Tote Legenden gibt es naturgemäß jede Menge. Aber gibt es noch lebende?
Nun, Hongkongs Kampfkunst- und Filmikone Jackie Chan ist zweifellos so eine lebende Legende – und zwar eine, die mich, wenn ich es recht bedenke, tatsächlich schon mein ganzes Leben lang begleitet, da ich irgendwie nie aufgehört habe ein Fan von „Jackie“ zu sein, der in seinen Werken stets so ganz anders daherkam, als der von mir als Jugendlicher maßlos verehrte Bruce Lee, der aber in seinen bekanntermaßen gerade mal 4 ½ Filmen (1971: The Big Boss/dt.: Die Todesfaust des Cheng Li; 1972: Fist of Fury/dt.: Todesgrüße aus Shanghai; 1972: Way of the Dragon/dt.: Die Todeskralle schlägt wieder zu; 1973: Enter The Dragon/dt.: Der Mann mit der Todeskralle; 1978: Game of Death/Mein letzter Kampf) immer etwas Düsteres, Ernsthaftes, Brutales an sich hatte.
Wenn andere vom „Soundtrack ihres Lebens“ sprechen, so muss ich sagen, dass Jackie Chan dann wohl sozusagen zur „Filmographie meines Lebens“ dazugehört. So waren es also bereits die alten VHS-Videotheken-Zeiten der 80er-Jahre, in denen ich das erste Mal mit Filmen dieser wirklich erstaunlichen Figur der Filmgeschichte, wie dem legendären Drunken Master („Sie nannten ihn Knochenbrecher“; 1978; Regie: Yuen Woo Ping), dem formidablen, mit unvergesslichen Actionszenen (man denke nur an den legendären Sprung Chans von der Turmuhr!) nur so vollgepackten Project A („Der Superfighter“; 1983; Regie: Jackie Chan) oder mit Police Story (1985; Regie: Jackie Chan), den viele, auch ich, für einen der „tollsten Action-Filme aller Zeiten“ halten, oder mit der unterhaltsamen Indiana Jones-Hommage Armour of God („Der rechte Arm der Götter“; 1986; Regie: Jackie Chan), konfrontiert wurde.
Nur von sehr wenigen Filmschauspielern kann man sagen, wie beispielsweise von Buster Keaton, Charlie Chaplin, Jerry Lewis oder auf jeden Fall auch von Bud Spencer und Terence Hill, dass sie ein eigenes Film-Genre begründet haben. Jackie Chan jedenfalls, mit seinen „Jackie Chan-Filmen“, jener absolut unverwechselbaren und auch eigenwilligen Mischung aus Comedy/Klamauk, wahnwitzigen, akrobatischen Action-Szenen und (von Chan selbst ausgeführten!) Stunts sowie realistischen Kampfszenen, gehört zu diesem illustren Kreis. Sozusagen der Einfachheit halber heißt Chan ab einem gewissen Zeitpunkt dann ohnehin in den meisten seiner Filme überhaupt nur mehr „Jackie“, der ultimative Ausdruck dafür, dass hier Schauspieler und Filmfigur kaum mehr zu trennen sind, eine Tatsache, die die Legendenbildung um Jackie Chan sicherlich entscheidend beeinflusst und mitgeprägt hat.
Ein wahrer Coup in punkto Legendenbildung ist aber auch das seit den frühen 80er-Jahren, nämlich seit dem allerdings etwas durchwachsenen Dragon Lord (1982; Regie: Jackie Chan), von Chan verwendete „Blooper Reel“ mit misslungenen Takes am Ende jedes Films. Diese Outtakes zeugen nicht nur von den zahlreichen und auch teilweise sehr ernsten, unter Fans wahre Berühmtheit genießenden, Verletzungen, die sich der Schauspieler im Laufe seiner Karriere zugezogen hat, sondern auch ein wenig davon, wie aufwendig das Arrangieren der seit 1983, seit Project A, von Chan eingeführten „Superstunts“ ist, die stets zu den Höhepunkten jedes Films gehören. Der in Project A gezeigte Sprung vom Zeiger einer Turmuhr (im Übrigen eine Hommage an Buster Keaton) in die Tiefe bleibt auch für mich unübertroffen. Denkwürdig für mich ganz persönlich, neben zahlreichen anderen „Superstunts“, wie etwa dem Sprung auf eine Strickleiter, die an einem fliegenden Helikopter hängt, in Police Story 3: Supercop („Police Story 3 - Supercop“; Regie: Stanley Tong), bleibt aber auch jene Verfolgungsszene in Winners and Sinners (1982; Regie: Samo Hung), in der Chan auf Rollschuhen und auf unglaublich akrobatische Art und Weise einem Auto hinterherjagt, was letztendlich in einem der größten Massen-Auto-Crashs der Filmgeschichte endet – unbedingt ansehen!
Unvergesslich und Kult für jeden Fan sind natürlich Chans Duelle und Fights mit diversen Gegnern, die zum Teil eine wirklich mitreißende Energie auf der Leinwand entfachen, die sich, zumindest aus meiner Sicht, auch nach Jahrzenten und auch nach wiederholtem Sehen nicht abzunützen scheint.
Unübertroffen dabei ist zweifellos der Fight zwischen Jackie und Benny „The Jet“ Urquidez, einem amerikanischen Kickboxer und zeitweiligen Bodyguard von Gitarren-Genie Eddie Van Halen, in dem Film Wheels on Meals („Powerman“; 1984), einer Regiearbeit von Chans „großem Bruder“ und auch Schauspielkollegen Samo Hung, einer weiteren zentralen Figur des Hongkong-Kinos und einem der besten Martial Arts-Choreographen überhaupt. Auch Chan selbst hält diesen Kampf übrigens in seiner lesenswerten Autobiographie I Am Jackie Chan (1998; dt. Titel: „Jackie Chan – Ein Leben voller Action“), die seinem alten Meister aus den Tagen an der China Drama Academy, Yu Jim-Yuen, gewidmet ist, für seinen besten. Aber auch die Wiederauflage dieses Kampfes mit Urquidez in Dragons Forever („Action Hunter“; 1988; Regie: Samo Hung), der letzten Zusammenarbeit der, wie Chan selbst es bezeichnet, „drei Brüder“, gemeint sind dabei er selbst sowie Samo Hung und der Schauspieler Yuen Biao, weiß einen fast ebenso zu begeistern.
Man könnte hier noch eine ganze Reihe denkwürdiger, auf Zelluloid gebannter Fights aufzählen. Erwähnen muss ich aber unbedingt den wahrlich epischen und größtenteils mit einem Weitwinkelobjektiv aufgenommenen Zweikampf zwischen Chan und dem Hapkido-Experten Whang Inn-Sik in dem klassischen Kung Fu-Film The Young Master („Meister aller Klassen“; 1980; Regie: Jackie Chan) und meinen Geheimfavoriten, einen Fight aus Police Story 2 (1988; Regie: Jackie Chan), den Chan in seiner Autobiographie mit „Kinderspiele“ betitelt hat und wo er eine ganze Reihe von Gangstern auf einem Kinderspielplatz fertig macht, indem er Schaukeln, Wippen und andere Spielgeräte gegen sie einsetzt. Diese ganze Spielplatz-Kampf-Szene in Police Story 2 ist phantastisch und wirkt in der Tat, wie Chan selbst meint, „wie ein komplizierter Tanz“!
DRUNKEN MASTER 2
1995 las ich im Kino-Teil einer Zeitung, dass der Jackie Chan-Film Rumble in the Bronx (1995; Regie: Stanley Tong) die US-Kinocharts anführt. Eine Tatsache, die mich damals wirklich sehr freute, denn ich hatte es natürlich schon immer gewusst: Der phantastische Mann aus Asien mit dem freundlichen Gesicht, in dem ganz plötzlich, wenn sein Träger im Film in Bedrängnis gerät, so viel Energie sichtbar werden kann, mein alter Videotheken-Held, hatte es, nach ein paar Anläufen, also doch noch geschafft und auch den schwierigen US-Markt erobert! Wobei ich anmerken muss, dass ich von dem Kapitel, das Ende der 90er-Jahre auch für „ältere Jackie Chan-Fans“ dann so wirklich aktuell wurde, nämlich „Jackie und Hollywood“, gemeint sind dabei vor allem natürlich die Rush Hour-Trilogie von Brett Ratner (1998; 2001; 2007) sowie Shanghai Noon (2001; Regie: Tom Dey) und Shanghai Knights (2003; Regie: David Dobkin), nicht unbedingt ein Fan bin, denn da sind mir seine Hongkong-Filme, die eben nicht das Korsett der US-Filme tragen müssen, doch weit lieber.
Chans beste Arbeit in den 90-Jahren war aber ganz gewiss nicht der eher öde Rumble in the Bronx, sondern die 1994 entstandene Fortsetzung seines ersten Superhits, der bahnbrechenden Kung Fu-Comedy Drunken Master (1978), deren gängiger deutscher Titel „Sie nannten ihn Knochenbrecher“ zugegeben etwas brachial klingt. Drunken Master war Ende der 70er-Jahre aber nicht nur für Chans Karriere entscheidend, sondern auch dafür, dass sich das Hongkong-Kino endlich von der Krise erholen konnte, in die es durch den frühen Tod des großen Bruce Lee geraten war. Der Film, mit seiner neuartigen Mischung aus Gags und entfesselten, durch Chans unglaubliche akrobatische Fähigkeiten getragenen, Kämpfen, wurde, zusammen mit seinem ein Jahr vorher entstandenen „filmischen Vorgänger“, dem aus meiner Sicht nicht weniger gelungenen Snake in the Eagles Shadow („Die Schlange im Schatten des Adlers“; 1977; Regie: Yuen Woo Ping), in dem Chans Charisma das erste Mal so richtig zur Geltung kam, zu einem Gradmesser für alle Action- und Kung Fu-Filme aus Hongkong.
Drunken Master 2, der angeblich vor allem auch deswegen entstanden ist, weil Chan es nicht hinnehmen wollte, dass in den 90ern so ziemlich alle in Hongkongs Filmindustrie der Ansicht waren, dass sozusagen klassische Kung Fu-Filme nicht mehr funktionieren würden, ist aus meiner Sicht mehr als nur ein Action- oder Kampfkunst-Film, sondern tatsächlich so etwas wie ein filmisches Meisterwerk, eine Bezeichnung, die manche wohl weder mit Kung Fu-Filmen noch mit Jackie Chan-Filmen in Verbindung bringen würden. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass Drunken Master 2 zu meinen absoluten Lieblingsfilmen zählt!
Aber was ist eigentlich das Besondere daran?
Nun, Chan spielt also zum zweiten Mal die Rolle des Wong Fei Hung, dem chinesischen Gegenstück zu Robin Hood, wenn man so will. Geboren 1847 in Kanton war Wong ein Meister des Hung-Gar-Boxens (Hung-Gar-Kung Fu ist eine alte, südchinesische Kampfkunst), ein Lehrer und Arzt, der sein Leben den Armen und Unterdrückten gewidmet hat. Sein Einfluss auf das Showbusiness in Hongkong und China ist gewaltig. Unter der Regie von Starregisseur Tsui Hark ist zum Beispiel in den 90ern auch eine sehr erfolgreiche Filmreihe über Wong Fei Hung, diesem chinesischen Volkshelden, entstanden, unter dem Reihenbegriff Once Upon a Time in China, in der der großartige Jet Li, Hongkongs zweitgrößter Actionstar, der es, gleichsam im Windschatten von Chan, einige Zeit lang ebenso geschafft hatte in den USA, mit Filmen wie Romeo Must Die (2000; Regie: Andrzej Bartkowiak), durchzustarten, die Hauptfigur spielte.
Der eigentliche große Coup ist den Machern von Drunken Master 2 aber mit der Besetzung von Wongs Eltern gelungen, die von Ti Lung und Anita Mui gespielt werden, was bemerkenswert ist, denn der ehemalige Shaw Brothers-Star Ti Lung ist nur sieben Jahre älter als Chan und die leider schon verstorbene Anita Mui, im Übrigen ursprünglich eine Pop-Sängerin, die sogar die „Madonna von Hongkong“ genannt wurde, überhaupt um einiges jünger. Die Sache funktioniert aber ganz wunderbar, ähnlich gut wie in Indiana Jones and the Last Crusade („Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“; 1989; Regie: Steven Spielberg) zwischen Sean Connery und Harrison Ford (in Wirklichkeit trennen „Vater“ Connery und „Sohn“ Ford nur 12 Jahre), und die beiden Schauspieler bilden das Herzstück des Films!
Vor allem Mui stiehlt mit ihrem Temperament und ihrer Komik sogar Chan ein wenig die Show. Obwohl nur seine Stiefmutter, empfindet sie eine starke Sympathie für ihren ebenfalls sehr temperamentvollen und unangepassten Stiefsohn und unterstützt diesen in allen Belangen, gerade auch dann, wenn er mit seinem Vater, einem angesehenen Arzt und Kampfschulbesitzer, aneinandergerät, was den Film über eigentlich die ganze Zeit passiert.
Ti Lung gibt eine wunderbare Vaterfigur ab, natürlich einen Patriarchen, der aber durch Chans und Muis Eskapaden ständig auf die Probe gestellt wird und der durch die rebellische Natur seines Sohnes letztlich sogar einen Teil seines Besitzes verliert. Bei den Auseinandersetzungen zwischen Vater und Sohn schaltet der Film zwar manchmal in einen „melodramatischen Overdrive“, aber wer das Hongkong-Kino kennt und liebt weiß, dass dort derber Klamauk, deftiger Humor sowie plötzliche Gewaltexzesse und übertriebene Melodramatik stets gleichberechtigt nebeneinanderstehen.
Ein zentraler Streitpunkt zwischen Vater und Sohn ist aber natürlich das Drunken Boxing, das Chan in dem Film auf unglaubliche, mitreißende, jeden Fan begeisternde, aber stets realistisch bleibende Weise, praktiziert. Die Kämpfe in Drunken Master 2, vor allem der Endkampf in der Fabrik gegen die Schergen der britischen Besatzer, die chinesische Kunstschätze ins Ausland schmuggeln, gehören mit zum Besten, was im Martial Arts-Bereich jemals auf Filmmaterial gebannt wurde – und das ist nicht bloß die unkritische Schwärmerei eines Fans! Unter Drunken Boxing versteht man natürlich das Kämpfen unter Alkoholeinfluss. Wenn Wong Fei Hung also während eines Kampfes Alkohol zu sich nimmt, wird sein Kampfstil unberechenbar, verrückt, abgefahren, aber gleichzeitig auch besser, mit anderen Worten: er wird fast unschlagbar.
Das folgende Zitat stammt aus der ersten Szene im Film, in der Wong Fei Hung das Drunken Boxing anwendet:
WONG FEI HONG (trinkt inmitten eines Kampfes gegen eine Reihe von Männern aus einer Flasche, die ihm seine Stiefmutter zugeworfen hat, wobei die Flasche die letzte ist aus einer ganzen Reihe von Flaschen, aus der er jeweils mehrere Schlucke genommen hat)
Mann, was war‘n das für ne Sorte?
WONGS STIEFMUTTER
Da ist ein Totenkopf drauf! Ich weiß nicht, was das ist!
WONG FEI HONG
Das Zeug ist spitze!
Wer sich jetzt denkt, was soll das denn bitte für eine Botschaft sein :-), besseres Kämpfen unter Alkoholeinfluss, der hat natürlich recht! Allerdings muss man sagen, dass sowohl der erste Teil von 1978 sowie auch die Fortsetzung die, wenn man so will, ganz offensichtliche Problematik dieser Kampftechnik thematisiert. So wird im ersten Film einmal gezeigt, wie der Meister der Hauptfigur, gespielt von Simon Yuen Siu Tin, der Wong Fei Hung in die Kampftechnik der „Acht betrunkenen Elfen“ einweiht, unter schweren Entzugserscheinungen leidet und ohne entsprechenden Alkoholpegel schlicht und einfach nicht ordentlich kämpfen kann. Im zweiten Teil stellt Wong Fei Hungs Vater, der wie gesagt auch Arzt ist, klar, warum er seinem Sohn das Drunken Boxing verbietet, was das folgende Zitat zeigt:
WONGS VATER
Ich habe einen guten Grund, Drunken Boxing zu verbieten. Diejenigen, die den Sport ausüben, enden später als Alkoholiker. Theoretisch fühlt man sich durch den Alkohol stärker. Man spürt auch keine Schmerzen. Das ist jedoch eine psychologische Täuschung. Und wenn man nur ein paar Gläser zu viel trinkt, verliert man sein Urteilsvermögen, überschätzt sich sehr schnell und liegt dann auf der Nase. Und das kann zu großem Ärger führen. Ob man nun kämpft oder nicht. Es kommt hinzu, dass man schlechte Dinge sagt und dadurch noch mehr Schande auf sein Haupt lädt.
Überhaupt gehören einige Aussagen, die die Drehbuchautoren Wong Fei Hungs Vater in den Mund gelegt haben, zu den heimlichen, leisen, Höhepunkten des Films. So wie auch folgende Worte, die Wongs Vater an seinen Sohn richtet, nachdem er ihn aus der britischen Gefangenschaft befreien konnte, was aber den Verlust eines seiner Besitztümer, der Kampfschule, bedeutet hat:
WONGS VATER
Belaste dein Herz nicht mit Reue. Das ist nicht gut für dich. Die Vergangenheit ist erledigt. Kümmere dich um die Zukunft! Denn in der Zukunft wird unser Leben weitergehen. Ich glaube, wir haben alle etwas gelernt. Und werden sicher weiser sein.
Nun, es gehört wahrlich zu den Verdiensten dieses Films, dass solche vermeintlichen „Weisheiten“ nicht irgendwie peinlich oder deplatziert wirken!
Zum Abschluss aber noch einmal zu dem denkwürdigen Schlusskampf in der Fabrik, zu einem Fight, der bei den Dreharbeiten Monate an Drehzeit verschlungen hat, den Chan selbst zu seinen drei liebsten zählt und den er in seiner Autobiographie als „Fabrikarbeit“ betitelt hat. Chans Gegner in diesem Fight, bei dem der spektakuläre Ort, an dem er stattfindet, die Stahlfabrik, mit all ihren Lichtern und Feuern etc., natürlich einiges zur grandiosen Atmosphäre beiträgt, ist Kenneth Lo, der in einigen von Chans Filmen zu sehen ist, unter anderem auch in dem 1993 entstandenen, von mir ebenfalls sehr geschätzten, City Hunter (1993; Regie: Wong Jing). Lo, ein ehemaliger Kickboxer, war im wirklichen Leben lange Jahre lang Jackie Chans Leibwächter und besticht in Drunken Master 2, wie in diversen anderen Chan-Filmen, durch seine extrem schnelle Beinarbeit. Dieser unglaublichen Beinarbeit setzt Jackie Chan Choy Li Fut entgegen, eine spezielle Form des Kung Fu, geschaffen aus nördlichen und südlichen Kampftechniken. Aber natürlich kommt auch noch einmal das „besoffene Kung Fu“, das Drunken Boxing, zum Einsatz, nachdem Wong Fei Hung gegen Ende der Szene reinen Alkohol trinkt, der in der Fabrik verfügbar ist. Danach wird sein Kampfstil wiederum endgültig verrückt und abgefahren, vor allem aber für den Zuseher unendlich spektakulär! Glauben Sie mir, wenn Sie sich drauf einlassen, wird Ihnen die Luft wegbleiben!
Bei diesem Schlusskampf werden aber auch die von Chan in I Am Jackie Chan geschilderten „heftigen Differenzen“ zwischen ihm und dem Regisseur des Films, Shaw-Brothers Regie-Veteran Lau Ka Leung, der im Übrigen auch in einer wichtigen Nebenrolle, gleichsam als Bewahrer des kaiserlichen Jade-Siegels, das von den Briten gestohlen wird, zu sehen ist, deutlich. Die letzten Kampf- und Actionszenen des Films, die dann von Jackie Chan selbst choreographiert wurden, unterscheiden sich doch deutlich von jenen zu Beginn des Films. Chan selbst meint in der Autobiographie, dass Laus Approach eben „so konventionell wie klassische Musik“ gewesen wäre, während man hingegen seinen „eher mit dem Jazz vergleichen“ könne.
Wie auch immer, Drunken Master 2 bleibt für mich ein Film, der mich vom ersten Sehen an begeistert hat, ein Werk, in dem Jackie Chan, zweifellos einer der größten Filmstars aller Zeiten und ebenso zweifellos eine lebende Legende, damals 40 Jahre alt, noch ein letztes Mal wirklich „unverbraucht“ und voller Spielfreude und Elan wirkt, bevor dann Ende der 90er eine Phase seiner Karriere beginnt, in der er es zwar zu dem verdienten und längst überfälligen Weltruhm gebracht hat, in der er aber speziell in seinen Hongkong-Filmen, wie etwa Mr. Nice Guy (1998; Regie: Samo Hung) oder Who Am I? („Jackie Chan ist Nobody“; Regie: Benny Chan Muk Sing, Jackie Chan), vielleicht „ein klein wenig müder“ wirkt.
Epilog: So 2008, kann aber auch 2009 gewesen sein, habe ich einmal die offizielle Jackie Chan-Fan-Website besucht und dort in eine dafür vorgesehene Maske ein paar Worte eingetragen. In Ermangelung von originelleren Einfällen oder Varianten habe ich „I am your biggest fan here in Austria“ oder dergleichen geschrieben. Am nächsten Tag habe ich auf dieser Homepage tatsächlich eine Antwort erhalten, allerdings natürlich nicht von Jackie Chan, sondern von einer Fan-Club-Vorsitzenden irgendwo aus Österreich, die sich halb darüber empörte, wie ich so etwas behaupten könne, der „größte Jackie Chan-Fan in Österreich“ zu sein, denn es gebe da noch viele andere. Außerdem bedankte sie sich gleichzeitig bei "Jackie" persönlich und irgendeiner Managerin der Website dafür, wie gelungen diese doch sei, wollte mir also irgendwie zu verstehen geben, dass sie zu den beiden einen persönlichen Draht hätte.
Ich habe mich natürlich nicht getraut, darauf zu antworten … :-)
(Endfassung: 26.02.2018)