"Lethal Weapon" (1987; Regie: Richard Donner) oder: Warum Mel Gibson eine der tödlichsten Waffen der Filmgeschichte ist... (TEIL 2 - HAUPTTEIL)

 

Haben Sie auch so einige Filme, bei denen Sie die Dialoge mitsprechen können?

 

Für mich persönlich ist, wie ich unlängst wieder gemerkt habe, Lethal Weapon (Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis) von The Omen (1976; Das Omen)- und Superman (1978)- Regisseur Richard Donner, mit Mel Gibson und Danny Glover, aus dem Jahr 1987 so ein Film.

Überhaupt ist das alles längst (Action-)Film-Geschichte, was sich da in Lethal Weapon, dem wohl besten Buddy-Movie aller Zeiten, abspielt. Wenn Mel Gibson, als leicht psychotischer, lebensmüder und dementsprechend selbstmordgefährdeter Cop Martin Riggs, die ernsthafte Absicht hat, angesichts der Tatsache, dass seine Frau bei einem Autounfall (in Lethal Weapon 2 stellt sich dann heraus, dass es natürlich kein Unfall war, sondern Mord) ums Leben gekommen ist, sich eine Kugel in den Kopf zu schießen, diesen Plan dann aber weinend wieder aufgibt und das Ganze sein lässt, nur aus dem Grund, weil er, wie er später zu seinem Partner „Roger Murtaugh“ Danny Glover sagt, „diesen Job“ liebt, dann weiß man wieder, warum man diesen Film seit den 80ern nicht mehr aus den eigenen Video- und DVD-Sammlungen verbannt hat. Und wenn Mel Gibson als Martin Riggs bei einem Einsatz, nachdem er in Bedrängnis geraten ist und eine Knarre an die Stirn gehalten bekommt, zu seinen Kollegen, die diesen ihm die Knarre an die Stirn haltenden Gangster bereits umzingelt haben, einfach sagt „Erschießt ihn!“, dann erinnert man  sich wieder, dass Gibson nicht nur bloß ein großer Action- und Film-Star war, sondern ganz generell auch ein guter, die Zuschauer mitreißender Schauspieler (ein guter Regisseur ist er, wie ich in Teil 1 meines Artikels dargelegt habe, sowieso).

 

Dass ich viele Jahre lang eigentlich Lethal Weapon 2, die 1989 in die Kinos gekommene und wiederum von Richard Donner inszenierte erste Fortsetzung der „buddy cop action comedy“ Lethal Weapon, dem ersten Teil vorgezogen habe, davon zeugt die Tatsache, dass das Filmplakat zu Brennpunkt L.A. – Lethal Weapon 2, so der damalige deutsche Verleihtitel, ab 89 für zwei oder drei Jahre die Wände meines Zimmers in meinem Elternhaus geziert hat. Allerdings: Lethal Weapon 2 ist großartig, vor allem deshalb, weil „Martin Riggs“ Mel Gibson sich darin wieder in gewohnt rabiater Manier für zahlreiche Dinge rächen kann, wie etwa für den Tod seiner Geliebten, die von der britischen 80er-Jahre Popsternschnuppe Patsy Kensit gespielt wird, oder, am allerwichtigsten, für den Mord an seiner Frau, aber er ist ganz sicher nicht besser als der erste Teil. Dieses Kunststück, nämlich eine Fortsetzung zu drehen, die besser oder weit besser als das Original ist, ist, nein - eben nicht Francis Ford Coppola mit The Godfather Part II (Der Pate – Teil II) von 1974 gelungen, sondern nur James Cameron mit seinem fabelhaften Science Fiction-Epos Aliens (1986; Aliens - Die Rückkehr), einem der dynamischsten Actionfilme aller Zeiten, der Ridley Scotts Original Alien (Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt) von 1979 bei weitem übertrifft und gleichzeitig zu meinen absoluten Lieblingsfilmen zählt.

Apropos Fortsetzungen oder Lethal Weapon-Fortsetzungen: Lethal Weapon 3 (Lethal Weapon 3 – Die Profis sind zurück; Regie: Richard Donner) von 1992 hat sicherlich seine guten Momente, was allein schon deshalb der Fall ist, weil „Murtaugh & Riggs“ Gibson & Glover eben grundsätzlich tolle Movie-Charaktere sind, die einst von Shane Black erfunden wurden, der zeitweise einer der höchstbezahlten Drehbuchautoren Hollywoods war und der mit Kiss Kiss, Bang Bang (2005) und Iron Man 3 (2013) auch ganz passable Regie-Arbeiten abgeliefert hat. Nur verkommt im dritten Teil der Serie das Ganze ein wenig zu einer bloßen und etwas hysterischen Aneinanderreihung von Gags sowie spektakulär inszenierter Verfolgungsjagden und Schießereien, was mit der Zeit einen gewissen „Nerv-Faktor“ hat. Zu den oben angesprochenen „guten Momenten“ zählt aber vor allem die „Striptease-Szene“ zwischen Gibson und seiner Filmpartnerin Rene Russo, in der sich die beiden gegenseitig ihre im Dienst erlittenen Verwundungen präsentieren.

 

Lethal Weapon 4 aus 1998 (Regie: Richard Donner) wirkt dann eher schon wie ein nicht allzu ernst gemeinter Abgesang auf die ganze Filmreihe. Habe ich in Zusammenhang mit Teil 3 schon „Drehbuchschwächen“ angedeutet, so muss man bei Teil 4 sagen, dass dieser offenbar überhaupt gar kein Drehbuch als Grundlage gehabt hat (fünf bei dem Film genannte Drehbuchautoren sprechen ohnehin Bände :-)) und somit ein Beweis dafür ist, dass oft nur die „richtigen Leute“, wie eben Gibson und Regisseur Donner, mitmachen müssen, um ein Filmprojekt zu realisieren. Einziges wirkliches Highlight in dieser filmischen „Übung“, wie Chicago Sun-Times Star-Kritiker Roger Ebert das Sequel nannte, ist die Tatsache, dass Hongkong-Superstar Jet Li hier sein US-Debüt feierte (Jackie Chan hatte die Rolle des Wah Sing Ku abgelehnt, weil er erstens keinen Bösewicht spielen wollte, zweitens die Darstellung der Chinesen im Film als „klischeehaft“ empfand und drittens, weil er es grundsätzlich abgelehnt hat, sich von einem US-Star wie Gibson vor der Kamera verprügeln zu lassen).

 

Lethal Weapon 1, wenn man so will, also das Original, ist, wie auch schon weiter oben erwähnt, zweifellos einer der besten „buddy cop films“ aller Zeiten, wenn nicht sogar der beste „buddy cop film“, und ein Film, der dem gesamten Genre, das nach Walter Hills Klassiker 48 Hrs. (1982; Nur 48 Stunden), in dem eben Nick Nolte und Eddie Murphy ein ungleiches Ermittlerduo spielen, einen Cop und einen Gangster, auch schon wieder im Begriff war darniederzuliegen, gleichsam einen erneuten Neustart verpasst hat. Filme, die unmittelbar im Windschatten von Lethal Weapon Erfolg hatten, waren zum Beispiel Red Heat (1988; Regie: Walter Hill) mit Arnold Schwarzenegger und James Belushi, die als ungleiches russisch-amerikanisches Cop-Ermittlerduo kurzfristig sogar den Kalten Krieg vergessen ließen, oder Tango & Cash (1989; Tango und Cash; Regie: Andrei Konchalovsky) mit Sylvester Stallone und Kurt Russel, ein Werk, das übrigens gemeinsam mit Steven Spielbergs Always (1989; Always – Die Feuerengel von Montana) für sich in Anspruch nehmen kann zu den beiden allerletzten Filmen zu gehören, die noch in den 1980er-Jahren ins Kino gekommen sind.

Spätere populäre „Lethal Weapon-Nachfolger“, neben Walter Hills gelungener 48 Hrs.-Fortsetzung Another 48 Hrs. (1990; Und wieder 48 Stunden), waren zum Beispiel Rush Hour (1998; Regie: Brett Ratner) mit Jackie Chan und Chris Tucker, der Auftakt zur Rush Hour - Trilogie, oder Bad Boys (1995; Bad Boys – Harte Jungs) und Bad Boys 2 (2003), beide von Michael Bay, mit Will Smith und Martin Lawrence.

Als einen ungewöhnlichen Vorläufer dieses Konzepts, zwei gegensätzliche Ermittler-Charaktere machen sich, um einen bestimmten Fall zu lösen, dann doch gemeinsam auf den Weg, könnte man sogar den Bud Spencer & Terence Hill-Klassiker Zwei außer Rand und Band (Regie: Enzo „E. B. Clucher“ Barboni; I due superpiedi quasi piatti) aus dem Jahr 1977 betrachten, in dem Spencer und Hill zunächst zwei Ganoven spielen, die zufällig in den Diensten der Polizei von Miami landen und dort als Streifenpolizisten mit einem Verbrechersyndikat aufräumen.

 

Die Story von Lethal Weapon handelt eigentlich nicht von dem Kampf dieses sympathisch-pfiffigen Cop-Duos Murtaugh und Riggs gegen üble, Heroin schmuggelnde Schurken, denn, wie auch der Drehbuchautor Christopher Keane es in seinem Buch How to Write a Selling Screenplay (1998; dt. Titel: Schritt für Schritt zum erfolgreichen Drehbuch) ausführt, die Verbrecherjagd ist nur das Gerüst, das den Plot stützt, denn in Wahrheit zieht die Beziehung der beiden Männer untereinander den Zuschauer auf ihre Seite und ganz sicher nicht der Plot, denn in Wirklichkeit handelt eben die ganze Story von nichts anderem als von der Beziehung zwischen den beiden gegensätzlichen Charakteren. Danny Glover, der auch schon mit Steven Spielbergs The Color Purple (1985; Die Farbe Lila) zu einiger Popularität gelangt war, spielt den Familienvater, der, kurz vor der Pensionierung stehend und ständig mit seiner berühmten I’m too old for this shit! – Einstellung herumlaufend, doch noch einen neuen Partner bekommt, nämlich Mel Gibson, einen jüngeren und aufgrund des Todes seiner Frau sehr „instabilen“ und todessehnsüchtigen Cop voller durchgeknallter Ansichten und ohne Bindung, außer eben der zu seinem Job. Doch die beiden haben ein gemeinsames Ziel: Verbrechen aufzuklären, Täter zu fangen. Ihre Methoden divergieren dabei, sie sind sich über kein Thema einig, was permanent Konflikte entstehen lässt und Spannungen erzeugt. Am Ende verbindet die beiden dann bekanntlich eine sehr enge Freundschaft und „Martin Riggs“ Mel Gibson erhält so etwas wie „Familienanschluss“ bei den Murtaughs.

 

Da ich zu Beginn gemeint habe, ich könnte die Dialoge in Lethal Weapon mittlerweile auch mitsprechen, möchte ich im Folgenden auch einen Dialog zwischen Gibson und Glover anführen, der nicht nur sozusagen Mel Gibson-Film-typisch ist, sondern auch ein wenig den Selbstjustiz-Geist der 80er-Jahre widerspiegelt, der schließlich in Lethal Weapon auch vorhanden ist und was die Kritik dem Film damals auch durchaus vorgeworfen hat.

 

Nach der Entführung von Murtaughts Tochter Rianne (gespielt von Traci Wolfe) kommt es zwischen Murtaugh und Riggs also zu folgender Unterhaltung:

 

 

RIGGS

 

Wir machen‘s auf meine Weise.

 

Wir schießen.

 

Und wir schießen, um zu töten.

 

Erschieß so viele, wie du kannst.

 

Das Wichtigste ist, dass du nicht vorbeischießt.

 

 

 

MURTAUGH

 

Ich werde nicht vorbeischießen.

 

 

 

RIGGS

 

Das wird eine blutige Angelegenheit.

 

 

 

MURTAUGH

 

Du bist verrückt.

 

Oder bist du wirklich so gut, wie du sagst?

 

 

 

RIGGS

 

Du wirst mir vertrauen müssen.

 

 

 

Nun, wie viel von Martin Riggs steckt wohl in Mel Gibson?

 

Mel Gibson hat einst, im fernen 1987, in Lethal Weapon, nach den drei Mad Max-Filmen, sein Image, der perfekte Leinwand-Rächer zu sein, neu aufpoliert und mit Martin Riggs einen ikonischen Movie-Charakter geschaffen, der auch für die Ausrichtung seiner späteren Rollen, jenseits der Lethal Weapon-Sequels, prägend war und den man von Gibson kaum mehr trennen kann (mir und wohl den meisten Gibson-Fans meiner Generation fällt es jedenfalls schwer, einen Schauspieler wie Clayne Crawford, der seit 2016 in der Fernsehserie Lethal Weapon als Martin Riggs zu sehen ist, in der Rolle zu akzeptieren; genauso schwer fällt es mir aber auch Tom Hardy als neuen „Mad Max“ auf der Leinwand zu folgen, was man aber in dem 2015 erschienenen und wiederum von George Miller inszenierten Film Mad Max: Fury Road hätte tun müssen).

 

Gibson, der, wie ich in Teil 1 meines Artikels kurz angedeutet habe, immer wieder dazu tendiert hat, der Alkoholsucht zu verfallen und unter Alkoholeinfluss öffentlich solchen Unsinn zu treiben, wie zum Beispiel das „N-Word“ zu benutzen, was gerade in Zusammenhang mit Lethal Weapon und der darin porträtierten Freundschaft zwischen einem Farbigen und einem Weißen absurd und ein wenig traurig wirkt, ist privat wohl tendenziell auch so ein „gebrochener Charakter“ wie eben Martin Riggs. Überhaupt zeigen Mel Gibsons „Macho-Rollen“ immer auch eine durchaus sensible, verletzliche Seite des Schauspielers, die aber vor allem auch in seinen Regie-Arbeiten, wie The Man Without a Face, The Passion of the Christ und Apocalypto, zum Ausdruck kommt.

 

Die allerletzte Frage für mich persönlich jedoch bleibt: Was zum Teufel sagt das über mich aus, dass ich, so wie der junge Arbeiter damals gemeint hat, angeblich aussehe wie ein Mel Gibson-Fan? :-)

 

(ENDE von TEIL 2 des Artikels; Fassung vom 26.05.2018)