John Wayne in "Rio Bravo" (1959; Regie: Howard Hawks) oder: Warum der "Duke" der größte Star war, der jemals einen 6-schüssigen Revolver hielt... (TEIL 1 [von 3] des Artikels - EINLEITUNG)

 

Now let me welcome everybody to the wild, wild west

 (aus dem Song California Love des Rappers Tupac Shakur, auch bekannt als 2Pac; veröffentlicht 1996 auf dem Album All Eyez on Me)

 

 

 

 Ride, cowboy, ride

Through the back door to heaven

 to the other side

 

 (aus dem Song Ride Cowboy Ride von Bon Jovi, erschienen 1988 auf dem Album New Jersey)

 

 

 I

 

 DR. MAJOR HANK KENDALL

 Er kann nicht aufgeben. Entweder ist es Wahnsinn oder Mut. Oder beides. Wer weiß. Wir werden wohl nie dahinterkommen.

 

 (Der Arzt und Soldat "Hank Kendall", gespielt von William Holden, zu „Hannah Hunter“ Constance Towers in John Ford’s Western-Meisterwerk Der letzte Befehl/OT: The Horse Soldiers von 1959; Holden’s Aussage ist auf „Colonel John Marlowe“ gemünzt, der von John Wayne dargestellt wird; die Aussage definiert aber mühelos auch die gesamte „On-Screen Personality“ von Wayne, also den Typus, den er so gut wie immer dargestellt hat, nachdem er 1939 mit Ford’s Western Ringo/OT: Stagecoach ein Star geworden ist)

 

 

 Just like every cowboy sings his sad, sad song

 Every rose has its thorn

 

 (Ausschnitt aus dem Song Every Rose Has Its Thorn der Glam Metal-Band Poison, erschienen 1988 auf dem Album Open Up and Say...Ahh!)

 

 

In Rio Grande aus dem Jahr 1950, John Ford’s eigenwillig-grandiosem Abschluss der berühmten „Kavallerie-Trilogie“ (Teil 1: 1948: Bis zum letzten Mann/OT: Fort Apache; Teil 2: 1949: Der Teufelshauptmann/OT: She Wore a Yellow Ribbon), sagt die schöne Maureen O’Hara, die in dem Film Wayne’s Ehefrau spielt, zu Wayne, dass er „starrköpfig“ und „verstockt“ wäre.

Und ja: Immer dann, wenn „Duke“ oder „The Duke“(„Der Herzog“), so wie speziell die Amerikaner Wayne (1907-1979), der mit bürgerlichem Namen tatsächlich Marion Robert Morrison hieß, nannten, der Spitzname bezieht sich übrigens auf den Namen eines Hundes, den Wayne als Kind besaß, auf seinem Pferd durch das Monument Valley reitet, dann sind das sicherlich die „amerikanischsten“ und somit auch „konservativsten“ Momente der US-Filmgeschichte. Aber, wie soll ich sagen: I really love the „The Duke“ :-) - denn der „Duke“ ist eine der allergrößten Legenden der Filmgeschichte, ein Mythos, der wohl größte Star, der jemals einen 6-schüssigen Revolver gehalten hat, und eben mein persönlicher Lieblingskonservativer der Filmgeschichte :-).

 

 

 

 Das, was man Hollywood nennt, ist ein Ort, den niemand definieren kann. Niemand weiß, wo es ist, aber alle sagen: „Hollywood“.

 (Aussage von John Ford im Rahmen eines TV-Interviews, das der BBC-Journalist Philip Jenkinson mit dem Regisseur 1968 geführt hat)

 

 

 LIEUTENANT COLONEL KIRBY YORKE

 Soldaten, singt ein Lied!

 

(aus: Rio Grande; „Kirby Yorke“ John Wayne animiert seine Kavallerie-Truppe zum Singen, was er in dem Film eigentlich dauernd macht)

 

 

  LIEUTENANT COLONEL KIRBY YORKE

 Und waren die Indianer betrunken?

 

 TROOPER TRAVIS TYREE

 Ja, Sir. Soviel ich beobachten konnte, waren sie schon ziemlich betrunken, als ich zurückritt.

 

 (aus: Rio Grande; Dialog zwischen Wayne und „Travis Tyree“ Ben Johnson, der zu Wayne’s Truppe gehört)

 

 

Rio Grande gehört zu jener Kategorie von Filmen, die man am ehesten als „langweilige Meisterwerke“ bezeichnen könnte, eine Kategorie, in der zum Beispiel der Brite James Ivory, mit seinen Literarturverfilmungen wie Wiedersehen in Howards End (1992; Originaltitel: Howards End; literarische Vorlage: E. M. Forster) oder Was vom Tage übrig blieb (1993; Originaltitel: The Remains of the Day; literarische Vorlage: Kazuo Ishiguro), um nur zwei zu nennen, ein wahrer Meister war :-).

Ford’s Western, der übrigens nur entstanden ist, weil der damalige Präsident von Republic Pictures, Herbert Yates, Ford dazu nötigte, denn Ford wollte eigentlich den „romantic comedy-drama film“ Der Sieger drehen, musste aber, sozusagen als Gegenleistung für die Finanzierung des anspruchsvolleren Der Sieger-Stoffes, zuerst Rio Grande inszenieren und vollendete somit eine Western-Trilogie, die an sich nie geplant war. Sein Wunschprojekt Der Sieger, im Original: The Quiet Man, brachte Ford dann 1952 in die Kinos und der Film, in dem Ford’s Lieblingsschauspieler John Wayne (Anmerkung: Wayne und Ford drehten 24 Filme in einem Zeitraum von über 35 Jahren miteinander!) wiederum mit dessen Rio Grande-Co-Star Maureen O’Hara zu sehen war, entpuppte sich, entgegen Herbert Yate’s Befürchtungen, nicht nur als der größte Kassenhit, den Republic Pictures je hatte, sondern bescherte John Ford auch den vierten(!) Regie-Oscar (die anderen drei erhielt er für Der Verräter/OT: The Informer, Früchte des Zorns/OT: The Grapes of Wrath und Schlagende Wetter/OT: How Green Was My Valley, erschienen 1935, 1940 und 1941), was, wie man sich vorstellen kann, bis heute eine Art „Regie-Oscar-Rekord“ darstellt.

Obwohl man beim Betrachten von Rio Grande (Story-Abriss: Der von seiner Frau getrennt lebende Lt. Col. Yorke bekommt es in dem texanischen Fort, in dem er stationiert ist, plötzlich nicht nur mit seiner Frau Kathleen zu tun, die unvermittelt auftaucht, sowie mit seinem plötzlich als Rekrut in dem Fort stationierten Sohn Jefferson, gespielt von Claude Jarman Jr., sondern auch mit Apachen, die ständig das Fort angreifen. Als die Apachen auch noch einen Treck mit Zivilisten überfallen und die Kinder entführen, überqueren die Soldaten unter Yorke’s Führung den Rio Grande und damit die Grenze nach Mexiko und befreien die Kinder. Yorke selbst wird bei der Aktion verwundet, überlebt aber) ab und an das Gefühl hat, in ein „Cowboy-Musical“ geraten zu sein :-), denn es wird darin zu allen passenden und unpassenden Gelegenheiten gesungen, so hat Ford auch in diesem Western-Klassiker die für ihn typische Poesie und Eleganz ins Monument Valley gebracht, das hier aber, im Gegensatz zum Teil 2 der Trilogie, Der Teufelshauptmann, in edlem Schwarzweiß (Kamera: Bert Glennon, Archie Stout) erscheint.

Der Film, der gemeinhin durchaus zu den großen Western der Filmgeschichte gezählt wird, hat aber tatsächlich irgendwie ein „Gesangsproblem“ :-), denn ab einem gewissen Zeitpunkt wird, wie angedeutet, auffällig oft gesungen und so mancher Auftritt der Countrymusik-Gruppe Sons of the Pioneers (diese ist im Übrigen heute noch existent – aber natürlich nicht mehr in Originalbesetzung :-)) wirkt reichlich unmotiviert und zerstört die Homogenität des Werks. Exemplarisch dafür, dass Ford sich schwer getan hat damit, die „Gesangsauftritte“ immer ausreichend zu motivieren, davon zeugt auch der folgende amüsante Dialog zwischen „Yorke“ John Wayne und „Sergeant Major Quincannon“ Victor McLaglen, der nach einer Besprechung der Führungsoffiziere im Fort stattfindet:

 

 SERGEANT MAJOR QUINCANNON

 Sir, unser Gesangsverein möchte etwas singen.

 

 LIEUTENANT COLONEL KIRBY YORKE

 Sie meinen unseren „Regimentschor“.

 

 (aus: Rio Grande)

 

Der Schauspieler Victor McLaglen, der 1935 in Ford’s Oscar-gekröntem Der Verräter die Hauptrolle des armen Herumtreibers „Gypo Nolan“ spielte, gehörte zu Ford’s Stammschauspielerriege und ist neben Wayne auch in allen drei Teilen „Kavallerie-Trilogie“ in einer Nebenrolle zu sehen.

 

 

 

LIEUTENANT COLONEL KIRBY YORKE

 Aber gerade die Frau des Colonels darf nicht bei jeder kleinen Schießerei in Ohnmacht fallen.

 

 (aus: Rio Grande; „Kirby Yorke“ John Wayne macht seiner Frau Kathleen Yorke, gespielt von Maureen O‘ Hara, klar, dass sie, als Frau eines hochrangigen Soldaten, auch nach einem Indianer-Angriff so etwas wie „Haltung“ bewahren muss)

 

In Howard Hawks‘ Screwball-Comedy-Klassiker Leoparden küsst man nicht (1938; Originaltitel: Bringing Up Baby), der im Übrigen einer meiner absoluten Lieblingsfilme ist, Hawks‘ John Wayne-Dean Martin-Edelwestern Rio Bravo (1959) wird dann im Hauptteil dieses Artikels Gegenstand der Auseinandersetzung sein, meint „Susan Vance“ Katharine Hepburn einmal zu ihrer Tante „Elizabeth Random“ (gespielt von May Robson) über „Dr. David Huxley“ Cary Grant: „Ich weiß nur, dass ich ihn heiraten werde. Er hat noch keine Ahnung davon, aber...“. Nun, Hawks‘ Frauen sind stets „selbstbestimmt“ und, vor allem für die damalige Zeit, erstaunlich „offensiv“.

Die Frauen bei John Ford, und das impliziert natürlich auch dessen Westernfilme, sind etwas anders geartet. Obwohl vielleicht der Ausdruck „Betschwestern“, so wie ich ihn in meinem Internet-Artikel „Getaway oder: Warum Steve McQueen immer der „King of Cool“ bleiben wird...“ einmal verwendet habe, natürlich nicht immer 100%tig zutrifft :-), haben sie, im Vergleich zu denen von Hawks, oftmals etwas „Büßerinnenmäßiges“ oder „Puritanisches“ an sich. Dennoch ist „Kathleen Yorke“ in Rio Grande eine außergewöhnlich gute Frauenfigur geworden und ihre Darstellerin, Maureen O‘ Hara, ist wohl diejenige Leinwandpartnerin, die vielleicht am besten zu Wayne gepasst hat oder auf jeden Fall am besten mit ihm harmoniert hat. Der „Duke“ selbst nannte O’Hara seine „beste Leading Lady“ und die einzige Frau, die er im wahren Leben als eine „echte Freundin“ bezeichnen würde. Wayne und Maureen O‘ Hara waren in insgesamt fünf Filmen gemeinsam vor der Kamera zu sehen: Neben Rio Grande und Der Sieger nämlich auch noch in einem weiteren John Ford-Film, dem „World War II“-Film Dem Adler gleich (1957; Originaltitel: The Wings of Eagles), sowie in der „Western Comedy“ MacLintock (1963; Originaltitel: McLintock!; Regie: Andrew V. McLaglen) und dem 70er-Jahre-Spätwestern Big Jake (1971; Regie: George Sherman).

Die Wortduelle zwischen dem Filmehepaar Wayne und O’Hara, also zwischen „Kirby & Kathleen Yorke“, gehören zu den Highlights des Films und übertrumpfen die ohnehin nur spärlich vorhandene Action locker :-). Wunderbar ist auch die folgende Aussage von „Kathleen Yorke“ Maureen O’Hara, die, genauso wie die eingangs zitierte William Holden-Aussage aus Der letzte Befehl, gleichzeitig auch, weit über Rio Grande hinaus, eine ganz gute Charakterisierung der Figuren gibt, die Wayne fast immer gespielt hat, nämlich Konservative mit Pflichtgefühl und unverrückbaren Überzeugungen, die aber gleichzeitig mehr als nur „Betonköpfe“ sind, sondern auch eine, etwas verschüttete, sensible Seite haben :-):

 

 KATHLEEN YORKE

 Du hast dich überhaupt nicht verändert. Du bist noch genauso schwierig wie früher.

 

 (aus: Rio Grande)

 

 

 

 II

 

 CAPTAIN NATHAN BRITTLES

 Alte Soldaten, Miss Dandridge, müssen sich damit abfinden, dass man sie pensioniert. Wenn ich meine Truppe kommandierte, hat jeder Mann nur auf den Hauptmann gesehen. Leutnants gehorchten meinem Wort. Und von morgen an bin ich glücklich, wenn man mir die Schuhe putzt, wenn ich darum bitte.

 

 (aus: Der Teufelshauptmann; „Captain Nathan Brittles“ John Wayne zu „Olivia Dandridge“ Joanne Dru im Angesicht seines „Pensionsschocks“)

 

 

 CAPTAIN NATHAN BRITTLES

 Immer noch besser als den Skalp zu verlieren.

 

 (aus: Der Teufelshauptmann; Captain Brittles macht seiner Truppe klar, warum er, angesichts des „erhöhten Indianer-Aufkommens“ im Monument Valley, einen Umweg nehmen will)

 

 

 OFF-STIMME

 Nur die alten Männer stehen abseits. Und sogar der Häuptling „Springender Fuchs“ wurde im Kriegsrat überschrien.

 

 (aus: Der Teufelshauptmann; eine männliche Stimme aus dem Off kommentiert die Abläufe in einem Indianer-Lager und macht klar, dass auch bei den Indianern die „weisen alten Männer“ gegen Krieg sind; Anmerkung:Springender Fuchs“ heißt in der Originalfassung eigentlich „Pony-That-Walks“ und wird von dem 1877 geborenen und 1967 verstorbenen Film-Veteranen Chief John Big Tree, geboren als Isaac Johnny John, dargestellt, der zwischen 1915 und 1950 in 59 Filmen zu sehen war und Teil des Seneca-Stammes war)

 

 

 CAPTAIN NATHAN BRITTLES

 Penell?! Dieses Baby in Uniform führt die Truppen an gegen Schwärme von Indianern mit Winchestern?!

 

 (aus: Der Teufelshauptmann; „Captain Brittles“ John Wayne gibt sich entsetzt über seinen aus seiner Sicht viel zu jungen und unerfahrenen Nachfolger „Lieutenant Penell“ Harry Carey Jr.)

 

John Ford (1894-1973) und John Wayne haben den ohnehin überwiegend filmbasierten Mythos vom Wilden Westen entscheidend mitgeprägt.

Einer von Wayne’s persönlichen Lieblingsfilmen dabei war Der Teufelshauptmann von 1949, also Teil 2 der „Kavallerie-Trilogie“, in dem Wayne den kurz vor der Pensionierung stehenden „Captain Nathan Brittles“ spielt, der es noch einmal mit Indianern auf dem Kriegspfad zu tun bekommt (Story: Die Handlung des Films spielt in dem Zeitraum kurz nach der legendären „Schlacht am Little Big Horn“ im Juni 1876, bei der die Truppen des 7. US-Kavallerie-Regiments unter General George Armstrong Custer von den von den Häuptlingen Sitting Bull und Crazy Horse angeführten Indianern schwer geschlagen wurden: Der verwitwete Hauptmann Nathan Brittles, der seinen Dienst in dem eher unbedeutenden „Fort Starke“ tut, steht kurz vor der Pensionierung und blickt einer ungewissen Zukunft entgegen. Da der Kommandant des Forts, Major Allshard, gespielt von George O’Brian, angesichts der bevorstehenden Konflikte mit den Indianern, um das Wohl seiner Frau sowie seiner Nichte Olivia Dandridge besorgt ist, gibt er Brittles den Auftrag, die beiden im Rahmen seiner allerletzten Patrouille zu einer Postkutschenstation zu eskortieren, die aber, wie sich herausstellt, bereits von Indianern zerstört wurde. Brittles und sein Kavallerie-Trupp bringen die beiden Frauen sowie aufgelesene Verwundete heil zurück ins Fort, Brittles muss aber, da seine Dienstzeit endgültig abläuft, das Kommando an Leutnant Penell abgeben, den er als zu jung und zu unerfahren für die Aufgabe erachtet. Da Brittles noch wenige Stunden bis zur Pensionierung bleiben, reitet er in Zivil seiner ehemaligen Truppe hinterher und übernimmt, ohne das Wissen seiner Vorgesetzten, wieder das Kommando. Schließlich reitet er ins Lager der Indianer und trifft dort seinen alten Widersacher „Springender Fuchs/Pony-That-Walks“, der, wie sich herausstellt, ein wenig in derselben Lage ist wie Brittles, da er sich kein Gehör mehr bei den kriegsbereiten jungen Häuptlingen wie „Red Shirt“, gespielt von Noble Johnson, und „Sky Eagle“, gespielt von Sky Eagle, verschaffen kann. Um die drohende blutige Auseinandersetzung zu beenden, entwickelt Brittles schließlich einen Plan: Er stiehlt, in einer nächtlichen Aktion, mit seinen Männern die Pferde der Indianer und treibt sie zurück ins Reservat, was zur Folge hat, dass die Indianer am nächsten Tag zu Fuß, und friedlich, in ihr Reservat zurückkehren. Nach getaner Arbeit reitet Brittles dann als Zivilist gegen Westen, wird aber zurückgeholt, da ein Telegramm des damaligen US-Präsidenten Ulysses S. Grant vorsieht, ihn zum „Inspekteur der Kavallerie im Range eines Oberstleutnants“ zu machen. Der Film endet mit einem großen Fest im Fort zu Brittles‘ Ehren).

Dass Wayne, sagen wir mal: über weite Strecken des Films, denn immer gelingt die schwierige Übung nicht ganz :-), recht überzeugend einen Mann darstellt, der über 20 Jahre älter ist als der Schauspieler damals selbst war, hat Ford, der zunächst eigentlich einen anderen „Leading Man“ für die Rolle casten wollte, zu der Aussage bewogen „I didn’t know the big son of a bitch could act!“.

Tatsächlich ist dieser „Technicolor-Western“ ganz nebenbei einer der besten Pensionsschock-Filme aller Zeiten :-) und bietet darüber hinaus auch einige der besten und malerischsten Aufnahmen (Anmerkung: Ford sah die Bilder als eine Anlehnung an die Arbeiten des 1909 verstorbenen Malers Frederic Remington, der durch seine Darstellungen des „Wilden Westens“ populär wurde), die je vom an der Grenze zwischen Arizona und Utah gelegenen Monument Valley mit seinen eindrucksvollen und bekanntlich „isolierten“ Erhebungen gemacht wurden – nach Der Teufelshauptmann war das Monument Valley tatsächlich und endgültig „John Ford-Country“!

Für die grandiose und darüber hinaus Oscar-prämierte Kameraarbeit war Winton C. Hoch verantwortlich, der als einer der Pioniere sowie Meister der Farb-Kinematographie gilt, als „one of Hollywood’s premier color cinematographers“. Die legendärste und ikonischste Aufnahme, die man auch als „wahrlich gigantisch“ bezeichnen könnte, ist diejenige, in welcher der von Wayne angeführte Kavallerie-Trupp einmal durch einen „thunderstorm“, durch ein Gewitter, reitet und die bedrohlichen Blitze den Himmel förmlich zum Elektrisieren bringen. Der unvergesslichen Szene ging aber ein Disput zwischen dem Kameramann Hoch und dem Regisseur Ford voraus, denn Hoch wollte, um Kameras und Team zu schützen, den Dreh abbrechen, während Ford die Anordnung gab weiterzumachen und zu filmen - eine Tatsache, die Hoch dann nach Beendigung der Dreharbeiten dazu bewog, einen Beschwerdebrief gegen Ford an die „American Society of Cinematographers“ zu schicken. Aber Ford’s damalige Vorgehensweise war sicherlich dessen berühmter Ansicht geschuldet, dass alle guten Dinge beim Film durch Zufall entstehen :-).

Der tolle Originaltitel des Films, She Wore a Yellow Ribbon („Sie trug ein gelbes Band“), der um einiges eleganter als der reißerische deutsche Verleihtitel „Der Teufelshauptmann“ daherkommt :-), bezieht sich darauf, dass „Olivia Dandridge“ Joanne Dru ein gelbes Band im Haar trägt, das, gemäß einer Kavallerie-Tradition, signalisiert, dass sie vergeben ist – allerdings lässt die Figur die beiden Bewerber, die Jungoffiziere Leutnant Cohill (John Agar) und Leutnant Penell (Harry Carey Jr.), zunächst darüber im Unklaren, wer ihr Herz wirklich erobert hat – bis sie sich dann irgendwann für „Lieutenant Flint Cohill“ entscheidet :-), wobei im Film stets angedeutet wird, dass Dandridge’s absoluter Favorit im Grunde ihr „väterlicher Freund“ Captain Nathan Brittles, also der von John Wayne gespielte „Teufelshauptmann“, wäre.

 

Der Teufelshauptmann, ein Western, dessen letztes Drittel sich vielleicht ein klein wenig langatmig gestaltet :-), ist sicherlich vor allem auch eins: Ein schöner und trauriger Film, in dessen Zentrum das Abschiednehmen steht. John Ford-Filme sind eben manchmal auch „miserable stuff“ und können einen ein wenig melancholisch stimmen – überhaupt kommt an das „heimtückische melancholische Potential“ :-) vieler Ford-Filme, wie zum Beispiel der John Steinbeck-Verfilmung Früchte des Zorns von 1940 oder des 60er-Jahre-Spät-Westerns Der Mann, der Liberty Valance erschoss (1962; Originaltitel: The Man Who Shot Liberty Valance), im US-Kino meiner Meinung nur noch der Stanley Kramer-„drama film“ Das Narrenschiff (1965; Originaltitel: Ship of Fools; literarische Vorlage: Katherine Anne Porter) mit Oskar Werner, Simone Signoret, Vivien Leigh und Heinz Rühmann heran, da er eben über ein ähnlich „heimtückisch melancholisches Potential“ verfügt wie einige Werke von Ford :-).

Einen wirklich erfreulichen Aspekt hat Der Teufelshauptmann aber doch: Irgendwie kommen bei dem Film Pferdeliebhaber auf ihre Kosten :-), denn der Western präsentiert einige der süßesten Pferde der Filmgeschichte, die dermaßen charismatisch in die Kamera blicken, dass sie sogar dem „Duke“ ab und an die Show stehlen :-).

 

 

 

III

 

„The Horse Soldiers“ Are On Their Way!

 (Einblendung aus dem Original-Kinotrailer zu Der letzte Befehl, im Original eben: The Horse Soldiers, von 1959)

 

 

 

 I left my love a letter

In the holler of a tree

I told her she would find me

In the US Cavalry

 

 (Ausschnitt aus einem Song, der im Vorspann von Der letzte Befehl vorkommt; bei diesem Vorspann sieht man eine Gruppe von „Horse Soldiers“, im Gegenlicht, auf einer Anhöhe reiten - es wird dabei der Eindruck erweckt, ohne dass dies explizit gezeigt wird, dass der Kavallerie-Trupp den Song gerade selbst singt)

 

 

 COLONEL JOHN MARLOWE

 Erst nehmen Sie uns unsere Artillerie weg und unsere Proviantwagen. Nur damit wir schneller vorwärtskommen. Und jetzt sollen wir auch noch diesen Tabletten-August mitschleppen!

 

 (aus: Der letzte Befehl; „Colonel John Marlowe“ John Wayne macht seinem Vorgesetzten klar, was er von der Tatsache hält, dass er den Arzt „Dr. Major Hank Kendall“, gespielt von William Holden, bei seiner Mission „mitschleppen“ muss; allerdings ist Wayne’s Aussage in der Originalfassung nur halb so amüsant, denn er sagt am Ende lediglich: „And now you saddle us with a doctor and a medical unit.“)

 

 

  JUNGE FARBIGE

 Sind Sie auch Doktor?

 

 COLONEL JOHN MARLOWE

 Nein. Seh ich vielleicht so aus?!

 

 (aus: Der letzte Befehl; „Colonel Marlowe“ John Wayne macht aus seiner Abneigung gegenüber Ärzten im Allgemeinen  - diese resultiert aus der Tatsache, dass er, wie er im Film einmal zum Besten gibt, einst Zeuge eines ärztlichen Kunstfehlers wurde - und „Dr. Kendall“ William Holden im Besonderen keinen Hehl; Zur Erklärung: „Dr. Kendall“ hat sich kurz von der Truppe entfernt und hilft einer schwangeren Farbigen bei der Entbindung – der Dialog zwischen Wayne und der jungen Farbigen findet vor der Holzhütte statt, in der Holden gerade „Geburtshelfer“ spielt, was Wayne nur noch mehr gegen ihn aufbringt, weil er der Meinung ist, der Doktor solle lieber wieder den eigenen Verwundeten helfen)

 

 

 DR. MAJOR HANK KENDALL

 Der Mann machts einem nicht leicht. Stimmts?

 

 (aus: Der letzte Befehl; „Dr. Kendall“ William Holden zu „Hannah Hunter“ Constance Towers über „Colonel Marlowe“ John Wayne)

 

 

Natchitoches Parish, Louisiana Cane River Lake, Louisiana - Natchez, Mississippi

Eines muss man dem US-Western und damit natürlich auch den Western des bedeutendsten aller Western-Regisseure, John Ford, ich meine: jenseits aller manchmal übertriebenen Helden-Stilisierungen und jenseits des zeitwilligen „Indianer-Bashings“, auf jeden Fall lassen: Es befällt einem, angesichts der meist eindrucksvollen (US-Original-)Drehorte, beim Betrachten nicht so ein untrügliches Jugoslawien-/Kroatien-Gefühl wie bei den europäischen Karl May-Verfilmungen :-).

Nun, Der letzte Befehl, jener, völlig „Indianer-freie“ :-), Western mit John Wayne und William Holden, der überwiegend in den oben genannten Südstaaten-Locations gedreht wurde und der bei vielen Kritikern, wie ich bemerkt habe, jetzt nicht unbedingt die Pole-Position in der „John Ford-Film-Hierarchie“ einnimmt, ist mein absoluter Lieblings-John Ford-Film!

Das erste Mal sah ich das Werk irgendwann zwischen 1995 und 1997 in irgendeiner „Spätvorstellung“ in irgendeinem dritten deutschen TV-Programm – und tatsächlich war etwas passiert, was mir seit Franҫois Truffaut’s genialem Kriminalfilm Auf Liebe und Tod (1983; Originaltitel: Vivement dimanche!) mit Fanny Ardant und Jean-Louis Trintignant oder Ingmar Bergman’s wunderbar satirischer Komödie Ach, diese Frauen (1964; Originaltitel: För att inte tala om alla dessa kvinnor) mit Jarl Kulle und der erst unlängst verstorbenen Bibi Andersson, beides Filme, die ich zwei oder drei Jahre zuvor im TV gesehen hatte, nicht mehr passiert war: Ich bin drangeblieben und hab den Film, ohne eine Video-Aufnahme strapazieren zu müssen, zu Ende betrachtet, bis weit nach Mitternacht :-).

 

Die Gründe, warum ich damals, „irgendwann in den 90ern“ also :-), bei Der letzte Befehl vor dem TV-Gerät drangeblieben bin, sind vielfältig: Am wenigsten schuld daran war sicherlich die Geschichte als solches (Story-Abriss: Zur Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs: Der ehemalige Eisenbahningenieur John Marlowe, nun Nordstaatenkolonel, soll seine Kavallerie-Einheit hinter die Linien der Konföderierten führen, um eine Bahnstation zu zerstören und damit einhergehend den Nachschubweg der feindlichen Truppen. Marlowe und der Neuzugang in seiner Einheit, der Militär-Arzt Dr. Hank Kendall, geraten regelmäßig aneinander, weil der raubeinige Marlowe sich permanent abfällig über Kendall und dessen Berufsstand äußert. Auf einem Landgut, das sich auf Südstaatengebiet befindet, erläutert Marlowe seinen Plan, nach der Zerstörung der Bahnstation nicht nach Norden zurückzukehren, sondern weiter nach Baton Rouge zu reiten, wo er sich mit weiteren Unionstruppen treffen will. Bei der Besprechung werden sie von der auf diesem Landgut lebenden und sich zunächst als gastfreundlich präsentierenden Hannah Hunter und deren Haushälterin Lukey [gespielt von dem farbigen Tennisprofi Althea Gibson, die in den 50er-Jahren sowohl die French Open als auch Wimbledon und die US Open gewonnen hat!] belauscht – Hunter und Lukey werden aber von Kendall dabei erwischt. Da Hunter offenbar die Nordstaaten hasst und den Plan verraten würde, entschließt sich Marlowe, die beiden Frauen als Gefangene mitzunehmen. Nachdem die Bahnstation erfolgreich eingenommen, die Eisenbahnanlagen und Lager niedergebrannt und die eintreffende Südstaaten-Verstärkung niedergekämpft wurde, setzt die Einheit wie geplant ihren Weg nach Süden fort. Unterwegs wird Lukey dann von den Schüssen versprengter Südstaatler tödlich getroffen. Da Marlowe’s Kavalleristen von Südstaaten-Truppen verfolgt werden, müssen sie zunächst durch Sumpfgebiet reiten, bis es schließlich an einer Brücke zu einem verlustreichen Gefecht kommt, aus dem Marlowe und seine Männer aber als Sieger hervorgehen. Marlowe, der bei dem Gefecht leicht verletzt wurde, wird von Kendall, mit dem er sich nach einer Schlägerei etwas besser versteht, behandelt. Bald nähern sich aber weitere Südstaaten-Truppen, daher lässt Marlowe seine Einheit über die Brücke in Sicherheit bringen und sprengt als letzter Mann dann die Brücke in die Luft. Kendall entschließt sich, mit den Verletzten zurückzubleiben und begibt sich somit in Gefangenschaft. Kurz bevor Marlowe über die Brücke reitet und diese zerstört, gesteht er Hannah Hunter, die bei Kendall bleibt, um nach Hause zurückzukehren, noch seine Liebe).

Viel mehr hat mich da schon das „Filmstar-Duell“ zwischen John Wayne und William Holden in den Bann gezogen, das zahlreiche und auch amüsante verbale Schlagabtausche bietet, bis es dann im Laufe des Films zu einem richtigen Schlagabtausch kommt, denn der Konflikt zwischen den beiden wird, ganz 50er-Jahre-typisch :-), erst durch eine Schlägerei ein wenig entschärft.

Das Beste an Der letzte Befehl bleiben aber die eindrucksvollen Bilder, die einem Ford und sein Kameramann William H. Clothier (rückte auch Werke wie John Wayne’s Regie-Arbeit Alamo von 1960, Ford’s Der Mann, der Liberty Valance erschoss von 1962 oder auch Howard Hawks‘ finales Werk Rio Lobo von 1970 ins rechte Bild) da präsentieren und die man fast schon als in Leinwandbilder gegossene „Landschaftspoesie“ bezeichnen könnte.

Exemplarisch für die poetisch-lyrischen Qualitäten von Der letzte Befehl sind speziell zwei Szenen, die zweifellos zu den Magic Moments des Films zählen: Die erste Szene ist jene, in der Wayne, Holden sowie die gesamte Kavallerie-Truppe eine (wieder mal offenbar singende :-)) Truppe Südstaaten-Soldaten beobachtet, und das über einen Fluss hinweg – die Art und Weise, wie darin die als Deckung verwendeten Bäume eingefangen sind, ist schlichtweg fantastisch! Szene Nummer zwei ist ohne Zweifel jene, als sich Wayne’s Truppe, samt ihrer unfreiwilligen Begleiterin „Hannah Hunter“ Constance Towers, mit den Pferden durch das ganz und gar nicht flache Gewässer eines Sumpfgebietes bewegen muss – dieser Ritt durch das „tiefe Sumpfwasser von Louisiana“ hat etwas Spektakuläres und gleichzeitig ungeheuer Meditatives!

 

Der letzte Befehl ist, abseits aller „visueller Großartigkeiten“, aber auch ein Film, in dem John Wayne, dank John Ford natürlich, sein ewiges „Kompanieführer-Image“ noch nicht pervertiert hat und völlig in den Dienst irgendeines reaktionären Gedankenguts gestellt hat, so wie er das in den 60ern am penetrantesten in seiner eigenen Regie-Arbeit Die grünen Teufel (1968; Originaltitel: The Green Berets; Co-Regie: Ray Kellogg; Anmerkung: Wayne spielt darin „Colonel Mike Kirby“, der in der Heimat zunächst eine Gruppe junger Soldaten ausbildet, mit denen er dann in den Krieg gegen den Vietcong zieht) getan hat, in einem Film also, der der einzige Hollywood-Film seiner Zeit war, der derartig offen eine Pro-Vietnam-Krieg-Message transportierte und, wie später zum Beispiel auch das unsägliche Wir waren Helden (2002; Originaltitel: We Were Soldiers; Regie: Randall Wallace) mit Mel Gibson, einen wahren Anti-Antikriegsfilm darstellt.

Für den wunderbaren William Holden (Filmographie-Highlights sind zum Beispiel auch: Boulevard der Dämmerung/OT: Sunset Boulevard von Billy Wilder aus 1950 und natürlich Die Brücke am Kwai/OT: The Bridge on the River Kwai von David Lean aus 1957), der lebenslang selbst ein großer Unterstützer der Republikanischen Partei war und 1952 sogar der Trauzeuge des späteren US-Präsidenten Ronald Reagan bei dessen Hochzeit mit Nancy, war der Umgang mit der konservativen und mitunter sogar leicht reaktionären Speerspitze des damaligen US-Kinos, die Ford und speziell natürlich Wayne zweifellos darstellten, nicht ganz einfach – vor allem mit dem Regisseur Ford soll es zu Konflikten gekommen sein und die Aussage, die „Dr. Kendall“ William Holden, angesichts des „dauer-unfreundlichen Verhaltens“ von „Colonel John Marlowe“ John Wayne einmal diesem gegenüber tätigt, nämlich „ „Im Übrigen können Sie mich mal“, mag ein wenig auch das tatsächliche Verhältnis zwischen Holden, Wayne und Ford bei den Dreharbeiten widergespiegelt haben :-).

Ich bin, aber das erst in den letzten paar Jahren, irgendwie ein Fan von William Holden geworden, denn ich finde ihn, speziell in seinen „Altersrollen“, wie in Sam Peckinpah’s grandiosem Western The Wild BunchSie kannten kein Gesetz (Originaltitel: The Wild Bunch) von 1969 oder in Sidney Lumet’s genial-giftiger Mediensatire Network von 1976, einfach nur großartig – überhaupt wurden die Filme des „Trauzeugen von Ronald Reagan“ mit der Zeit witzigerweise immer „linksgerichteter“ :-).

 

Ganz am Ende dieses John Ford-Westerns, in dessen Zentrum unterm Strich nicht die Action (Anmerkung: Dennoch hatte das Filmteam mit dem Stuntman Fred Kennedy, der sich während einer „Battle Scene“ das Genick brach, tatsächlich einen Toten zu beklagen!) steht, sondern eher die Beziehung zwischen Wayne, Holden und Constance Towers (Anmerkung: Towers sieht übrigens im Film, jenseits der Kleidung, die sie tragen muss, irgendwie äußerst modern aus, als ob es sie mit Hilfe eines „Zeitreise-Equipments“ in den Wilden Westen verschlagen hätte :-)), bekommt man es dann mit einer der „romantischsten“ Liebeserklärungen der Filmgeschichte :-) zu tun, denn bevor „Colonel John Marlowe“, in Gestalt des „Duke“ John Wayne, über die Holzbrücke reitet und diese dann in die Luft jagt (das dabei zu hörende Pferdehuf trifft auf Holzbrücke-Geräusch halte ich, ohne zu übertreiben, für eines der gelungensten Sounddesign-Elemente der gesamten Filmgeschichte!), sagt er noch, halb mürrisch :-) und etwas beiläufig, zu „Hannah Hunter“ Constance Towers: „Sie werden’s nicht für möglich halten, aber ich liebe Sie.

 

(ENDE von TEIL 1 des Artikels - EINLEITUNG; Fassung vom 24.04.2019)