Getaway (1972; Regie: Sam Peckinpah; OT: The Getaway) oder: Warum Steve McQueen immer der "King of Cool" bleiben wird... (TEIL 1 des Artikels - EINLEITUNG)

 

PROLOG

 

Irgendwann 1997 stieß ich im Fernsehen auf einen TV-Spot, der offenbar irgendein neues Auto anpreisen sollte. Normalerweise gehen mir persönlich Autowerbungen sonst wo vorbei :-), doch dieser Spot schien wahrlich besonders, hatte von Beginn an etwas „Retro-Mäßiges“ und spielte offenbar in San Francisco, aber eben irgendwie nicht, ausschließlich zumindest, im gegenwärtigen. Plötzlich tauchte, gleichsam hinter dem Steuer des Wagens, der da beworben werden sollte, ein wohlbekanntes Gesicht auf, nämlich das von Hollywood-Ikone Steve McQueen, der mich als Kind und Jugendlicher in Filmen wie Gesprengte Ketten (1963; Originaltitel: The Great Escape; Regie: John Sturges), Kanonenboot am Yangtse-Kiang (1966; Originaltitel: The Sand Pepples; Regie: Robert Wise) und natürlich Die glorreichen Sieben (1960; Originaltitel: The Magnificent Seven; Regie: John Sturges) begeistert hatte, wobei letzterer Film, der Jahrhundert-Western Die glorreichen Sieben, der ja gemeinhin als einer der besten Western überhaupt gilt, es aus meiner Sicht nicht ganz mit der kongenialen Vorlage von Akira Kurosawa aus dem Jahr 1954 aufnehmen kann – gemeint ist natürlich Die sieben Samurai (Originaltitel: Shichinin no samurai), einer der größten japanischen Filme aller Zeiten und, neben Yojimbo – Der Leibwächter (1961; Originaltitel: Yojimbo; Regie: Akira Kurosawa), der wohl beste Film mit Japan’s Schauspiellegende Toshiro Mifune.

Nun, Steve McQueen bahnt sich in dem besagten TV-Spot, den man sich heutzutage problemlos auf YouTube ansehen kann, also seinen Weg durch die berühmten Straßen von San Francisco und fährt dann am Ende, bevor der Slogan „PUMA A DRIVER’S DREAM“ erscheint, denn in dem Spot geht es um den Ford Puma, noch an einer jungen Frau vorbei, die ein wenig so gestylt ist wie Faye Dunaway im dem formidablen Heist-Movie Thomas Crown ist nicht zu fassen (1968; Originaltitel: The Thomas Crown Affair; Regie: Norman Jewison), und schließlich in die Garage, wo er aussteigt, sich umblickt und davongeht.

Ich war damals, wie soll ich sagen, einigermaßen „enthusiasmiert“ :-) von diesem denkwürden Spot, denn: Was war passiert?

Die Macher des Spots hatten einfach Material aus Peter Yates‘ Bullitt von 1968, aus einem der besten Cop-Filme aller Zeiten, der mein persönlicher Lieblings-Cop-Film ist und ein Film, der nicht nur die längste, beste und wichtigste Autoverfolgungsjagd der Filmgeschichte enthält, sondern auch wie kein zweiter zeigt, warum man McQueen den „King of Cool“ nannte, verwendet und so montiert, dass der Eindruck erweckt wird, dass der 1980 verstorbene McQueen hinterm Steuer des Ford Puma sitzt.

Die entscheidenden Szenen in Bullitt sind aber in Wahrheit nicht jene, in denen McQueen Auto fährt, nein, die entscheidenden Szenen, die, die McQueen seinerzeit endgültig zur Ikone des Cool gemacht hatten, sind jene, in denen McQueen aus Autos (im Film von 68 eigentlich ein Ford Mustang sowie zwischendurch auch ein Taxi – gefahren von Robert Duvall) aussteigt, bekleidet mit dem berühmten blauen Rollkragenpulli plus Sakko, die Autotüren zumacht und anschließend seinen unnachahmlichen und McQueen-typischen federnd sicheren Gang hinlegt, der in Bullitt eben der Dreh- und Angelpunkt einiger der stilvollsten Momente ist, die jemals auf der Leinwand zu sehen waren.

 

 

 I

 

 

Es gibt wahrlich so einige Filme, die man sich, und damit meine ich jetzt nicht die eingeschränkte Kategorie „absolute Lieblingsfilme“ oder dergleichen, alle paar Jahre unbedingt wieder ansehen muss.

Dazu gehört für mich etwa die Columbo-Folge Playback (Regie: Bernard L. Kowalski) aus 1974, in der tatsächlich Oskar Werner den Mörder und somit Columbo-Gegenspieler mimt. Und wenn wir schon bei Oskar Werner sind, der übrigens einst von dem legendären Regisseur Fritz Lang (zum Beispiel: 1931: M – Eine Stadt sucht einen Mörder; 1940: Rache für Jesse James) dazu überredet wurde, die Rolle in der TV-Serie Columbo (1968-1978; 1989-2003) anzunehmen, und bei Filmen, die man alle paar Jahre immer wieder gerne sieht, dann darf auch nicht Fahrenheit 451 (1966) fehlen, Franҫois Truffaut’s legendäre Ray Bradbury-Verfilmung, in der Werner, den ich, als ich sechszehn oder siebzehn Jahre alt war, gut und gerne als meinen „Lieblingsschauspieler“ bezeichnet hätte, den Feuerwehrmann „Guy Montag“ spielt, dem irgendwann komisch vorkommt, dass er die ganze Zeit Bücher verbrennt anstatt sie zu lesen.

Ebenfalls alle paar Jahre „fällig“, in den DVD-Player eingelegt zu werden, sind die beiden grandiosen „Gewalt-Studien“, die Regisseur David Cronenberg mit Viggo Mortensen gedreht hat, nämlich A History of Violence (2005) und Tödliche Versprechen – Eastern Promises (2007; Originaltitel: Eastern Promises), beides Filme, die zum Aller-Besten gehören, was in den letzten fünfzehn Jahren so ins Kino gekommen ist.

Unbedingt zu diesen Alle paar Jahre gerne wieder-Filmen gehören aber auch fast alle Filme mit Steve McQueen, speziell aber Blob – Schrecken ohne Namen (1958; Originaltitel: The Blob; Regie: Irvin S. Yeaworth Jr.), Cincinnati Kid (1965; Originaltitel: The Cincinnati Kid; Regie: Norman Jewison), Bullitt, Thomas Crown ist nicht zu fassen, Flammendes Inferno (1974; Originaltitel: The Towering Inferno; Regie: John Guillermin) und vor allem Getaway (1972; Originaltitel: The Getaway), jene spektakuläre zweite Zusammenarbeit zwischen McQueen und dem „Action-Maestro“ Sam Peckinpah, die im Teil zwei dieses Artikels dann im Zentrum der Ausführungen stehen wird.

 

 

 II

 

 STEVE ANDREWS

 Solange die Arktis noch kalt ist.

 

 (aus: Blob – Schrecken ohne Namen; „Steve Andrews“ Steve McQueen hat am Ende des Films fast einen „prophetischen Moment“ die Arktis betreffend; zur Erklärung: Der „Blob“, dieser außerirdische „Killer-Schleim“, kann nur durch Kälte in Schach gehalten bzw. neutralisiert werden und wird schließlich, wie man im Schlussbild des Films sieht, in der Arktis abgeladen und entsorgt – also muss man hoffen, dass das Arktis-Eis niemals schmilzt!)

 

 

Der amüsante und irgendwie eigentümlich spannende Low-Budget Horrorfilm Blob – Schrecken ohne Namen (Alternativ-Titel: Angriff aus dem Weltall) gehört zu einer Kategorie von Filmen, bei denen man gar nicht glauben kann, dass eine (eigentlich nur wenig) später so berühmt gewordene Figur wie McQueen, damals, 1958, noch als Steven McQueen unterwegs, darin überhaupt vorkommt. McQueen (Jahrgang 1930) spielt in Blob – Schrecken ohne Namen den Jugendlichen „Steve Andrews“, der, anstatt einen romantischen Abend mit seiner Freundin „Jane Martin“ (gespielt von Aneta Corsaut) verbringen zu können, es mit einer gallertartigen Substanz zu tun bekommt, die mittels eines kleinen Meteoriten auf die Erde gelangt ist und sich in der Folge als äußerst tödliche Bedrohung für jedermann in der US-Kleinstadt, in der das ganze Szenario spielt, erweist.

Dass auch gute Schauspieler wie McQueen unter einer unsicheren und holprigen Regie, wie der von Irvin S. Yeaworth Jr., dieser galt als „evangelikaler Filmemacher“, der religiöse Kurzfilme für Sonntagsschulen drehte, manchmal etwas „merkwürdig“ und vor der Kamera „fehlgeleitet“ rüberkommen, davon kann man sich in Blob – Schrecken ohne Namen ganz gut überzeugen, genauso wie von der Tatsache, dass der hysterische US-Antikommunismus der 50er-Jahre auch filmisch recht seltsame Blüten getrieben hat, denn der „Blob“, jene hochinfektiöse und alles verschlingende außerirdische Substanz, sollte tatsächlich eine Art Metapher für den Kommunismus(!) sein.

Trotz allem inszenatorischen Dilettantismus, der in dem Film zweifellos vorkommt, hat das Werk nicht nur seine Magic Moments, so wie zum Beispiel den Moment, als eine kreischende Menge entsetzt aus einem Kino läuft, weil der „Blob“ offenbar gerade den Filmvorführer gekillt hat, sondern auch ganz generell einige Auffälligkeiten, jenseits von Hauptdarsteller Steve(n) McQueen :-), die es sehenswert machen und aus der Masse an Billig-Horrorfilmen hervorheben. So empfinde ich die Farbe des Films als bemerkenswert, denn die teils intensive Farbgebung darin erinnert mich tatsächlich an die virtuose Farbgebung in Jacques Tati’s Meisterwerk Mein Onkel (1958; Originaltitel: Mon oncle; ausgezeichnet mit dem Oscar für „Bester fremdsprachiger Film“), der vielleicht jener Film innerhalb der Filmgeschichte mit der besten Farbgebung ist. Weiters erzeugt die Tatsache, dass die Schauspieler manchmal irgendwie nur vor einem schwarzen Hintergrund (Anmerkung: Der gesamte Film spielt in der Nacht) zu agieren scheinen, ohne sonstige sichtbare Elemente wie Bäume oder Hauswände etc., eine gewisse Künstlichkeit, die sogar etwas eigentümlich „Künstlerisches“ hat und einen an jenen Effekt erinnert, den sich der geniale britische Regisseur Derek Jarman (1942-1994; Highlights: 1986: Caravaggio; 1987: The Last of England – Verlorene Utopien; 1991: Edward II) in seinem amüsanten Philosophen-Biopic Wittgenstein (1993; Anmerkung: Der Film ist eine Art komödiantische Einführung in das Leben und Werk des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein) zunutze gemacht hat, denn in diesem agieren die Personen meist nur vor schwarzen Hintergründen, was gleichsam den Fokus auf das „Wesentliche“ einer Szene, nämlich das, was die Schauspieler so treiben :-), legt.

 

 

 

 VIN

 Es gibt Städte, wo die Mädchen nicht gerade besonders hübsch sind. Und es gibt auch Städte mit ausgesprochen hässlichen Mädchen. Aber in diesem komischen Dorf, scheint es überhaupt keine Mädchen zu geben.

 

 (aus: Die glorreichen Sieben; der Cowboy „Vin“, gespielt von Steve McQueen, der es vorgezogen hat, anstatt einen sicheren Job als Verkäufer anzunehmen, mit „Chris“ Yul Brynner und noch fünf anderen gegen eine Horde von Banditen zu kämpfen, die ein kleines mexikanisches Dorf terrorisieren, berichtet offenbar aus seinem großen „Erfahrungsschatz“; zur Erklärung: Die Dorfbewohner verstecken die jungen Frauen, zunächst, vor der von ihnen angeheuerten Cowboy-Truppe)

 

 

Mit den meisten Filmen von Japan’s Regie-Meister Akira Kurosawa (1910-1998) hatte ich irgendwie immer so meine Probleme oder, wenn man so will, das größte aller Probleme im Zusammenhang mit Kunst: Sie sprechen mich nicht wirklich an!

Natürlich ist Kurosawa’s multiperspektivischer Suche nach der Wahrheit-Film Rashomon – Das Lustwäldchen (1950; Originaltitel: Rashomon) ein Meilenstein, den man mal gesehen haben sollte. Dasselbe gilt sicherlich auch für die Shakespeare-Adaption Das Schloss im Spinnwebwald (1957; Originaltitel: Kumonosu-jo; literarische Vorlage: Macbeth) oder für berühmte Kurosawa-Epen wie Kagemusha – Der Schatten des Kriegers (Originaltitel: Kagemusha) aus 1980, der sogar von den Kurosawa-Verehrern George Lucas und Francis Ford Coppola produziert wurde, oder für Ran aus 1985, der Kurosawa’s letztes bedeutendes Werk ist und Mitte der 80er, mit einem Budget von 12 Millionen US-Dollar, als teuerster Film, der jemals in Japan gedreht wurde, galt.

Aber ganz ehrlich: Ich persönlich fand die Filme eines Yasujiro Ozu (1903-1963), der Japan’s zweiter großer Regie-Meister ist (der dritte war zweifellos Kenji Mizoguchi mit Meisterwerken wie Ugetsu – Erzählungen unter dem Regenmond von 1953), immer viel interessanter und teilweise auch kunstvoller und berührender als die von Kurosawa, weil darin die Themen Familie, Ehe und Generationenkonflikte auf eine Art und Weise verarbeitet sind, die mich ungeheuer anspricht. Am besten von Ozu’s Meisterschaft, und von dessen damit einhergehender formaler Strenge, kann man sich in den beiden Werken Die Reise nach Tokyo (1953; Tokyo monogatari) und Ein Herbstnachmittag (1962; Originaltitel: Sanma no aji) überzeugen. Ozu, der immer im Schatten von Kurosawa stand, wurde erst nach seinem Tod auch außerhalb Japans bekannt und für Filmemacher wie Rainer Werner Fassbinder, Aki Kaurismäki oder Jim Jarmusch zu einer wichtigen Einfluss-Quelle. Der deutsche Filmregisseur Wim Wenders hat 1985 eine wirklich sehenswerte Dokumentation über Ozu gedreht, betitelt mit Tokyo-Ga.

 

Aber zurück zu meinem „Kurosawa-Problem“ :-), das genau bei zwei Filmen stets verschwunden ist, nämlich bei den bereits erwähnten Filmen Yojimbo – Der Leibwächter und vor allem bei Die sieben Samurai. Lieferte Yojimbo – Der Leibwächter quasi die Blaupause für spätere Italo-Western wie dem Sergio Leone-Meilenstein und Clint Eastwood-Durchbruch Für eine Handvoll Dollar (1964; Originaltitel: Per un pugno di dollari), so ist Die sieben Samurai, der zu den ganz großen filmischen Werken des 20. Jahrhunderts gehört, bekanntlich die unmittelbare Vorlage für den US-Edel-Western Die glorreichen Sieben, ein Werk, das 1960 auch Steve McQueen zu einem Superstar gemacht hat.

Vergessen Sie bitte Antoine Fuqua’s Remake Die glorreichen Sieben (Originaltitel: The Magnificent Seven) von 2016, denn das bietet zwar auch attraktive Namen wie Denzel Washington, Chris Pratt oder Ethan Hawke, aber der „Hollywood-mythologische Background“ des John Sturges-Films ist gewiss weit reizvoller als der von Fuqua’s Werk.

In Kurosawa’s Original, in dem sich aber, im Gegensatz zum US-Remake, und das macht den gravierendsten Unterschied der beiden Werke aus, (Kampf-)Power und Poesie in einem Zen-mäßigen Einklang befinden :-), setzen sieben Samurai, angeführt von „Kambei Shimada“ Takashi Shimura und „Kikuchiyo“ Toshiro Mifune, dazu an, ein Bauerndorf gegen Banditen zu verteidigen. Im Western von 1960 bilden „Chris“ Yul Brynner und „Vin“ Steve McQueen die Speerspitze der Cowboys (der Rest der „glorreichen Sieben“, oder der „Reisende[n] in Blei“, so wie McQueen die Truppe im Film einmal definiert, wird von Charles Bronson, Horst Buchholz, Robert Vaughn, Brad Dexter und James Coburn gespielt), die ein mexikanisches Dorf vor der Plünderung durch die Banditen rund um „Calvera“ Eli Wallach bewahren wollen.

Yul Brynner, der in dem „Wildwest-Meisterwerk“ (so nannte seinerzeit die Zeitschrift Stern den Film) sozusagen den Chef der „glorreichen Sieben“ spielt, soll, und da wären wir beim Thema „Hollywood-Mythen“ :-), die Arbeit mit McQueen regelrecht gehasst haben, weil der damalige Newcomer McQueen im Cowboy-Outfit, im Gegensatz zu Brynner, der aber als etwas griesgrämiger „Cowboy mit Vollglatze“ wohl einer der ungewöhnlichsten und exotischsten Cowboys der Filmgeschichte bleibt :-), einfach leicht und lässig rübergekommen ist und am Set ständig mit Gewehren hantiert hat. Für McQueen galt eben damals schon, zu einem sehr frühen Zeitpunkt seiner Karriere, was Christoph Gröner 2010 in der Süddeutschen Zeitung in seinem lesenswerten Artikel „King of Cool“ so treffend auf den Punkt gebracht hat: „Wahrscheinlich hätte er alles tragen können und hätte gut darin ausgesehen. Tatsächlich hat er fast alles getragen und gut ausgesehen dabei.

 

 

 

 ERIC „CINCINNATI KID“ STONER

 Das hab ich mit keinem Wort gesagt.

 

 CHRISTIAN RUDD

 Du hast noch nie ein Wort gesagt. Über uns.

 

 (aus: Cincinnati Kid; Dialog zwischen „Cincinnati Kid“ Steve McQueen und dessen Freundin „Christian“ Tuesday Weld, der typisch ist für die Beziehung der beiden, die von Annäherung und plötzlicher Distanz geprägt ist – was nicht unbedingt die Schuld von „Christian“ ist)

 

 

Es gibt kaum poetischere sowie wenig schönere und wenig elegantere Momente im US-Kino der 60er-Jahre als jenen, in dem „The Cincinnati Kid“ Steve McQueen in der Nacht, bekleidet mit einer Lederjacke, durch den berühmten „Louisiana Rain“ marschiert, den auch Tom Petty viel später einmal, genauer: 1979, in einem so betitelten Song (aus dem Album Damn the Torpedoes) beschworen hat. Wie hat Paul Sherman auf der Website „Turner Classic Movies“ im Zusammenhang mit Cincinnati Kid geschrieben: „Leading men don’t come cooler than Steve McQueen, old pros don’t come more professional than Edward G. Robinson and starlets don’t come more delectable than Ann-Margret and Tuesday Weld. They’re all here, at their best […].“

Ursprünglich hätte tatsächlich Sam Peckinpah, mit dem McQueen später noch das merkwürdige, vor allem: merkwürdig kontemplative :-), Rodeo-Reiter-Drama Junior Bonner (1971) und eben den 70er-Jahre-Kino-Hit Getaway drehen sollte, die Regie bei der Verfilmung des 1963 erschienenen Romans „The Cincinnati Kid“ von Richard Jessup (deutscher Roman-Titel: Der Pokerkönig) übernehmen sollen, doch dieser zerstritt sich, kurz nach Beginn der Dreharbeiten, mit dem Produzenten Martin Ransohoff, angeblich deswegen, weil Ransohoff sich gegen eine „Vulgarisierung“ des Stoffes stemmte, da Peckinpah vorhatte, mit der damaligen Nachwuchsschauspielerin Sharon Tate (die spätere Ehefrau von Roman Polanski, die 1969, hochschwanger, von Anhängern des Sektenführers Charles Manson bestialisch ermordet wurde) eine Nacktszene zu drehen.

Nachdem das Projekt dann Norman Jewison (Filmographie-Highlights sind unter anderem: 1967: In der Hitze der Nacht mit Sidney Poitier; 1987: Mondsüchtig mit Cher) übergeben wurde, wurde aus dem „Cincinnati Kid“-Projekt ein Farbfilm (Peckinpah hatte zuvor nämlich begonnen, Material in Schwarzweiß zu drehen) und das Ergebnis, das 1965 in die Kinos kam, war ein Werk, dass einerseits so etwas wie der „Royal Flush unter den Zockerfilmen“ ist, so nannte ihn zumindest die Zeitschrift Cinema, und andererseits eine Art gelungener „Bastard“ zwischen dem Old „Classic“ Hollywood-Kino und dem damals bereits vor der Tür stehenden New Hollywood-Kino. Diese offensichtliche Zerrissenheit des Werks zwischen Old & New Hollywood, die aber auch seine Spannung und Eleganz ausmacht, wird natürlich noch durch das (Poker-)Duell der beiden Hauptdarsteller Edward G. Robinson und Steve McQueen unterstrichen, denn schließlich trifft in Cincinnati Kid ein wahrer Gigant des Classic Hollywood-Kinos, nämlich Edward G. Robinson (Jahrgang 1893), der durch Filmklassiker wie Frau ohne Gewissen (1944; Originaltitel: Double Indemnity; Regie: Billy Wilder) oder Gangster in Key Largo (1948; Originaltitel: Key Largo; Regie: John Huston), um wirklich nur zwei zu nennen, unsterblich wurde, auf Steve McQueen, einen Schauspieler, dem man im Nachhinein bescheinigen muss, es sogar geschafft zu haben, in beiden Hollywood-Welten, in der noch eher klassischen (Die glorreichen Sieben; Gesprengte Ketten) und in der „neuen“ (Thomas Crown ist nicht zu fassen; Bullitt, Getaway), riesige Erfolge zu landen.

Cincinnati Kid ist vor allem eine absolut fesselnde und reichlich atmosphärische Studie über die „Spielernatur“ geworden. Beide Stars, Edward G. Robinson und Steve McQueen, bestechen, als Poker-Legende „Lancey Howard“ und als Nachwuchs-Poker-Ass „Eric Cincinnati Kid Stoner“, mit ihrem schauspielerischen Minimalismus, denn Robinson macht quasi alles über die Augen und legt eine Art stille und für den Gegner tödliche Präzision an den Tag, die aus seiner Mischung aus Erfahrung und Gelassenheit gespeist wird, während McQueen den „Undurchschaubaren“ mimt, der kein Mine zu viel verzieht bei seinem Versuch, ein „Monument“ zu stürzen.

Großartig sind dann vor allem auch die abschließenden Worte, die „Lancey Howard“ Edward G. Robinson dem „Cincinnati Kid“ Steve McQueen sagt, nachdem er es geschafft hat, seinen jungen Herausforderer zu besiegen, wobei die berühmte eine Schweißperle, die auf McQueen’s rechter Gesichtshälfte kurz nach der offensichtlichen Niederlage zu sehen ist, unter McQueen-Fans wahren Kultstatus besitzt :-). Hier also Edward G. Robinson’s Worte, die in jede Greatest Hits-Sammlung denkwürdiger Film-Zitate gehören:

 

 LANCEY HOWARD

 Sie sind gut, Kid. Aber solange ich in diesem Geschäft bin, sind Sie nur der Zweite. Damit müssen Sie sich abfinden.

 

 (aus: Cincinnati Kid; im Original sagt Edward G. Robinson: "You're good, Kid. But as long as I'm around, you're second best. You might as well learn to live with it.")

 

 

Obwohl im Hollywood-Kino Mitte der 60er, was die Frauenfiguren betrifft, solche „Betschwestern“, wie sie etwa John Ford in seinen Filmen ständig präsentiert hat, nahezu verschwunden waren, so hat es doch noch ein paar Jahre gedauert, bis sich auch Hollywood getraut hat, bessere und überzeugendere Frauenfiguren zu zeigen.

Die zwei zentralen Frauenfiguren in Cincinnati Kid, „Melba Nile“, gespielt von Ann-Margret, und „Christian Rudd“, gespielt von Tuesday Weld, sind irgendwie auch das schwächste Element des Films, denn die eine, Melba Nile, die junge und betont sexy (Anmerkung: Ann-Margret wurde nicht umsonst 1995 einmal vom Playboy-Magazin auf den 13. Platz der „sexiesten Filmstars des Jahrhunderts“ gewählt :-)) daherkommende Ehefrau des Karten-Gebers „Shooter“ (überzeugend von Die Straßen von San Francisco-Star Karl Malden gespielt), wird tendenziell eher als „Hure“ gezeigt, während die andere, Christian Rudd, mehr als „leicht masochistischer Engel vom Land“ agiert, auf jeden Fall aber als eine Figur, der der „Cincinnati Kid“ McQueen den ganzen Film über ständig einen Korb verpasst, bevor sie am Ende dann doch die einzige ist, die den „Loser“ nach seiner Kartenpartie „auffängt“ und in die Arme schließt :-).

Aber wie eingangs schon angedeutet: Allein Steve McQueen’s Spaziergang durch den „Regen von Louisiana“, in New Orleans, macht den Film auf jeden Fall sehenswert und sogar zu so etwas wie einem Must-See.

 

 

 

 Look like idiots with sunglasses on ‘em

 (aus dem Song Big Weenie von Eminem, zu finden auf dem Album Encore von 2004)

 

 

 

 THOMAS CROWN

 Es geht nicht ums Geld. Das ist unwichtig. Es geht um mich. Es geht um mich und das System. Das System.

 

 (aus: Thomas Crown ist nicht zu fassen; „Thomas Crown“ Steve McQueen offenbart der „freischaffenden Versicherungsdetektivin“ Vicki Anderson, gespielt von Faye Dunaway, seinen zentralen Antrieb, warum er, obwohl er reich ist, Verbrechen plant und durchführen lässt)

 

 

 LT. EDDY MALONE

 Ich sehe ein Fiasko. Und ich finanziere das auch noch. Diese Sexorgien auf Staatskosten!

 

 (aus: Thomas Crown ist nicht zu fassen; „Lieutenant Eddy Malone“ Paul Burke wirf „Vicki Anderson“ Faye Dunaway die mangelnde „professionelle Distanz“ zu ihrem Haupt-Verdächtigen Thomas Crown vor)

 

 

Nun, „[they] look like idiots with sunglasses on ‘em“, so wie Eminem das in seinem Song Big Weenie so treffend in irgendeinem völlig anderen Zusammenhang ausdrückt, das mag vielleicht für die Akteure der Matrix-Trilogie (1999; 2003; Regie: „The Wachowskis“) zutreffen :-), ist aber wohl das Letzte, was man über Steve McQueen und Faye Dunaway in Norman Jewison’s Meisterwerk Thomas Crown ist nicht zu fassen von 1968 sagen kann, denn der Film zählt gewiss zu den elegantesten Werken der Filmgeschichte, in dem eben ganz nebenbei gezeigt wird, wie man Sonnenbrillen tragen muss, damit es so wirklich „cool“ aussieht :-).

Aber Spaß beiseite, die Kleidungsstücke, Accessoires und Sonnenbrillen, die McQueen in seinen Filmen so getragen hat, haben filmgeschichtlichen Kult-Status, der es, zumindest in den 60er-Jahren, fast mit dem Kult-Status aufnehmen konnte, den Audrey Hepburn’s berühmtes „Little Black Dress“ (gebräuchlicher deutscher Ausdruck: „Das Kleine Schwarze“) aus Frühstück bei Tiffany (1961; Originaltitel: Breakfast at Tiffany’s; Regie: Blake Edwards) heute noch genießt.

In dem Heist-Movie (Anmerkung: Ein Thriller Sub-Genre, in dem der oder die Verbrecher in der Regel auch die Sympathieträger sind) Thomas Crown ist nicht zu fassen spielt McQueen den Millionär Thomas Crown, der, neben reich zu sein, vor allem eins ist: gelangweilt!

Crown wird als eine Art „Sensation Seeker“ gezeigt, der Spaß daran hat, Raubüberfälle zu planen, die die virtuose Handschrift eines „kriminellen Genies“ tragen und ein Muster hinterlassen, das die Polizei zur Verzweiflung bringt, nicht aber die freischaffende und schließlich von der Polizei hinzugezogene Versicherungsdetektivin Vicki Anderson, die von Faye Dunaway gespielt wird. Dunaway liefert in Thomas Crown ist nicht zu fassen eine der besten Leistungen ihrer Karriere ab und ihre „Vicki Anderson“, jene Frau, die Thomas Crown jagt und gleichzeitig liebt, ist tatsächlich ein Beweis dafür, dass in Hollywood das Ende der „Betschwestern“ eines John Ford oder von Frauenfiguren, wie sie Doris Day in zahlreichen Filmen verkörpert hat, gekommen war. Exemplarisch für das auffällige „neue Selbstbewusstsein“ von (Film-)Frauen wie „Vicki Anderson“ ist der folgende Dialog, in dem Anderson Crown klarmacht, dass er ihr sozusagen nichts vorzumachen braucht und ihm auf der Spur ist:

 

 THOMAS CROWN

 Und hinter wessen Kopf sind Sie her?

 

 VICKI ANDERSON

 Hinter Ihrem.

 

 (aus: Thomas Crown ist nicht zu fassen)

 

 

So wie der Höhepunkt, und kein Wort wäre irgendwie passender :-), in dem 1999 in die Kinos gekommenen Remake von Thomas Crown ist nicht zu fassen, betitelt mit Die Thomas Crown Affäre (Originaltitel: The Thomas Crown Affair; Regie: John McTiernan), die Sex-Szene zwischen Pierce Brosnan und Rene Russo ist, die tatsächlich, und irgendwie überraschenderweise :-), zu den besten Sex- oder Liebes-Szenen der Filmgeschichte gehört, so ist dies im Original von 1968 die legendäre Kuss-Szene zwischen McQueen und Dunaway, die tatsächlich rund 55 Sekunden dauert und somit einen der längsten Küsse der Filmgeschichte darstellte (Anmerkung: Der mittlerweile allerlängste Kuss der Filmgeschichte ist jedoch ein gleichgeschlechtlicher, nämlich der 3 Minuten und 24 Sekunden dauernde Kuss von Necar Zadegan und Traci Dinwiddie in Elena Undone von Nicole Conn, erschienen 2010).

Vor dieser berühmten Kuss-Szene, für die McQueen und Dunaway insgesamt acht Stunden Drehzeit, und das verteilt über mehrere Tage, benötigten, befindet sich aber der, wenn man so will, eigentliche erotische Höhepunkt des Films, nämlich das Schachspiel zwischen Crown und Anderson, das so raffiniert und elegant inszeniert ist, dass man es auf jeden Fall als die wohl erotischste Schachpartie der Filmgeschichte bezeichnen kann, weil sich die körperliche Annäherung der beiden Hauptfiguren, die schließlich zu dem Kuss-Highlight führt :-), darin, auf inszenatorisch unnachahmliche Art und Weise, langsam aufbaut.

Unvergessliche Momente dieses 60er-Jahre-Filmjuwels, ich meine: abseits der spektakulären Fahrt auf einem Strand mit einem Dünen-Buggy, bei der sich McQueen am Steuer und Dunaway auf dem Beifahrersitz befinden :-), sind auch jene, in denen „Thomas Crown“ Steve McQueen, bei sich zu Hause und für sich allein, in ein schallendes und triumphierendes Gelächter ausbricht, das seine Befriedigung über die gelungenen kriminellen Coups zum Ausdruck bringt, sowie natürlich die Schlussszene, in der die Falle, in die ihn „Vicki Anderson“ Faye Dunaway lockt, denn, wie gesagt: die Frau, die ihn, Crown, liebt, ist die Frau, die ihn jagt und die Frau, die ihn schließlich überführen möchte, zuschnappt, während Crown aber in Wahrheit schon außer Reichweite und in einem Passagierflugzeug über den Wolken ist und doch etwas einsam, zunächst wieder mit Sonnenbrille :-), in seinem Flugzeugsitz vor sich hinstarrt - um schließlich dann doch noch irgendwie still in sich hinein zu grinsen.

Populär geworden ist der Film Thomas Crown ist nicht zu fassen aber auch, weil es darin zu einer intensiven Verwendung der Split-Screen-Technik kommt, bei der parallel ablaufende Aktionen und Handlungsstränge in mehreren kleinen Bild-Fenstern präsentiert werden. Das mag sicherlich dabei helfen, die Perfektion und die exakte Planung des Banküberfalls zu unterstreichen, der zu Beginn des Films gezeigt wird und den die von Thomas Crown angeheuerten Gangster verüben, sowie die Dynamik des ganzen Geschehens zu betonen, ich persönlich habe diese Split-Screen-Technik, die Norman Jewison und sein berühmter Kameramann Haskell Wexler (Highlights: 1966: Wer hat Angst vor Virginia Woolf?; 1975: Einer flog über das Kuckucksnest) einem da präsentieren, immer ein wenig als einen nicht wirklich notwendigen „Spezial-Effekt“ empfunden, den dieser unglaublich stilsicherere und elegante Film nicht unbedingt gebraucht hätte.

 

 

 

  LT. FRANK BULLITT

 Hören Sie mal, Chalmers. Damit das endlich klar ist. Ich kann Sie nicht ausstehen!

 

 (aus: Bullitt; „Lieutenant Frank Bullitt“ Steve McQueen macht dem Widerling „Walter Chalmers“, einem Staatsanwalt mit Polit-Ambitionen, gespielt von Robert Vaughn, unmissverständlich klar, was er von ihm hält)

 

 

 CATHY

 Eine Künstlerseele kostet Geld.

 

 (aus: Bullitt; Die Künstlerin „Cathy“ Jacqueline Bisset zu ihrem Freund „Bullitt“ Steve McQueen, für den sie im Film irgendwie die einzige Verbindung zu einer Welt abseits von Kriminalität und Gewalt darstellt)

 

 

OK – es mag sein, dass in der wohl berühmtesten „car chase“-Szene der Filmgeschichte, die unglaubliche 10 Minuten und 53 Sekunden lang dauert, derselbe VW Käfer an derselben Stelle gleich 4x überholt wird und Steve McQueen das Getriebe des Ford Mustangs, den er fährt, 16x einen Gang höher schaltet, ohne jemals zurückzuschalten :-), aber: die Szene bleibt, trotz aller (Film-)Fehler, eines der zentralen Groß-Ereignisse der (Action-)Filmgeschichte und gehört, ganz offiziell, denn das wird in diversen diesbezüglichen Polls mehr als deutlich, zu den „Best Editing Sequences of All-Time“ und ist noch dazu wohl hauptverantwortlich dafür, dass der Cutter Frank P. Keller für seine Schnittarbeit bei Bullitt 1969 einen mehr als verdienten Oscar erhalten hat. McQueen, der bekanntlich ein begeisterter Hobby-Rennfahrer war, eine Tatsache, der wir den entsetzlich langweiligen Motorsport-Film Le Mans (1971; Regie: Lee H. Katzin; Idee & Produktion: Steve McQueen) zu verdanken haben :-), ist, entgegen aller damals kursierenden Gerüchte, bei der besagten Verfolgungsjagd natürlich nicht ausschließlich selbst hinterm Steuer gesessen, sondern wurde von Bud Ekins und von seinem Standard-Stuntdouble Loren Janes gedoubelt, aus dem simplen Grund, weil die ganze Sache zu gefährlich gewesen wäre und wohl keine Filmproduktion der Welt so leichtfertig den Kopf ihres „Leading Man“ riskiert :-).

Abgesehen von der Verfolgungsjagd zwischen McQueen’s Ford Mustang und dem Dodge Charger R/T seiner Verfolger, die ja fast schon einen autonomen Kurzfilm innerhalb von Bullitt darstellt :-), bleibt Peter Yates’s Werk die wohl größte One-Man-Show der Filmgeschichte, denn man wird, und das habe ich im „Prolog-Teil“ dieses Artikels ja schon irgendwie angedeutet, kaum ein Werk finden, das derartig seinem Hauptdarsteller huldigt wie dieser Cop-Film, der das US-Debüt des britischen Regisseurs Peter Yates darstellte, dessen zweitpopulärster Film sicherlich der formidable und 1987 in die Kinos gekommene Thriller Suspect – Unter Verdacht (Originaltitel: Suspect) mit Cher und Dennis Quaid ist, der übrigens auch zu meinen Alle paar Jahre gerne wieder-Filmen gehört.

Bullitt fügt sich in jene Kategorie von filmischen Werken ein, die einen daran erinnern, dass Filme, im allerbesten Fall, kein abgefilmtes Theater sind und man es nicht notwendigerweise mit Hauptfiguren zu tun bekommen muss, die sich als „nervige Quasselstrippen“ erweisen, denn McQueen, der in diesem Film, wie eben bereits erwähnt, endgültig zum „King of Cool“ wurde (und nebenbei den Rollkragenpullover wieder salonfähig gemacht hat :-)), spricht in Bullitt kein einziges Wort zu viel, sondern macht das meiste nur über Blicke, über kleine Gesten, über ein reduziertes, aber subtiles Minen-Spiel.

Die Story des Werks, das aber, neben einem mehr als dominanten und so ganz und gar nicht uneitlen Hauptdarsteller :-), auch einige interessante soziologische, psychologische und sogar politische Streiflichter und Aspekte zu bieten hat, bleibt dabei völlig im Hintergrund: Lieutenant Frank Bullitt vom San Francisco Police Department (man könnte sogar sagen, dass die Stadt San Francisco in diesem Film ein eigener „Character“ ist, weil extrem wenige Szenen im Studio, sondern meist an Originalschauplätzen gedreht wurden!) bekommt von dem ehrgeizigen und mit dem Bürgermeisteramt kokettierenden Staatsanwalt Walter Chalmers (Robert Vaughn) den Auftrag, einen Kronzeugen namens Johnny Ross zu beschützen, der gegen ein Chicagoer Syndikat aussagen soll, das er um zwei Millionen Dollar erleichtert hat. Ross wird, in dem Versteck, in dem ihn die Polizei bis zu Prozessbeginn unterbringen will, von Syndikat-Leuten angeschossen und stirbt wenig später im Krankenhaus, was Bullitt aber zunächst geheim hält, weil er die Hintermänner aus der Reserve locken will, was aber vor allem auch dazu führt, dass ihm nicht nur die Männer des Syndikats auf den Leib rücken, sondern der Karrierist Chalmers an die Dienstmarke will. Es stellt sich in der Folge heraus, dass auch Chalmers in die Irre geleitet wurde und der Erschossene gar nicht Ross war, sondern ein Gebrauchtwagenhändler namens Edward Renick (Felice Orlandi), den man der Staatsanwaltschaft als Johnny Ross verkaufen wollte. Der wirkliche Johnny Ross (Pat Renella) bringt dann im Laufe der Handlung Renick’s Frau um und will mit dessen Pass das Land verlassen, was Bullitt verhindert, da er dann den echten Ross, im Rahmen einer denkwürdigen und spektakulären (Verfolgungs-)Szene am San Francisco International Airport, die das zweite große Highlight des Films nach der Autoverfolgungsjagd ist, erschießt.

Unbedingt hervorheben im Zusammenhang mit Bullitt muss man, neben dem wunderbar jazzigen Soundtrack von Filmmusik-Legende Lalo Schifrin (zum Beispiel: 1971: Dirty Harry; 1980: Brubaker; komponierte aber auch das berühmte Musikthema zu der Mission: Impossible-TV-Serie, das auch in den Titel-Sequenzen der Kinofilme mit Tom Cruise zu hören ist), auch die Leistung von Robert Vaughn, der mehrmals an der Seite von Steve McQueen zu sehen war, denn Vaughn, der auch durch die TV-Agentenserie Solo für O.N.C.E.L. (1964-1968; Originaltitel: The Man from U.N.C.L.E.) populär wurde, war, als traumatisierter Cowboy „Lee“, 1960 bereits einer der „Magnificent Seven“ sowie später dann auch Teil jenes spektakulären Ensembles, das, angeführt von McQueen und Paul Newman, in dem erfolgreichen 70er-Jahre-Katastrophenfilm Flammendes Inferno agierte. Vaughn’s „Walter Chalmers“, der Karriere-geile Staatsanwalt mit Ambitionen auf das Bürgermeisteramt, bleibt einem vor allem deshalb unauslöschlich im Gedächtnis, weil man selten so einen „Kotzbrocken“ und „Pinsel“ wie diesen Chalmers in einem Film gesehen hat – ich meine, ohne eine völlig überzeichnete Karikatur eines „Machtmenschen“ oder dergleichen präsentiert zu bekommen, denn Vaughn’s Figur bleibt, unterm Strich, in all ihren Handlungen und Äußerungen stets realistisch.

Bullitt, dessen DVD-Ausgabe auch ich am liebsten in einem absolut einbruchsicheren Safe unterbringen würde :-), wurde 2007 ins National Film Registry aufgenommen, in ein Verzeichnis von US-Filmen, die als besonders erhaltenswert gelten, weil sie eben als „kulturell, historisch oder ästhetisch signifikant“ eingestuft werden.

 

 

 

 DOUG ROBERTS

 Sagen Sie, sind Sie hier, um mich zu bekämpfen oder das Feuer?

 

 (aus: Flammendes Inferno; Der Architekt des Wolkenkratzers, der in Flammen steht, „Doug Roberts“, gespielt von Paul Newman, spricht gegenüber „Feuerwehr-Chief O’Hallorhan“, gespielt von Steve McQueen, etwas aus, was man ohne Weiteres auch auf die Konkurrenzsituation der beiden Super-Stars bei den Dreharbeiten des Films beziehen könnte)

 

 

 O’HALLORHAN

 Eines Tages, da werden 10.000 in so einer Feuerfalle umkommen. Und ich werde weiter Rauch schlucken und Leichen raustragen. Bis mal einer kommt und uns fragt, wie man so was richtig baut.

 

 (aus: Flammendes Inferno; wahrlich prophetische Worte von „Michael O’Hallorhan“ Steve McQueen zum Schluss des Films, gerichtet an „Doug Roberts“ Paul Newman und „Susan Franklin“ Faye Dunaway; die Dreharbeiten von Flammendes Inferno endeten übrigens am 11. September 1974)

 

 

Steve McQueen war nicht nur der „King of Cool“, sondern auch ein wenig der „König der Allüren“.

So bestand er darauf, dass er und Paul Newman in Flammendes Inferno, ein Werk, das gemeinsam mit Airport (1970; Regie: George Seaton; literarische Vorlage: Arthur Hailey) und Erdbeben (1974; Originaltitel: Earthquake; Regie: Mark Robson) an der Spitze der Katastrophen-Film-Welle der 70er-Jahre steht und fast schon den besten Beitrag zu diesem Genre darstellt, in dem sich stets diverse „Star-Ensembles“ tummelten, exakt gleich viele Dialogzeilen haben. Beide Superstars erhielten darüber hinaus auch dieselbe Gage von einer Million US-Dollar inklusive einer Gewinnbeteiligung von 7,5 Prozent - was bei gigantischen Einnahmen von 116 Millionen US-Dollar (Produktionskosten: zwischen 14-20 Millionen US-Dollar) allein in den USA einen satten Profit für die beiden abwarf. Um die „Gleichberechtigung“ der beiden noch stärker zu betonen, hat man auch in den Vorspann und in den Nachspann eine kleine „Finesse“ eingebaut, denn: Nebeneinandergestellt würde, im Vorspann, von links nach rechts betrachtet, McQueen vor Newman stehen, deshalb steht Newman’s Name rechts leicht nach oben versetzt, sodass er im Abspann dann, in dem die beiden wieder auf dieselbe Weise angeführt sind und der von unten nach oben verläuft, irgendwie früher als der von McQueen erscheint :-).

In dem brennenden Wolkenkratzer, der 138 Stockwerke haben soll und der zu brennen begonnen hat, weil er in Wahrheit nur ungenügend gesichert war, und dies natürlich ohne das Wissen von Hochhaus-Architekt „Doug Roberts“ Paul Newman, tummelt sich, wie bereits angedeutet, eine illustre Star-Riege (neben McQueen und Newman, unter anderem, auch folgende Schauspieler: William Holden, Fred Astaire, Faye Dunaway, Richard Chamberlain und Robert Vaughn), die es aber sozusagen etwas schwer hat, fast 158 Minuten lang, denn so lange dauert der Film, gegen die Feuerbrunst anzukämpfen, denn in Katastrophenfilmen ist der eigentliche Star immer die Katastrophe selbst :-), die hier aber tricktechnisch ganz exzellent sowie verblüffend realistisch in Szene gesetzt wurde (Regie führte der Großproduktionen-Spezialist John Guillermin, der 1976 ein spektakuläres King Kong-Remake mit Jessica Lange ablieferte sowie 1978 mit Tod auf dem Nil bekanntlich eine der besten Agatha Christie-Verfilmungen).

Einen ganz besonderen Aspekt stellt natürlich die Mitwirkung von Fred Astaire dar, welcher in Flammendes Inferno einen seiner letzten Leinwandauftritte absolvierte und für seine Rolle des Trickbetrügers „Harlee Claiborne“, der sich noch an eine reiche und in dem Wolkenkratzer lebende Witwe in der Gestalt von Jennifer Jones (im Übrigen auch die langjährige Ehefrau der Produzenten-Legende David O. Selznick) heranmachen will, bevor das Feuer sowieso alles hinfällig macht :-), sogar 1975 noch einmal einen Golden Globe als „Bester Nebendarsteller“ erhalten hat. Man traut tatsächlich kaum seinen Augen, dass so eine „singende und tanzende Hollywood-Technicolor-Kunstfigur“ wie Astaire in einem „Katstrophenfilm-Monster“ wie Flammendes Inferno in einer „normalen“ Rolle zu sehen ist :-).

Ach ja: Einen Auftritt als „chief security officer“ des Gebäudes, dessen größter Verdienst es letztendlich ist, die Katze von „Lisolette Mueller“ Jennifer Jones zu retten :-), hat auch O. J. Simpson (damals noch aktiver Football-Spieler und „Running Back“ bei den „Buffalo Bills“) – und diesem Auftritt wohnt jene morbide Komik inne, die, im Nachhinein betrachtet, alle Film-Auftritte von „O. J.“ haben, und damit meine ich auch jene an der Seite von Leslie Nielsen in der Naked Gun-Trilogie (1988; 1991; 1994) des legendären ZAZ-Teams (David Zucker-Jim Abrahams-Jerry Zucker).

 

 

 

(ENDE von TEIL 1 des Artikels - EINLEITUNG; Fassung vom 28.03.2019)