Sherlock (Episode 1.1) - Ein Fall von Pink (2010; A Study in Pink; Regie: Paul McGuigan) oder: Warum die britische TV-Serie "Sherlock" eine der besten Mini-Serien aller Zeiten ist...

 

Nachdem Guy Ritchie, nach der Scheidung von Popstar Madonna, seine Kreativität als Filmemacher anscheinend wiedererlangt hatte, gelang es ihm recht eindrucksvoll mit seinen beiden großartigen Sherlock Holmes-Filmen Sherlock Holmes (2009) und Sherlock Holmes: A Game of Shadows (2011; Sherlock Holmes: Spiel im Schatten) den weltberühmten Kult-Detektiv wieder ins Gedächtnis der breiteren Masse zurückzuholen. Ganz zurecht schrieb etwa die Zeitschrift TV-Movie über den Film aus 2009: „Der coolste Holmes aller Zeiten!“. Die Zeitschrift Cinema gab sich ähnlich begeistert und fällte über denselben Film folgendes Urteil: „Witz, Charme und jede Menge Action.“ Die Fortsetzung aus 2011 heimste ebenfalls, und das völlig verdient, überwiegend gute Kritiken ein.

Beispiele gefällig?

Nun ja, B.Z. meinte: „Noch rasanter, noch verrückter, noch actionreicher!“ Und SZ Extra brachte die Sache überhaupt auf den Punkt: „Ein seltener Glücksfall des Genres!

Ritchie und sein genialer Hauptdarsteller Robert Downey Jr., im Übrigen einer meiner absoluten Lieblingsschauspieler, schienen der angestaubten Detektiv-Figur, mit der Hilfe einer innovativ-rasanten Filmsprache, tatsächlich eine Frischzellenkur verpasst zu haben. Nur schade, dass es dann doch nicht, wie ursprünglich angeblich geplant, schneller zu einem dritten Sherlock Holmes-Film gekommen ist, da Downey Jr., als Iron Man, ja bekanntlich, und das wirklich megaerfolgreich, ins Marvel-Universum abgetaucht ist und von dort leider nicht mehr so schnell zurückzukehren schien. Doch in der letzten Zeit verdichten sich ja die Gerüchte, dass es 2018 endlich so weit sein wird und ein dritter Holmes-Film von Ritchie mit Downey Jr. und Jude Law als Dr. Watson auf die Leinwände kommen wird. 

Nun, mag Sir Arthur Conan Doyles Detektiv Sherlock Holmes auch lange Zeit kein Thema gewesen sein, so waren die „Sherlock Holmes-artigen“ Figuren, man denke da nur an „Dr. House“ (Hugh Laurie) oder auch an den „Mentalist“ (gespielt von Simon Baker), doch stets präsent und trugen verschiedene Merkmale der Holmes-Figur an sich.

Die ultimative Frischzellenkur für den Klassiker, und zwar eine spektakuläre und die TV-Landschaft sogar nachhaltig prägende, sollte aber noch folgen: Die britische TV-Mini-Serie Sherlock!

Aber nicht nur für die BBC gerieten die, seit 2010 produzierten, außergewöhnlich guten abendfüllenden TV-Filme (bisher sind es 13 an der Zahl - 4 Staffeln zu je 3 Folgen plus ein Special) zu einem weltweiten Erfolg oder, wie es auf der DVD-Ausgabe heißt, zu einem „TV-Serien-Blockbuster“. Für die beiden Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch (Sherlock Holmes) und Martin Freeman (Dr. John H. Watson) sowie für Nebendarsteller Andrew Scott (Jim Moriarty) erwies sich die Serie sogar als Sprungbrett nach Hollywood. So kann man zum Beispiel Cumberbatch in Star Trek - Into Darkness (2013; Regie: J. J. Abrams) bewundern, Freeman in der neuen Hobbit-Trilogie (2012; 2013; 2014) von Peter Jackson und Scott in dem Daniel Craig-James Bond-Film Spectre (2015; Regie: Sam Mendes).  

 

Der folgende Text setzt sich also mit dem Anfang, dem 1. Teil, wenn man so will: mit dem „Piloten“, einer grandiosen Fernsehserie auseinander. Diese von Paul McGuigan inszenierte Pilot-Folge, A Study in Pink (2010; Ein Fall von Pink), basiert auf dem erstmals 1887 erschienenen 1. Sherlock Holmes-Roman von Sir Arthur Conan Doyle, der mit A Study in Scarlet (dt. Titel: Eine Studie in Scharlachrot) betitelt war.  Natürlich gibt es zwischen dem TV-Film und dem Roman dann natürlich doch teilweise recht starke Unterschiede, wenngleich auch viele Aspekte aus dem Roman in anderen Teilen der Serie eingearbeitet oder stets präsent sind, da sich Holmes und Watson ja schließlich, was ihre Charakterzüge und Kennzeichen betrifft, nicht ständig verändern. Und außerdem heißt es bei der BBC-Serie, die auf einer Idee von Steven Moffat und Mark Gatiss basiert, im Vorspann stets „Based on the Works of Sir Arthur Conan Doyle, was konkret so zu verstehen ist, dass Motive und Elemente aus den literarischen Vorlagen natürlich vorhanden sind, es sich aber um keine richtigen 1:1- Literaturverfilmungen handelt.

 

Sherlock 1.1 - A Study in Pink zeigt einen vom Afghanistan-Krieg traumatisierten Dr. John Watson, der im London der Gegenwart ein tristes, sich an der Grenze zur Armut abspielendes, Leben führt. Er hat Alpträume, die vom Kriegseinsatz handeln, hinkt als Folge einer Kriegsverletzung, ist in psychologischer Behandlung, betreibt auf Anraten seiner Therapeutin einen Blog, der aber nicht aktiv ist, und leidet ganz allgemein an Langeweile. Zur gleichen Zeit wird London von einer mysteriösen Serie von rätselhaften Selbstmorden heimgesucht, bei denen Gift im Spiel gewesen zu sein scheint. Diese „Serien-Selbstmorde“ zeichnen sich darüber hinaus dadurch aus, dass die Opfer anscheinend in keinerlei Verbindung zueinander gestanden haben.

Bei einer Pressekonferenz, die Scotland Yard zu dem heiklen Thema der „Serien-Selbstmorde“ gibt, bekommt man einen Vorgeschmack von Holmes‘ Arroganz gegenüber dieser legendären britischen Polizeieinrichtung. Bei Aussagen von Detective Inspector Lestrade (Rupert Graves), der eigentlich eine Art Vertrauter von Holmes ist und ihn zu diversen Fällen als Berater hinzuzieht (Rupert Graves‘ Lestrade weicht im Übrigen aber stark von dem Lestrade der literarischen Vorlage ab, der dort als „hager und fretchenhaft“ beschrieben wird), und Sergeant Sally Donovan, die Holmes dagegen alles andere als wohlgesonnen ist und ihn immer wieder als „Freak“ und „Psychopathen“ bezeichnet, erscheint auf den Displays der diversen Handys, der der Polizeibeamten und der der anwesenden Presseleute, immer wieder das Wort „Falsch!“.

Der besagte SMS-Text, der die ermittelnden Beamten letztendlich nichts anderes als blamiert, erscheint gleichzeitig auch im Bild, ist somit für die Zuschauer sofort mitlesbar. Ein innovativer Aspekt in der Filmsprache von Sherlock, der mittlerweile viele Nachahmer in anderen Serien und auch Filmen gefunden hat!

Stamford, ein alter Bekannter von Watson, bringt diesen, bei einem zufälligen Treffen in einem Park, auf die Idee doch mit jemanden zusammenzuziehen, um sich die Miete in einer teuren Stadt wie London zu teilen. Stamford gibt an jemanden zu kennen, der vielleicht als Mitbewohner für Dr. Watson in Frage käme.

Bald darauf lernt Dr. Watson und lernen die Zuschauer endlich Sherlock Holmes kennen, der sich auf den ersten Blick durch exzentrisches, arrogantes und teils unmenschliches Verhalten auszeichnet. Sofort wird bei seinem Umgang mit der Gerichtsmedizinerin Molly Hooper (Louise Brealey), die in Sherlock verliebt ist, klar, dass er mit Menschen nicht umgehen kann. So genial seine wissenschaftlichen Fähigkeiten oder seine Fähigkeiten als Kriminalist und Detektiv bekanntlich auch sein mögen, sosehr versagt er, wenn es um das „Normal-Zwischenmenschliche“ geht. In Staffel 2, in deren 2. Film, nämlich in The Hounds of Baskerville (2012; Die Hunde von Baskerville; Regie: Paul McGuigan), spielt Lestrade einmal, angesichts von Holmes unmenschlichen Seiten, auf dessen „Asperger-Syndrom“ an, und tatsächlich ist der Sherlock Holmes in der Serie Sherlock eine Art Asperger-Typus, der zumindest einige Anzeichen dieser Form von Autismus aufweist, die auch in der Realität oft mit einer außergewöhnlichen wissenschaftlichen Begabung einhergeht. Der ganze Autismus-Aspekt ist natürlich eine moderne, weiterführende Interpretation der Holmes-Figur, aber eine, die Sir Arthur Conan Doyles ursprüngliche Figurenzeichnung durchaus zulässt, ohne hier allzu abenteuerlich überzuinterpretieren :-). Neu in der Serie ist auch die Mitleidlosigkeit der Hauptfigur mit den Opfern, die in den literarischen Vorlagen so nicht vorkommt.  Die dominantesten Anzeichen eines reinen Asperger-Syndroms wären, ganz allgemein gesprochen, folgende: Schwächen in den Bereichen der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie eingeschränkte, stereotype Aktivitäten oder Interessen und Beeinträchtigung der Fähigkeit, nichtsprachliche Signale wie Gestik/Mimik/Blickkontakt bei anderen Personen zu erkennen und auszusenden.

Jedenfalls führt Holmes, als sich eines der berühmtesten Ermittler-Duos der Literatur- und Filmgeschichte das erste Mal trifft, in der Pathologie gerade eines seiner „Leichenexperimente“ durch, genauer, er schlägt mit einer Reitgerte auf eine Leiche ein, um etwas kriminalistisch Relevantes herauszufinden. Derartiges kommt ja auch in dem Roman A Study in Scarlet vor, nur dass da die Reitgerte ein Stock ist.

Bei diesem ersten Treffen bekommt Watson auch gleich einen Eindruck von Holmes phänomenaler Kombinationsgabe und von dessen Arbeitsmethode der sogenannten Deduktion, über die sich Watson später im Internet informiert, wo Holmes diese Art des Denkens und Kombinierens darstellt (überhaupt spielen die neuen Medien eine große Rolle in der Serie, ständig werden Handys oder Laptops benutzt!). Jedenfalls erkennt der Detektiv sofort anhand verschiedener Anzeichen zentrale Aspekte aus Watsons Leben und Vorgeschichte, die dem Doktor in einer ungeheuren Geschwindigkeit und mit der für Cumberbatchs Holmes-Figur typischen „angeberischen Arroganz“ präsentiert werden.

Nun, trotz des offensichtlich herablassenden Umgangs mit „normalen Menschen“ und der schnöseligen, fast aristokratischen Art von Holmes, die man im Allgemeinen ohnehin mit der  englischen Oberschicht in Verbindung bringt, zieht Dr. Watson, wie jeder weiß, zusammen mit dem Meisterdetektiv in die „Baker Street 221B“. Mrs. Hudson (gespielt von Una Stubbs), die in der Serie immer betont nicht die „Haushälterin“ der beiden zu sein, ist ihre Vermieterin.

Der ehemalige Militärarzt Dr. Watson wird von Sherlock, der die wahre Persönlichkeitsstruktur des Doktors umgehend richtig einschätzt, sozusagen auf der Stelle auch „neu eingesetzt“, denn er macht ihn zu seinem Helfer und durchbricht so Watsons Langeweile. Die psychologische Komponente wird umgedreht – der Grund für Watsons „posttraumatische Störung“ ist falsch, denn in Wahrheit vermisst er das Abenteuer und die Gefahr!

Die Zusammenarbeit mit Holmes, dem ersten und einzigen „Consulting Detective“ der Welt (der Begriff „Beratender Detektiv“ stammt tatsächlich auch aus der literarischen Vorlage!), wird Watsons Therapie gegen die Einsamkeit und vor allem gegen die Eintönigkeit des Daseins. Holmes übt eine Faszination auf seinen Helfer aus und Sherlocks Energie springt förmlich auf Watson über. Das geht im ersten Teil der Serie sogar so weit, dass Watsons „psychosomatisches“ Hinken, auf Grund all der Action, die das Leben mit Sherlock ihm plötzlich bietet, verschwindet (hierbei handelt es sich natürlich auch um eine der zahlreichen intelligenten Neuerungen und Neuinterpretationen, die die Serie zu bieten hat). Als kleinen amüsanten und auch modernen Running Gag bezogen auf zwei Männer, die zusammenleben, haben sich die Serien-Macher Folgendes einfallen lassen: Mehr als einmal werden die beiden für ein schwules Paar gehalten!

Der mysteriöse Fall der Londoner Serien-Selbstmorde lässt Detective Inspector Lestrade bei Holmes anfragen, ob er Scotland Yard bei den Ermittlungen nicht beratend zur Seite stehen kann, vor allem auch deshalb, weil mittlerweile ein viertes Opfer existiere. Die Annahme, dass sich hinter dieser bizarren Selbstmord-Serie in Wahrheit ein Serienmörder verbirgt, begeistert und euphorisiert Holmes förmlich. Eine Begeisterung und Euphorie, die Watson verwundert und Mrs. Hudson als „unanständig“ bezeichnet. Darüber hinaus spricht Holmes hier auch die entscheidenden Worte „Das Spiel hat begonnen!“, die in den ersten beiden Staffeln zu einer Art Leitmotiv für die Auseinandersetzung mit Erzfeind Moriarty werden, eine Auseinandersetzung, welche auch Moriarty wie eine Art „Spiel“ betrachtet.

Dass der Detektiv, mit seiner „speziellen Art“, aber natürlich nicht nur Freunde bei der Londoner Polizei hat, zeigt sich sofort am neuen Tatort, in Brixton, Lauriston Gardens (der Ort des Verbrechens stimmt übrigens mit dem in der literarischen Vorlage überein). Holmes Feinde, allen voran die bereits genannte Sergeant Sally Donovan, die für ihn ohnehin nur, wie weiter oben schon erwähnt, wenig schmeichelhafte Bezeichnungen wie „Psychopath“ übrighat, und der Forensiker Anderson, sind eifersüchtig auf das kriminalistische Genie Holmes. Allerdings werden die beiden von Holmes auch permanent gedemütigt. Holmes, der sich nach eigener Aussage natürlich nicht als „Psychopath“ sieht, sondern als „hochfunktionaler Soziopath“(!), wird also nicht gemocht, sondern, aus Lestrades Sicht, bei manchen Fällen eben dringend gebraucht. Aber auch die Tatsache, dass der Detektiv ohne Bezahlung arbeitet, sondern scheinbar nur zum Vergnügen, zum „Spaß“, um seiner eigenen Lethargie zu entgehen, stößt einigen bitter auf. Hier zeigt sich, dass das Genie von den so genannten „Normalen“ nicht akzeptiert wird und man versucht, es möglichst zu diskreditieren, um nicht selbst als Versager dazustehen. Diese Art von Diskreditierung und Hass wird Holmes, durch einen diabolischen Plan von Jim Moriarty, dann später, in Staffel 2, in der denkwürdigen 3. Folge The Reichenbach Fall (2012; Der Reichenbachfall; Regie: Toby Haynes), am eigenen Leib erfahren.

Als Holmes sich die neue Leiche ansieht, eine Frau (in A Study in Scarlet ist das Opfer in Brixton im Übrigen ein Mann), die einen pinken Mantel trägt, werden seine Gedanken und Deduktionen als Text ins Bild dazugeblendet, um Holmes‘ Technik noch einmal zu verdeutlichen. Die Serie setzt Holmes‘ Schnelligkeit beim Deduzieren generell anhand einer unglaublichen Sprechgeschwindigkeit (nach eigenen Aussagen natürlich Schwerstarbeit für den Schauspieler Cumberbatch!) und einer schnellen Bildfolge sowie den dazugehörigen Texteinblendungen in Szene. Dass das Opfer vor ihrem Gifttod mit ihren Fingernägeln noch das Wort „Rache“ in den Boden geritzt hat, ist ebenfalls eine kleine Reminiszenz an Arthur Conan Doyles Vorlage. Handelt es sich aber in A Study in Scarlet tatsächlich um das deutsche Substantiv „Rache“, das dort noch dazu mit Blut geschrieben ist, so macht sich Holmes hier über die kursierende Annahme, dass die tote Frau Deutsche sein könnte, sofort lustig. 

Einen Bezug zur Vorlage stellt auch der (Ehe-)Ring der toten Frau her. Während ein ähnlicher „goldener Ring“ in A Study in Scarlet eine wichtige Bedeutung hat, so schließt Holmes an dieser Stelle, dass das Opfer, das sich als eine Journalistin namens Jennifer Wilson herausstellt, keine allzu glückliche Ehe geführt hat und nebenbei viele Affären gehabt haben muss. Der besagte Ring wurde, für den Detektiv deutlich sichtbar, vor den zahlreichen Ehebrüchen deshalb auch dementsprechend oft abgestreift. Das Opfer ist also eine Frau, die viele Männer hatte, was eine direkte Umkehrung zum Buch ist, wo das Opfer ein Mann ist, der, allein schon auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft (den Mormonen), viele Frauen hatte.

Auf dem Heimweg, den Dr. Watson alleine bestreiten muss, weil ihn Holmes, der plötzlich ganz und gar in den Fall vertieft scheint, am Tatort zurückgelassen hat, bekommt es der ehemalige Militärarzt mit einer auf den ersten Blick seltsamen Figur zu tun, deren wahre Identität an sich erst am Ende des ersten Teils von A Study in Pink gelüftet wird: Mycroft Holmes!

Sherlocks Bruder Mycroft, dargestellt von Mark Gatiss, einem der kreativen Köpfe hinter dem TV-Event (Mitautor/einer der so genannten Executive Producers), spielt eine zentrale Rolle in der gesamten Serie. Mit seinem „Machtkomplex“ (er arbeitet für die britische Regierung und nimmt dort eine hohe Stellung in der Hierarchie des Geheimdienstes ein) und seiner Unfähigkeit zu Beziehungen ist er sozusagen ein weiteres „persönlichkeitsgestörtes“ Exemplar aus der Holmes-Familie. Und auch was die „aristokratisch anmutende Arroganz“ und den herablassenden Umgang mit anderen betrifft steht Mycroft seinem Bruder in nichts nach. Mycroft bezeichnet sich gegenüber Watson, der ein lukratives Angebot von Seiten Mycrofts Sherlock auszuspionieren sofort ablehnt, sogar als den „Erzfeind“ seines Bruders, was aber bei Sherlock, und das fügt der geheimnisvolle Fremde gleich hinzu, „einem Freund“ noch am nähersten käme. Da sich Mycroft Holmes Dr. Watson gegenüber nicht zu erkennen gibt und somit auch der Zuschauer vorerst keine Ahnung hat, wer diese „dubiose Figur da“ überhaupt ist, glaubt man kurz, es vielleicht mit Moriarty höchstpersönlich zu tun zu haben. Glücklicherweise bekommt man ab Teil 3 der ersten Staffel dann aber den echten Moriarty präsentiert, den Andrew Scott auf wirklich unnachahmliche und für mich unvergessliche Weise porträtiert.

Wie schlecht auch immer das Verhältnis der Holmes-Brüder sein mag, wenn der „kleine Bruder“, also Sherlock, in Schwierigkeiten ist, und das ist er bekanntlich ziemlich oft, dann steht ihm Mycroft helfend zur Seite, wenngleich auch oftmals auf eine etwas verquere Art und Weise.

 

Nun zu dem Thema Sucht, das ebenfalls untrennbar mit der Figur des Sherlock Holmes verbunden ist. In den Büchern zeigt Arthur Conan Doyle Sherlock Holmes als jemanden, der immer wieder Phasen hat, die mit starkem Kokain- oder Morphium-Konsum einhergehen. Holmes‘ außergewöhnliche geistige Fähigkeiten scheinen ihren Preis zu haben und Drogen werden gleichzeitig als Stimulanz und als „Downer“ verwendet, um eine so schwierige und ohne einen zu lösenden Kriminalfall ständig von Lethargie, Langeweile und Eintönigkeit gefährdete Persönlichkeitsstruktur wie die von Holmes irgendwie in Schach zu halten. Auch hier, was den Sucht-Aspekt und das Porträt einer „Sucht-Persönlichkeit“ betrifft, sind Doyles Werke nicht nur äußerst schlüssig, sondern liefern auch für die diversen Neuinterpretationen so einiges an Input.

Ein schon etwas älteres Film-Juwel, das erst seit 2012 auf DVD erhältlich ist und der breiteren Masse eher unbekannt sein dürfte, ist die actionreiche Komödie The Seven-Per-Cent Solution [Der Originaltitel ist eine Anspielung auf die Stärke der Kokain-Lösung, die Holmes zu sich nimmt] (1976; Kein Koks für Sherlock Holmes). Der von Herbert Ross inszenierte Film bietet mit Alan Arkin, Vanessa Redgrave, Robert Duvall (als Dr. Watson) und Laurence Olivier ein beachtliches Staraufgebot und beschäftigt sich mit Holmes‘ (Nicol Williamson) starker Kokain-Abhängigkeit, die von Dr. Sigmund Freud (gespielt von Arkin) in Wien geheilt werden soll.

Schon 2004 hatte die BBC versucht, mit dem von düsterer Atmosphäre geprägten Holmes-Film Sherlock Holmes and the Case of the Silk Stocking (Sherlock Holmes - Der Seidenstrumpfmörder; Regie: Simon Cellan Jones), die etwas verstaubte Detektiv-Figur wiederzubeleben. Und in der Tat gibt Rupert Everett, in seinem leider einzigen Auftritt als Sherlock Holmes, einen großartigen, schwermütig-depressiven Holmes ab, der am Ende, angesichts von Dr. Watsons baldiger Heirat, als Anspielung auf seinen eigenen Drogenkonsum meint, dass ihm selbst ja immerhin noch „die Nadel“ bleibe. Und durch diese Nadel fließt bei Rupert Everetts Sherlock Morphium.

Am absolut besten und überzeugendsten ist Holmes Sucht-Problematik aber in der amerikanischen Fernsehserie Elementary dargestellt, die, mit Jonny Lee Miller als Holmes und Lucy Liu als Dr. Joan[!] Watson, seit 2012 produziert wird, aber leider das Schicksal hat, von Anfang an künstlerisch etwas unterschätzt zu werden und im Schatten der gefeierten BBC-Mini-Serie zu stehen. Allerdings: Der Serien-Umfang von mittlerweile 5 Staffeln (bestehend aus jeweils mehr als 20 Folgen) zeugt davon, dass diese Sherlock Holmes-Variante, die im modernen New York der Gegenwart angesiedelt ist, ihre treuen Fans hat, zu denen ich übrigens auch gehöre. Nirgends werden die Problematiken des „Clean-Bleibens“ nach erfolgtem Entzug so gut dargestellt wie in Elementary. Jonny Lee Miller liefert eine exzellente und überzeugende Darstellung einer „Sucht-Persönlichkeit“ ab und schafft es dem Zuschauer förmlich die Dauer-Problematik des Abstinent-Bleibens (vor allem von Heroin), angesichts einer schwierigen und für Suchtmittelmissbrauch „geradezu geschaffenen“, also extrem anfälligen, Persönlichkeitsstruktur, spüren zu lassen. Aber auch Liu macht ihre Sache gut. Denn, dass Dr. Watson in Elementary eine Frau ist, ist kein „billiger Effekt“, sondern ergibt tatsächlich einen zusätzlichen Reiz. Im Übrigen fungiert Watson, die ihr Chirurginnen-Dasein wegen eines tödlichen Kunstfehlers hinter sich gelassen hat, in der Serie zunächst als Holmes‘ „Sucht-Betreuerin“, bevor sie dessen Partnerin wird. Gemeinsam helfen sie dem New York Police Department, der Abteilung „Major Crimes“, speziell ihrem Freund Captain Gregson (gespielt von Aidan Quinn) und dessen „rechter Hand“ Marcus Bell (Jon Michael Hill), knifflige Fälle zu lösen.

In den beiden Guy Ritchie-Kinofilmen ist Robert Downey Jr. ein Sherlock Holmes, der sich alles Mögliche an Giften „reinzieht“, damit „sein Hirn nicht rebellisch“ wird, wenn es keine Schwierigkeiten oder eine Aufgabe zu lösen hat. Nur hat dieser Sucht-Aspekt keine besondere Schwere oder Tiefe in den zwei Filmen und fast vergisst man, dass Downey Jr., mittlerweile ja einer der Topverdiener im Filmbusiness, bekanntlich selbst auf eine lange „Drogenkarriere“ zurückblicken kann, einen langen Kampf mit der Drogensucht geführt hat, der ihn sogar bis ins Gefängnis gebracht hat.

Aber nun wieder zurück zur BBC-Serie Sherlock, in der das Sucht-Motiv grundsätzlich keine sehr dominante Rolle spielt. Obwohl es hin und wieder, zumeist leise, Andeutungen auf eine dramatischere Drogenvergangenheit von Holmes gibt, hat man sich in den einzelnen Folgen für eine „harmlosere“ Variante entschieden und ihn zum Nikotinsüchtigen gemacht, soll heißen, dass das Rauchen oder zumindest das quälende Verlangen nach Nikotin von all den Süchten sozusagen noch übrig geblieben ist. Deshalb auch sein exzessiver Gebrauch (oder besser Missbrauch) von Nikotinpflastern. Die Suche nach den Hintergründen zu den Morden in A Study in Pink klassifiziert Holmes gegenüber Watson als „Drei-[Nikotin-] Pflaster-Problem“. Insofern hat er auch drei davon auf seiner Hand kleben, als er über den Fall nachdenkt. Das Suchtmittel, auch wenn es nur Nikotinpflaster sind, fungiert hier für Holmes, ganz klassisch, als Stimulanz ein kriminalistisches Problem zu lösen!

Am explizitesten beim Thema „Sherlock und Sucht“ wird man aber innerhalb der BBC-Serie dann im Special The Abominable Bride (2016; Die Braut des Grauens; Regie: Douglas Mackinnon), in der sich Cumberbatch und Freeman im viktorianischen England, also in der authentischen Epoche des Wirkens von Holmes und Watson, wiederfinden. Zwar erweist sich das Ganze nur als Traumvision eines „zugedröhnten“ Holmes, der am Ende dann in der Gegenwart wieder aufwacht, doch gibt es da eine Szene, die in der viktorianischen Zeit spielt, in der Holmes jene „sieben-prozentige“ Kokain-Lösung zu sich nimmt, die ihn schon Arthur Conan Doyle in den Büchern hat konsumieren lassen. Aber auch Sherlocks Bruder Mycroft Holmes wird in The Abominable Bride, als Teil von Sherlocks Traumvision, als verfetteter Mann gezeigt, der demnach mit starken Gewichtsproblemen zu kämpfen hat. Andeutungen bezüglich Mycrofts früheren Gewichtsproblemen finden sich ebenfalls immer mal wieder in der Serie. 

Bevor ich mich hier aber zu sehr in Motiven und Details „verliere“, sollte aber auch der Fortgang der Handlung von A Study in Pink nicht außer Acht gelassen werden :-)!

Also: Ein dem Opfer gehörender pinker Koffer wird von Holmes in der Nähe des Tatorts gefunden. Das Handy der Toten scheint aber der Mörder zu haben und mit einer SMS, die vorgibt, dass das Opfer noch lebt, soll der Mörder zu einem Treffpunkt in die Northumberland-Street gelockt werden. Auf den Weg dorthin setzen sich Holmes und Watson mit den zentralen Fragen den Mörder betreffend auseinander: „Wer jagt mitten in der Menge?“/“Wem vertrauen wir, obwohl wir ihn nicht kennen?

Der Mörder muss also eine Figur sein, die sich an bevölkerten Plätzen aufhält, mitten auf belebten Straßen, aber dort eben aus irgendeinem Grund nicht auffällt. In einem Restaurant, dessen zwielichtigem Besitzer Sherlock einmal geholfen hat, warten die beiden, ob der Mörder tatsächlich auftaucht. Hier verwickelt Watson Sherlock, in Erinnerung an die seltsame „Entführung“ des Doktors durch den Mann, der sich später eben als Mycroft Holmes erweist, in ein Gespräch über „Erzfeinde“, die es laut Watson „im richtigen Leben nicht gibt“. Das zentrale Motiv des „Erzfeindes“, der in Holmes‘ Fall bekanntlich in der Gestalt von Moriarty auftaucht, wird hier schon vorweggenommen. Auch das Leitmotiv der „Langeweile“, unter der Holmes leidet, aber letztendlich auch Watson, findet immer wieder Erwähnung. Nun, die eventuell auftretende Langeweile hat sofort ihr Ende, als Holmes und Watson die Verfolgung eines Taxis aufnehmen, das plötzlich beim vereinbarten Treffpunkt erscheint. Bei dieser Verfolgung zeigen sich nicht nur die schon bei Arthur Conan Doyle erwähnten außergewöhnlich guten London-Kenntnisse von Holmes, die auch rein optisch, durch schnelle Schnitte und Überblendungen, atemberaubend dargestellt werden, sondern es kommt auch zu der bereits angesprochenen „Spontanheilung“ von Watsons Hinken. Indem er seine Krücke einfach vergisst und losläuft, gehört das tatsächlich nur psychosomatische Hinken der Vergangenheit an!

Allerdings erweist sich die Konzentration der beiden auf den Fahrgast des Taxis, einen Amerikaner, als falsch, denn der Täter ist, wie sich später herausstellt, der Taxifahrer selbst. Dass der Mörder Taxifahrer ist, ist ein klarer Bezug zur literarischen Vorlage A Study in Scarlet, in der der Täter, der damaligen Zeit natürlich entsprechend, eine Droschke fährt. Da der Täter sowie die Opfer in A Study in Scarlet  aus Amerika stammen und der Roman über einen sehr ausgedehnten „Amerika-Teil“ verfügt, der sozusagen etwas erschöpfend die Vorgeschichte zum Londoner Geschehen beschreibt, ist der amerikanische Fahrgast in SherlockA Study in Pink als kleines amüsantes Spiel mit dem Inhalt der Vorlage zu sehen.

Bei einer „Pseudo-Drogenrazzia“ in Sherlocks und Watsons Wohnung, die Lestrade aus Ärger darüber veranstaltet, dass Holmes den pinken Koffer zurückhält, lichtet sich dann der Fall endgültig. Bei „Rachel[!]“ handelt es sich um die vor 14 Jahren tot geborene Tochter der Journalistin Jennifer Wilson. Was aber ist die Botschaft hinter dem im Augenblick des Todes unvollständig in den Boden gekratzten Namen? Sherlock kommt zu der Erkenntnis, dass das Opfer ungeheuer „clever“ war, denn es hat ihr Handy dem Mörder wohl untergeschoben und „Rachel“ ist das Passwort zu diesem Handy, mit dem es auch geortet werden kann, womit die Rolle der modernen Medien in der Serie wieder deutlich wird. Dass die Ortung seltsamerweise ergibt, dass sich das Handy auch in der Wohnung von Holmes und Watson befinden soll, ist dem Umstand geschuldet, dass der mordende Taxifahrer bereits in der Wohnung Baker Street 221B aufgetaucht ist und Sherlock mitnehmen will. Die Frage „Wem vertrauen wir, obwohl wir ihn nicht kennen?“ ist für den Meister-Detektiv mit der Tatsache, dass der Mörder eben Taxi fährt, auf einen Schlag beantwortet und er lässt sich quasi dann von dem Mörder auch „freiwillig entführen“.

Die Taxifahrt und das Geschehen danach werden zu einem Spiel mit der Neugier von Holmes, das gesamte Rätsel zu lösen. Moriarty kommt bereits an dieser Stelle ins Spiel und es wird letztendlich klar, dass er auch das „kriminelle Mastermind“ hinter dem mörderischen Geschehen ist. Der Taxifahrer erzählt Sherlock von einem „Fan“, den der Detektiv angeblich hat. Durch Holmes‘ Website, die sich, wie schon erwähnt, mit der „Deduktion“ auseinandersetzt, sei dieser „Fan“ auf ihn gestoßen und habe Holmes Genie und Brillanz erkannt. In einem leer stehenden Gebäude erläutert der Taxifahrer dann seine Vorgehensweise bei den Morden: Alle Opfer haben letztendlich Giftpillen geschluckt! Dabei hätte sogar eine 50:50-Chance bestanden die Sache zu überleben, denn der Taxifahrer selbst hat jeweils immer die andere, harmlose Pille geschluckt, die die Opfer ihm sozusagen übriggelassen haben. Mit einem Hinweis auf diese 50:50-Chance und der damit verbundenen Rolle des reinen Zufalls weist Holmes den Mörder, der das Ganze auch noch mit einem „Schachspiel“ vergleicht, darauf hin, dass er nicht das Genie ist, für das er sich hält. Die Parallelen zur literarischen Vorlage sind hier einerseits die Giftpillen und die „höhere Gewalt“, die bei dem Tod der Opfer letztendlich im Spiel ist (der Mörder in A Study in Scarlet spricht in diesem Zusammenhang nicht von Zufall, sondern von einer „Entscheidung Gottes“), andererseits ist der Mörder im Buch sowie in der Serie todkrank und leidet unter einem Aneurysma im Kopf, das ihn jederzeit umbringen kann. Im Buch sowie auch gewissermaßen in der Serie, wenngleich auch in der Serie auf eine bösartig-verquere Art, ist Liebe der Motivator für die Morde. Jefferson Hope in A Study in Scarlet rächt den Tod seiner großen Liebe Lucy, während der Taxifahrer aus A Study in Pink für seine Kinder mordet, denn für jeden Mord erhält der Serienkiller offenbar von seinem „Sponsor“ Moriarty Geld, das letztendlich den Kindern des Todgeweihten nach dem Ableben zukommen wird. Sherlock wird in diesen bizarren Deal, den der Mörder mit Moriarty hat, eingeweiht, allerdings fällt der Name „Moriarty“ hier noch nicht, denn dieser Name darf sozusagen nicht ausgesprochen werden. Vorerst gibt es nur Hinweise auf dessen Organisation. Nachdem Sherlock erkannt hat, dass die Waffe, mit der er von dem Taxifahrer bedroht wird, nicht echt ist, will er gehen, doch der Mörder lädt ihn trotzdem zum „Spiel“ ein. Eine von Sherlocks Schwachstellen wird dadurch offengelegt: Auch ohne wirkliches Druckmittel seines Gegenübers lässt er sich scheinbar auf das besagte Spiel mit den Pillen ein, denn der Detektiv, der bekanntlich süchtig ist nach Nervenkitzel, würde alles tun, um sich nicht zu langweilen. Der Mörder und mit diesem im Hintergrund natürlich Moriarty verführen Holmes zu Leichtsinn, sie spielen mit dessen Sucht, denn hier geht es um etwas, das man einfach nicht wissen kann oder durch die Deduktionsmethode seriös erschließen. Watson bewahrt Holmes aber davor diesem Anfall von Leichtsinn nachzugeben und erschießt den Mörder, in der Manier eines durch das Militär geschulten Meisterschützen, aus einiger Entfernung, wobei kurze Zeit später nur Holmes auf Watson als Schützen schließt, nicht aber die Polizei.

Dr. Watson erweist sich also auch als wichtiges Korrektiv für Holmes und die Partnerschaft der beiden beginnt damit sozusagen offiziell, was auch Mycroft Holmes am Ende von Sherlock 1.1. - A Study in Pink feststellen muss. Da Holmes dem Mörder vor dessen Tod aber noch den Namen „Moriarty“ entlocken hat können, empfindet Sherlock so etwas wie „Vorfreude“ auf den scheinbar bevorstehenden Zweikampf mit einem ebenbürtigen Gegner.

Die britische TV-Serie Sherlock markiert eine neue Ära bezüglich europäischer Fernsehserien und gilt zurecht als eine der besten Mini-Serien aller Zeiten. Wie mehrmals angedeutet, ist auch die verwendete Filmsprache meisterlich. Splitscreen-Technik, Schwenks, schnelle Schnitte und Überblendungen sowie das Einblenden diverser Texte (Deduktionen/SMS-Texte) dominieren. Der Soundtrack ist sehr eingängig und das musikalische „Sherlock-Leitmotiv“ ist im TV extrem oft irgendwo im Hintergrund zu hören und somit sicherlich auch Teil des kollektiven Unterbewussten geworden. Der eigenwillige Vorspann, der vor allem auch die Stadt London faszinierend verfremdet darstellt, ist sehr kunstvoll und steht diversen „Vorspann-Meisterwerken“ amerikanischer Serien (man denke hier an Six Feet Under, an Dexter oder an True Detective) in nichts nach.

Als wahrer Glücksfall hat sich natürlich auch die Besetzung der beiden Hauptfiguren erwiesen: Benedict Cumberbatch ist auf Grund seines leicht altmodisch-aristokratischen Aussehens, seiner Größe und seiner eindrucksvollen originalen Sprechstimme natürlich ein Glücksfall als Sherlock Holmes. Der schwarze Mantel, den er meistens trägt, und seine meist etwas fahle Gesichtsfarbe tun ihr Übriges, um dieser faszinierenden Neuinterpretation der Detektiv-Figur ein einprägsames Erscheinungsbild zu verpassen. Vergessen darf man aber auch auf keinen Fall Martin Freeman, der als Dr. Watson einen kongenialen Partner abgibt und die Rolle etwas sensibler und subtiler anlegen darf als viele seiner Vorgänger. Er ist mehr als nur ein „Stichwortgeber“ für den genialen Holmes, sondern vielmehr dessen Verbindung zur Außenwelt sowie auch sein Gegenpart und „moralischer Kompass“, wenn Holmes anfängt zu unmenschlich oder zu überheblich zu agieren oder es wieder einmal komplett an Anstand fehlen lässt. 

Ein „echter Hit“ und das Highlight der gesamten ersten zwei Staffeln ist aber, wie schon erwähnt, zweifellos Andrew Scotts Jim Moriarty. Dieser Bösewicht bleibt einem wahrlich dauerhaft im Gedächtnis!  Physisch, mit all der Verrücktheit, Bedrohlichkeit und Gefährlichkeit, die Scott dieser Figur zu verleihen mag, taucht er aber, wie bereits gesagt, erst in The Great Game (2010; Das große Spiel; Regie: Paul McGuigan) auf, dem dritten und letzten Teil von Staffel 1. 

 

 (2017; überarbeitete Fassung vom 06.07.2018)