale Rio Bravo von 1959 nicht nur Ausdruck davon, dass der „Duke“ John Wayne der größte Star war, der jemals einen 6-schüssigen Revolver hielt, sondern auch davon, dass es, so wie einst der britische Film-Kritiker Robin Wood im Zusammenhang mit seinem Lieblingsfilm Rio Bravo meinte, Werke gibt, die die Existenz Hollywoods gleichsam rechtfertigen.

 

 

(ENDE von TEIL 3 des Artikels - HAUPTTEIL; Fassung vom 09.05.2019)